Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro

Wyzima war die Hauptstadt von Temerien und einst Herrschersitz von König Foltest. Von hohen Stadtmauern umgeben, liegt sie an den Ufern des Wyzimasees; die Ismena fließt durch Wyzima und mündet in diesen. Das Bier "Wyzimas Gold" wird hier gebraut.
Nach der Ermordung des König streiten nun Herzoge und Barone um de Herrschaft.
Zeitweise war Wyzima der Sitze var Emreis, denn Temerien ist von Nilfgard besetzt.
in Wyzima ist der Orden der Flammenrose strak, inoffiziell regiert hier der Orden.
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Jakob von Nagall
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Lebenslauf: Jakob von Nagall

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von/nach: Straßen Wyzimas --> Tempel des Ewigen Feuers
Datum: 24. August 1278
betrifft: Lothar
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Am Tempel meldete er sich als Knappe des Klingenmeisters an und wies sich mit dem Siegel der Nowigrader Komturei aus. Man hieß ihn warten und der hiesige Rittersergeant wies ihn mit gerümpfter Nase auf die Waschräume hin. Ohnehin würde es dauern, bis von Tretogor Zeit hätte und so gönnte sich Jakob eine Wäsche und eine Rasur, auch wenn er keine Kleider zum Wechseln mehr hatte. Danach ging er ins Heiligtum wie ein braver Pilger, um zu beten. Doch so intensiv er auch versuchte in den Austausch mit dem Göttlichen zu treten, es wollte ihm nicht gelingen. Da war zum Einen sein flatterndes Herz, das wilde Sätze tat, sobald er an Iola dachte und zum anderen eine unbestimmte Angst, die seit längerem schon an ihm nagte. Er hatte nur einen Tag nach seinem Aufbruch wieder einen dieser intensiven Träume gehabt und die Todesangst, die ihn dabei befallen hatte, hing ihm jetzt noch in den Knochen. Er war ertrunken, ins Wasser gezogen von gewaltigen Fangarmen. Dann wieder war er an der aufgewühlten Wasseroberfläche getrieben wie ein Schnorchler und hatte im zuckenden Licht der Blitze Jarel unter sich gesehen, die Arme gehoben, abwärts trudelnd und reglos. Das Gesicht, bleich in der Finsternis des Wassers, war immer kleiner geworden und er - Jakob - zum zuschauen verdammt. Mit einem Schrei war er erwacht und selbst jetzt, selbst durch den rosaroten Nebel der letzten Stunden hindurch, fühlte er noch den Schrecken. Was gäbe er um ein Handy, damit er in Nowigrad nachfragen könnte, ob alles in Ordnung war, doch so konnte er nur darauf hoffen, dass man ihm im Tempel gewährte, einen Raben zu schicken.
Vorerst kniete er vor dem riesigen Feuer, dessen Hitze über sein Rückgrat kroch und wartete darauf, vorgelassen zu werden.
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Lothar von Tretogor
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Es dauerte noch ein ganzes Weilchen und der Nachmittag hatte bereits begonnen als eine Person des Dienstpersonals sich im Tempelraum positionierte, sodass sie von Jakob früher oder später bemerkt werden musste. Denn sie wollte selbst den Knappen nicht im Gebet stören. Mit Nicken, einer kleinen Geste gab man ihm zu verstehen zu folgen durch die Gänge und Treppen zu den Gemächern des Großmeisters.

Je näher man diesen kam umso besser konnte man die beschauliche Musik einer Harfe hören, die mit Hingabe gespielt wurde. Das dezente Klopfen des Dieners, diente nur zur Ankündigung, bevor er sogleich die Tür öffnete, um Jakob hinein zu lassen. Nachdem der Junge hineingetreten war, wurde sie hinter um auch schon wieder geschlossen und das Personal hatte den Raum verlassen.

Innen saß Lothar von Tretogor Großmeister des Ordens der Flammenrose an einer güldenen Harfe mit dem Rücken zu Jabok im Sonnenlicht, das durch ein großzügiges Fenster den Raum flutete und die roten Roben des Meisters beinahe wie Feuer leuchten ließ. Er war vertieft in sein Spiel und ließ sich vom Eintreten des Knappen nicht stören. Er hatte nur Sinne für seine Finger, die leidenschaftlich über die Seiten zupften und wippte andächtig mit der Harfe zur Melodie. Erst als die letzte Note verklungen war und er entschloss sie durch auflegen der Hände auf die Saiten gänzlich zu ersticken, erhob er kaum merklich den Kopf: „Sprich“. Eine auffordernde Geste mit der rechten Hand.
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Jakob von Nagall
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Er bemerkte den Diener recht schnell, vor allem weil er im Grunde einfach nur wartete, dass endlich etwas passierte. Trotzdem tat er so, als beende er seine Gebete, vollführte die Zeichen und Gesten, blickte noch einmal andächtig in das hoch lodernde Feuer und erhob sich dann, um dem Mann zu folgen. Wie auch in Nowigrad gab es im Haupttempel in Wyzima einen öffentlichen Teil und einen, der nur den Guten Brüdern und Rittern vorbehalten war. In diesen wurde Jakob nun geführt, vorbei an weiteren Wachen, durch Flure und Treppen hinauf bis vor eine Tür, durch die er leise Musik hören konnte. Harfenspiel? Der Knappe runzelte die Stirn. Das wäre so ziemlich das erste Mal, dass er im militärisch strukturierte und eher auf Drill und Glauben ausgerichteten Orden andere Musik vernahm, als die Gesänge der Lithurgie während der Messen oder das unsinnige Zeug, was sie manchmal während des Laufens sangen. Aber Instrumente hatte er keine mehr gehört, seit er mit Aria in Oxenfurt tanzen gewesen war und das kam ihm wie eine Ewigkeit her vor, auch wenn es gerade mal ein Jahr war. Nun diese Harfenklänge zu vernehmen war zugleich befremdlich und machte ihn neugierig auf den Mann, der ihnen allen vorstand. Jakob hatte zwangsläufig immer Großmeister Garcia vor Augen, wenn er an Lothar von Tretogor dachte, aber das konnte natürlich nicht sein und vermutlich war der Kerl ganz anders, sah anders aus und verhielt sich anders. Die Menschen hier waren nicht wie jene seiner Zeit - der Ton war rauer, ebenso der Umgang. Aber Harfe... irgendwie legte die sanfte Majestät dieses Instruments einen milden Schleier über seine Befürchtungen und machte Lothar ungesehen sympathisch genug, dass seine Aufregung sich etwas legte.
Der Diener - oder vielmehr Adjutant - öffnete ihm die Tür und ließ ihn ein. Dann schloss sich die Tür hinter ihm und er war allein mit dem Großmeister seines Ordens. Allein! Stelle sich das einer vor. Man hatte ihn weder durchsucht, noch sah er irgendwelche sichtbaren Leibwächter, dabei wusste er ja, dass Jarel die Leibgarde des Großmeisters einst befehligt hatte. Es musste sie also geben und nach den jüngsten Ereignissen in Nowigrad kam es ihm grob fahrlässig vor, einen Unbekannten einfach so vorzulassen. Unauffällig sah er sich um. Vielleicht waren sie verborgen? Doch lange hielt er sich nicht an diesem Gedanken auf, denn die Töne, die der Großmeister der Harfe entlockte, sogen seine Aufmerksamkeit magisch an. Musik. Klingende Saiten. Er hatte nicht gewusst, dass er diesen letzten Anker, an dem er seine Seele oft genug aus dem Sumpf gezogen hatte, so sehr vermisst hatte. Doch jetzt, hier stehend und die Eindrücke der letzten Wochen, Tage und Stunden noch in den Knochen, bekam er einen Kloß im Hals.
Dann verklang die Musik, der Großmeister forderte ihn auf zu sprechen und Jakob fuhr es eiskalt in die Knochen, dass er keinerlei Anleitung mitbekommen hatte, wie er dem Oberhaupt seines Ordens gegenüber treten musste. Jarels Anweisungen waren eher von der üblichen, lakonischen Art gewesen... Benimm dich. Das war mal wieder typisch. Jakob atmete tief durch.
"Herr..." Er erinnerte sich zu spät an die Worte des Adjutanten, der ihm gesagt hatte, Seine Exzellenz habe nun Zeit für ihn... "Eure Exzellenz... der Klingenmeister Jarel Moore schickt mich aus Nowigrad mit einer Botschaft, die er keinem Vogel und keinem Reiter anvertrauen wollte.", begann er noch einmal neu und eilte durch die Worte, bevor er sie vergaß. Dann fiel ihm ein, dass es vielleicht ratsam wäre, ein Knie zu beugen und so holte er das noch schnell nach, während er den Brief in der Hand in Lothars Richtung streckte. Er kam sich schrecklich unbeholfen vor.
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Lothar von Tretogor
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Mit einem leisen Klong kam der Harfenfuß auf dem Boden auf, als sei das der wahre letzte Ton der Musik. Lothgar hatte sich immer noch nicht umgedreht. Er erhob sich, lauschte den Worten den Knappen und kam gemächlich um seine Harfe herumgelaufen bis er seinen Besuch nun doch einmal betrachtete. Er sehr dünnes Lächeln versteckte sich unter dem Bart, als er die Autorität genoss, die er gerade verströmte. Ein bisschen dauerte es bevor er schwere Schritte, die nun wieder mehr an das Marschieren und Kampf erinnerten, auf Jakob zu machte.

Den Brief pickte der Großmeister dem Knappen aus der Hand wie ein Kranich den Fisch aus dem Teich. „Soso, traut er mal wieder den geschwätzigen Täubchen nicht? Aber Dir? Dem Rittvater in ewiger Treue verbunden?“ Eine Augenbraue zog sich langsam nach oben, während Lothar die Reaktion des jungen Mannes beobachtete. Was mochte seinen alten Freund geritten haben, diesen Knappen anzunehmen. Kein Jammern über die Verantwortung und Zeit. Kurz noch mustere er seinen Besuch, drehte sich dann aber um und schlenderte zu seinem Schreibtisch.

„Du darfst Dich erheben“, entschied er, während er den Brief öffnete und sogleich mit steinerner Miene las.
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Jakob von Nagall
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Lothar ließ sich Zeit und Jakob bemühte sich um Geduld. Er hatte nun so lange gewartet, da kam es auf ein paar Minuten mehr auch nicht an - sollte man meinen. Aber warten, weil jemand verhindert war und warten, weil jemand Spielchen spielte, waren zweierlei paar Schuh. Psychospielchen. Machtspielchen. Etwas, worauf Jakob nur schwer klar kam und daher war es eine harte Probe, nicht den Blick zu heben und ungeduldig nach dem Großmeister zu spähen. Aber dagegen, dass seine Schultern sich unwillkürlich spannten, konnte er nichts tun. Garcia war anders gewesen. Aber hier waren die Strukturen einfach andere, die Rangfolgen verknöcherter. Gerade als er doch den Kopf heben wollte, hörte er die Schritte Lothars auf den Dielen - fest und zielstrebig auf ihn zu. Die Worte, die mit heran schwebten, trugen für Jakob den Geschmack von Hohn. Ein wenig war er enttäuscht, aber man gelangte wohl nicht in gewisse Positionen, wenn man Probleme damit hatte, anderen Leuten auf die Finger zu treten. Dennoch zogen sich die Brauen des Knappen einen Deut weiter zusammen, doch er hielt den Blick gesenkt. Jetzt nur nicht die Nerven verlieren - Benimm dich. - er wollte es nicht schon in der ersten Minute verpatzen.
Oder zweifelte der Großmeister wirklich an seiner Treue Jarel gegenüber. Der Brief verschwand aus seinen Fingern, noch bevor er antworten konnte und von Tretogor hieß ihn aufstehen, was er auch sogleich erleichtert tat. Jakob nahm die übliche Haltung an, in der man auf Weisung wartete, beobachtete den Großmeister aber, wie dieser den Brief studierte. Erst hatte er noch etwas erwidern wollen, aber nun verlegte er sich auf das, was er am Besten konnte: Schweigen. Vielleicht kam Lothar das sogar bekannt vor, denn Jarel war auch nicht gerade als Plaudertasche bekannt.
Statt also die rhetorische Fragen, wie er sie inzwischen für sich verstand, zu beantworten, wanderte Jakobs Blick zurück zur Harfe. Ein großes, doch elegantes Instrument mit schimmernden Saiten und hübschen Schnitzereien. Ein Cello hatte wenig mit einer Harfe gemeinsam, wenn man von Saiten absah, daher würde er sich nie anmaßen zu glauben, auch eine Harfe spielen zu können. Trotzdem ertappte er sich bei dem Gedanken, über die Saiten zu streichen und den Tönen zu lauschen, einfach, weil er so lange kein Instrument mehr in den Fingern gehabt hatte.
Etwas verspätet erinnerte sich wieder daran, dass er wegen Lothar von Tretogor hier war und nicht wegen seiner Harfe.
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Lothar von Tretogor
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Ah ja, da ist sie die Gemeinsamkeit. Stumpf anschweigen und bloß keine Gefühlsregung zeigen. Außer, dass es man dem jungen Mann ansah wie sehr er mit seinem Inneren rang. Aber eine gute Mischung. Ein bisschen Trotz neben Selbstbeherrschung gehörten dazu, wenn man mündige Untergebene wollte. Weder Ja-Sager oder verängstige Hasen oder gar missmutige Neider. Er hatte schon einen Haufen zusammen. Da kam ein ehrliches Gesicht gerade recht, auch wenn seine Gedanken seinen Großmeister gerade wahrscheinlich nicht mit hohen Lob bedachten.

Mit einem vergnügtem Gesicht trat selbiger hinter seinen Schreibtisch und las, wobei seine Miene leicht besorgter wurde. Aber der Brief war älter, fast zwei Wochen und mit Hast geschrieben. Bis jetzt gab es keine Nachricht, dass Jarel das Eis unter den Füßen gebrochen sei. Dafür anderen. Nur einmal sah er über die Zeilen hinweg lächelnd zu dem Knappen. Zum Tempel der Melitele schicken, eine interessante Wahl. Aber gerade nicht Lothars größte Sorge. Er las den Brief wahrscheinlich noch ein zweites Mal und hielt ihn darauf über eine Kerzenflamme am Schreibtisch. Das Feuer erfasste das Papier, schlug hell auf und wurde von der Faust des Großmeisters wieder erstickt. Asche rieselte nieder.

„Spielst Du ein Instrument?“ Er ließ ihm Zeit diese Frage zu beantworten und würde wohl auch länger auf eine Antwort warten. Anscheinend hatte er bemerkt, dass sein Besuch mehr Gefallen an der Harfe gefunden hatte als an ihm.
„Manchmal wünschte ich mir, ich hätte mir etwas Transportableres ausgesucht.“ Aber eine Handleier war was für Barden und der fehlte das majestätische Wumms einer Harfe.
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Jakob von Nagall
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Der Brief ging in Flammen auf und Jakob stellten sich bei dem Anblick der Flammen in Lothars Hand die Nackenhaare auf. Er selbst käme nie auf die Idee auch nur einen Strohhalm in der Hand anzuzünden. Zwar war das Feuer seit über einem Jahr ein ständiger Begleiter, aber seine Furcht hatte er deswegen noch lange nicht abgelegt. Vermutlich würde das in diesem Leben auch nicht mehr passieren.
Das Lächeln erwiderte er nicht, aber sein Blick glitt wieder zur Harfe, als Lothar diese ansprach. Oh verflucht, wie sollte er das beantworten? Weder Cello noch Klavier gab es in dieser Welt und das er ais einer anderen Welt stammte, wusste im Orden seines Wissens nach nur Jarel. Doch lügen kam für ihn auch nicht in Frage und zum Schweigen war die Ansprache zu direkt.
"Ja, ich hatte Musikunterricht als Kind.", antwortete er also vage. Besser beim Thema Harfe bleiben. "Groß ist sie, stimmt. Aber ein sehr schönes Instrument." Er wäre gern näher heran getreten, aber das gehörte sich nicht.
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Lothar von Tretogor
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„Aha“, behauptete der Großmeister äußerst eloquent: „Was beinhaltete dieser Musikunterricht? Kannst Du die Saiten benennen?“ Er kam hinter dem Schreibtisch wieder hervor und schlenderte zu seinem Instrument, das in dem Sonnenlicht noch goldener schimmerte als es eh schon war.

„Komm näher“ Eine Hand machte eine einladende Geste. „Es ist niemand hier, dem auffallen könnte, dass wir uns nicht ans Protokoll halten. Weißt Du, ich möchte den Knappen, den sich der Mann, dessen Hände ich schon so häufig mein Leben anvertraut habe, kennenlernen, wenn er schon mal hier ist und bevor er mich zum Tempel der Melitele schon wieder verlässt. Und falls es Dich beruhigt, ein paar der Dinge um die sich Dein Rittvater sorgt, haben sich in den letzten Wochen wohl erledigt.“ Er schenkte ihm ein gütiges Lächeln und zupfte an einer Saite, dessen Ton er lange nachhallen ließ. Ein G in einer mittleren Oktave, fragend ging sein Blick auf Jakob.
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Jakob von Nagall
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Das niemand hier war, hatte auch Jakob schon mit Überraschung zur Kenntnis genommen und es verwunderte ihn. Er trat aber wie geheißen näher, ließ den wachen Blick der hellgrünen Augen über die Schnitzereien wandern. Und hörte zu. Es hatten sich ein paar Dinge erledigt? Jakobs Aufmerksamkeit zuckte zu von Tretogor und versuchte aus dessen Miene etwas mehr zu deuten, als die Worte implizieren wollten. Es gelang nicht - der Großmeister lächelte nur und zupfte eine Saite an, was den Knappen den Kopf wieder dem Instrument zuwenden ließ. Ein G, satt und rund.
"Ein G, Ser." Nun musterte er das Instrument eingehender - es besaß Saiten mit Kennzeichnung und ein hölzernes Pedal im Fuß. Neugierig hob er die Hand zu einer der markierten Saiten, erinnerte sich dann rechtzeitig, dem Großmeister einen fragenden Blick zuzuwerfen. Dieser nickte freundlich und so schlug Jakob erst die eine Reihe markierter Saiten an, dann die andere.
C. F. Oder besser Ces, wenn er genau hinhörte. "Ein Halbton darunter, oder?", sinnierte er, während er weitere Saiten anschlug. Die Grundstimmung war scheinbar Ces-Dur, so als wären die schwarzen Tasten eines Klaviers die Grundhaltung... Leicht krauste er die Stirn, sah Lothar wieder an.
"Wechselt Ihr die Tonart mit dem Pedal? Oder die Höhe? Und mit der jeder Hand spielt man ein System?" Ähnlich wie bei einem Klavier. So stellte er es sich jedenfalls vor...
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Lothar von Tretogor
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Ja, niemand hier. Vielleicht war der Großmeister einfach überheblich genug, um davon auszugehen, dass ein Knappe ihn schon nichts anhaben könne. Oder er empfand es als Ironie des Schicksals durch den Knappen des ehemaligen Kopfes seiner Leibwache zu sterben. So oder so, er ließ sich weiter nichts anmerken und beobachte aufmerksam wie Jakob mit der Harfe und den Saiten umging. Der junge Mann war wohl der einzige im Tempel, der nicht wusste, dass der Großmeister nie und niemand jemals an seine heilige Harfe ließ. Als ob ein Ansehen der Saiten einer unwürdigen Person alleine sie sofort verstimmen würde. Wer eine ganze Oktave zupfte könne gleich das Holz für den eigenen Scheiterhaufen zusammen suchen.

Aber Lothar nickte anerkennend zu den Worten und setzte sich schwungvoll hinter sein Instrument, um es vorzuführen: „Die eine Hand etwa hier und die andere da.“ Er spielte gekonnt ein paar Tonleitern rauf und runter. Halbtöne, ganze Töne. Von Hoch nach Tief, von Tief nach Hoch. Ähnlich als würden seine Finger über die Tasten eines Klaviers fliegen. „Die Pedalharfe hat erst 1220 Jacoba Hochprugger in Kovir erfunden. Eine ganz wunderbare Sache, die dem Instrument noch mehr Fühle und Möglichkeiten gibt als so eine Lyra oder Handleier es eh hätte. Man muss nur hier…“ Und der Knappe bekam eine ausführliche Erklärung in warmen Worten, die deutlich machten, wie charismatisch dieser Mann sein konnte, wenn er wollte. Er dozierte gekonnt, suchte im richtigen Moment Augenkontakt zu seinem Schüler und sollte der Junge gar ernsthaftes Interesse zeigen, bekam er eine ganze Lehrstunde.
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Jakob von Nagall
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Und ob er Interesse zeigte! Die Musik hatte ihm wirklich gefehlt, mehr als er geahnt hatte und nun hier zu stehen, über Tonarten und Bauformen dieses Instruments zu philosophieren, das ihm eigentlich fremd war, aber doch die ein oder andere Parallele zum Klavier aufwies, lockte ihn schneller hinter dem Ofen hervor, als man es von ihm gewohnt war. Lothar kannte ihn nicht und wunderte sich daher nicht, aber Jarel wäre wohl überrascht gewesen, wie schnell Jakob aus seiner sonst so gut gehüteten Nussschale kam. Er stellte viele Fragen zur Melodie und zum Bass, wie man die Hände halten musste und wie man die Lautstärke dosierte. Wie das Pedal genutzt wurde und wann man zupfte oder strich. Da er auch Lothar und dessen Gewohnheiten nicht kannte, war er sich des Privilegs, das er hier gerade genoss auch nicht bewusst. Sicher war auch er höchst eifersüchtig mit seinem Cello gewesen, aber dies hielt er für eine seiner Eigenarten und wäre nie darauf gekommen, dass es Lothar ähnlich ging.
Jakob war sowieso viel zu konzentriert auf das, was der Großmeister ihm erklärte und fand sich nach einem ausgiebigen theoretischen Teil selbst auf dem Sitz vor der Harfe, die Hände auf den Seiten. Gemäß der Anleitung des Älteren spielte er Tonleitern, Terzen und Basslinien. Es fiel ihm erstaunlich leicht, sich in dieses ihm eigentlich eher fremde Instrument zu fühlen. Und wie so oft, wenn es um Musik ging, verselbstständigten sich seine Hände ohne zutun seines kopfes und er ließ die Töne fließen, die ihm seit langem ins Blut gegossen waren: Bach, Cello Suite Nr. 1, Präludium. Auf diesem Instrument gänzlich anders als auf einem Cello, aber nicht unmöglich, auch wenn er sich das ein oder andere mal vergriff - es war nicht sein Instrument. Kein Cello, kein Klavier. Aber es war schön, klang wunderbar in diesem Raum und genau an dieser Stelle. Gerne hätte er die Augen geschlossen und nur auf Gehör gespielt, so wie er es früher meistens getan hatte, aber dazu war ihm diese Spielweise zu fremd.
Am Ende legte er die Hände auf die Seiten, um sie zum Schweigen zu bringen. Stille trat ein.
"Verzeihung, Herr. Es ist mit mir durch gegangen.", entschuldigte er sich postwendend und erhob sich schleunigst.
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Lothar von Tretogor
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„Allerdings! Sie werden über uns reden, junger Mann, noch Tage, wenn nicht Wochen.“ Aber es klang kein Ärger in dieser Aussage mit, eher ein klein wenig... Schadenfreude? Als würde ihn etwas zu tiefst amüsieren, was aber nichts mit Jakobs Verhalten zu tun hatte. Dafür war das Grinsen zu schief, die Güte zu tief in seinen Augen.

Auch der Großmeister hatte diese unerwartete Abwechslung vom Alltag genossen. Eine Musiklehrstunde. Mit einem dieser Art begeisterten Schüler. Unerwartet in der Tat. Ein Näherkommen auf beiden Seiten, an das niemand gedacht hatte. Doch Lothar war aufgegangen, hatte korrigiert, erklärt, ihn nochmal üben lassen. Seine Finger auf Jakobs Finger gelegt, um ihm zu zeigen, ihn spüren zu lassen, wie man die Saiten schlagen musste: die Tiefen etwas anders als die Hohen, welche Nuancen man ihnen entlocken konnte, in welchen Momenten man sie wieder stoppte, wie lange der Ton nachhallen konnte oder sollte. Man kam sich dabei näher ohne es zu merken. Aber der Großmeister konnte nicht anders als die klugen Nachfragen zu beantworten und er selbst fragte sich ein paar Mal, welche Art Musikunterricht Jakob als Kind bekommen hatte. Aber die genaue Antwort war ihm dann doch egal, denn wer in den Orden kommt darf die Vergangenheit hinter sich lassen.
Als sein Schüler schließlich begann zu spielen, so ohne Noten aus dem Kopf eine Melodie, die sich in ihn eingebrannt haben musste, trat Lothar etwas zur Seite, schloss leicht die Augen und lauschte. Er bemerkte zwar die kleinen Fehler, war aber zu erfreut daran, wie dieser Knappe in so kurzer Zeit das ihm doch fremde Instrument beherrschte. Es fehlte Übung, aber die nicht die Muse, das Gehör, die Leidenschaft, die Hingabe und Aufopferung für die Musik.

Der Großmeister des Ordens der Flammenrose hatte die Aura eines guten Onkel angenommen, als sich Jakob wieder erhob. „Versuch’s nochmal. Jetzt weißt Du besser wie Du greifen musst. Ich bin mir sicher Du kannst das besser“, forderte er ihn mit einer Geste und einer gewissen Spannung, ob er Recht haben würde, auf: „Und wie war noch mal Dein Name?“


Draußen stand der Adjutant und glaubte seinen Ohren nicht. Die Harfe erklang, aber er kannte Lothars Spiel gut genug um zu wissen, dass es nicht der Großmeister sein konnte, der spielte. Eigentlich war es schon längst fällig für den nächsten Termin. Ein paar Leibwächter hatten sich bereits unten unten versammelt, um den Bittsteller zu begleiten, aber… der Adjutant wagte es nicht zu stören. Als die Musik ein weiteres Mal erklang, drehte er auf den Absatz zum und sagte den Termin ab.
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Jakob von Nagall
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Trotz der Patzer und dem völlig falschen Tempo, schien der Großmeister zufrieden mit seinem spontanen Schüler. Gut, hier kannte auch niemand Bach und entsprechend fiel nicht auf, dass Jakob langsamer spielte als vom Meister vorgesehen. Auf dem Cello beherrschte er dieses Stück im Schlaf, weil Miriam es so geliebt hatte. Es war kaum ein Tag vergangen, an dem er es nicht hatte spielen müssen. Die Harfe gab dem Werk eine ganz eigene Eleganz, auch wenn er ziemlich improvisieren musste, damit es halbwegs passte.
"Jakob von Nagall.", erwiderte er, während er sich wie gefordert erneut an das Instrument setzte und sogar vergaß, sich darüber zu ärgern, dass Lothar sein Name entweder schon wieder entfallen war oder er diesen nie abgespeichert hatte. Er war viel zu beschäftigt damit, sich auf das Instrument zu konzentrieren und dem Stück noch etwas mehr Kraft zu geben. Der Knappe hob die Hände an die Saiten, schlug probehalber einen Ton an und stoppte ihn wieder. Ein Durchatmen, dann begann er.
Und Lothar sollte Recht behalten. Jakob vergriff sich nur zweimal und fand auch in das eigentlich für die Komposition vorgesehene Tempo. Er brachte es sogar fertig, Dynamik in das Stück zu bringen, indem er manche Töne nachklingen ließ und andere hart stoppte. Sein Kopf leerte sich auf diese ganz einzigartige Weise - etwas, was nur Musik im Stande war zu tun und als die letzte Note verklang, ließ er erst nach zwei Herzschlägen die Hände auf die Knie sinken und atmete durch. Der Knappe hätte nicht sagen können, ob er erst Minuten, Stunden oder gar Tage hier verbracht hatte. Alles war in Fluss geraten, ein ruhiger stetiger Strom, auf dem er mitschwamm. Erst Iola, nun dieses Instrument - Jakob fühlte sich auf eine Art angekommen und ausgeglichen, wie er es nie zuvor empfunden hatte. Nicht einmal in den ruhigsten Momenten mit Jarel - immer war da ein letzter Funke dieser inneren Unruhe gewesen, die ihn sein Leben lang begleitet hatte. Bis hierhin. Bis heute. Und jetzt war da nur noch Stille.
Der junge Mann hob den Blick zum Älteren und lächelte tatsächlich. Nur kannte Lothar den Knappen leider nicht gut genug, um zu begreifen, was für eine Seltenheit er da gerade erlebte.
"Danke, Herr, dass ich auf Eurem Instrument spielen durfte.", sagte er ehrlich dankbar. Dann erhob er sich ein weiteres Mal. Die Ansage 'Benimm dich.' war entsprechend nicht einmal mehr nötig - hier hatten sich zwei gefunden. "Und danke für Eure Zeit." Jakob überlegte kurz, dann nahm er allen Mut zusammen. "Erlaubt mir die Frage: Würdet Ihr mich weiter in der Harfe unterrichten?" Und dann fiel ihm noch ein: "Dürfte ich einen Raben mit einem Brief an meinen Rittervater senden?" Jarel machte sich sicher Sorgen, wie immer.
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Lothar von Tretogor
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Nicht schlecht. Gar nicht schlecht. Der zweite Lauf war gar nicht schlecht. Natürlich waren die kleinen Patzer aufgefallen, aber die waren zu verkraften und zu verzeihen, wenn man darüber nachdachte, wie lange der Junge jetzt an der Harfe übte. Er hatte vorher nicht Harfe gespielt das hatte der Großmeister gemerkt, aber der Knappe musste irgendwas anders ähnliches kennen sonst wären sie nicht auf dieser Stufe der Kunst.

Lothar war zum Fenster getreten, sah hinaus, stand in der Sonne und hatte andächtig gelauscht. Den Namen hatte er freundlich abgenickt. Er wusste selbst nicht mehr, ob er ihn schon wieder vergessen hatte oder nie gemerkt. Jetzt würde ihn auf jeden Fall kennen. Jakob von Nagall. Auch er nahm den Moment der Stille nach der Melodie mit, bevor er sich wieder zu dem Knappen umdrehte, um dieses Sternschuppen häufige Lächeln gutmütig zu erwidern.

Es wurde zu einem erheiternden Grinsen, als Jakob sich bedankte. Der würde die Gerüchte schon bald hören, da war er sich sicher.
„Einen Raben natürlich, ich werde dem sicher etwas anfügen. Das soll kein Problem sein. Der Unterricht...“ Leicht versonnen blickte er den Knappen an. „... wird schwerer. Sie brauchen mich hier ständig, sodass meine Zeit klappt ist. Sobald Du draußen bist wird man mir erklären, was ich alles verpasst habe. Und Dein Rittvater möchte, dass Du im Tempel der Melitele unterkommst was unsere Treffen nicht leichter macht.“ Hab ein Auge auf ihn, hatte Jarel ihn gebeten.
„Aber es wird sich eine Lösung für Deinen Wunsch finden.“

Und wenn Lothar ehrlich war hatte er richtig Lust darauf, für ein paar Stunden nicht dem üblichen Ordenskram nachzugehen sondern sich den schönen Künsten hinzugeben. Sein Kopf arbeitete bereits an einer Idee wie er sich das einrichten könnte. Nur... das würde nicht ganz Jarels Wunsch entsprechen, den Knappen irgendwo unauffällig unterzubringen. Aber Pfft. Man kann auch Dinge im hellen Licht verstecken.
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"Danke, Exzellenz.", beeilte er sich bezüglich des Rabens. Sicher wartete Jarel schon auf Nachricht. Das dieser wollte, dass Jakob im Meliteletempel unterkam, wusste der Knappe zwar, aber irgendwie hatte er nicht damit gerechnet, dass Lothar dem zustimmen würde. Daher lagen ihm schon Rechtfertigungen auf der Zunge, die er allerdings gar nicht brauchte, denn der Großmeister machte den Eindruck, schon seine eigene Idee zur Umsetzung zu haben.
Jakob stand also still da, hörte zu und versuchte sich selbst klar darüber zu werden, was er wollte. Im Meliteletempel zu wohnen, hieße bei Iola zu sein und der Gedanke ließ ihn innerlich sofort wieder vibrieren. Andererseits konnte ihn das in Teufels Küche bringen und wo keine Verlockung war, da war keine Sünde. Außerdem war die Aussicht, ein solches Instrument zu lernen und sich damit in der Gunst des Großmeisters aufzuschwingen ebenfalls nicht uninteressant, wenn er an seine eigenen Ziele dachte. Eigentlich hatte er sich nie als jemand gesehen, der sich zu höherem berufen fühlte, doch je öfter er mit Jarel diskutierte und die Grenzen ihrer beider Welten angriff, desto klarer wurde ihm, dass er nur etwas bewegen konnte, wenn er aus dem Schatten trat und die Dinge selbst in die Hand nahm.
Das hieße in diesem Orden, sich in die richtige Position bringen und beim Richtigen lernen. Nur so konnte er an einen Platz rücken, von dem aus man wahrgenommen und letzten Endes in eines der höheren Ämter gewählt wurde. Doch allem voran stand der Ritterschlag, den er sich ebenfalls erst noch erarbeiten musste. Doch der Weg war klar und nur so konnte er seine Wünsche Gestalt werden lassen. Die Zukunft formen - eine Zukunft für sich mit einer Tochter, ohne Angst um sie und ihr Auskommen. Ohne Schande, sondern voller Stolz.
Er hatte längst begriffen, dass eben dieser Weg nur über Lothar führte und beugte leicht den Nacken. "Es wäre mir eine Ehre."
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Lothar von Tretogor
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Dazu konnte Lothar nur erhaben nicken. Eine Ehre. Das Gerede draußen würde dem Jungen noch erklären, wie groß diese Ehre war. Ein Blick auf den Sonnenstand verriet ihm, dass er auch den übernächsten Termin verpassen würde. Aber wozu ist man schließlich Großmeister geworden, wenn man nicht mal spontan umentscheiden konnte. Nachdenklich schlendere er zu seinem Schreibtisch und nahm dahinter Platz, eher lässig als gesittet.

„Erklär mir noch etwas und nimm Platz.“ Er deutete großzügig auf den Platz ihm gegenüber, um den Knappen dort zu mustern. Die Leidenschaft der Musik hatte ihn offenbar wieder verlassen und Lothar wurde klar, dass er bei ihm mit höflichen Geplänkel einer Konversation wohl nicht weit kommt. Was auch seine Vorteile hatte. Gesellschaftliche Konventionen hatte er zu anderen Gelegenheiten genug einzuhalten - nicht nur im Orden vor allem nach außen. Dennoch wollte er noch ein wenig seine Neugier stillen.

„Warum glaubst Du möchte Dein Rittvater, dass Du dort unterkommst und nicht hier?“ Möglichkeiten gäbe es genügend. Außerdem könne man hier viel besser trainieren, vielleicht nicht an der Harfe aber den anderen Kram, den man als Ordensritter so können sollte: sich mit anderen Knappen messen, andere Lehrmeinungen einholen, weiterbilden, nicht nur in der Theorie. Von Tretogor wusste aus eigener Erfahrung, dass Kampftraining gegen dieselben Personen viel zu schnell Routine wurde. In einer Schlacht traf man seine Partner eher nur kurz und dann musste man zwangsläufig besser sein. „Wie gedenkst Du Deinen Schwertarm zu trainieren?“

Und dann waren da noch all die Priesterinnen und Novizinnen und sonstigeinnen, aber das musste er vorerst nicht ansprechen. Hätte man Lothar in Jakobs Alter etwas von Enthaltsamkeit oder Zölibat erzählt, hätte dieser nur hohl gelacht.
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Jakob von Nagall
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Lebenslauf: Jakob von Nagall

Jakob hatte tatsächlich keine Ahnung wie groß die Ehre war, die Lothar ihm als einfachen Knappen zuteil werden ließ. Sein ehemaliger Großmeister hatte dem Kloster zwar vorgestanden, war aber wie sie alle gewesen - weisungsbefugt hin oder her. Das der Standesdünkel in dieser Welt durchaus andere Dimensionen hatte, wusste er zwar in der Theorie, in der Praxis war er damit allerdings noch nie wirklich konfrontiert gewesen. Vermutlich gab er sich deswegen einfach wie er eben war, sodass Lothar ihn eben auch genauso nehmen musste.
Als der Großmeister ihm einen Platz anbot, setzte sich der Knappe und überlegte zugleich, wie er die Frage wohl am Besten beantwortete. Eigentlich ganz einfach... "Seine Art mich zu bestrafen. Dienst im Waisenhaus." Er verzog das Gesicht etwas. "Hab's nicht so mit Kindern.", erläuterte er, obwohl er beim letzten Mal bewiesen hatte, dass das eine glatte Lüge war. Zwar war er mit einer gehörigen Portion Missmut und Unwillen im Tempel angekommen, die Kinder allerdings waren begeistert gewesen von den Dingen, die er sich für sie hatte einfallen lassen. Und von seinen Flechtkünsten - zumindest die Mädchen. Was den Schwertarm anging: "Wegen des Trainings weiß ich nicht so recht. Beim letzten Mal war Jarel dabei und wir haben die freie Zeit genutzt."
Im Haupttempel zu bleiben und die Möglichkeiten zu nutzen, die sich ihm damit boten, war verlockend, doch dem entgegen stand Iola. Jakob wankte zwischen seiner Pflicht und seinem Gefühl, entsprechend tat er das, was er immer tat, wenn er sich selbst noch keine zufriedenstellende Antwort geben konnte: er schwieg.
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Lothar von Tretogor
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Lebenslauf: Lothar

Lothar zog leicht belustigt eine Augenbraue nach oben: „Zur Strafe ins Waisenhaus? Du musst wahrhaft Sünde auf Dich geladen haben, dass Dir kakophonisches Kindergeschrei aufgebürdet wird.“ Nein, so ganz ernst klang er nicht, auch wenn Kakophonie einer seiner Erzfeinde ist. Aber machte er sich lustig? Oder wollte er es ihm nicht glauben? So ganz war der Großmeister nicht zu durchschauen, aber er beließ es zumindest dabei. Genauer was Jakob angestellt hatte, fragte er ebenso nicht nach. Es war die Sache des Burschen sich weiter zu erklären oder eben nicht, denn Beichte kam freiwillig. Ein dünnes Lächeln war aber dennoch zu erkennen.

Jarel hatte also mit ihm geübt. Na ja, dessen Kampfstil würde er inzwischen ganz gut kennen. Aber wer wusste, ob dieser hier bald schon selbst auftauchen würde. Dieses warum und wieso wollte er dem Knappen nun allerdings nicht mitteilen, das würde früh genug geschehen und möglicherweise sollte er damit noch etwas warten, um Jarel noch ein paar Tage zu geben, es seinem Knappen selbst zu sagen und zu erklären.

„Die Nacht sollst Du noch hier verbringen. Eine Stärkung wird Dir nach der Reise gut tun. Morgen Vormittag wirst Du mit den anderen Knappen trainieren und wir werden sehen, ob die Notwendigkeit eine weitere Teilnahme verlangt. Gegen Mittag magst Du zum Tempel der Melitele gehen, schließlich sollte die ehrwürdige Mutter Varelia nicht noch länger auf ihre Post warten. Einwände?“ Die Stimme war nicht ganz so befehlsgewohnt wie gedacht, sodass man annehmen könnte, es wäre ein Widerspruch möglich. Oder zumindest nicht völlig ausgeschlossen.
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Jakob von Nagall
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Lebenslauf: Jakob von Nagall

Wenn Lothar das so sagte, klang es wirklich wie eine milde Strafe. Zumal Jakob wusste, wie es sich anfühlte, wenn von Herrenloh eine Strafe verhängte. Buchstäblich. Die frischen Narben auf seinem Rücken zeugten davon. Damit verglichen strafte Jarel durchaus modern, wenn aus Jakobs Sicht nicht minder schmerzhaft. Zumindest war es das beim ersten Mal gewesen, bis er sich eingeschwungen und erkannt hatte, wie gut ihm der Frieden im Tempel der Melitele getan hatte. So ganz anders als bei den Ordensrittern.
"Er hat so seine eigenen Methoden.", erwiderte der Knappe mit einem Schulterzucken. Immerhin war er in Sack und Asche, barfuß und mit Nichts in Händen außer einem Stab hier her marschiert. Was hatte er eigentlich ausgefressen? So richtig erinnerte er sich gar nicht mehr und Lothar ließ ihn auch keine Zeit, in seiner Erinnerung zu kramen, um das herauszufinden.
Sein Blick driftete zur Harfe, dann wieder zu seinem Großmeister, dem er - wenn auch in Abwesenheit - am ersten Tag im Orden Gehorsam und Treue geschworen hatte. Und auch wenn die Worte klangen, als hätte Jakob ein Mitspracherecht, so war ihm bewusst, dass dem nicht so war. Außerdem entschied er für sich, dass es das falsche Bild erzeugte, wenn er sich im Meliteletempel einnistete. Wenn er wirklich im Orden wachsen wollte, dann musste er Präsenz zeigen.
Und auch Iola und seine Tochter waren für ihn nur erreichbar, wenn er seine Ziele nicht sus den Augen verlor und dafür kämpfte. Also nickte er entschlossen. "Ich werde hier sein. Trainieren. Von Euch lernen, wenn Ihr erlaubt. Den Schwestern kann ich auch helfen, ohne dort zu wohnen." Ein gewagter Vorstoß. Die Weisungen seines Rittervaters sollten ihm Gesetz sein, aber stand von Tretogor nicht über diesem Gesetz? Jakob würde schnell erfahren, wenn er zu weit ging.
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Lothar von Tretogor
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Lebenslauf: Lothar

„Er hat so seine eigenen Methoden.“ Allerdings. Das konnte Lothar nur so bestätigen – mit einem Schmunzeln. Er würde keinem Ritter reinreden wie dieser seine Knappen zu behandeln hatte. Schließlich musste man ebenso Führung lernen. Eine harte Hand muss sein, aber nicht, wenn man sie nicht durchsetzen kann. Drohe nur mit Tatsachen, die Du auch bereit bist durchzuziehen.

Der Vorstoß, der Widerspruch, die Entscheidung des Knappen überraschte ihn dann aber doch. Sieh an, da hatte jemand den Mut zusammen gekratzt, überlegt und entschieden. Gegen seinen Rittvater. Hm? Persönlich war es Lothar völlig egal, wo der Junge schlief oder wie dieser im Detail seine Freizeit gestaltete, solange er seinen Pflichten nachging. Das würde er mit Jarel ausmachen müssen und manchmal muss man auch vor zwei Herren tanzen. Lothar war froh, dass er da raus war. Zumindest innerhalb des Ordens, draußen sah es wieder anders aus.
Wie auch sei, Jarel hatte darum gebeten eine Auge auf ihn zu haben und es schien ihm damit sehr ernst. Je näher dieser war umso besser – auch wenn er mit Jarel selbst wohl noch ein Hühnchen zu rupfen hatte. Aber alles zu seiner Zeit. Nach draußen zeigte er von diesen Gedanken natürlich nichts und er ließ Jakob noch eine Weile warten bis er hörbar einatmete, als ob er sich über das Verhalten empören würde.

„Dann soll es so sein“, erhob sich der Großmeister und breitete dabei seine Arme leicht aus, als würde er die Gläubigen nach der Predigt entlassen. Dabei strahle er warme Güte aus.

„Mögen Deine zukünftigen Tage so Ablaufen wie ich es für den Morgigen bestimmt habe. Mein Adjutant Galin Tishchenk wird Dir Schlafräume bei den anderen Knappen und alles weitere zeigen.“
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