Die Scherben | Das Armenhaus

Lange Zeit war Nowigrad kein Teil von Redanien, lange Zeit konnte die größte (mit ca. 30.000 Einwohnern) und zweifelsohne auch die reichste Stadt den Status einer freien Handelsstadt halten. Nach den letzten Kriegen aber ist sie mehr oder weniger zur inoffiziellen zur Hauptstadt der freien Nordländer, vor allem Redaniens geworden seit Dijkstra als Regent zusammen mit dem Handelsrat von hier aus die Fäden zieht.
Als Heimat des Kults des Ewigen Feuers hat in der Stadt allerdings auch das Wort des Hierarchen Gewicht.
Helene Henrietta Helbel
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Sie hatte die Scharniere näher begutachtet und festgestellt, dass sie ungleichmässig befestigt waren. Sie mussten also raus und etwas versetzt werden, sonst würde die Tür noch ewigs sich so schliessen lassen. Etwas, das die Adlige in den Wahnsinn treiben konnte. Mit dem Gewicht der Tür hatte sie schlichtweg nicht gerechet. Natürlich, sie war massiv und kein Leichtgewicht, dass sie es aber nicht alleine bewerkstelligen konnte, das wurmte sie. Die Ungeduld entlud sich in einem Schwall leiser Flüche, die für entsetzen in ihren Kreisen gesorgt hätten. Aber nicht hier, hier auf der Strasse und in den Scherben war das gang und gäbe. Die Hände in die Häften gestemmt starrt sie die Tür an, als könnte genau _Sie_ ihr erklären, wie das nun funktionieren soll. Am Ende wirbelte Helene entnervt herum, dann stutzte sie und zeigte unvermittelt mit dem Finger auf die herumlungernde Gestalt. "He! Möchtest du dir bisschen was dazu verdienen? Wenn du mir hilfst die Tür aus den Angeln zu heben und dann wieder einzusetzen, lass ich ein paar Münzen für dich springen und ne warme Mahlzeit."
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Vyacheslav Sokolov
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Einen kurzen Moment lang wollte er schon empört widersprechen, aber schnell genug wurde ihm klar, dass lediglich seine Tarnung funktionierte. Dann also Türe aushängen für ein paar Münzen und eine warme Mahlzeit. So lange war es nun auch wieder nicht her, dass genau dafür am Hafen geschuftet hatte. Wobei, eher für Informationen, die Sprache... und für ein paar mehr Münzen. Und der Jargon, den er dort gelernt hatte kam ihm nun zugute.
"Aye." bestätigte er. Und schlenderte zu ihr hinüber.
Man durfte diese Türen nicht unterschätzen, die waren aus massivem Holz und nicht aus billigerem Pressspan, selbst was die Sowjetunion so zu ihren besten Zeiten zusammengezimmert hatte war leichter als das hier, mit den geschmiedeten Angeln und Spangen und die Passgenauigkeit war eine weitere Erschwernis.
Er hielt es also tatsächlich für ratsam, erst einmal den Rücken ein wenig zu lockern, damit es nicht hinterher peinlich wurde wenn er nicht mehr hochkam.
Aber wenn man geschickt vorging, aus dem Knien hob, die Hüfte zuHilfe nahm... moderner Arbeitsschutz hatte doch auch etwas für sich. Er bekam die Türe aus den Angeln gewuchtet.
"Wohin nu?" sie war dann doch nicht so schwer wie befürchtet, aber lange halten wollte er sie dennoch nicht, also stellte er sie erst einmal ab. Er hatte den Anfang des Problems trotz geschickten herumlungerns nicht gesehen und auch wenn er bemerkt hatte, dass das Ding etwas schwer auszuhängen war war ihm noch nicht klar, dass erst das Lager versetzt werden müsste.
Helene Henrietta Helbel
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Wie gut es war jemanden zu haben der anpacken konnte. Sie deutet mit der Hand neben den Weg. "Da hin bitte." Da hin bitte bedeutete, zu den beiden Holzkisten, die sie vermutlich als Ablage für die Tür gedacht hatte. "Man muss das Lager versetzen, ihr habt nicht per Zufall noch handwerkliches Geschick mitgebracht?" Sie schmunzelt dabei und schenkt dem Fremden einen fragenden Blick.
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Vyacheslav Sokolov
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Galt er hier als Handwerklich begabt? Eine Sehr gute Frage. Leider blieb ihm nicht viel Zeit darüber nachzusinnen während er die Türe auf den zwei Holzkisten ablegte. Die hatte sie schon entsprechend platziert.
Er konnte einen Schrank eines schwedischen Möbelhauses aufbauen, das war schon eine Herausforderung denn fast immer fehlte irgendetwas oder war zu viel. Er hatte sich beigebracht notdürftige Wartungen an alten Vergasern und Zündreglern durchzuführen, alles was man mit improvisierten Mitteln hinbekam ohne ein Ultraschallbad, Bremsleitungen tauschen, Reifen wechseln... Und er konnte eine AK zerlegen und wieder zusammenbauen, das sogar blind.
Türangeln neu montieren... Sollte also nicht allzu schwer sein.
Er hatte aber auch gelernt, die Tücken des einfachen Lebens hier nicht zu unterschätzen, manches sah nur primitiv aus, war aber in seiner Einfachheit brillant.
"Ein bisschen wohl... Habt ihr Werkzeug, Sera?"
Er musst dabei auch ein wenig auf seine Wortwahl achten, nicht dass er sich zu gestelzt ausdrückte und sich verriet. Aber Respektvoll bleiben der Dame gegenüber.
Wer auch immer sie war, er wollte ihr nicht gleich verraten wer er war, also zeigte er als einfacher Tagelöhner besser erstmal Respekt statt gleich einen Witz zu machen dass er gerne auch Damen dabei zusähe, wie sie ihren Mann stehen.
Helene Henrietta Helbel
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Man konnte die Tür ganz knapp mit dem Machewer eines schwedischen Möbelhauses vergleichen, aber sie war viel schwerer und Mitgeliefert war da nichts. Helene jedenfalls schien erfreut zu sein, dass der Fremde keine zwei linke Hände hatte. "Sicher, einen Augenblick." Und schon war sie wieder bei der Türöffnung, neben der eine weitere Kiste stand die sie nun hoch hob. Sie musste schwer sein, denn als sie bei Slava angelangt war und den Deckel hob, da konnte er diverse Werkzeuge erkennen. Immerhin gab es auch alles um ein genageltes Scharnier zu lösen. Da sich die Ärmel ihrer Bluse gelöst hatten, krempelte sie diese wieder hoch und griff in die Kiste hinein. Mit einem Nageleisen und einem Hammer bewaffnet machte sie sich daran eines der Scharniere zu lösen. Sie hatte wohl nicht vor den unfreiwilligen Helfer es selbst machen zu lassen, zu zweit ging das schliesslich schneller vonstatten. In der Kiste dürfte durchaus alles zu finden sein was man für notdürftige Reparaturen braucht, das meiste in doppelter Ausführung. "Habt ihr auch einen Namen?" plauderte sie ganz beiläufig und vergass, dass sie ihn zuvor mit _du_ angesprochen hatte.
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Vyacheslav Sokolov
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Er hatte sich nicht vorgestellt, bewusst. Noch überlegte er, ob er sich schnell etwas ausdenken sollte, einen seiner Namen aus der Zone reaktivieren oder einfach die Kurzform seines Namens... die war nicht allzu ungewöhnlich hier. Und man würde sie auch nicht sofort mit seinem vollen Vornamen in Verbindung bringen.
"Slava. Und ihr?"
Er war irgendwie automatisch zum 'Sie' übergegangen, aus Respekt und vielleicht war er ein wenig zu entspannt. In einem Einsatz hätte ihm das nicht passieren dürfen.
Er sah sie das Nageleisen ansetzen, vergewisserte sich kur, dass sie das auch konnte und nicht nicht selbst einen Finger abtrennte und suchte sich dann sein Werkzeug. Sie hatte gleich beherzt damit beginnen das untere Scharnier zu lösen, also passte wohl der Abstand oben. Er fand etwas das vermutlich etwas wie ein Meterstab war. Und zwar im fast wörtlichen Sinn. 'Zollstock' war die falsch Bezeichnung, dann auch hier wurde annähernd das metrische System verwendet. Ein weiterer Umstand, der ihn darin bestätigt hatte, dass es Kolonisten von der Erde waren. Es waren nicht ganz präzise 1 cm Einheiten, es war ein kleines bisschen mehr, vermutlich hatte sich irgendwann einmal jemand gemerkt, dass die kleinste Einheit etwa einen Finger breit ist und dann geschätzt und es hatte eben nicht ganz gestimmt. Aber das System war zu erkennen. Und das Werkzeug war nun einen halben Meter lang und mit einer Skala versehen. Damit nahm er also Maß zwischen den Auflagen der Scharniere.
Einen Kohle- oder Graphitstift oder etwas ähnliches gab es nicht, aber eine Ahle und mit der ritzte er die Höhe an, auf der sich nun die Auflage wiederfinden musste. Tatsächlich war der Anker zuvor ein kleines bisschen zu kurz gesetzt gewesen, so dass die Türe vermutlich an der oberen Angel gehangen hatte und unten nicht richtig Auflage.
Etwas wie Beilagscheiben wären nun gut, dann hätte man den Abstand etwas höher wählen und damit ausgleichen können, so musste er auf das Messen vertrauen.
Helene Henrietta Helbel
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"Slava... welch ungewöhnlicher Name." rutschte es ihr heraus, doch dann lächelte sie und erwiderte: "Ich bin Helene." Er musste nicht mehr wissen, darum beschränkte sie sich auf ihren Vornamen. "Also dann, Slava, lebt ihr hier in Nowigrad? Ich habe Euch in den Scherben noch nie gesehen." plauderte sie entspannt, setzte das Nageleisen an und löste routiniert das Scharnier. Da war kein Zögern, kein Klagen, dass die zarten Hände dreckig oder verletzt werden könnten. Dennoch wunderte es sie, dass er sie plötzlich so höflich angesprochen hatte. Das war selten unter den Menschen in den Scherben. Sie tat es als Versuch ab höflich zu sein und beklagte sich nicht darüber. Mit den Fingern strich sie über das Holz und überlegte, ob sie die Tür nicht zuerst noch abschleifen und neu streichen sollte. Sie entschied dann, dass es nicht so schlimm war und die Tür noch eine gute Weile halten dürfte. Slava hatte, nun wo das Scharnier weg war, freie Bahn die Markierungen zu setzen. Derweil kontrollierte Helene das Scharnier auf Rost. Es war gut im Schuss und sie war froh darüber. Aus dem Augenwinkel beobachtete sie den nicht mehr ganz so Fremden Mann, von dem sie immerhin nun den Namen kannte. "Kann ich Euch danach etwas Eintopf anbieten für Eure Hilfe?" fragte sie und ein aufmerksamer Blick ruhte auf ihm. Natürlich auch ein paar Münzen." Selbstredend.
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Vyacheslav Sokolov
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Aus seiner Haut konnte er dann doch einfach nicht ganz raus, oder wollte es in dem Moment auch nicht.
"Meine Eltern hatten wohl ihren Spaß dabei."
Doppeldeutig. Die Zeugung und ihm den Namen zu geben. Sogar in seiner Heimat war die Langform 'Vyacheslav' nicht ganz so üblich wie manch andere Namen. Segen und Fluch zugleich. Neben 5 Sergejs und 3 Andrejs in einer Schulklasse einen historischen Namen zu tragen machte auffällig. Wenn man dann noch blass und etwas teigig in der Statur war erst recht. Übergewichtig war er nie gewesen aber er hatte seine ganze Jungend lang gegen die Konsistenz eines Mehlwurms angekämpft viele Schlachten verloren aber den Krieg schließlich und endlich gewonnen.
Und seit er dann die Gruppe Nau* entdeckt hatte war er auch auf den Namen stolz.
Helene… weder hier wie dort kein ganz seltener Name. Er dachte kurz an Helena, die griechische Göttin. Aber diese Erwähnung war jetzt mehr als Fehl am Platz.
"Ich finde normalerweise beim Hafen Arbeit."
Nicht einmal eine Lüge. Abgesehen davon, dass er tatsächlich dort angefangen hatte als einfacher Arbeiter als er vor nun schon bald zwei Jahren hier angekommen war. Auch viel seiner jetzigen Arbeit spielte sich am Hafen ab. Das Flugzeug, das in den Pontar gefallen war, die Bergung des Maschinengewehres und dessen Restaurierung in einem der Lagerhäuser der Krone. Das Treffen mit den Nilfgardern, die Übergabe der Gefangenen und der Austausch an Informationen und nicht zuletzt jeder Besuch bei der Wache.
"Euch habe ich hier aber auch noch nie gesehen." konterte er mit einem Grinsen während er die Arbeiten fortsetzte.
Dass sie wie selbstverständlich zupackte entging ihm nicht und ein paar Momente ließ er sich Zeit ihr mit einer gewissen Faszination dabei zuzusehen.
Nur wenige Frauen dieser Welt und vor allem in dieser Stadt waren so.
"Nehme ich gerne an." zu Eintopf und Münzen, vor allem zum Eintopf. Es widerstrebte ihm ein wenig, Geld zu nehmen, musste er doch davon ausgehen, dass das was hier entstand selbst nur von Spenden und Almosen existierte. Dabei musste er kurz in seinem Gedächtnis graben... war das der Tempel der Melitele von dem er in Wyzima erfahren hatte? Er hatte vollkommen vergessen wo der stand... Es sollte auch das Armenhaus reaktiviert werden, er selbst hatte dazu etwas unterzeichnet… Unbedenklichkeit hinsichtlich Sicherheit, oder so ähnlich. So genau wusste er es gar nicht mehr.
"War wird das hier eigentlich?" Die Eloquenz hatte er wieder ein wenig nach unten reguliert, damit es nicht zu auffällig wurde.

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* Nautilus Pompilius
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Liam von Alensbach
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(Da leider gerade nicht möglich den Avatar zu ändern, muss nun Liam herhalten :-) )

Sie lachte. Hell und klar, aber so ganz und gar nicht wie man es von einer Adligen erwarten würde. Die vorgehaltene Hand fehlte, das Wimpernklimpern, die Lautstärke war auch ganz falsch. Ungehörig, würde so manch eine andere Sagen. Helene war das egal, wie so vieles, was eigentlich zum guten Ton gehören sollte. Nicht immer ganz zur Freude ihrer Mutter. "Nun, eindeutig, Slava." Die Doppeldeutigkeit blieb und sie machte auch keinen Versuch dies zu ändern. Am Hafen also. Kein Wunder, konnte er zupacken und vermutlich war er sich auch keiner Arbeit zu scheu. Der Hafen bedeutete schleppen, tragen, wegräumen, nass werden, viele Leute, ein bisschen Gefahr und er musste schwimmen können. Es war jedenfalls von Vorteil schwimmen zu können.

Aufmerksam betrachtete sie ihn. Sein Gesicht, seine Gestalt. Erkenntnis fand man keine in ihren warmen Augen, Slava musste also keine Angst haben, dass sie wusste, wer wer eigentlich war. Für sie war er das, was er darstellte. Ein Hafenarbeiter. "Das wundert mich nicht, ich bin selten am Hafen." begegnete sie seinem Grinsen mit einem verschmitzten Lächeln. Sie wischte mit dem Handrücken lose Strähnen aus ihrer Stirn. [/b]"Wenn ihr doch mal was anderes sucht, als nur Hafenarbeit - ich bin sicher, ich hätte hier ab und an was zu tun für Euch."[/b] Damit deutete sie auf das Haus, ohne zu bemerken, dass er sie musterte. Schliesslich nickte Helene. "Ihr sollt soviel Eintopf bekommen, wie ihr mögt." Zum Glück war noch übrig gewesen und der köchelte nun bereits seit Stunden über dem Feuer. Das bedeutete, er hatte ein kräftiges Aroma bekommen. Je länger er zog, desto besser wurde er.

Der Ausdruck eines feinen Lächelns, welches voller Wärme war und ganz am Rande etwas von einem unbezähmbaren Wildfang hatte, wich nicht von ihrem Gesicht. "Das, Slava, wird ein Armenhaus. Und auch ein Frauenhaus." erklärte sie voller Stolz, der in ihren Augen aufloderte. "Hier sollen die Ärmsten Unterschlupf finden. Kinder, Frauen und Männer. Menschen und Anderlinge. Eine warme Mahlzeit, eine Möglichkeit zu nächtigen, sich auszuruhen, neue Kleidung zu besorgen und natürlich medizinisch versorgt werden. Für die Frauen gibt es einen separaten Eingang, dort finde sie Zugang." Sie hatte aufgehört an der Tür zu arbeiten und die Hände in die Hüften gestemmt. Dabei machte sie einen durchaus kämpferischen Eindruck, für ihre Vision würde sie wohl wahrlich alles notwendige tun.
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Vyacheslav Sokolov
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Sie lachte. Irgendwie erfrischend.
Früher hatte ihm schon weniger gereicht um den Ehrgeiz zu entwickeln sie rumzukriegen. Heute war er... nun in erster Linie älter geworden.
Und ja, er konnte Schwimmen. Für die Kampfschwimmer hatte es nicht gereicht und für's U-Boot war er immer zu groß gewesen, aber für die Spezialkräfte hatte er dennoch mit vollem Gepäck aus dem Hubschrauber springen müssen und bestenfalls auch überleben.
Aber dieses Leben lag in so weiter Ferne.
Noch weiter allerdings war er davon entfernt zu erraten wen er vor sich hatte.
Hätte man ihn raten lassen, vielleicht hätte er angenommen eine ehemalige Prostituierte vor sich zu haben, selbstverständlich hätte er sich mit Spekulationen zurückgehalten - zu der Annahme kam er nicht weil er ihre sexuelle Bereitschaft beurteilen wollte sondern weil er die Erfahrung gemacht hatte, dass die Damen dieses horizontalen Gewerbes für sich einstehen konnten und sich gewisse Freiheiten einfach nahmen - genauso wie dieses Exemplar es tat. Freiwild war sie dennoch nicht.

Das Armenhaus also.
Und ein Frauenhaus.
Sinnvoll in dieser Welt.
Und bestärkte ihn mehr und mehr in seinem bisherigen Profiling.
In seiner Welt hätte man ihm im Westen noch eine toxische Männlichkeit attestiert, hier galt er immer noch als Feminist. Seltsame Welten.
Aber wie sollte er nun reagieren?
Ein Großteil der Männer würde die Sache mit dem Armenhaus für unnütz halten... erst recht wenn es offen war für Anderlinge. Und sowohl diese also auch ein Großteil der zweiten Hälfte würde in jedem fall ein Frauenhaus mit Unverständnis betrachten. Das konnte er nicht vortäuschen und damit begann seine Fassade zu bröckeln. Er wollte jetzt nicht so tun als als wäre er empört über derlei Geldverschwendung. Aber wenn er ihr zustimmte würde er die große Ausnahme der Männerwelt hier darstellen...

Die Angeln waren nun passend gesetzt und es ging daran die Tür einzuhängen - und es passte.
Das hatte ihm etwas Zeit gegeben und entband ihn fast von einer Antwort, von einer ausführlichen jedenfalls.
"Gute Sache."
Er probierte die Tür ein paarmal aus. Es ging.
"Sieht gut aus."
Auch jede Spekulation oder Warnung, dass sie sich Anfeindungen aussetzen würde zeigte zu strategisches Denken. Statt dessen betrachtete er sie nur. Sie war stolz auf ihr Werk, nicht nur die Türe, das ganze Projekt. Es lag ihr wirklich am Herzen.
"Wenn ihr einen Rauswerfer braucht gegen Ehemänner die weniger Verständnis für das Konzept aufbringen..." er lächelte.
Er konnte jemanden empfehlen.
Und es war fast schon zu viel Verständnis... Egal.
Helene Henrietta Helbel
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Sie hatte nie vor gehabt hausieren zu gehen, mit wem ihre Gegenüber es zu tun hatten. Wenn man sie erkannte, dann sei's drum, doch hier in den Scherben war diese Gefahr ziemlich klein und so blieb Helene dabei, nur ihren Vornamen zu nennen. Der nicht ungewöhnlich war und auch einer Dirne gehören konnte. Ihre Kleidung verriet nicht wirklich, welcher Gesellschaftsschicht sie entstammte, dafür hatte sie gesorgt. Denn der Hosenrock den sie trug, die Bluse, die Stiefel, alles war zwar von guter Qualität, aber bereits getragen und von grober Machart. Nichts was auf eine Dame der Gesellschaft hindeuten würde. Irgendwo im Mittelstand, dahin gehörte die Frau wohl.

Nachdem Salva die Tür eingehängt hatte und sie passte, grinste Helene breit und freute sich von Herzen über ein weiteres Puzzleteil, welches nun an seinem Platz lag. Nicht mehr lange und sie würde eröffnen können. Der Gedanke liess ihre Augen funkeln. "Danke, Slava." entfuhr es ihr überrascht, sie hatte wohl mit einer anderen Reaktion gerechnet und sich bereits dafür gewappnet, dagegen halten zu müssen. "Sogar sehr gut, jetzt kann man eintreten, ohne die Schlafenden zu wecken." gluckste sie und legte gleich selbst nochmals Hand an die Tür. Sie zog sie zwei, dreimal auf und verharrte dann. "Wer?" entfuhr es ihr, denn an einen Rauswerfer hatte sie auch schon gedacht. Die Stadtwache würde bestimmt ab und an auftauchen, aber sie konnten auch nicht immer hier sein. Dieser Fremde überraschte sie und als sie die Tür wieder hinter sich schloss, das Werkzeug in die Kiste zurück legte und sie aufhob, nickte die Frau. "Kommt, ihr habt Euch Euren Eintopf und den Lohn wahrlich verdient." Ihr Lächeln erreichte die Augen, ehe sie voran ging und Slava zum Haupteingang führte und gleich hinein in einen geräumigen Gesellschaftsraum. Der Geruch von Eintopf lag in der Luft, kräftig und würzig. Es standen bereits Tische und Bänke im Raum, bereit für alle die einen Platz suchten. "Setzt Euch, ich hole Euch gleich eine Schüssel aus der Küche. Einen Krug Bier dazu?"
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Vyacheslav Sokolov
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So pokerten beide und behielten ihre wahre Identität als Geheimnis. Und irgendwie war es für den Moment befreiend.
Es war keine große Überraschung, natürlich kannte Slava den Effekt, aber meist lag es außerhalb des möglichen, die eigene Identität für eine weile anzulegen. Hier war es vielleicht sogar leichter. Nur ein Tagesritt außerhalb von Nowigrad würde ihn absolut niemand erkennen - gerade wenn es hier auch schon klappte.

"Schura heißt er. Ich kenn ihn vom Krieg, kommt glaub ich aus Kaedwen, spricht nen furchtbaren Dialekt. Ich glaub der sucht noch nach was sinnvollem in seinem Leben."
So flocht er auch ganz nebenbei eine eigene Legende ein. Ex-Soldat war einfach auch was hier am besten zu ihm passte. Es war anstrengend, alles Verhaltensweisen abzulegen und zu unterdrücken, die einen sofort als Kämpfer erkennbar machten, nicht zuletzt die Narben.

"Zu einem Bier kann ich natürlich nicht nein sagen." und er grinste.
Und er freute sich auch ehrlich auf den Eintopf. Gute Hausmannskoste verschmähte er nie.
Er setzte sich, relativ gerade... Nicht so sehr um in eine Rolle zu passen, es war mittlerweile einfach Gewohnheit um Rückenschmerzen vorzubeugen. Tatsächlich hätte er sich in eine Rolle versetzen müssen um sich passend4 zu einem Hafenarbeiter hinzulümmeln. Ein wenig wurde er damit inkonsistent, aber auch das war ja letztlich ein Mensch mit Geschichte sehr häufig.
"Was bringt euch dazu, ein Haus für Arme und Anderlinge und Frauen im Speziellen zu eröffnen?"
Eine berechtigte Frage, zumindest für jeden außer dem Freiherrn.
Helene Henrietta Helbel
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"Schura." Auch wieder ein Name, den sie so noch nie gehört hatte. "Ein ehemaliger Soldat?" Könnte durchaus nützlich sein, immerhin war er sich nicht zu schade - so dachte sie - auch mal handgreiflich zu werden, wenn es notwendig würde. Helene war nicht so blauäugig zu glauben, dass sie Ablehnung nicht zu fürchten brauchte. Sie warft Slava einen knappen Blick zu und schien ihn dabei aus einer anderen Sichtweise zu betrachten. Auch er ein Soldat? Ja, das würde schon hinkommen.

Sie zapfte Slava einen grossen Humpen, schliesslich hatte er diesen mehr als verdient und brachte eine ordentliche Portion Eintopf dazu. Nachdem sie beides vor ihm abgestellt hatte, schlüpfte sie geschmeidig ihm gegenüber auf die andere Bank. Sie gönnte sich selbst auch etwas Bier, wenn auch der Krug ein kleiner war. "Naja, macht die Augen auf." lächelte sie. "Soviel Elend überall in den Strassen, soviel Leid und Gewalt. Und Frauen, Slava, leiden zu oft unter. Wohin sollen Sie dann, wenn der Ehemann sie verprügelt? Der Freier sie misshandelt?" Sie schürzte die Lippen und spülte die Bitterkeit, die sich ihre Kehle hinauf drängte mit einem ordentlichen Schluck Bier wieder hinab. Prost!
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Vyacheslav Sokolov
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"Ja, er ist... war Armbrustschütze. " Das würde er ihm noch beibringen müssen, aber besser als ihm noch Schwertkampf beizubringen. Er hatte es selber kurz versucht und sofort aufgegeben. In diesem Leben würde aus ihm kein Schwertkämpfer mehr werden, das war nicht seine Technik.
Zunächst war er vollkommen auf Bier und Eintopf fokussiert. Das Bier war doch erstaunlich kühl, er hatte sich allerdings bereits an lauwarmes gewöhnt. Es gab einfach keine Kühlschränke in dieser Welt. Dieser eklatante Mangel störte ihn bereits an vielen Stellen. Aber kein Thema für hier und jetzt. Und der Eintopf schmeckte so gut wie schon lange nichts mehr.
"Nur weil Leid und Armut da sind, das war lange kein Grund... das stört sehr viele überhaupt nicht und es wird nichts getan um etwas zu ändern. Eher wird doch versucht, die Bettler aus der Stadt zu werfen statt ihnen etwas armes zu Essen zu geben. Erst recht wenn es Anderlinge sind. Zu viele Mächtige hier vertreten doch eher die Ansicht, dass so etwas nur unnötig Ratten anlockt... Und die Stadt greift doch auch immer wieder hart durch. Die Razzia vor ner Weile... die Hinrichtungen... Warum gerade jetzt?"
Ein wenig provozieren musste er, ging gar nicht anders.
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"Stellt ihn mir vor oder... ach, er soll einfach hier vorstellig werden." nickte sie Slava zu, ehe sie ihn essen und trinken liess und das in einträchtlichem Schweigen. Dabei nippte sie am Bier, welches - wie er festgestellt hatte - kühl war. Sie mochte dieses lauwarme Brühe nicht, darum versuchte sie es stets an einem dunklen und kühlen Ort aufzubewahren. "Es gibt keinen Grund, warum es gerade jetzt sein soll. Ausser, dass ich jetzt die Möglichkeiten dazu habe, Slava. Ich möchte Leid und Armut bekämpfen, den Kindern Lesen und Schreiben beibringen und vielleicht auch Erwachsenen, wenn sie es denn möchten. Bildung ist ein Schritt aus der Armut heraus, Bildung und Hoffnung. Mir ist klar, dass manche es ausnutzen werden und ich hoffe, dass ich diejenigen erkennen werde. Sie haben hier nichts zu suchen." Ihre Stimme war gen Ende hin durchaus schneidend geworden. So weich das Herz dieser Frau auch war, sie konnte wohl durchaus auch eine andere Seite an den Tag legen. "Mir liegt nichts an der Politik - es ist mir scheiss egal, was sie wann tun. Sie lösen das Problem nicht, in dem sie hart durchgreifen - das ist einfach nur kurzfristig gedacht."
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Vyacheslav Sokolov
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"Sag ich ihm..."
Slava löffelte ruhig seine Suppe aus, genoss jeden Bissen. Gerade jetzt ging es ihn nichts an. Dann lehnte er sich zurück und genoss nur noch das Bier.
Sie selbst trank auch... Lesen und schreiben beibringen... "Ich habe gehört, Jamal... der mit dem Buchladen, der lässt auch junge Leute lernen."
Er dachte weiter nach. Sie hatte absolut recht und er konnte es auch als Politiker nur begrüßen.
Und ja, beim Klang ihrer Stimme verflog gerade jeder Zweifel daran, dass sie sich hier durchsetzen konnte.
Wenn er sich nur an den Namen erinnert hätte, der auf dem Antrag gestanden hatte... Aber er konnte sie sich auch jederzeit in einem Freudenhaus vorstellen. Auch in Lack und Leder und mit einer Peitsche... aber das war eine andere Zeit, ein anderer Ort und absolut nicht sein Metier.
So zurückgelehnt und mit dem Bier in der Hand nahm er sich die Zeit, sie genauer zu mustern, ihr Gesicht und ihre Augen. Sie war eine interessante Erscheinung.
"Ich kann euch nur zustimmen. Bildung ist wichtig... Waffen und Reichtum... all das kann einem genommen werden, aber niemals was man im Kopf hat."
Helene Henrietta Helbel
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Ihr Lächeln war ehrlich, auch wenn die Vorsicht nicht ganz daraus wich. Sicher, Slava hatte ihr gerade geholfen, doch in den Strasse musste man stets vorsichtig sein und so würde sie diesem Schura zwar eine Chance geben und dennoch nicht so blauägig sein, ihm den Rücken zuzudrehen. Helene stellte den Krug ab und nickte. "Ja, das habe ich auch schon gehört. Es ist erfreulich, dass sich immer mehr darum kümmern. Ich bin überzeugt, wir werden eines Tages damit erfolgreich sein." Natürlich würden sie das, denn Aufgeben war keine Option. Nicht für Helene. Wenn sie kämpfte, dann kämpfte sie wie eine Löwin. "Ihr stimmt mir zu, Slava?" Sie war überrascht über seine Worte, hatte sie doch nicht unbedingt erwartet, dass er den Geist so vor Waffen, Reichtum und den niederen Trieben des Menschen stellte. Sachte schrägte die Frau den Kopf, denn sie musterte ihn wiederum offen und neugierig. Sein Gesicht war ihr unbekannt, sein Name auch oder sie hatte beides vergessen. Dann tat es ihr irgendwie auch Leid. "Ich kenne einige Arbeiter, sei es aus dem Hafen, aus dem Viertel selbst, doch kaum einer würde mir zustimmen. Ihr seid nicht wie die anderen. Eure Worte, die Vernunft die aus jenen spricht." Ein interessanter Mann, dessen Augenfarbe einem hellen Frühlingswald glich, der sich vom Nebel des Winters befreite. Seine Züge sprachen von Dingen, die sie nie sehen wollen würde und sie machte auch nicht den Fehler, ihm seine Erfahrungen abzusprechen. Hier war sie, trotz ihrer resoluten Art und ihrer Zielstrebigkeit, die Junge und Unerfahrene. Und das akzeptierte sie.
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Vyacheslav Sokolov
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Irgendwie hatte Slava einfach keine Lust, hier alle Register zu ziehen und diese Begegnung wie eine verdeckte Ermittlung behandeln, er machte also 'Fehler' indem er von Archetypus des tumben Arbeiters und Soldaten abwich. Dass gerade seine Intelligenz hier das gefährliche war, auch in dieser Welt, das hatte ihm Sigismund gesagt. Dass er mit einem Schwert wenig ausrichten konnte war ihm klar, und dass körperliche Fitness verging hatte ihm die Zone fast vergeblich beizubringen versucht, erst hier hatte er es begriffen. Das einzige was einem bleibt ist da im Kopf. Alles andere kann dir ein Portal nehmen, aber wenn du die Masse zwischen deinen Ohren zu etwas gebrauchen kannst, dann kann das auch in einer ganz anderen Welt funktionieren während eine AK über kurz oder lang nutzlos wurde.
"Daran habe ich nicht den geringsten Zweifel."
Daran, dass sie erfolgreich sein würden. Jede kleine Initiative konnte helfen. Wenigstens sollten sie lesen lernen...
Und er kam nicht um den einen Gedanken herum: Gedruckte Information ließ sich bedeutend leichter steuern als das Mundpropaganda. Das funktionierte auch, konnte aber so dermaßen schnell umschlagen und wurde sehr schnell sehr Personalintensiv. Hatte man dagegen einen gewisse Einfluss auf ein Pressewesen, vielleicht weil man es selbst eingeführt hatte...
Darauf, dass er nicht war wie die anderen blieb er zunächst eine Antwort schuldig. Die stille hielt er aus. Vermutlich auch eine Eigenschaft, die nur wenige teilten, die dann eher drauflos plapperten nur um das was sich auftat nur irgendwie zu fülle.
"Mag sein. Deswegen habe ich es am Hafen nicht lange ausgehalten."
Die Suppe war ausgelöffelt und auch das Bier würde bald leer sein.
Einen Moment blieb er jedoch noch sitzen.
Er sollte los...
Aber warum? An eine andere Arbeit gehen? Auf jeden Fall sollte er los wenn er sich nicht doch noch mit vollem Namen vorstellen wollte.
"Und was ist euer Hintergrund, dass ihr Menschen so gut einschätzen könnt?"
Er blieb nach wie vor bei der Theorie mit der ehemaligen Prostituierten. In kaum einem anderen Gewerbe hier hatte eine Frau die Gelegenheit, die Männer so zu studieren.
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