Stadtteil | Tempelinsel - Der Orden der Flammenrose - die Komturei in Nowigrad

Lange Zeit war Nowigrad kein Teil von Redanien, lange Zeit konnte die größte (mit ca. 30.000 Einwohnern) und zweifelsohne auch die reichste Stadt den Status einer freien Handelsstadt halten. Nach den letzten Kriegen aber ist sie mehr oder weniger zur inoffiziellen zur Hauptstadt der freien Nordländer, vor allem Redaniens geworden seit Dijkstra als Regent zusammen mit dem Handelsrat von hier aus die Fäden zieht.
Als Heimat des Kults des Ewigen Feuers hat in der Stadt allerdings auch das Wort des Hierarchen Gewicht.
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Vyacheslav Sokolov
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Lebenslauf: Slava

Noch ein Schatten hatte sich verabschiedet als die meisten Ritter verschwunden waren und ebenso die Knappen.
Der Schatten einer grauen Eminenz der Stadt, von der bisher noch niemand wußte, aber der in nur wenigen Monaten oder sogar nur Wochen sogar dem Regenten der Stadt auffallen sollte ob seiner Talente in einem besteimmten Metier.
Nun hatte er genau diese genutzt um sich Zugang zum Innenhof vor dem Tempel des ewigen Feuers zu verschaffen und Zugang zu einem Wehrgang an der Aussenmauer. Die geschlossene Veranstaltung des Ordens hätte das nicht zulassen dürfen, aber er hatte seine Methoden.
Und er war nicht einmal eines gewissen Ritters wegen hier, war sogar bemüht, nicht in sein Blickfeld zu geraten. Wann immer Jarel seinen Bick schweifen ließ war der Schatten verschwunden. Und das war einige Male nötig gewesen, denn der Ritter spürte die Präsenz vielleicht sogar. Aber darum ging es ihm nicht. Ihn hatte tatsächlich nur der Werdegang des Knappen interessiert.
Er hatte gesehen, wie er vor dem Feuer fast in Panik ausgebrochen und geflohen wäre, hatte gesehen wie er die Stufen hinabgefallen war dann aber seinen Weg gegangen war, durch das Feuer in den Tempel.
Und dann war draußen das Fest zu seinen Ehren gewesen und er hatte sich leicht denken können, was Jake davon hielt. Jakob von Nagall... nur zu gerne hätte er das Archiv seiner Behörde dazu befragt, ein interessanter Name der sicher auch in seiner Version der Erde Niederschlag gefunden hatte und den man sich hier wohl merken sollte.
Für diesen Tag aber verschwand er wieder, sprach mit niemandem. Nur ein Schatten.
Bald würde er der Schatten eines mächtigen Mannes sein. Bald.
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Jakob von Nagall
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Lebenslauf: Jakob von Nagall

Er sah einen Moment lang weg, aber nichts direkt an. Vieles ging ihm durch den Kopf, aber Jarel hätte sich wohl ziemlich gewundert, wenn über seinem Knappen ein Wölkchen mit dessen Gedanken gestanden wäre. Denn Jakob kam zu dem Schluss, dass Jarel das gleiche Recht auf eine leere Akte hatte, wie das Schicksal es ihm geschenkt hatte. Er wusste nun die wichtigsten zwei Dinge, zusammen mit der Wolfsache drei, mehr wollte er dem Ritter vorerst nicht aus der Nase ziehen. Es reichte, um ein paar Dinge zu begreifen, ein paar Voraussetzungen zu kennen und der Rest würde sich mit der Zeit entwickeln. So schlicht. Wenn es wichtige Dinge gab, die in Jarels Vergangenheit begründet lagen, würde dieser es Jakob wissen lassen.
Jakobs helle Augen kehrten zu Jarel zurück. "Weißt du, in dieser Zelle in Oxenfurt, da hab ich was begriffen. Bisher ist mir immer viel Papier voraus gereist, in dem drin stand, wer ich bin und was alles schlecht an mir ist. Aber hierhin nicht. Mit dir durfte ich einfach bei Null anfangen." Gleich fiel sein Blick wieder auf den Steinboden zwischen ihnen. Besonders rühmlich war dieser Anfang auch nicht gewesen, aber trotzdem... "Und wenn ich mit dir bei Null anfangen darf, wieso solltest du dann nicht auch bei mir ohne Kerben anfangen dürfen?" So viele Worte. Eine wahre Seltenheit. Er hob den Blick nicht wieder, streckte statt dessen seine Rechte zwischen sie, deren vernarbte, unförmige Finger im Kerzenlicht noch grotesker wirkten, als bei Tage schon, und betrachtete sie nachdenklich. Er hatte also vorerst nicht vor, weitere Fragen zu stellen, die Jarels Kerbholz unnötig füllten. Er mochte ihn. Akzeptierte ihn. Einfach so als der, der er heute war. Aber andersrum stand noch eine Frage im Raum, die er nur unzufriedenstellend beantwortet hatte: Was war damals passiert?
Erst wich er sich selbst noch aus. "Danke, dass ich mein Schwert behalten durfte. Es bedeutet mir viel. Das Erste Schwert der Komturei. Es gehörte meinem Vater und davor seinem..." Sein Blick ruhte weiter angestrengt auf seinen deformierten Fingern. Transplantierte Haut, teils künstlich, teils von anderen Körperstellen, fleckig und unnatürlich glatt, frei von Fingerabdrücken. Er gäbe einen guten Dieb oder Meuchler ab... Die Finger ballten sich, formten eine Klaue und dann eine Faust, bevor er sie wieder streckte. Die fremde Haut war flexibel, aber die Falten, die sie warf, waren so seltsam wie das ganze Handkonstrukt.
"Er hat immer Hemden aus... künstlichen Fasern getragen.", es gab kein Wort für Polymere in der Gemeinsprache. "Es ist mit meiner Haut verschmolzen." Typisch. Er fing irgendwo in der Mitte an, aber das war einfach die eindrücklichste seiner Erinnerungen. Ein ehemals hellblaues Hemd, schwelend und schmelzend, seine Finger darin verkrallt, bis alles nur noch schwarz und eins war.
"Ich wollte ihn raus ziehen, aber ab dem Punkt konnte ich es nicht mehr. Ich hab ihn feige im Stich gelassen."
Dunkle Flecken bildeten sich auf dem Stein vor Jakobs Füßen, Kerzenlicht schimmerte kurz in wässrigen Perlen, die sich an der Nasenspitze des jungen Menschen sammelten, bevor sie abtropften. Mehr Flecken verursachend. Seine Stimme blieb allerdings leer.
"Menschen können brennen. Lichterloh. Obwohl sie noch laufen. Und schreien." Ein tiefes Atmen. "Unsere Komturei brannte in dieser Nacht bis auf die Grundmauern nieder. So viele sind gestorben - mein Vater, meine Schwester, mein erster Ritter - und ausgerechnet ich bin da irgendwie raus gekommen. Gott hat mich nicht gewollt. Er hat mich mit weiter leben bestraft." Mit Jakobs Komturei war in dieser Nacht das letzte Templerhaus Europas gefallen und damit ein ganzer Kontinent in die Hand des Feindes. Etwas, was ihm als fest in die Weltsicht der Templer eingefügtem Mitglied des Ordens fast genauso heftig zugesetzt hatte, wie der Verlust selbst. Der Alleingang, den er kaum aus dem Krankenhaus entlassen, mit eben jenem Schwert unternommen und wie durch ein Wunder unverletzt überstanden hatte, war nur der Anfang einer Reihe lebensmüder Aktionen, die seine Mutter sukzessive zur Verzweiflung trieben und seine Ritter einen nach dem anderen zur Aufgabe zwangen.
Zuletzt geändert von Jakob von Nagall am Freitag 19. August 2022, 20:37, insgesamt 1-mal geändert.
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Jarel Moore
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Lebenslauf: Jarel

Die Schuld des Überlebenden.
Jarel wusste wie sich das anfühlte.
Er legte seine linke leicht auf die verunstalteten Finger des Jungen. Er hatte sich wieder geöffnet. Weit sogar.
Auch wenn der Grund für die harte Rüstung um das Herz des Jungen ein wirklich schrecklicher war, das aufblitzen durch den Spalt der Nussschale gab dem Ritter Hoffnung.
„Gib dir nicht die Schuld dafür.“ Die Bilder, die die Worte des Jungen erzeugten waren so grässlich, dass der ältere sie schnell vertrieb. Dafür huschte einen Moment ein anderes Bild vor seinem inneren Auge vorbei. Ein Bild, das er so geübt verdrängte, dass es nicht einmal den Weg in sein Bewusstsein fand. Etwas, das Jake nicht konnte. Und nie können wurde. Die Seele seines Knappen Seele brannte seitdem.
„Du hast deine Familie mit deinem Leben zu retten versucht. Dir gebührt Ehre. Nicht Schuld. Und egal an welchen Gott du glaubst, vielleicht hat er dich nicht verflucht, sondern mit einer Aufgabe hierher geschickt.“
Jarel schlang die Finger seiner linken Hand um die Klaue, die die Finger des Jungen bildeten.
Gebranntes Kind.
„Ich kann dir den Schmerz nicht nehmen. Der wird dein ewiger Begleiter sein. Aber ich kann dir helfen ihn zu tragen. Du musst es nur zulassen.“
Er blieb einfach hocken, die Augen auf denen des Jungen ruhend und dankbar, noch eine Chance zu bekommen.
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Jakob von Nagall
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Lebenslauf: Jakob von Nagall

Jarels riesige Linke schloss seine verkrüppelten Finger, die in der Pranke des Ritters fast verschwand. Selten hatte Jakob jemanden mit so großen und trotzdem keineswegs groben Händen kennen gelernt - andererseits hatte er auch schon lange niemanden so nah heran gelassen, dass er dessen Hände hätte studieren können. Die dunkle Stimme des anderen Mannes drang an sein Ohr, aber zunächst war es nur der gleiche Singsang, den die Seelsorger und bezahlten Zuhörer auch von sich gegeben hatten. Gott hat einen Plan, er hat noch eine Aufgabe für dich... Blabla blubber... Ganz automatisch schüttelte er den Kopf. Gott schiss auf die Menschen. Gott war tot. So dachte er oft und dann betete er doch wieder, weil er nichts anderes kannte, um seine Seele zu beruhigen. Vor allem als Miriam noch um ihr Leben gerungen hatte. Nichts hatte es gebracht. Gar nichts. Der letzte Faden zu jenem Gott war an diesem Tag gerissen und er hatte das Ziel aus den Augen verloren. Und betete dennoch weiter, meistens aber nur noch zur Gottmutter und den Heiligen. Am Ende war es wohl nur das Ritual, das ihm half, aber wahrer Glaube stand seit jener Zeit nicht mehr dahinter.
Doch dann sprach Jarel davon, ihm helfen zu wollen, es tragen zu lernen. Das war neu und sorgte dafür, dass die Rädchen in Jakobs Kopf wieder anfingen zu tickern und er die Scheuklappen seiner Ängste zu durchschauen versuchte. Wie hatte Jarel noch in Oxenfurt gesagt? Er stand sich oft genug selbst in der Sicht... Sein Selbstmitleid half niemandem, zu allerletzt ihm und es führte dazu, dass er alle anderen nicht sah. Nicht zuhörte und nicht hin sah.
Sein Blick ruhte weiter auf der Linken des Ritters.
Die LINKE.
Er musste eine Kleinigkeit desinfizieren.
Die hellen Augen wanderten nach rechts, dann nach oben, um endlich wieder in Jarels Gesicht zu blicken. Wie lange hatte er mit der Hand im Feuer wohl auf ihn gewartet? Ihm war der Weg durch die Flammen wie eine Ewigkeit vorgekommen. Unglauben breitete sich auf seinen Zügen aus. Wieso sollte irgendjemand so etwas für ihn tun?
"Es tut mir Leid. Du hast dich wegen mir verbrannt.", stellte er tonlos fest, presste die Lippen aufeinander. Tränen hatte er für heute keine mehr. "Schlimm?" Er fühlte sofort wieder seinen Magen krampfen - wer, wenn nich er wusste, wie schmerzhaft solche Wunden waren? Dann zog er noch weitere Konsequenzen in Betracht. "Ich hoffe, du bekommst wegen mir keinen Ärger." Noch ahnte er nicht, dass es vielleicht das erste, aber nicht das letzte Mal sein würde. Oder doch, eigentlich ahnte er es schon, denn er kannte sich. 21 Jahre ließen sich nicht einfach aus seinem Verhaltensmuster streichen, nur weil er gerade sehr handzahm war.
Entschlossen raffte Jakob die Scherben seiner selbst zusammen und erhob sich mit der Flexibilität seiner Jugend, um nun seinerseits Jarel auf die Beine helfen zu wollen. Er zwang sich dem Ritter zuliebe sogar zu einem schiefen Grinsen. "Das Ei wird kalt." Ihm war nicht nach essen, aber auch das würde er Jarel zuliebe tun.
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Jarel Moore
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Lebenslauf: Jarel

„Nein, nicht schlimm.“, antwortete Jarel. Das kam der Wahrheit sogar recht nahe. Es gab schlimmeres als Schmerzen.
Sein Knappe hatte seine Worte verneint. Durchgehend. Und trotzdem war da wieder Leben in seinen Augen. Verstand. Anwesenheit. Elune sei Dank.
Mit irgendwas hatte er ihn erreicht. Mit was, spielte keine Rolle. Hauptsache Jake stürzte nicht weiter ab.
Er rang sich sogar ein Lächeln ab. Schief wie Sargeras Zähne, aber ein Lächeln. Er gab sich Mühe.
Das wusste der Ritter zu schätzen. Mit einem leisen Ächzen ließ er sich hoch helfen.
Verdammt, das war ein langer Tag gewesen.
„Möchtest du Speck zu deinen Eiern?“
Viel geredet wurde nicht mehr. Es wurde viel geschwiegen. Ein angenehmes Schweigen. Ein zufriedenes Schweigen.
Beide waren ausgelaugt und müde. Vor allem mental müde.
Der Ritter hätte seinen Knappen zu gern zu den Schlafräumen begleitet, aber der drohte ihm leise schimpfend etwas Unverständliches an, sollte er ihn nicht allein gehen lassen.
Lachend ließ Jarel Jakob allein gehen. Die beiden trennten sich für diese Nacht. Jakob in den Schlafsaal, Jarel in das kleine Gebäude, dass er allein bewohnte.
Und zumindest Jarel schlief in dieser Nacht traumlos und tief.
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Jakob von Nagall
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Lebenslauf: Jakob von Nagall

Er gabelte sein Ei, den Speck hatte er abgelehnt. Eine gute Sache an Jarel war, dass man mit diesem schweigen konnte und er nicht das Gefühl hatte, dieses mit Geschwätz füllen zu müssen. So herrschte einfach gefräßige Stille. Dann spülten sie das Geschirr und Jarel hätte ihn wohl am liebsten bis ans Bett gebracht und noch zugedeckt. Grummelnd schickte Jakob den Ritter seiner Wege - für heute hatte er sich genug blamiert. Er drohte ihm noch an, ihm Federn an den Wappenrock zu nähen, wenn er sich weiter aufführte wie eine Glucke, aber er tat es leise und auf Deutsch, den eigentlich wollte er keinen Zank mehr. Nicht mehr in dieser Nacht. Es reichte auch so, dass Jarel ihn ziehen ließ.

In seinem Bett lag er noch eine ganze Weile wach, durchlebte die Minuten des Rituals wieder und wieder, stellte sich selbst und sein irrationales Verhalten in Frage. Ein Kreisel, auf dem seine Gedanken sich drehten und immer wieder am gleichen Punkt anfingen, nur um ihn vom Schlaf abzuhalten.
Irgendwann dämmerte er doch weg, mitten hinein in Trugbilder voller brennender Schatten. Sein Vater erschien, sein Gesicht zur Hälfte geschmolzen, als sei es ais Wachs und er presste ihm das Schwert des Komturs in die erhobenen Hände wie Jarel noch Stunden zuvor. Die Klinge glühte, verbrannte seine Handflächen und schnitt zugleich tief hinein. Hinter ihm wuchs ein riesiges Kruzifix in den Himmel, an dessen Holz Miriam genagelt war, anklagend starrte sie zu ihm herab. Jemand lachte, Jakob drehte sich um und da stand Gabriel, das Gesicht zu eine Maske des Grauens verzogen, ein teuflisches Glühen in den Augen. Er wollte das Schwert am Heft greifen, doch seine Finger waren mit dem Metall verschmolzen.
Gabriel fletschte die dolchlangen Zähne und sprang...

Schweißgebadet fuhr Jakob hoch, atmete hart gegen die Effekte des Traumes an. Es war noch immer dunkel, doch aus dem Bett neben sich konnte er Henselts geweitete Augen sehen. Der andere Knappe hatte sich auf einen Arm hoch gestützt, schwieg aber.
Jakob schwang die Beine aus dem Bett und rieb sich das Gesicht, dann stand er auf. "Schlaf weiter."
"Wo willst du hin?"
"Nur frische Luft schnappen."
Dann war er fort. Doch statt einfach nur frische Luft zu schnappen, lief er. Runde um Runde um den Tempelkomplex, den Hof, die Gärten und Gebäude. Er lief bis er glaubte, das Ei in den Dreck spucken zu müssen, dann machte er eine kurze Pause und begann von vorn.
Der Morgen dämmerte erst schwach - bis zu seiner Einladung zum Kaffee konnte er noch einige Runden drehen, bevor er sich säubern und umkleiden sollte...
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Jarel Moore
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Lebenslauf: Jarel

Es klopfte gerade in dem Moment, in dem Jarel sich fertig angezogen hatte.
Es klopfte drei Mal. Kurz, präzise, mit Nachdruck. Das war keiner der Knappen.
Nachdenklich steckte Jarel sich das Tuch mit dem er sich gerade den Schweiß abgewischt hatte zurück in den Ärmel des Hemdes. Er hatte geplant mit Jakob zu frühstücken, sich beim Großkomtur abzumelden und Ljerka aufzusuchen.
„Ja?“
Die Tür wurde geöffnet. Die Person, die dort stand hatte Jarel nicht erwartet. Und dass der Adjutant des Großkomturs schnaufte wie ein Schmiedebalg verhieß nichts Gutes.
„Eelco, alles in Ordnung?“
Auf das du ging der Buchhalter nicht ein. Stattdessen der scharf gebellte Befehl.
„Zum Großkomtur. Sofort.“
Der Ritter blinzelte kurz, dann nahm er Haltung an. „Jawohl.“
Nur Minuten später stand er vor der Tür des Büros des Obersten. Wischte sich noch einmal den Schweiß vom Gesicht, strich sich ein weiteres Mal seine Kleidung glatt und atmete durch.
Ärger. Das bedeutete Ärger.
Verdient.
Nun, das würde er schon durchstehen. Wie hart das für ihn werden würde ahnte Jarel nicht. Nicht einmal ansatzweise.
Der Ritter hob die Hand um zu klopfen, doch als hätte der Großkomtur ihn gerochen, rief eine Stimme von innen „Eintreten! Sofort.“

Der ehemalige Schattenläufer zog eine Augenbraue hoch, schluckte. Er trat augenblicklich ein.
Wenzen von Herreloh, der schon so lange das gewählte weltliche und geistliche Oberhaupt seines Ordens war, stand mit im Rücken verschränkten Armen am Fenster.
Kein gutes Zeichen. Der Großkomtur hatte von Anfang an immer eine unglaubliche Geduld mit ihm gehabt. Und eben diese schien nun am Ende.
"Das, Jarel Moore, war ein Desaster! Ein Fiasko!"
Von der üblichen Ruhe seines Vorgesetzen keine Spur.
Der Ritter hatte seine liebe Mühe seine Nervosität nicht zu zeigen.
Er tat in das kleine Büro ein und schloss die Tür hinter sich. Einen Moment wollte der ehemalige Schattenläufer die Arme hinter den Rücken verschränken. Im letzten Moment entschieden seine Arme sich jedoch von allein, sich vor seinem Körper zusammenzufinden.
Er schob die Füße für einen stabilen Halt leicht auseinander atmete bewusst ein und aus und erwartete das Donnerwetter.
Das Donnerwetter kam.
"Was denkst du, Jarel, wieso ich DICH deinen Knappen selbst wählen lasse, anstatt dir eine der Rotznasen aufzudrücken, die Frideric hier dauernd anschleppt?"
Der Ritter dachte nach. Nunja, von den Rotznasen hätte keiner länger als ein paar Wochen unter seiner Knute ausgehalten.
Seinen Schwertherren zu unterbrechen wagte er jedoch nicht.
"Wieso, frage ich dich, lasse ich diesen von DIR gewählten jungen Mann ALLEIN vor die Ewige Flamme treten, anstatt gemeinsam mit all den anderen?"
Das hatte Jarel auch gewundert. Ja. Durchaus. Aber hinterfragt hatte er es auch nicht, sondern es auf Jakobs Herkunft geschoben. Von den anderen getrennt um im Falle eines Ausrutschers nur den richtigen aufzufallen. Ohnehin war er viel zu abgelenkt gewesen in den letzten Wochen um wirklich hinter diese Tatsache zu blicken.
Damit war von Herrenlohs scharfer, schneidender Monolog noch nicht zu Ende.
Es bildete sich bereits wieder ein Schweißfilm der Stirn des Ritters. Doch der ehemalige Schattenläufer wagte es nicht sich zu rühren. Nicht einen Millimeter.
"Jarel, ich war der festen Überzeugung, dass du längst begriffen hast, was der halbe Orden schon ahnt! Und jetzt so etwas! Willst du mich verspotten?"
Der Ritter wollte antworten, doch über ein „Nein, Syre.“, kam er nicht hinaus.
Mit einer harschen Handbewegung brachte der Großkomtur ihn zum Schweigen.
"Du warst MEIN Knappe, beim Licht! MEIN Schwert hat dich zum Ritter geschlagen! Verstehst du was das heißt? Wie man dich sieht? Und nun ihn?"
Die Wangen des sonst so unnahbaren Mannes begannen zu brennen.
Natürlich hatte er die Gerüchte gehört. Und nie dementiert. Es brachte ihm schließlich Respekt, für den nächsten Großkomtur gehalten zu werden.
Doch für WAHR hatte er sie nie gehalten. Er war kein Anführer. Die Präsenz seines Herrn würde er niemals erreichen. Und seine Führungsqualitäten schon gar nicht.
Der Schweiß begann ihm zu laufen, rann ihm über den Rücken, versickerte in den Augenbrauen.
"Er hat erwidert, er glaube an die Ewige Flamme! Lüge? Antworte! Und wage es nicht, auch zu lügen."
Der Ritter räusperte sich und setzte an zu sprechen, als Wenzel einmal mehr die Stimme erhob und ihn zum Schweigen brachte.
"Ein Glück der Hierarch hat sich in letzter Minute unpässlich gemeldet! Nicht auszudenken...! Ach, er wird es ohnehin erfahren. Unglück! So ein Unglück."

Jarels Gedanken rasten. Es waren also die Wahrheit gewesen und kein überzogenes Gerücht. Wenzel von Herrenloh hatte IHN als seinen Nachfolger vorgesehen.
Schlimmer noch. SEIN Knappe hätte ihm wiederrum nachfolgen sollen. Seine Knie wurden ihm weich. Ihm wurde speiübel. Unter den hektischen roten Flecken wurde er kreidebleich.
Haltung bewahren! Nichts anmerken lassen.

Die Wangen des Ritters brannten weithin sichtbar und tat etwas, was im Orden allein Jakob schon einmal gesehen hatte. Er senkte hochgradig betroffen den Blick.

„Jakob steht hinter den Grundsätzen des Ordens.“, setzte er an und versuchte seiner Stimme Festigkeit zu verleihen. „Er war in seiner Welt Mitglied eines Ordens der in seiner Welt dieselben Aufgaben hatte wie wir hier.
Er ist ein guter Junge. Bevor er herkam, verlor er seinen ganzen Orden, seine Eltern, seine Schwester in den Flammen. Er sah sie brennen, Syre. Er kann seine Angst nicht überwinden. Aber der Glauben ist tief in ihm verwurzelt.“

Am liebsten hätte er ‚Tiefer als bei mir.‘ hinzugefügt. Von seinem gesenkten Haupt rollte ein Schweißtropfen über die Nase und tropfte zu Boden.
Dem Ritter fehlten die Worte. Würden er ihn wegschicken? Was würde dann aus Jakob?
Er hob den Blick obwohl er das Gefühl hatte, Wenzels Augen würden ihn auf der Stelle erstarren lassen.
Was auch immer jetzt kam. Da musste er durch.
Jedes: ‚Er tut mir leid.‘ wäre zu vielgewesen. Leer. Sinnlos.

Stattdessen fragte er: „Wie geht es weiter?“
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ERZÄHLER
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Wenzel von Herrenloh war niemand, der unangebracht laut wurde. Dass er aufgebracht war, spürte Jarel eher an der Intensität seiner sonst so ruhigen Stimme und daran, dass er vom pluralis majestatis zum simplen Du wechselte.
Auch rannte er nicht wie so mancher tollwütig auf und ab. Er hatte sich lediglich umgedreht, Rücken zum Fenster und durchbohrte Jarel mit seinen grauen Augen.
Er hatte es noch nie darauf angelegt, den Mann, den er gegen alle Zweifler in den Orden aufgenommen und persönlich in den Glauben und alle Regelwerke eingewiesen hatte, so in die Mangel zu nehmen, dass der tatsächlich den Nacken beugte und nervöse Flecken bekam wie eine Rotznase.
Sicher waren all seine Worte gezielt überspitzt, denn das Oberhaupt ihres Ordens wurde noch immer von den Brüdern gewählt. Aber die Entscheidung fiel sehr oft auf jene, die der vorangegangene Komtur als seines Vertrauens würdig befand. Die Menschen folgten gerne einfachen Regeln und in der Geschichte gab es wenig Beispiele, dass es einen Unbekannten getroffen hätte.
Wenzel ließ all das noch eine Weile in Schweigen versickern, dann atmete er einmal tief durch, rief sich zur Ruhe. Drei Schritte und er stand vor Jarel, die Rechte legte sich in dessen Halsbeuge, nicht schmerzhaft aber fest zugreifend.
"Wieso hast du mir das nicht gesagt? Das Protokoll lässt gewissen Spielraum. Wir hätten eine andere Symbolik gefunden." Er versuchte Jarels Blick zu fangen.
Wie es jetzt weiter ging, wusste er selbst noch nicht so ganz.

Der Blick des Ritters irrte kurz umher, bevor der Blick der grauen Augen seines Schwertherren ihn band, als hätte er ihn hypnotisiert.
"Ich habe es übersehen, Syre. Nicht begriffen was meinen Schützling gequält hat. Erst heute Nacht hat er das Grauen offenbart, was hinter ihm liegt."
Er schluckte. "Ich hätte ihn nie dazu gezwungen..."
Seine Stimmte versagte und er atmete gepresst ein und aus, die Lippen fest aufeinander gepresst. Aber er behielt Haltung. Und er hielt den Blick seines Komturs stand.
Wenzel starrte unerbittlich zurück.
"Und du bist überzeugt davon, dass er dem wahren Glauben folgen kann? Das Feuer, Jarel, ist das Zentrum unserer Kirche."
"Das kann er, Syre.", erwiederte Jarel im Brustton der Überzeugung.
"Das werden wir."

Wenzel ließ los - Hand und auch bohrenden Blick, wandte sich halb ab und strich sich mit gesenkten Brauen über den kurzen Bart. Für jemanden, der ihn kannte, war ersichtlich, dass er noch immer aufgebracht war. Aber er dachte auch bereits nach, wie er die Sache retten konnte.
Er würde einen Boten zum Hierarchen schicken müssen, ein paar Dinge richtig stellen und das möglichst bevor dessen eigener Beobachter Gelegenheit bekam, seinem Dienstherrn Bericht zu erstatten. Dann ein Brief zum Großmeister und ein paar Gespräche.
Das Schweigen dehnte sich.
"EALCO!", bellte er aus heiterem Himmel und keine Sekunde später flog die Tür auf.
"Sir?!"
"Finde mir diesen Wicht - wie heißt der noch? Der Neue von Tihomir?"
"Herr Veelenbroog ist gleich nach dem Fest aufgebrochen."
Wenzel zeigte auf diese Antwort kaum eine Regung, denn er hatte es ja fast erwartet. Schwungvoll nahm er hinter seinem Schreibtisch platz.
"Dann hol mir einen Botenjungen."
"Sehr wohl."
Der Großkomtur fasste Jarel wieder ins Auge, die Fingerspitzen aneinander gelegt.
"Du weißt, ich vertraue dir, Jarel. Mehr als den meisten anderen hier. Dieses Desaster auszubügeln wird mich einige Anstrengungen kosten, denn es ist auch mein Ruf, den du gefährdet hast. Ich hoffe, dass ist die bewusst." Er ließ endlich den Blick fallen, zog einen unbeschriebenen Briefbogen heran und öffnete das Tintenfass.
"Sorge dafür, dass meine Bemühungen nicht umsonst sind." Mit einem kleinen Messer spitzte er gnadenlos einen Federkiel. Ja, er war noch immer wütend.
"Aus meinen Augen. Ich habe zu tun"
"Aye, Syre." Jarel wagte es nicht zu fragen, ob er nach Messe und Frühstück verlassen zu dürfen. Er wagte es nicht einmal irgendetwas zu sagen außer:
"Ich enttäusche euch nicht, Syre."
Wie sehr er sich da irrte...

Er verließ nach einem zackigen Gruß das Büro und marschierte mit starren Blick zur Messe. Er sah nicht nach links, nicht nach rechts und reagierte auch nicht darauf, als man ihn Ansprach. Er war nicht des Ordens verwiesen worden.
Obwohl er Erleichterung verspürte, hatte die Faust um seinen Magen ihn noch fest im Griff. Wenzel von Herrenloh steckte in Schwierigkeiten. Seinetwegen.
Und das, obwohl er so große Stücke auf ihn gehalten hatte.
Schande.
Der Ritter verschwand in der Kapelle und verdrückte sich in die hinterste Ecke.
Er war viel zu früh. Niemand war mit ihm dort. So sah zumindest niemand wie er Platz nahm, das Gesicht in die Hände legte und in der Bank hing wie ein Schluck Wasser in der Kurve.
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Jakob von Nagall
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Lebenslauf: Jakob von Nagall

Jakob hatte sich während der Messe bei den anderen Knappen aufgehalten und stoisch die Blicke und leisen Bemerkungen ignoriert. Darin war er gut, auch wenn die Mauern zusehends bröckliger wurden, so schaffte er es doch meistens, sich nicht darum zu scheren, was die anderen von ihm dachten. Er sagte seine Gebete, sang und blickte sich verstohlen um, doch von Jarel nichts zu sehen. Erst nach dem dritten Gesang - er war sich sicher die dunkle Stimme gehört zu haben - entdeckte er ihn auf den hintersten Sitzen.
Kaum war die Messe vorüber, schlängelte sich Jakob durch die Brüder, eilig seinem Ritter zu.
Jarel stand neben einem der anderen Ritter, der versuchte ihn zum letzten Abend auszufragen. Und schwieg.
Erst als er Jakob auf sich zugehen sah, antwortete er doch. Eine freundliche Erwiderung war es nicht, denn sein 'Gesprächspartner' schaute einen Moment belämmert und verschwand.
Auch Jarel wand sich zu gehen, sah aber kurz zurück und deutete Jakob mit einer ausholenden Kopfbewegung, ihm zu folgen.
Folgen. Nichts lieber als das.
Tatsächlich führte der Ritter seinen Knappen zu seiner kleinen Hütte.
Er hielt Jakob die Tür auf, schloss sie von innen hinter ihm und atmete durch, wagte es endlich sich mit dem Tuch das Gesicht abzuwischen.
"Ist es in Ordnung für dich, wenn wir hier frühstücken?", fragte er und kniete sich vor den Ofen das Feuer zu entzünden.
Jakob überließ sich einmal mehr dem Schweigen und sah sich um. Nicht dass er zum ersten Mal hier war, aber der Raum machte immer den Eindruck als wäre Jarel nie hier. Alles war so perfekt, sauber, ordentlich... Bei Jakob gab es nur Ordnung im Werkzeugkasten, aber den hatte er nicht mehr. Wie so vieles.
Unschlüssig stand er herum, bis Jarel in ansprach. "Nichts lieber als das.", erwiderte er tief ehrlich. Alles war besser, als Frühstück bei den Hyänen. "Schweigensgebot bei den Mahlzeiten hat auch Vorteile." Gab es hier nur nicht.
Der Ritter grinste schwach. Er deutete Jakob sich auf den Stuhl zu setzen.
"Ich hab allerdings nur Äpfel hier. Aus dem Garten. Und Kaffee..."
Und den bereitete Jarel gerade.
Es dauerte einige Minuten, doch dann hielt Jakob endlich den Becher in die Hände.
Der "Kaffee" war stark, man konnte ihn kauen, aber es war Kaffee.
"Mehr braucht man nicht zum Frühstück." Jakob setzte sich und sah Jarel zu. Das Gebräu, welches ihm dieser reichte, wäre geeignet gewesen, das Oxid von einem Krümmer zu ätzen. Er nippte daran und lehnte sich zurück.
Jarel nahm auf dem Bett Platz. "Konntest du schlafen?"
Den Blick auf den schwarzen Teich in der Tasse gerichtet, war der erste Impuls mit einem Schulterzucken und einem 'Klar.' zu reagieren. Fast sah man schon die Spannung der Muskeln... Aber darüber waren sie hinaus, oder?
Jakob hob also den Blick.
"Nicht wirklich. Was ist mit dir? Du siehst fertig aus." Er war aufmerksamer, als man ihm zutraute. Er verbalisierte seine Beobachtungen nur selten.
"Ich hab geschlafen. Wie ein Toter. Ich sollte allerdings heute noch jemanden Aufsuchen. Die beiden Heilerinnen. Sonst bekommt mein Immunsystem schlechte Laune."
Auch der Ritter starrte in seinen Kaffee, nippte gelegentlich daran.
"Lassen dich die anderen Knappen in Ruhe?"
Jakob nickte, nahm es hin. Diese Droge, die er wegen dem Transplantat mehmen musste, kannte er. Unwillkürlich blickte er auf seine Rechte. Abstoßungsreaktionen, durchdrehendes Immunsystem... Er nickte. Nochmal.
"Ja, meistens. Heute morgen reden sie komisches Zeug..."
"Was sagen sie?" Jarel soff seine Tasse leer und schenkte sich aus der Blechkanne nach, bot Jakob auch an nachzuschenken.
Ob sie über ihn herzogen? Ob die Sache noch Schwierigkeiten für den Jungen nach sich zog?
Aufmerksam sah er seinen Knappen an.
Jakob war langsamer mit seinem Kaffee und winkte vorerst dankend ab. Wieder ein Schulterzucken. Konversation war einfach nicht seine Paradedisziplin und den Unsinn wieder zu geben, den einige auf dem Weg zur Messe geredet hatten, kam ihm wie unreife Petzerei vor. Zumal er das recht leicht überhören konnte... Bis er sich irgendwann mal umdrehte und seiner Meinung dazu Ausdruck verlieh, aber heute morgen war er zu müde und von den Eindrücken des gestrigen Abends noch zu eingeschüchtert.
Jakob versuchte es statt dessen mit einer Gegenfrage. "Wieso wurde ich nicht mit den anderen an Neumond vereidigt?"
Den Grund dafür hatte Jarel gerade erst erfahren.
Ihn jetzt zu verschweigen würde bedeuten, das gerade aufgebaute Vertrauen zu verletzen.
Trotzdem holte Jarel nach kurzem Zögern etwas weiter zur Erklärung aus.
"Weißt du, wessen Knappe ich war?", fragte er vorsichtig.
"Nein." Woher auch? Die anderen Knappen sprachen selten über Jarel und wenn, dann hatte er den den Eindruck, sie fürchteten, der Ritter könnte unvermittelt hinter ihnen aus dem Boden wachsen.
"Wenzel von Herrenlohs."
Der Ritter atmete durch.
"Was auch immer er in mir gesehen hat, ich habe mein Schwert vom Großkomtur selber erhalten. Und auch bei meiner Vereidigung ging ich allein durchs Feuer."
Jarel legte den Kopf eine winzige Spur schief, während er Jakob ansah.
Ob er selber auf die Tatsache kam, die er selber nun über Jahrzehnte übersehen hatte?
Als Sproß einer langen Reihe von hochrangigen Tempelrittern brauchte Jakob tatsächlich nicht lang um zu kapierten. Erst sah er Jarel noch an, dann wandte er mit einem "Scheiße, Mann." den Blick ab. Jetzt erschlossen sich ihm auch ein paar weitere der schlecht platzierten Sticheleien.
Er beugte sich vor, stützte die Unterarme auf die Knie, die inzwischen leere Tasse in den Händen dazwischen.
"Und jetzt?"
Abermals stand Jarel auf und schenkte nach. Das Zeug wurde nicht gerade milder.
"Das wird die Zeit zeigen. Der Großkomtur konnte noch nicht sagen, welche Folgen das haben wird."
Aber einen Einlauf sondergleichen hatte er ihm verpasst. Er grinste trotzdem.
"Wärst du gern irgendwann Großkomtur?"
Er hielt Jarel seine Tasse hin, dachte nach. Jakob war mit diesem Gedanken groß gezogen worden, aber seither war viel passiert. Er war ein anderer. Er sah ja selbst oft genug das Ziel nicht, wie sollte er es dann anderen weisen?
Ein Anführer, so hatte sein Vater immer gesagt, muss Leuchtfeuer sein. Leider gibt es viel zu viele Irrlichter unter ihnen
Aber er? Er nippte an der schwarzen Lauge.
"Mein Vater hätte das gewollt. Ich bin so groß gezogen. Aber nach dem Feuer...", wieder das Schulterzucken. "Ich weiß es nicht."
Pause. "Und du?"
Jarel gab einen unwilligen Brummton von sich.
"Hab ich noch nie drüber nachgedacht."
Wieder kippte er die halbe Tasse Kaffe auf einmal herunter.
"Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich dazu geeignet bin."
Und damit war - mal wieder - das Thema für ihn erledigt.
"Heute Nachmittag bin ich zum Training nicht da.", erklärte er nach einem kurzen, entspannten Schweigen.
"Wir brauchen neues Desinfektionsmittel.", flachste er.
Ja. Und die Wunde musste versorgt werden. Und so wie er schwitzte....zeitnah.
Jakob nickte nur. Wie bestellt schlug draußen eine kleine, aber äußerst nervtötende Glocke. Der Knappe erhob sich.
"Dann hab ich ja frei... Aber jetzt muss ich zum Dienst. Danke für den Kaffee." Manchmal würde er gern einfach lächeln, aber es war ihm viel zu oft, als seien die Muskeln verkümmert. Also nur ein Blick, ein kurzes Nicken.

Das Lächeln kam.
Von der anderen Seite.
Jarel blieb noch einige Momente nachdenklich sitzen, kippte den Rest Kaffee, kaute den Kaffeesatz ordentlich durch und erhob sich, um sich für Stündchen Gang zur Heilerin abzumelden.
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ERZÄHLER
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von/nach: Ferneck - das kleine Haus der Heilerin und der Alchemistin --> Tempelinsel, die Komturei in Nowigrad
Datum: Frühjahr 1278
betrifft: Sarray, den Komtur, Jakob
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Es gab überall dies Orte, die gefunden werden wollten, von jenen, die die Einsamkeit suchten. In Süpplingenburg war es der hohle Kern einer riesigen Eiche gewesen, in Flagstaff der Turm, der nach dem Sturm der Schwarzen in Trümmern lag und unter dessen Steingerippe ein Hohlraum verblieben war. Im Tempel war es das Dach des Hauptgebäudes, das man erstaunlich leicht erklimmen konnte und welches mit seinen Erkern, Plattformen und Schornsteinen zahlreiche Plätzchen bot, wo einen niemand vermutete.
Jakob hockte auf einem dieser Plätze und beobachtete das Wetterleuchten über den Bergen. Dort tobte sicher schon ein Gewitter und bald würden die Wolken auch über Nowigrad herein brechen.
Noch schien die späte Frühlingssonne.
Der Winter war lang gewesen, kalt und unangenehm - etwas, was der von Wüste und mildem Flachlandklima verwöhnte junge Mann schlecht weg gesteckt hatte. Erkältungen, eine ordentliche Bronchitis, ständiges Frieren und überaus schmale Kost. Das Schwert fror einem in der Scheide fest und die Lederlappen am Boden. Selbst Jakob freute sich auf die Messen und rückte weiter zur Ewigen Flamme nach vorn...
Der Takt seiner Tage war so sehr zu einem Gleichklang geworden, dass er heute ins Stolpern geraten war. Kein Jarel, der ihn zu einem seiner Sondertrainings zu sich zitierte. Auch kein Jarel, der ihn später entweder in die Küche oder einen Lehrsaal schleppte. Kurzum: kein Jarel. Den ganzen Tag schon nicht. Und als dann auch noch das Schoßhündchen des Komturs bei ihm aufgetaucht war und sich erkundigte, ob er etwas wisse, war Jakobs Sorge perfekt.

Auch der Tag verging. Ohne Jarel.
Der nächste Morgen genauso. Keine Spur.
Der Mittag. Nichts.
Der Nachmittag. Keine Nachricht.
Erst am Abend des zweiten Tages trat jemand vor die Wachen am Tor und erklärte mit fester, heller Stimme.
"Ich würde gern Herrn Wenzel von Heringsloh und den Knappen Jakob von Nägel sprechen." Ein gutes Namengedächtnis hatte die Kleine nicht.
Vor dem Tor stand eine ausgesprochen zierliche Zwergin, sogar ohne Bart. Man hätte fast denken können, eine zu groß geratene Gnomin vor sich zu haben.
Sie trug dünne Lederhosen, die typische Weste der Heiler mit den unzähligen Taschen und eine silberne Nadel mit der Schlange, die sich um einen Stab wand.
Offensichtlicher konnte es nicht sein. Eine Heilerin.

Wenzel teilte sie Sorge des Knappen, der die Dreistigkeit besaß, ihn nach der Messe einfach in der Sakristei anzusprechen, wo er gerade das Gewand des Priesters wieder tauschte. Dennoch blieb er gelassen und schickte den jungen Mann mit jenen knappen, Gehorsam fordernden Anweisungen wieder zurück zu seinen Pflichten. Man werde sich kümmern.
Er kümmerte sich selbst. Der erste Gang hatte ihn natürlich schon am ersten Morgen zu Jarels Haus geführt, doch da hatte er nur einen Blick hinein geworfen und war wieder gegangen. Nun sah er sich intensiver um.
Jarel war ihm in letzter Zeit unaufmerksam vorgekommen, ein Adjektiv, was er niemals zuvor auf den Ritter angewendet hatte. Wenzel kannte wenige mit einem solchen Sinn für's Detail und solch gutem Radar. Eigentlich hätte ihm die Sache mit Jakob schon hellhörig werden lassen müssen - dem Jarel, den er zum Ritter gemacht hatte, wäre so ein wesentliches Detail niemals entgangen. Also was beschäftigte ihn genügend und gipfelte nun in seinem Verschwinden? Fünfzehn Jahre lang war Jarel Moore nicht einen Tag verschwunden, ohne sich zumindest bei den Wächtern am Tor abzumelden.
Langsamen Schrittes sah Wenzeln sich um, blickte ins Regal, sogar unter das Bett...

Am Tor tauchte gegen Abend eine kleine Gestalt auf. Die Wächter staunten nicht schlecht: ein Anderling vor dem Toren des Ordens der Flammenrose. Mut oder Wahnsinn? Sie wechselten einen Blick, während die Kleine im Brustton der Überzeugung vorbrachte, wen sie zu sehen wünschte.
Dann brachen sie in schallendes Gelächter aus.
"Was will so ein abgebrochener Halbling von unserem Komtur?", wollte der eine wissen, der andere feixte noch.
"Sich freiwillig melden für das nächste Freudenfeuer des Hierarchen vielleicht?", schlug er vor.
"Nee, die gibt nicht warm. Ist ja kaum was dran.", frotzelte der andere.
Jakob hatte sich vom Komtur weg schicken lassen, hielt es aber nicht lange aus. Sein Stundenplan war nun ziemlich löchrig, also machte er sich davon. Jedoch nicht durch das Tor - seit es Schüler hinter Mauern gab, gab es auch Wege, unbemerkt aus diesen zu entwischen. Jakob verschluckte Nowigrad, Stunden bevor Sarray vor die Pforte trat...
Sarray lächelte zuckersüß, verschränkte die Hände hinter dem Rücken.
Mit besonders freundlicher Stimme trällerte sie: "Seid ihr so gut und nennt mir euren Namen? Damit ich weiß, wer mich weggeschickt hat, statt die Nachrichten vom Ritter Moore entgegen zu nehmen."
Sie stellte sich auf ein Bein und drehte sich verspielt hin und her, strahlte den Wachmann an wie ein verliebtes Mädchen.
Die beiden Wächter wechselten wieder einen Blick, aber diesmal lachten sie nicht.
"Dann kannst du die Nachricht auch uns geben."
"Nööö...", flötete sie. "Ist nur für seine Ohren. Ihr könnt ihn auch raus holen. Ich muss nicht unbedingt da rein."
Das Herz schlug Sarray bis zum Halse. Doch sie verließ sich darauf, dass eine Heilerin nicht als Brennstoff verheizt wurde.
"Dann merk dir seinen Namen, du respektloser Zwerg. Wenzel von HERRENLOH." Der größere der beiden Ritter am Tor trat auf die Zwergin zu und sah aus, als wolle er sie am Arm nehmen, was bei dem Größenunterschied durchaus lächerlich wirkte. Statt dessen legte wr eine schwere Panzerhand auf die zierliche Schulter und schob sie vorwärts.
"Dann hoffen wir mal für dich, dass du nicht seine Zeit verschwendest." Nachdrücklich schob er sie durch das Tor und dann in das imposante Hauptgebäude. Im
"Ich bin eine ZwerGIN!", erwiderte Sarray rotzfrech. Ihre Art, ihre Angst zu überspielen. Wut klappte auch ganz gut, aber heute war Dreistheit dran.
"So viel Zeit muss sein. Und das du hab ich hier auch niemanden angeboten."
Manchmal war ihr Mund ihrem Verstand eine gute Pferdelänge voraus.
Naja...eigentlich sehr oft.
Oder noch öfter.
Sie wurde in das Vorzimmer geführt. Sie war tatsächlich IM Gebäude des Ordens.
Vorzimmer des Großkomturs saß wie immer Ealco Helbel, Bollwerk gegen alle unnützen Störungen.
"Der Komtur ist in einer Unterredung."
Ob es hier schonmal Zwerge gegeben hatte? Oder andere Anderlinge?
Also....lebend natürlich und ohne danach verbrannt zu werden?
Mit einer einzelnen Drehung befreite sich Sarray problemlos von der Panzerhand auf ihrer Schulter (67/1) und hüpfte auf eine Ecke von Ealcos peniebel aufgeräumten Schreibtisch, baumelte fröhlich mit den Beinen.
"Ihr könnt gehen. Ich finde alleine wieder raus." Sie strahlte die Wache mit funkelnden Augen an. "Danke für die Begleitung."
Ealco hob nun doch den Blick und rümpfte die Nase. Ihm war anzusehen, dass er gleich mehrere Dinge nicht schätzte: die Nähe dieses Wesens, ihren Hintern auf der polierten Platte seines Tisches und ihre schrille Stimme. Sein Blick glitt zu dem Wachmann, der noch etwas tumb den leeren Bereich unter seiner Hand betrachtete.
"Was will dieses... Wesen? Entferne es. Der Komtur hat keine Zeit." Er rückte sogar etwas von der Zwergin ab.
Sarray sah Ealco direkt an.
"Also Neugier kann man sich Brüdern echt nicht nachsagen."
Sie seufzte theatralisch.
"Da geht euch ein Ritter verloren und keiner will seinen Verbleib wissen."
Ealco hob eine Braue. "So. Und ausgerechnet ein Halbling ist so voller Sorge, dass sie es uns mitteilen muss? Außerdem ist mir nicht bekannt, dass wir jemanden verloren hätten."
"Tja dann.."
Sarray hüpfte vom Tisch.
"Werd ich Ritter Moore mal ausrichten, dass er nicht vermisst wird."
Sie wuselte - langsamer als gewohnt - Richtung Tür.
In diesem Moment öffnete sich die Tür zu den Amtsräumen von Herrenlohs und eben dieser trat heraus, gefolgt von einem schneidigen jungen Ritter in voller Montur.
Der Großkomtur fasste die kleine Frau sofort in den Blick der klaren, grauen Augen. Er hatte die letzten Worte aufgeschnappt.
"Moore?"
"Sir, dieses... diese...", stammelte Ealco los.
"Zwergin.", gab der Wächter kluge Hilfestellung.
Ealco schnaufte. "Sie behauptet etwas über den Vermissten zu wissen."
"Und da lässt du sie gehen?!"
"Ihr wolltet nicht gestört werden..."
Von Herrenloh wirkte einen Moment resigniert, schloss kurz die Augen. "Ealco... Egal. In mein Zimmer, junge Frau, und Ihr auch noch mal, Tyssen."
Grinsend huschte Sarray in das Amtszimmer.
Und hier geschah etwas seltsames.
Die Zwergin wurde erstaunlich handzahm.
Es war die Ausstrahlung des Großkomturs, gepaart mit der Tatsache, daß sie wirklich so weit gekommen war.
Im Raum wartete sie tatsächlich darauf, angesprochen zu werden.
Wenzel ging Zwergin und Mensch voran wieder in sein Arbeitszimmer und setzte sich hinter seinen Schreibtisch. Der Ritter blieb vor der Tür stehen, als wäre die Zwergin jemand, der jederzeit fliehen könnte.
"Also, Madame. Beginnen wir am Anfang. Ich sehe, Ihr gehört zur Zunft der Heiler. Euer Name?" Die grauen Augen ließen den Gast keine Sekunde aus ihrem Blick.
"Sarray Cestay." antwortete sie kurz.
Der Typ war ja noch unheimlicher als der Klotz-Ritter. Diese Augen.
Die Zwergin schluckte. Als könnte er ihren Verstand auf links drehen.
Ob er ein Magier war?
"Ah, Ihr seid das." Irgendwie hatte Moore vergessen zu erwähnen, dass seine Heilerin ein Zwerg war. Und die Alchimistin? Eine Elfe?
Von Herrenloh lehnte sich zurück. "So. Ich bin ganz Ohr."
Sie atmete durch.
"Ritter Moore ist nach einem Sturz unpässlich und läßt ausrichten er kommt zurück, sobald er dazu in der Lage ist."
Kurze Pause.
"Seinen Knappen müsste ich auch noch sprechen.", bat sie kleinlaut.
Allerdings hatte sie eine Ahnung, dass sie hier so schnell nicht raus kam.
Wenzel sah die kleine Heilerin eine Weile an. Hauptsächlich hätte ihn interessiert, weshalb sein Protege überhaupt ohne Meldung verschwunden war. Es war zwar keine Pflicht, dennoch hatte Jarel es zu seine Gewohnheit gemacht. Aber dss würde ihm die Zwergin auch nicht sagen können.
"Sturz sagt Ihr? Was für ein Sturz? Und wieso glaubt Ihr, dass er in den Händen unserer Brüder nicht ebenso gut aufgehoben ist?" Anstatt bei Anderlingen, aber das ließ er im Kontext hängen.
"Was seinen Knappen angeht, seid ihr in guter Gesellschaft. Ich würde das auch gern, aber er glänzt wie sein Mentor mit Abwesenheit." Ob er darüber zornig oder beunruhigt war, konnte man nicht sagen.
"Ich bezweifle nicht, dass er hier gut aufgehoben wäre. Aber so lange er nicht transportfähig ist, habt weder Ihr noch ich die Wahl, Herr Großkomtur."
Immerhin, sie sprach ihn mit Respekt an.
Im Büro seines Buchhalters hatte das anders ausgesehen.
"Er war Bergsteigen. Geriet in ein Unwetter....und nahm die Abkürzung den Berg runter."
Die Zwergin runzelte die Stirn. Der Junge war weg? Oha...hoffentlich suchte er seinen Ritter nicht.
Irgendwie machte Sarray das noch nervöser.
"Kann ich dem Jungen eine Nachricht hinterlassen? Habt ihr was zu schreiben?"
Wenzel Brauen ruckten kurz in die Höhe. Die Zwergin konnte schreiben? Doch dafür wertvolles Papier verschwenden?
"Ihr könnt es mir sagen oder Ritter Tyssen, wenn Euch das lieber ist."
Die Zwergin legte den Kopf schief. "Warum dem?", fragte sie misstrauisch.
Hier stimmte doch etwas nicht...
Wenzel begann ungeduldig zu werden, was bei ihm allerdings nur Nuancen in Haltung und einbestimmter Zug um die Lippen Preis gab
"Bei der Ewigen Flamme Mädchen, glaubt Ihr Papier wächst mir aus dem Arsch?" Gut und seiner Ausdrucksweise. Herrisch winkte er dem Ritter.
"Holt mir eine Wachstafel vom Quartiermeister, damit Madame ihre Nachricht notieren kann."
"Na, wenn ihr die ohnehin lest, kann ich sie auch sagen.", murrte sie.
"Knappe Jakob möge sich um Mariposa kümmern, so lange er weg ist. Und er solle sich keine Sorgen machen."
So weit zu: 'Bitte persönlich ausrichten'. Aber so geheim schien ihr das auch nicht.

Der Gaul. Natürlich.
"Welch großes Geheimnis.", seufzte Wenzel. "Richtet Jarel meine Wünsche zu seiner schnellen Genesung aus. Ich werde für ihn beten." Dennoch wirkte er noch immer skeptisch.
"Ich nehme nicht an, dass Ihr mir verraten werdet, wo genau er sich aufhält?" Obwohl es auch nicht sonderlich schwierig sein sollte herauszufinden, wo in Nowigrad eine Zwergin hauste.
"Ehm...er braucht Ruhe. Besuch wäre keine gute Idee.", orakelte die Zwergin.
Auf dem Rückweg würde sie auf jeden Fall darauf achten, dass ihr niemand folgte.
Wenn einer von denen den Klotz mit Fell und Schnauze sah, wars das mit Ritter. Und mit ihnen auch.
Wenzel durchbohrte die Zwergin noch einige unangenehme Momente lang mit Blicken aus stahlgrauen Augen, während der er nach einer Erklärung dafür suchte, wieso sich ein Ritter der Flammenrose ausgerechnet einem Anderling anvertraute. Oder nur ein dummer Zufall?
"Tyssen, bringt Madame Cestay zum Tor. Und Ihr Madame, werdet mir täglich Bericht erstatten wie es mit der Genesung voran geht."
"Eh...wie ihr wünscht. Kann ich den Bericht am Tor abgeben?"
Rein wollte sie hier nicht nochmal. Auch wenn sie sich der Wache hatte entwinden können.
Beim nächsten Mal behielten sie sie vielleicht doch da.
Wenzel brummte unwillig, obwohl es ihn ein kleines bisschen Genugtuung verschaffte, dem Ego der kleinen Frau doch auf die Pelle gerückt zu sein.
"Lasst nach Tyssen hier schicken oder Ealco Helbel. Und jetzt gehabt Euch wohl."

Und dann geschah etwas, dass der Sache die Krone aufsetzte.
Die Kleine grüßte. Mititärisch. Zackig. Ganz nach Vorschrift.
Entweder die halbe Portion hatte gedient, oder sie wollte ihn verarschen.
Wieder lehnte Wenzel sich zurück, betrachtete die kleine Gestalt einen Moment zu lange, als der Durchschnitt sich damit wohl fühlte.
Dann ein kaum merkliches Nicken. Auch Wenzel hatte schon im Feld gestanden und auch wenn es vielleicht nicht die gleichen Seiten gewesen sein mochten und Sarray nicht an der Front gewesen war, so konnte er die Kämpfe um die Leben der Versehrten durchaus anerkennen.
"Passt auf ihn auf.", sagte der Großkomtur erstaunlich milde. Doch schon war der Moment vorbei. "Und jetzt raus hier, ich hab zu tun... Ach und noch was: sollte sein Rotzlöffel bei euch auftauchen, dann sagt Jarel, dass ich erwarte, dass er ihm den Hosenboden stramm zieht. Sonst mach ich das."
"Aye." Sprachs und wuselte los.

Draußen angekommen schlug die Zwergin erstmal einen völlig falschen Weg ein.
Die Scherben. Zickzack hierher und dorfhin, immer einen Blick über die Schulter.
Erst dann - als sie überzeugt war niemand würde ihr folgen- trat sie den Rückweg an. Und auf diesem Rückweg fand sie etwas auf einer Leine, was sie unbedingt mitnehmen musste. Ein Kleidungsstück. Eines, dass noch für einige Lacher sorgen würde. Im Hause der Heiler schlug sie es eilig in Papier ein.
Schließlich sollte es eine Überraschung werden.
Sarray berichtete den beiden von ihrem Besuch.
Und davon, dass Jakob verschwunden war. Natürlich wollte Jarel aufstehen - sturer Bock - doch Sarray schiss ihn so sehr zusammen, das er sich die nächste Stunde nicht rührte. Und liegen bleib.
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Sarray Cestay
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Registriert: Mittwoch 20. April 2022, 22:38
Lebenslauf:

Wenzel von Herrenloh hatte einen täglichen Bericht verlangt.
Und er bekam sie. Der erste lag bereits vor, als am nächsten Morgen er von der Messe zurückkam.
Die Heilerin hatte am Abend zuvor mit dem Wolfsritter diskutiert.
Er war nicht begeistert davon gewesen, dass sein Schwertherr den Umfang seiner Verletzungen erfahren würde, ließ sich dennoch dazu überreden.
Erstens war es wichtig für eventuelle Nachbehandlungen und zweitens band Sarray ein Schwur daran, in solchen Sachen niemals falsche Aussage zu leisten.
Also bekam Wenzel, was er wollte.
Das Dokument war tatsächlich auf einem großen Bogen Papier geschrieben.
Und gesiegelt. Ge-sie-gelt!
Das Siegel zeigte zwei überkreuzte Hämmer auf einem Schild, unter der in einem Bogen ihr Familienname graviert war.
Beim Auseinanderfalten fand Wenzel eine tabellarische Aufstellung der erlittenen Verletzungen seines Ritters, verfasst in der Gemeinsprache. Die Schrift der Heilerin war klein, konzentriert und erstaunlich gut lesbar – für eine Heilerin.
Das Dokument begann mit dem Auffinden und der Beschreibung der vermutlichen Umstände des Unfalls.
Danach wurden die Verletzungen aufgeführt, jeweils als medizinischer Fachbegriff und dem gemeingültigen Begriff. Angefangen von oben mit einer schweren Gehirnerschütterung, weiter über einen ausgerenkten Arm, dem Verdacht eines angebrochenen Schulterblatts, gebrochener Elle und Speiche, Erfrierungen an den Händen, zwei gebrochenen und einer angebrochenen Rippe, einem Fremdkörper in der schrägen Bauchmuskulatur, Prellungen, Platzwunden, weiteren Erfrierungen.
Die jeweilige Behandlung wurde aufgeführt und jeweils mit „magisch unterstützt“ ergänzt.
Das damit die erweiterten Selbstheilungskräfte des Worgen gemeint waren, fand natürlich keine Erwähnung.
Abgeschlossen wurde der Bericht mit den geplanten weiteren Maßnahmen und den Vorschlägen von Übungen und weiterer Behandlung.
Vor der Unterschrift hatte der Anderling auch noch einen Segen verfasst.
Ja, definitiv, sie wollte ihn zur Weißglut bringen.

„Möge Meliteles Güte eure Flamme nähren.
Stets zu diensten.
Sarras Cestay"
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