Das Haus der Melitele - Quartiere

Wyzima war die Hauptstadt von Temerien und einst Herrschersitz von König Foltest. Von hohen Stadtmauern umgeben, liegt sie an den Ufern des Wyzimasees; die Ismena fließt durch Wyzima und mündet in diesen. Das Bier "Wyzimas Gold" wird hier gebraut.
Nach der Ermordung des König streiten nun Herzoge und Barone um de Herrschaft.
Zeitweise war Wyzima der Sitze var Emreis, denn Temerien ist von Nilfgard besetzt.
in Wyzima ist der Orden der Flammenrose strak, inoffiziell regiert hier der Orden.
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Erzpriesterin Varelia
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Varelia beobachtete mit einer gewissen Genugtuung das zunehmende Tempo, in welchem die Grütze löffelweise in Jarel verschwand. Er war zwar nur ein paar Jahre jünger als sie, dennoch kam sie sich manchmal vor wie eine Mutter, die ihren Punkt erst einmal in den Sturkopf des Sohnes einnageln musste, um Gehör und vielleicht ein Quäntchen Verstand zu finden. Nun ja, immerhin erreichte sie ihr Ziel und auch der Patient würde feststellen, dass es mit der Energie aus einer gewissen Diät, die man ihm hier angedeihen ließ, rasch bergauf gehen würde. Schneller als mit dem Aufbau von Kraft entkam er der Bettpfanne nicht, im Gegenteil - Fasten würde das Dilemma nur verlängern. Die Erzpriesterin nahm einen weiteren Schluck Tee und ihre grauen Augen lächelten über den Rand des Bechers hinweg.
Vielleicht...
"Sicher wird es nicht so aufregende sein, wie dein Leben als Klingenmeister der flammenden Rose. Eine kleine Truppe, sicher nicht so elitär, dazu da einen Haufen Frauen zu bewachen, die zu eigensinnig sind, sich bewachen zu lassen.", schmunzelte Varelia in die Pause hinein. Das es darum bei weitem nicht allein ging, wusste der Mann im Bett gut genug. Auch wenn Nowigrad nicht Wyzima war, frei statt besetzt, so gab es doch überall jene, die eine Tempel schon mal mit einem Bordell verwechselten, nur weil die Dienerinnen der Göttin keinen Keuschheitsgürtel trugen. Oder mit einem Selbstbedienungsladen. Oder mit beidem. Die Erzpriesterin legte den Kopf etwas schief und sah Jarel beim Nachdenken zu. Man konnte es förmlich rattern hören und sie fiel in Schweigen, überließ ihn seinen Gedanken, die schließlich in ein unerwartet entschlossenen 'Ja' mündeten. Gefolgt von den unvermeidlichen Zweifeln, die natürlich auch Varelia hegte. Wenzel war ein nachtragender Bastard, überraschend war nur, dass Jarel das jetzt erst erkannte. Und da sage noch einer, Frauen seien das zänkische Geschlecht.
Sie leerte ihren Becher und stellte ihn beiseite.
"Und ich bin überzeugt, dass du unserer Großen Mutter alle Ehre machen würdest, mein Lieber. Aber ja, ich teile auch deine Zweifel. Uns bleibt nur es zu versuchen und zu vertrauen. Zuerst einmal vertraute ich deinem Urteil und habe den Freiherrn eingeweiht - sein Ruf eilt ihm aus Nowigrad voraus und zumindest bei Lothar sehe ich gute Chancen, dass er vielleicht das Positive in diesem Vorschlag erkennt. Hauptsache er kommt nicht von mir direkt." Sie lächelte schmal. "Von Herrenloh wird am Ende aller Dinge erkennen müssen, dass er nur Lothars Komtur ist, nicht wahr?" Es war eine ehrliche Frage, denn so genau durchschaute sie die Machtverhältnisse im Orden nicht. Varelia war die Erzpriesterin eines Glaubens, von dem die Guten Brüder zwar gern geschwisterlich sprachen, der aber dem was der Orden der Flammenrose darstellte, entgegen stand. Entsprechend vielfältig war die Möglichkeit an Diskussionen, die sie mit den Ordensoberen führte und bereits geführt hatte. Mit Lothar, von Herrenloh, vor all jenen mit de Aldersberg und selbst mit dem Hierarchen korrespondierte sie gelegentlich. Heuchlerische Briefe voller gegenseitiger Respektsbekundungen, die so leer waren wie Varelias Teebecher.
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Jarel Moore
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Ganz offen sah Jarel Varelia in die Augen.
„Du hast Recht. Von Herrenloh ist Lothar unterstellt.“ Schon bezeichnend, dass der angeschlagene Patient die Person, zu der er über ein Jahrzehnt aufgesehen und bewundert hatte mit Familiennamen bezeichnete und das Oberhaupt des Ordens mit Vornamen.
Ihm selber wurde das erst bewusst, als er es ausgesprochen hatte und verpasste ihm gleich einen Stich. Auch wenn er nur wenig jünger war als Wenzel von Herrenloh, war dieser einer Vaterfigur immer am nächsten gekommen. Und dieser Vater hatte ihn verstoßen, abgestraft und beinahe gebrochen. Beinahe?
Darüber wollte er jetzt nicht nachdenken. Er war auf dem Wege der Besserung, nicht zuletzt Dank Varelia. Das Lächeln im bunten Gesicht des Ritters wurde noch eine Spur wärmer.
„Die Möglichkeit, dass von Tretogor der Sache zustimmt hängt davon ab, wie er nun zu mir steht. Früher standen wir uns freundschaftlich Gegenüber. Er war nie der, der nach Macht gestrebt hat und hat nie Entscheidungen aufgrund dem Bestreben Macht zu erlangen.“
Jarel atmete durch und nahm einen Schluck Tee, dann war auch seine Tasse leer.
„Er ist ein intelligenter Mann mit eigenem Kopf. Auch wenn von Herrenloh ihm Geschichten aufgetischt hat, er wird sie hinterfragen. Wenn er mir noch immer vertraut, stehen die Chancen gut, dass er dieser Sache zustimmt.“
Das von Tretogor ihm etwas schuldete konnte er leider nicht sagen.
Er hatte zwar damit angefangen dem Ritter mit dem süßen Zahn das Leben zu retten, doch die Jahre danach waren ein Wechsel gewesen, bei dem immer wieder der eine dem anderen den Arsch gerettet hatte. Und ohnehin…Lothar war der Komtur. Und er nur noch der ein einfacher Ritter, kaum mehr als ein Knappe. Er war…nichts.
Um sich von diesem Gedanken abzulenken, schob sich Jarel den letzten Löffel Getreide in den Mund und kaute nachdenklich und sorgsam durch.
„Und wenn Slava mit ihm spricht…ich weiß nicht, ob du schon einmal einem seiner Diskussionen miterleben durftest. Er könnte einem Wüstenbewohner ein Boot verkaufen…“
Der Ritter verlor sich einen Moment an die Erinnerung der Traumbilder. Salva, der Altar.
Er schluckte trocken und schielte zur leeren Teetasse.
„Die nächsten Tage entscheiden über meine Zukunft. Umbruch. Änderung. Nach so langer Zeit immer gleichbleibender Richtung nun Ungewissheit.“ Auf Jarels Stirn bildeten sich einige steile Falten.
„Was würdest du tun, wenn du noch einmal neu anfangen müsstest?“
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Erzpriesterin Varelia
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Also war es wie sie es sich gedacht hatte: Wenzel würde am Ende abnicken müssen, was Lothar beschloss. Also galt es, diesen auf die Seite ihrer Sache zu ziehen. Leider war sie tatsächlich nicht sonderlich gut darin, den Großmeister zu bauchpinseln, da sie generell eher direkt war und mit ihrer Meinung nicht hinterm Berg hielt. Also würde sie das wohl tatsächlich dem immer wieder gerühmten Rednertalent in Form des Freiherrn überlassen und das beste hoffen. Und beten. Vielleicht Lebkuchen schicken oder taktisch bei den Musikstunden platzieren lassen.
"Es ist nicht dein erster Neuanfang und gemessen an jenem, mit dem dein Leben als Ritter begann, ist es keine gravierende Änderung. Eher eine Verschiebung des Aufgabenfelds." Sie zwinkerte. Was würde sie tun? In ihrem Alter wurden große Änderungen zunehmend eine Belastung, das konnte sie nachvollziehen, dennoch hatten all die Haken, die Varelias eigenes Leben bisher geschlagen hatte, immer irgendwann etwas Gutes hervorgebracht, auch wenn man das Glück manchmal zwingen musste, sich zu zeigen.
"Ich habe bisher bei jedem Umbruch fest an die Führung der Göttin geglaubt." Sie zögerte einen Moment, sah Jarel in die Augen. "Es gab viel davon, in meinem Leben. Ich verlor Familie, Freunde, Haus und Hof. Einen Mann und einen Sohn in den ersten Kriegsjahren, andere Kinder früher an das Schicksal. Doch ich gewann auch. Neue Wegbegleiter, Schwestern, Brüder, Freunde. Mehr als ein Heim, hier und in Ellander. Wissen. Glauben. Leben heißt Veränderung und keine davon musst du allein meistern. Da sind deine Kinder, da ist dieser Mann, dessen Erwähnung deine Augen zum Leuchten bringt. Da werde ich sein, so lange Melitele mir leuchtet." Sie lächelte selten offen und es zauberte Myriaden von Lachfalten in ihr Gesicht. Dann hob sie die Brauen. "Ich dachte immer, ihr Ritter seid allesamt furchtlose Krieger, die sich allem Unbekannten tapfer stellen.", stichelte sie ein wenig. Sicher, ein kleines Frauenkonvent konnte schonmal einer Hydra gleichen, bei dem sich alle Köpfe schnell mal miteinander verschworen, aber nichts, was einen Ordensritter ängstigte.
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Jarel Moore
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Verschiebung des Aufgabenfeldes. Auch eine Art es zu sehen – sollte es denn überhaupt dazu kommen. Ihr Zwinkern wirkte keck, jung. Und überzeugend. Jarel erwiderte ein vergnügtes, breites Lächeln auf ihr Zwinkern.
Das erste Mal begann der Ritter darüber nachzudenken, wie die Erzpriesterin wohl als junges Mädchen gewesen war und musste mit erschrecken feststellen, dass er so gut wie nichts über sie wusste.
Die war eine Institution gewesen, die einfach immer da war. Wie eine Mutter für ein Kind.
Und dieses spezielle – bärtige und betagte - Kind hatte das nie hinterfragt.
Einen Moment huschte die Schamesröte über die Wangen und das lächeln geriet eine winzige Spur schief.
Eines Tages würde er einmal ein langes Gespräch mit ihr führen, vielleicht berichtete sie von ihrer Vergangenheit, vielleicht würde er von seiner berichten, doch nicht heute, denn bereits jetzt, nach einigen Minuten Unterhaltung und einem kleinen Essen, wurde er bereits wieder müde.
Müde. Schwach. Beschämt.
Jarel atmete so tief durch wie er konnte. Das hatte er sich selber eingebrockt, da musste er jetzt selber durch. Und dieses eine Mal nicht mit dem Kopf voran auf das rote Tuch zustürmen, sondern Schritt für Schritt und mit jeder Hilfe, die sich ihm bot.
Gerne hätte er sich vor gebeugt um ihre Hand in seine zu nehmen, aber das gehörte sich nicht.
Oder eher…er traute sich schlicht nicht.
„Manchmal bin ich der furchtlose Ritter. Und manchmal bin ich das orientierungslose Kind in der Dunkelheit, das den Weg verloren hat.“
Kurz sah er zu Boden, um dann mit einer seltsamen Neugier in den Augen wieder aufzusehen.
„Danke...“
Und da war er wieder, der Blick aus den warmen braunen Augen, wie ein getretener Dackel der nicht begriff, wie ihm geschah.
In diesem Moment wirkte der alte Mann tatsächlich wie ein kleiner Junge, der vom Weg abgekommen war.
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Erzpriesterin Varelia
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Varelia nahm Jarel die Schale ab und stellte sie zu den leeren Bechern. Einen Moment lang hatte er gewirkt wie ein verlegener Schuljunge, der erkennen musste, dass die Lehrerin nicht Teil des Inventars war, sondern ein Leben hatte. Und als läse sie seine Gedanken, ergriff sie bei seinem Dank die große Hand des Ritters. Ihre schlanken Finger, drückten die seinen in dem Versuch ein wenig Zuversicht zu vermitteln.
"Ich bete für dich, dass du Meliteles Licht in der Dunkelheit wiederfindest oder auch das Leuchten der Ewigen Flamme. Denn im Grunde sind unsere beiden Lehren geeignet, den Menschen einen Weg aus der Finsternis zu weisen." Die Erzpriesterin lächelte und richtete sich wieder auf, ließ seine Hand dabei los. Wenn nur der Hierarch und seine Gelehrten nicht so sehr darauf pochen würden, die alleinig seelig machende Weisheit zu haben.
"Und jetzt ruh' dich aus." Zumindest ihren Willen hatte er erfüllt. Sie erhob sich und nahm das Tablett an sich.
"Zu Mittag gibt es geschmorte Rüben in Rahm und Graupen. Ich will keine Klagen hören.", aber sie schmunzelte dabei.
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Jarel Moore
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„Ja M’am.“, antwortete er halb frech, halb demütig.
„Aye, M’am.“
Er schenkte ihr ein dankbares, aber auch leicht herausforderndes Lächeln. Aber mehr als das auch nicht, denn kaum ausgesprochen kuschelte er sich zurück in die Kissen und zog die Decke hoch.
Und im Handumdrehen war er eingeschlafen.
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Lothar von Tretogor
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vom: Hof
Datum: 15.22 Uhr, 30. August 1278, Montag
betrifft: Jarel
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Schwer war der Weg nicht gewesen und Lothar ohne große Umwege das beschrieben Quartier gefunden. Nur zwei Schwestern kamen ihm kichernd entgegen huschten aber schnell weiter. Er hatte das Gefühl morgen würde die ganze Stadt wissen, dass er hier war. Um noch mehr auf sich aufmerksam zu machen, klopfte er zwei Mal und trat erst ein, nachdem es im Inneren still blieb.

~o Der Raum war ungewöhnlich ruhig, von den kurzen, flachen Atemzügen eines Schlafenden abgesehen. Das Zimmer war klein, karg mit einem Bett, einem Schemel und einem winzigen Tisch möbliert, die Wände weiß gekalkt. Der einzige Schmuck war ein geschnitztes Bildnis der Göttin an einer Wand. Dafür besaß es eine Art winziges Fenster und war sauber. Es roch nach Kräutern, Seife und irgendetwas süßem. Auf dem Schemel neben dem Bett lagen zwei Bücher. Ein hiesiges, nicht sehr dickes und grob in Leder eingeschlagenes Buch und darauf ein handgroßes, fein in schwarzes Leder gebundenes. Das Schwarze trug auf dem Einband einen mit Gold hinterlegten Löwenkopf. Die ganze Machart schien fremd. Nicht von hier. Aus dem obersten Buch ragte ein Graphitstift, der wohl erst für den Inhalt der Seiten gesorgt hatte und nun eine bestimmte Stelle im Buch markierte. o~

Lothar schloss die Tür hinter sich, leise, denn sein ehemaliger Leibwächter schlief und nahm gemächlich Platz auf dem Hocker, legte sie Hände in den Schoss und lehnte sich an die Wand.

~o Der schlafende Mann dort im Bett hatte wenig mit dem ehemaligen Klingenmeister gemein.
Sie hatten gemeinsam Seite an Seite gekämpft, sich gegenseitig aus der Scheiße gezogen, sich mehr als einmal verletzt und geschlagen zurück zur Komturei geschleppt, aber DAS war nicht Jarel.
Der Mann, der an einen stramm gestopften Heusack angelehnt halb saß, halb lag, schlief. Die Person, der über Jahre sein Leibwächter gewesen war, hätte niemals verschlafen, dass jemand den Raum betrat.
Und so zerschlagen wie der Mann, der da in dem hellen Leinenhemd lag, hatte der Großkomtur seinen Ritterbruder nie gesehen. Die sonst immer sonnengebräunte Haut blass, fast grau, das linke Auge zugeschwollen und dunkel verfärbt, den linken Arm in der Schlinge, die Körperstellen die sichtbar waren voller blauer Flecken und obendrein lugte ein Stützverband aus dem Ausschnitt des Hemdes hervor.
Und doch war da das unverkennbare lackschwarze Haar, die breiten Schultern und die auffällig großen Hände, deren Knöchel so aussahen, als hätte er über Stunden gegen Wände geschlagen. o~

Der Großmeister seufzte hörbar. Er hatte gebrochene Männer und auch Frauen gesehen. Drei Kriege hatten ihm genug gezeigt, wie tief Menschen sinken konnten. Äußere Blessuren hatte er schon genug gesehen, die würden heilen. Aber was auch immer passiert war, hatte Moore mehr mitgenommen als ein paar Schrammen. Kurz war Lothar versucht in das schwarze Buch zu blicken in der Hoffnung ein paar Antworten zu finden. Doch er ließ es bleiben und räusperte sich stattdessen laut genug: „Moore! Nicht faulenzen!“ Eine Stimme, die man von einem Befehlshaber gewohnt war, nicht sehr laut, aber einschneidend.
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Jarel Moore
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DAS saß.
Man konnte Jarel vieles vorwerfen, jedoch nicht, dass er hätte keinen Anstand.
Noch ehe sein Verstand vollständig angesprungen war, reagierte sein Körper reflexartig auf den Klang der ihm ach so bekannten Stimme.
Mit einem scharfen Schnaufen zog er die Luft ein, riss die Augen auf, fuhr hoch und schwang die Beine über den Bettrand.
Mit einer erstaunlichen Anmut und Schnelligkeit schob er sich aus dem Bett und landete sogleich auf einem Knie, den Blick zu Boden gesenkt, die Hände auf dem oberen Knie gefaltet.
„Exzellenz.“ Es klang er wie das Zischen einer Schlange als wie eine Begrüßung, denn jetzt, wo er vollständig wach war schalt ihn sein Körper ob dieser heftigen Bewegung einen Idioten und der Schmerz – besonders der der angeschlagenen Rippen – nahm ihm die Luft.
Innerlich fluchend biss er die Zähne aufeinander. Nur keine Schwäche zeigen, sich keine Blöße geben.
Wer wusste schon, welche Nachrichten von Herrenloh gesandt hatte und wie der Großmeister nun zu ihm stand.
Die Hoffnung, die beiden könnten immer noch Freunde sein wankte stark und war beinahe verloschen. Wenn Wenzel ihn so fallenlassen konnte, dann vielleicht auch Lothar?
Er sah nicht auf, rührte sich nicht, schwankte nicht einmal.
Nur…wie sollte er wieder hochkommen? Und wie lange hielt er das so aus?
Kacke….
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Lothar von Tretogor
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Beeindruckend. Aber ‚gelernt ist gelernt‘ heißt es. Unerwartet flink, kam sein Leibwächter auf die Beine und Lothar ließ ihn alleine aus Überraschung länger in dieser Position sitzen als er vor hatte. Eigentlich hatte er kaum mehr als ein Stöhnen erwartet. Aber… beeindruckend. Offenbar war er doch noch der Alte.

„Lass den Unsinn. Du solltest Dich schonen, so viel verstehe ich von Medizin…“ Der Großmeister erhob sich, danke innerlich der Flamme, dass das Schlangenmonster ihm heute Vormittag nur den Bart versenkt hatte, und packte Jarel an den Schultern, um ihn wieder zurück ins Bett zu wuchten. Dabei kam er neben ihm auf der Bettkante zum Sitzen. „Am Ende bekomme ich mit der ehrwürdigen Erzpriesterin noch Ärger…“ Warum sind es eigentlich ständig Frauen, die ihm sagen was er zu tun und zu lassen hat? Varelia, Madame Rovinsky, Ida, Elli, seine Schwester, die nilfgaarder Offizierin… Wahrscheinlich weil Männer so blöd sind, dass die meinen selbst in dem Zustand irgendwas beweisen müssen?
Aber unabhängig davon, schob der Großmeister den Ritter zurück ins Bett: „Hab Schwester Viola kennengelernt. Ist sie das?“

Die Frage, wie es ihm ginge, sparte er sich.
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Jarel Moore
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Das erwartete Stöhnen kam. Oder zumindest etwas ähnliches. Ein kurzes, mühsam unterdrücktes Brummen, als er mit der Hilfe des Großmeisters wieder im Bett landete.
Es dauerte etwas, bis Jarel antwortete. Er hatte einige Mühe seine Knochen zu sortieren und sich zu entscheiden, ob er sich weiter förmlich uns stocksteif verhielt oder einfach damit rechnete, sein Verhältnis zu Lothar war immer noch wie vor…der Sache…
Er rügte ihn - wie früher.
Er packte mit an und half – wie früher.
Der Ton war freundlich und aufmerksam – wie früher.
Er kam gleich zur Sache. Er saß an seinem Bett.

Über Jarels verkrampfte Züge huschte ein leichtes Lächeln.
„Ich freue mich dich zu sehen, Lothar. Auch wenn die Umstände nicht ganz optimal sind.“
Der angeschlagene Ritter grinste kurz und zog die Decke etwas hoch.
Es sah doch glatt so aus, als hätte sich zumindest Lothar nicht gegen ihn gewandt. Oder noch nicht.
Schwester Iola, ja. Violetta, das kleine Mädchen, dass ich damals gerettet und hierhergebracht habe. Ist ein hübsches Ding geworden, schlau, lieb. Was sollte man sich mehr wünschen.“
Er redete nicht weiter, fragte sich nach, sondern atmete nur weiter durch und wartete ab, was nun kommen würde.
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Lothar von Tretogor
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„Vielleicht Gehorsam? Dass sie Dir nicht auf der Nase herumtanzt?“ Der Großmeister erhob sich wieder, um dem Patienten sein Bett und Decke zu überlassen. Jarel sollte sich bequem hinsetzen, wie sich ein verbeulter Körper anfühlt wusste er selbst genug. „Aber was weiß ich schon? Von Töchtern…“ Schwer hörte man ihn seufzen, als er wieder auf dem Schemel Platz nahm. Er wirkte definitiv älter als beim letzten Treffen. Das Amt schien schwer auf seinen Schultern zu lasten. Und er selbst wollte sich nun wirklich keine Gedanken über Töchter machen.

„Du hättest mich eher besuchen können, Frederic. Ich hatte gehofft Dich hier zu finden, bevor Du irgendwelche Unfug machst – wie… Dich prügeln.“ Jarels Knöchel waren ihm aufgefallen und dass der Leibwächter auch gerne boxte wusste man. „Aber Mutter Varelia hat Dich bewacht, wie eine Löwin ihre Jungen und Dein begabter Knappe ist meinen Fragen ausgewichen wie ein Aal dem Fischer. Was erwartest Du jetzt?“

Wie der Großmeister auf seinem Hocker lümmelte, wirkte er nicht besonders streng oder erhaben. Die Roben waren jedenfalls nicht seine Besten, obwohl sauber. Natürlich fehlte das sonstige Schwertgehänge, denn das hatte man hier am Tor abzugeben. Die Brandwunde im Gesicht samt fehlenden Barthaaren war keinen halben Tag alt und gab ihm etwas von einem Herumtreiber. War der Großmeister ‚draußen spielen‘ gewesen? Und was war ihm so nahe gekommen? Aber darüber schien sich Lothar gerade keine Gedanken zu machen und erwartete noch keine Antwort auf seine Frage, denn der ehemalige Klingenmeister war vorsichtig und bestätigte darin, dass was auch immer passiert war ihm sehr nahe ging.

„Du hast mir Jahre lang loyal als Kopf meiner Leibwache gedient und ich hatte keinen Grund Dir zu misstrauen. Das weißt Du. Im Gegenteil.“ Er hatte sich in irgendwelchen Dreck geworfen, nur weil Jarel ‚Ducken!‘ gerufen hatte.
„Aber nun? Nun überschlagen sich die Gerüchte aus Nowigrad. Mich erreichen Zeilen Wenzels aus den Enttäuschung und Wut spricht. Daneben ein Knappe, der sich jedes Mal im Kopf und Kragen redet, wenn ich bemühe erfahren, was eigentlich los ist. Doch gibt mir jemand ehrliche Antwort? Nein.“ Man konnte die Enttäuschung in seinem Gesicht sehen, obwohl er Jarel nicht direkt ansah. „Gibst Du sie mir? Kannst Du mir erklären, wie das alles zu Stande gekommen ist? Deine Degradierung? Ein Verrat des Ordens an die Krone? Ein Vertrauensbruch mit Wenzel? Was musste alles passieren, dass es soweit kommt? Und verdammter Mist, Du hast Dich besoffen!“
Der Großmeister verbarg nicht die Sorge in seiner Stimme. „Ich möchte dass Du mir vertraust Jarel. Wie ich Dir vertraut habe. Versprechen kann ich Dir, dass nichts diesen heiligen Raum verlassen wird. Aber sag mir nicht bei der Flamme sondern bei unserer Freundschaft, was Dich verdammt nochmal in diese Situation gebracht hat. Und lass nichts aus…“ Dass Jakob darin sehr gut war wusste er bereits und auch wo der Knappe stand.
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