Ferneck | Privatwohnung | das kleine Haus der Heilerin - neben dem der Alchemistin

Lange Zeit war Nowigrad kein Teil von Redanien, lange Zeit konnte die größte (mit ca. 30.000 Einwohnern) und zweifelsohne auch die reichste Stadt den Status einer freien Handelsstadt halten. Nach den letzten Kriegen aber ist sie mehr oder weniger zur inoffiziellen zur Hauptstadt der freien Nordländer, vor allem Redaniens geworden seit Dijkstra als Regent zusammen mit dem Handelsrat von hier aus die Fäden zieht.
Als Heimat des Kults des Ewigen Feuers hat in der Stadt allerdings auch das Wort des Hierarchen Gewicht.
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Sarray Cestay
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„Hau-die.“ Sarray verstand zwar die Ansprache nicht, versuchte sich aber darin, Höflich zu sein.
Zumindest so lange, bis das Essen auf ihrem Teller landete, dann begann sie sogleich hungrig zu futtern, folgte aber aufmerksam dem Gespräch. Zumindest so weit sie konnte. Einige der Worte verstand sie einfach nicht, aber das würde sich schon irgendwann aus dem Zusammenhang ergeben.
Crehwill schenkte ihr Kaffee ein. Großzügig vom Hexer, das in diesen Breitengraden so seltene Zeug an die Gäste rauszugeben. War aber auch saulecker.
Sarray schnappte sich ihren Becher und verharrte mit der Nase direkt über der Öffnung. Dieser Duft….
Aber zurück zur Sache. Die Dame brauchte also Hilfe, kam aber nicht aus den Puschen mit dem Grund dafür.
Welche geheimnisvolle Krankheit sich wohl dahinter verbarg?
Mit der Nase noch immer über dem Kaffeebecher schoß die Zwergin einfach mal ins Blaue:
„Schwanger?“
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Pandora
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"Oh Jesus Christ, coffee! Thank you, Barbie. Dankeschön." Sie nahm den Becher entgegen und war wirklich WIRKLICH dankbar für dieses kleine bisschen zu Hause in einer fremden Stadt. Das war etwas, was auch die langen Auslandsaufenthalte erträglich gemacht hatte: Es gab immer irgendwo jemanden, der Kaffee machen konnte. Selbst noch im hintersten Winkel des Indischen Ozeans. Hier war das Zeug sehr wertvoll und auch wenn sie den Geruch unter dem des Essens wahrgenommen hatte, sie hätte niemals gefragt. Umso freudiger nahm sie den Becher entgegen. Genussvoll roch Jordan an dem schwarzen Gebräu und schloss einen Moment die Augen. Herrlich. Zum Heulen herrlich. Jetzt nur nicht die Nerven verlieren, die lagen eh dauernd blank in letzter Zeit. Besser zum Thema. Sie blinzelte und nahm einen Nipp. Ein Traum. Sogar gut gelungen.
Das Essen dagegen ließ sie unangetastet. Ohnehin schien die Kleine einen Mordshunger zu haben und da wollte Jordan ihr nichts weg essen. Außerdem war ihr die meiste Zeit schlecht und der Geruch reichte schon, um sie daran zu erinnern. Kaffee dagegen war wie balsam auf ihre malträtierten Sinne.
Auf den Kommentar hin, dass Hexern eh nie einer zuhörte, blickte sie Barbie über den Rand ihres Bechers an, beteiligte sich allerdings nicht an dessen Heiterkeit wie sonst. "Ich höre und darum komme her." Und dann fragte Sarray eine Frage bestehend aus einem einzigen Wort und dieses Wort fehlte Jordan in ihrem Wortschatz. Entsprechend fragend schaute sie die Zwergin an, während sich Vadim neben ihr fast an seinem Frühstück verschluckte und dann ein kurzes, schnaubendes Lachen hören ließ. "Das zuletzt.", antwortete er für Jordan, die nun wieder ihren Begleiter ansah und das Gefühl nicht los wurde, hier mache jemand Witze auf ihre Kosten. Ein Heben der Braue und Vadim winkte ab, machte dann eine Geste, die einen dicken Bauch beschrieb und schon wurde es hell. Jordan schüttelte den Kopf, aber nach Lachen wir ihr nicht zumute. Tatsächlich war das Problem gar nicht so weit weg, nur irgendwie andersrum.
Sie wandte sich Sarray wieder zu. "Listen, wo ich komme her, ich nehme Sachen. Pills. Some sind games, some sind wichtig, okay? Wegen die games, ich sehe scheiße aus, aber kein Problem. Muss aus Körper, dann okay." Sie hatte weder die Worte für 'Entzug' noch für 'Entgiftung' parat und bezweifelte, dass es eine Entsprechung in Gemein gab. Aber es war auch nicht wirklich relevant... obwohl, je nachdem, was der Hexerkerle so braute vielleicht doch. Sie sah hilfesuchend zu Vadim und der sprang geübt ein: "Is' wohl so 'n Zeug wie Fizztech. Macht wach, aufmerksam und so, aber man hört irgendwann nich mehr auf damit."
Jordan wusste inzwischen, dass bei Vadim das Fizztech einen besonderen Hass auslöste und das hörte sie auch jetzt in der Stimme des Mannes. Sie nickte zustimmend. "Most likely wie Fizztech. Eins davon. Egal. Ist nicht das main problem." Sie tippte mit ihrem Finger an den Becher, sah dann Sarray an und suchte nach Worten. "Ich war krank, früher als ich war young." Bereits auf dem Weg her hatte sie sich die Geschichte zurecht gelegt, etwas anders als sie sie Sokolov erzählt hatte. Es reichte, dass sie vor dem, stoned wie sie gewesen war, die Hosen runter gelassen hatte. Es brauchte nicht noch mehr Leute, denen sie ihre Seele vor die Füße warf. Und so ganz unwahr war die Variante auch nicht, denn Leute wie sie wurden für krank erklärt und wenn man sie schon nicht therapieren konnte, dann stellte man sie ruhig und verhinderte, dass sie sich vermehrten. Nur hatte sie in ihrem Fall der Regierung die Arbeit abgenommen, aber das war ja nicht weiter wichtig. Wichtig war das Ergebnis und seine Folgen.
Jordan stand auf, den Becher in der Hand. Das Wippen der Beine reichte nicht mehr als Ventil für ihren Bewegungsdrang. Vadims Blick folgte ihr aufmerksam, aber sie ging nur ein paar Schritte auf und ab, dann zum Herd und genoss einen Moment die Wärme, die dieser ausstrahlte. In letzter Zeit war ihr dauernd kalt oder sie schwitzte wie verrückt, dazwischen gab es scheinbar nichts mehr. Zurück zum Punkt. Jordan wandte dem Herd den Rücken.
"Gegen die Krankheit gab ein operation, ein cut... Schneid? Schnitt. Hier." Sie deutete mit der Hand etwas oberhalb ihrer Scham einen Schnitt an. "Dann nehmen raus, wo Frau werden... nein, bekommen the babes und alles dazu, okay?" Holy shit, hatten diese Leute überhaupt eine Ahnung von inneren Organen und ihrer Beschaffenheit? Von Gebärmutter und Eierstöcken, den Hormonen? Ihrem Zusammenspiel im menschlichen Körper? Crehwill wusste, wie man Monster sezierte oder besser schlachtete, das wiederum wusste sie von Vadim. Aber reichte das an Anatomiekenntnissen, um ihr Problem zu kapieren?
Sie wanderte wieder im Raum herum, aber die wenigen Schritte und dazu die Konzentration auf die fremde Sprache, sorgten schon wieder dafür, dass ihr Puls stieg und sie ihren Herzschlag geradezu an den Rippen spüren konnte. Aktuell war einfach jeder Schritt eine Leistungsabfrage, die größer war als das, was ihr Körper liefern konnte. War schon schlimmer gewesen die letzten Wochen, aber noch ordentlich entfernt von gut. "This has effects auf meine Körper. Es fehlen - wie sagt man? Chemicals. Stoffe, die machen, dass alles funktioniert. Hier, hier..." Sie zeigte nacheinander auf ihren Kopf, ihre Schilddrüse, ihren Magen, zog dann einen unscharfen Kreis um alles. "Alles. Zu Hause, ich nehme Pills mit diese chemicals. Hier ich habe nur noch wenig." Mal davon abgesehen, dass sie auch zum Teil einfach Steroide einwarf und sich damit ein paar Attribute kaufte, die nicht typisch Frau waren. Aber erstmal bei den lebensnotwendigen Basics bleiben.
Sie hob die Schultern. "Ich weiß nicht, was passiert, wenn I ran out. Wenn alle weg, most likely alles geht durcheinander." Sie war kein Mediziner und hatte keinen Schimmer, ob sie das überhaupt länger überleben konnte. Auf jeden Fall wäre ihr Stoffwechsel endgültig außer Rand und Band. Sie merkte jetzt schon, da sie ihre Vorräte streckte, dass es Auswirkungen hatte.
Jordan setzte sich endlich wieder, bevor ihre Beine das für sie übernahmen und stützte sich auf ihre Arme, um Barbie ins Auge zu fassen. "Du sagst, Hexer sind transformed. Mutants. So ihr weißt, wie kann jemand verändern, innen. Muss geben ein Mögliches." Sie war kurz davor einfach raus zu platzen damit, dass sie einfach ganz zum Mann werden und damit all die Probleme abschütteln wollte, aber sie rief sich zur Ordnung. Das war bis jetzt schon alles schräg genug und schwer zu verstehen. Schön langsam mit den jungen Pferden. Geduld war nur leider nicht ihre Stärke.
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Crehwill von Seren
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Der Hexer saß Pandora recht ungerührt gegenüber und nickte. Ja. Er war ein Mutant. Meist ein dreckiger Mutant. Abschaum. Missgeburt. Unmensch. Oder noch unfreundlicheres. Vadim würden wahrscheinlich noch mehr Bezeichnungen einfallen. Wahrscheinlich wuchs die Wache in der letzten Zeit ebenfalls über sich hinaus, denn netterweise sagte er nichts weiter.
Crehwills Augen hatten die Amerikanerin beobachtet, wie sie stehend, sitzend, zeigend und laufend erklärt hatte und zeigten dabei so deutlich, dass er ein Mutant war: die Iris in einem kräftigen Zartrosa und die Pupillen geschlitzt.

„Ich glaub, ich verstehe…“ Dennoch war es alles etwas viel und die Sprachbarriere machte es nicht leichter. „So ähnlich wie Stiere und Ochsen?“ Zwei Finger zeigten eine Schere. „Nur weiblich. Weil… krank? Kaputt? Entzündet?“ Oder war ihre Armee so, dass man dafür sorgte, dass die Soldatinnen nicht schwanger werden würden? Aber die Gründe waren eigentlich egal. „Was fehlt alles?“ Genau. Gebärmutter, Eierstöcke nicht gerade der Wortschatz, den man mal eben in mehr Sprachen bereit hatte. Nachdenklich sah er sich um und griff schließlich unerwartet in Sarrays Gemüse-Speck-Pfanne. Eine Kartoffelscheibe landete auf dem Tisch, er deutete darauf: „Gebärmutter.“ Zwei Möhrenscheiben landeten links und rechts etwas oberhalb daneben. „Eierstöcke.“ Ein fragender Finger auf sie. Vielleicht verstand sie was er meinte. „Gone?“

Anatomiekenntnisse waren offenbar vorhanden. Wohl mehr als erwartet. Vielleicht war das irdische Mittelalter da anderes, aber der entscheidende Punkt der Abrahams-Religionen und ihre Ansichten fehlten hier völlig. Dafür gab es irre Zauberer, die zu gerne zu wissenschaftlichen Zwecken in Körpern von allerhand Personen, Monstern und sonstigen herumwühlten und Experimente machten. Und ja, ein Geglücktes davon saß hier am Tisch. Noch dazu eines, dass sich über die eigenen Entstehungsgeschichte belesen hatte, als es Zuhause noch eine Bibliothek gegeben hatte. Zumindest er fragte sich schon warum es keine weiblichen Hexer gab.

„Und was brauchst Du? Chemicals…“ Der Hexer schien nachzudenken, rieb sich über das Kinn. Irgendetwas klingelte beim ihm, aber so ganz konnte er es noch nicht fassen. Sein Blick ging auch fragend an Sarray. „Stoffe? Im Körper? Solche die Hunger machen? Oder Lust?“ Gerade bei Letzteren hatte man bei Hexern vielleicht etwas übertrieben, dafür sollten sie weniger Nahrung brauchen. Solange sie nicht herum zaubern. „Was mich geändert hat, nennen wir Mutagene.“ Und ja Bennomar hatte man nachgesagt bei ihm wären zu viele Stierhoden in der Kräuterprobe gewesen, weil sein Nacken ganz danach aussah je älter er wurde. „Kommen aus Monstern, Pilzen oder Pflanzen. Werden verändert durch Alchemie und Magie, bevor man sie isst oder direkt ins Blut bekommt.“ Sein Gesichtsausdruck wirkte aber so, als ob das keinen großen Spaß gemacht hat.
„Es heißt, dass auch Nicht-Hexer speziell zubereitete Mutagene nehmen könnten und es überlebten, um ihren Körper zu ändern. Meist mit Nebenwirkungen. Und ich… wüsste jetzt nicht was einen Körper weiblicher macht...“ War wohl auch nicht so gefragt gewesen. ‚Ach, ich möchte endlich ein bisschen empathischer, sensibler und gelassener sein.‘ war wohl nicht so gefragt. „Vielleicht Sirenen oder Harpyien?“ Wobei die zwar weiblich waren, aber nicht wirklich entspannt. „Eine Succubus?“ Wobei es da noch keinen Grund gegeben hat eine zu erschlagen, sondern eher… wobei diese Art Verlangen gar nicht so zu Pan passte. Das wollte sie nicht, oder?

Zum Kaffee hatte er Sarray entschuldigend angesehen, aber auch sie sollte bemerkt haben, wie sehr sich ihr Besuch darüber gefreut hatte. Die feine Hexernase konnte tatsächlich gut riechen, wann der Kaffee genau richtig war – zumindest für Sarray richtig. Aber die beiden Damen hatten da wohl ein ähnliches Verständnis von gut.
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Sarray Cestay
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Hätte Sarray die Frage nach dem Wissen über die inneren Organe erahnt, sie hätte geantwortet, das sie sich recht gut damit auskannte. Nicht, weil sie schon einmal welche entnehmen hatte wollen sondern eher, weil sie sie oft genug wieder in den Körper verfrachtet hatte, mal mehr, mal weniger erfolgreich.
Crehwill half ihr sehr bildreich die für sie wirren Erklärungen zu verstehen.
„Ach du Scheiße…“, brummelte sie und hatte plötzlich weder auf Kartoffeln, noch auf Karotten Appetit.
Die kleine Heilerin begriff, dass der Körper nach einem Ersatz für die fehlenden Hormone schrie, doch dass noch mehr dahintersteckte, begriff sie nicht.
Dabei hatte sie das mehr als einmal mit jemandem durchgestanden. Entzug. Sie selber nahm kein „Zeuch“, aber die, die das Schlachtfeld überlebt hatten rutschen nur allzu oft in die Sucht. Ihre Freundin Ljerka kannte sogar ein paar Mixturen, die halbwegs durch das Ganze halfen. Aber…die Zwergin begriff einfach nicht.

„Tut mir leid. Meine Freundin kann dir was zusammenbrauen, was die Symptome lindert, aber gegen das, was du jetzt durchmachst, ist kein Kraut gewachsen.“ Irgendwann würde es sie auch erwischen. Wenn sie denn so lange lebte.
Hoffentlich begriff wenigstens Crehwill, dass sie damit die Wechseljahre meinte und die Sache mit dem Entzug einfach nicht zu ihr durchgedrungen war.
An den wandte sich die Zwergin nun zumindest. „Sachma, was hast du mit einer Sukkubus vor? Willst du ihr nen Trank gegen ihre Beschwerden brauen… oder sie vögeln?“, fragte sie im Scherz.
Oder zumindest…teilweise im Scherz. Frech kniff sie Vadim dabei ein Auge zu.
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Pandora
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"Gone.", kommentierte Jordan knapp und fuhr mit der Hand über das stilisierte weibliche Innere aus Gemüse, wie ein Zauberer, der etwas verschwinden lassen wollte. "Wir sagen: Ovarektomie." Und natürlich fragte er nach einem Grund, nach der Krankheit, die sie angedeutet hatte. Sie hatte ihre Story parat, klaute Vadim sein Esswerkzeug und schubste etwas gebratenes Ei zu Crehwills Modell. Sie drapierte es um die Karotten. "Wachsen falsch... oder nein, wachsen zu. Wie mit Pilz, aber aus eigene Körper. Tut weh, macht krank, also gone." Sie war nicht so schlecht im Lügen und ganz plötzlich musste sie schmunzeln und warf Vadim einen Blick zu. 'Tut weh' war einer der ersten Halbsätze, die sie hier gelernt hatte - vom zuhören. Da war alles noch in Ordnung und sogar ganz lustig gewesen. Vadim bemerkte ihren Blick, nahm ihr allerdings nur mit einem gebrummten "Halt die Kappe, Pan.", die Gabel wieder ab.
Crehwill zog ihre Gedanken wieder auf sich und sie musste sich schwer konzentrieren, um zu folgen. An die Augen, die als deutliches Zeichen dafür dienten, dass er anders war, als andere hier, hatte sie sich inzwischen gewöhnt, also ruhte ihr Blick mal auf diesen, mal hüpfte er zu seinen Lippen, um die Worte auch optisch zu erfassen. Als würde das irgendwas bringen. Und es wurde noch schwieriger, als auch Sarray ihren Senf dazu gab und das in flottem Gemein. Jordan rieb sich die Stirn und hielt dann beide Hände in die Luft, mit der Rechten flach auf die Fingerspitzen der Linken tippend, sodass sich ein 'T' bildete. "Time out - langsam."
Mit Steigerungsformen hatte sie noch ihre Schwierigkeiten, ebenso mit vielen der gefallenen Vokabeln. Female glaubte sie zu verstehen und auch Mutagene. Sarrays Satz enthielt allerdings so viele umgangssprachliche Wendungen, dass Jordan nur etwas verständnislos die Schultern heben konnte. Freundin, das hatte sie verstanden. Ein fragender Blick zu Barbie. "Was Freundin tun?" Nein, first things first. Sie schüttelte den Kopf und bremste eine etwaige Erwiderung direkt wieder mit einer Geste der Hand.
"Wait. Ich suchen nicht nach mehr fraulich... female. Ich suche balance." Jordan stützte sich wieder auf den Tisch, den Kaffeebecher in beiden Händen. "So nah zu before wie geht, ohne heiß und kalt und wach. Wieder laufen mit diese," sie wies mit dem Daumen auf Vadim, "und wieder Schwert mit dir." Sie nahm einen Schluck von ihrem Kaffee und spürte der Wärme und dem Geschmack nach. Einfach traumhaft. "Wieder Arbeit. Normality, you know? Be myself again. Ich sein." Das dazu noch etwas mehr gehörte, war ihr bewusst, aber sie hatte für sich beschlossen, dass die Salamitaktik erstmal die beste Variante war.
"Nur nicht zu viel sie selbst, sonst wird se wieder aufmüpfig.", brummte Vadim und kassierte dafür prompt einen Tritt gegen die Wade.
"Das sein auch ohne, Honey.", motzte Jordan zurück.
Ein bisschen waren sie über die Wochen wie ein altes Pärchen geworden oder sogar fast ein bisschen wie Pilot und Co. Auch wenn es hier nichts zu fliegen gab, es gab andere Dingen, die es zu meistern galt und für die es eben jene Sticheleien benötigte, mit denen man sich bei der Stange hielt. Motivation durch liebevolle gegenseitige Diskreditierung, wobei man genügend Fingerspitzengefühl haben musste, um zu wissen, wann man aufhören und auffangen musste. Für Jordan nahm Vadim in diesem Bereich allmählich die Position von Peach ein: Brüderliches Arschloch, brüderlicher Tröster, Punching Ball und trotzdem Copilot. Ein Stück weit auch Navigator in dieser für Jordan so fremden Gesellschaft.
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Crehwill von Seren
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Der Hexer nahm ihr die Lüge und auch das Ei gerne ab, auch weil es ihm im Grunde sehr egal war, warum eigentlich. Auf seine Nachfragen hätte sie genauso auch lächeln und winken können. Nachdem sein Model nicht mehr gebraucht wurde, aß er es auf. So weit er verstanden hatte, wollte sie es jedenfalls nicht wieder haben. Die Magierinnen in Aretuza machten ja irgendwas ähnliches, aber wahrscheinlich anders. Davon hatte er keine Ahnung.

„Ihre Freundin…“ Er zeigte auf Sarray. Freundin hatte Pan ja verstanden. „…ist Alchemistin. Braut Tränke, Salben. Medizin. Kann helfen. Wohnt gleich gegenüber. Hat was gegen… Frauenleiden. Normales.“ Er sah etwas ratlos zu Sarray, die war auch eine Frau und außerdem Heilerin. Also irgendwelche lindernden Salben für eher die üblichen Probleme hatten sie bestimmt. Davon hatte er jetzt wirklich keine Ahnung. Aber… „Hilft bei den Symptomen. Auswirkungen. Macht Beschwerden weniger… more less… less less… lesser?“ Seine Lippen bemühten sich nach dem Time Out verständlicher zu sprechen. Er hatte durchaus schöne Lippen, geschwungen, voll, sicher nett zum Küssen, wenn man das gerne machte.

Und so ganz konnte er Sarrays Einwurf aber nicht stehen lassen: „Natürlich hab ich die Succubus gefickt. Die werden sehr unleidlich und unangenehm, wenn man sie nicht fickt. Gehen schmollen ist noch am Angenehmsten. Wusstest Du, das sie Feuerbälle werfen können? - Deshalb holt man dafür einen Hexer…“ Er grinste ein übertriebenes dämliches Männer-Grinsen. „...der erklärt dann, dass sie die Leute nicht zur völligen Erschöpfung vögeln können. Die sind nicht so ausdauernd, sterben am Ende noch daran und bekommen Angst.“ Ein Räuspern und ein Blick auf Vadim. Normale Leute wie er tendierten dazu Hexergeschichten nur bedingt gut zu finden. Aber er aß hier immerhin mit ihnen zusammen. Bei Zwergin und Hexer. Anderling und Freak. Vielleicht waren die Vorurteile doch nicht so groß oder Pan hatte einen guten Einfluss auf ihn. Ja, den hatte sie ganz sicher.

„Aufmüpfig, verstehe. Da helf ich.“ Das dürfte sie von ihm aus gerne sein, als Frau musste man in dieser Gesellschaft auch nicht viel tun, um als aufmüpfig zu gelten. Aber Balance also… keine Weiblichen, eher beides? „Ein Zwitter? Ne Monster-Schnecke?“ Crehwill fing an zu denken. Was fiel ihm Schneckenartiges ein? „Oder Ertunkene? Verändert vielleicht auch etwas den Teint, aber die sollten irgendwo beides haben und sind humanoiden ähnlich. Außerdem findet man die überall wie Ratten.“
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Sarray Cestay
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Das Sprachen Misch-Masch irritierte Sarray immens und schnell kam sie nicht mehr mit.
Die Bemerkung zur Sukkubus jedoch verstand sie sehr wohl, zog eine Augenbraue hoch, reckte das Kinn und stemmte die Hände in die Hüften.
„Ein Weibchen, dass sauer reagiert, wenn es nicht ausreichend gevögelt wird?“
Sarray drehte den Kopf und tat so, als würde sie an ihrem Hintern etwas suchen. Eine mit einer Spitze geschmückte lange Rute zum Beispiel.
„Ich kann keine Feuerbälle werfen, aber unleidlich wird ich dann auch.“
Dann entspannte sie sich und vollzog eine wegwerfende Handbewegung. „Darüber kann ich momentan ja nu echt nicht klagen.“ Sie kniff Crehwill ein Auge zu, wendete sich an Pandora, wollte gerade etwas sagen, als sie es sich überlegte und sich dann doch wieder an den Hexer wandte.
„Ich versteh kein Wort. Übersetzt du mir euer Gespräch?“
Kurz sah sie zu Vadim. Verstand der das alles?
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Pandora
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Barbie zeigte sich als geduldiger Übersetzer, während die kleine Blondine wohl nicht sonderlich viel Geduld bei diesem Spiel hatte. Jordan warf ihr einen entschuldigenden Blick zu. "Tut mir Leid - ich noch lernen Sprache eure. Barbie schon kennt mein Sprech und Vadim. Genglish ich nenne. Muss besser werden, aber keins viel Geduld. Zu lernen.", mühte sie sich damit, möglichst akzentfrei zu erklären. Doch sie stolperte oft genug über die Ausdrücke und deren Aussprache. Wie bei den Lehrstunden mit Novka und Schura fühlte sie sich dann einfach nur dumm und wurde schnell patzig. Zumindest war das früher so gewesen, als ihr Blut noch schneller in Wallung gekommen war. Temperament hatte sie immer noch, kein Zweifel, nur vielleicht nicht mehr ganz so explosiv. Die ständige Anspannung war verschwunden, dafür war ihr manchmal jeder Handgriff zu viel.
"Wäre gut, wenn Freundin helfen. Wenn kennt Art von machen und was nehmen." Sie bemühte sich um ein Lächeln. Der Zwischensequenz zwischen Hexer und Zwergin konnte sie dann wieder nicht folgen, erkannte nur an Vadims Gesicht, dass es irgendeine "Hexer-Scheiße" war, wie er es zu betiteln pflegte. Für Jordan war diese ganze Welt eine dermaßene Freakshow, dass sie noch gar nicht ermessen konnte, wo für einen Aborigine wie Vadim die wirkliche Freakshow anfing. Entsprechend verwunderte es sie einfach nicht, dass er hier so entspannt saß. Mit ihr hatte er inzwischen ja auch schon so einiges mitgemacht, inklusive der Besuche beim Wurzelkobold. Der gehörte nun auch nicht unbedingt zu den Lebewesen, die man ständig um sich hatte und es hatte gedauert, bis der Mann nicht dauernd versuchte, nach dem Vieh zu treten, wenn es sich näherte. Nach den beiden hier trat er wenigstens nicht. Und er beäugte nur den Hexer misstrauisch. Zwerginnen schienen ihn weniger zu beunruhigen. Wobei die bei der Kampfhöhe sicher gemein werden konnten.
Fast hätte sie verpasst, dass Barbie sich wieder an sie wandte.
Beides? Jordan runzelte die Stirn und blickte in den Kaffee. Es war so lange her, dass sie sich mit Fragen zu ihrer Identität gequält hatte, dass ihr die Antwort jetzt gar nicht mal so leicht fiel. Äußerlich war sie immer eine Frau geblieben - vielleicht flachbrüstiger als andere, ohne runde Schultern und Arsch, der beim Schwatz am Fenster als Gegengewicht diente. Sie war seit jeher eher drahtig, später schon eher muskulös gewesen. Wenig feminin, aber trotzdem im Grunde weiblich. Das sie nirgendwo so richtig zuzuordnen war, hatte sie immer bei der Uniformausgabe zu spüren bekommen. Keine Garnitur, die nicht in die Änderungsschneiderei gemusst hätte. Zu breite Schultern für eine Frau, zu schmale Taille für einen Mann... etcetera pp. Es war über die Zeit zur Normalität für sie geworden, die quälenden Fragen in den Hintergrund gerückt. Jordan hatte ihren Platz in der Welt gefunden und ihn aggressiv verteidigt. Jetzt wusste sie nichts mehr und die Fragen waren wieder da, gestellt von einem Freak mit rosa Augen und Dauerwelle.
Augen in die sie einen Moment später wieder aufblickte. "What makes you you - was macht aus Junge ein Hexer? Dann wir nehmen in light version. Wie sagt man? Dünn... verdünnt? Klein Menge." Und wenn sie dabei drauf ging, dann konnte sie wenigstens behaupten, es versucht zu haben. Und wenn es positiv wirkte, konnte sie die Dosis erhöhen und ihrem Ziel vielleicht ein kleines bisschen näher kommen.
Doch zuvor schaltete sich Vadim ein: "Du willst dich von diesem Typen vergiften lassen? Wofür dann die ganze Scheiße bis hierher?", schnauzte er. Jordan blieb ruhig, sah wieder in ihren Becher, nahm einen Schluck. Dann sah sie Vadim nur an. Später., sagte dieser Blick und aus irgendeinem Grund, den wohl nur die beiden Menschen kannten, nahm er es mit einem kurzen Nicken hin.
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Crehwill von Seren
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„Da muss ich Vadim recht geben.“ Crehwill nickte dem Soldaten zu, musterte ihn dabei nochmal. Seit dem nächtlichen Ausflug hatte er sich verändert, was sicher mit dem Anteil an Freaks in seinem Leben zu tun hatte. Cap Pan gehörte da definitiv dazu. Aber wie Männer so sind, nahmen sie Frauen eben doch anders wahr.
„Was ich bekommen habe, Pan, werde ich niemanden empfehlen oder nur daran denken zu Verabreichen.“ Er bemühte sich deutlich zu reden, wartete bis jedes Wort bei ihr angekommen war und nutze zur Not Hände und Füße oder eine aufgeschnappte englische Vokabel. „Das hat viele Gründe. Das war keine Droge, Pills oder mal ein Pilzchen zum pushen. Sondern Stoff, der Dein Erbgut, Deine Gene, Dein Selbst verändert.“ Schau mir in die Augen, Kleine. „Man gibt es Jungen zwischen sechs und acht Jahren. Dabei sterben acht von zehn. Mädchen immer. Hat man nicht mehr probiert. Du findest nicht you. Du vergisst wer Du warst. Ich habe nur Bruchstücke von Erinnerungen. Eine Melodie. Rennen im Schnee. Mädchenlachen. Meinen Namen hatte ich vergessen. Wusste erst wieder, als ich ihn hörte, dass es irgendwie richtig war.“

Er trank einen Schluck von Sarrays Kaffee. Die Gedanken an die Kräuterprobe machten ihm keine Freude. Eigentlich machte er nur weiter, weil er dabei nicht gestorben war... bis jetzt nicht und wie lange noch wusste keiner. „Und es gibt kein zurück.“ Sein Äußeres würden ihn immer verraten. „Außerdem ging das Wissen dazu verloren.“ Wenn man neue Hexer wollte, musste man die Forschung dazu wieder anstoßen, wobei Crehwill sich sicher war, dass es da immer wieder Personen gab, die irre genug waren und die Leute wie ihn gerne als Versuchsobjekt in ihren Keller stecken wollen. „Kein Stück-Hexerkuchen für Dich Pan. Auch nicht light… Kuchen-Brösel.“ Schon alleine aus Mitgefühl. Er wünschte was er durchgemacht hatte echt niemanden. Vor allem glaubte er nicht daran, dass es das ist was Pan suchte: „Eher nur die Grundzutaten. Wie etwas aus den Eiern, was Dir dann auch schmeckt.“

Sarray bekam ihren Kaffee zurück. „Pan fehlt was.“ Das hatte er mit dem Gemüse ja ganz gut beschrieben. „Sie hofft es durch Mutagene heilen zu können. Nicht wie bei mir zu verbessern, sondern wieder ganz machen. Andere Zellen dazu bringen die Aufgaben von Eierstöcken zu übernehmen, damit sie sich wieder gesund fühlt. Wobei sie noch nicht genau weiß, was sie dazu braucht. Wer ist Pan?“ Der Hexer musterte die Pilotin der USAF. Nein, ihre Körperform war nicht gerade sehr weiblich, aber auch nichts was in seinen 90 Jahren Lebenserfahrung noch nicht gesehen hätte. Wie diese Stallburschin, die ihn... na egal. „Kennt sich Ljerka mit so etwas aus? Ist sie Zuhause?“ Wenn ja, sollte man sie vielleicht einfach mal fragen.

„Und suchst Dir jeder Zeit weitere Sexualpartner, wenn es Dir beliebt.“ Wie sie ja schon bewiesen hatte.
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Sarray Cestay
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„Hömma, Mäuschen, dich mit Mutagenen heilen zu wollen ist, als würdest du dich selber aufschneiden um mal zu sehen, ob man die Organe umsortieren kann, damit sie anders funktionieren. Lass die Finger von dem Zeug.“
Nachdenklich nahm die kleine Heilerin einen Schluck Kaffee. Es gäbe vielleicht tatsächlich eine Möglichkeit. Doch dafür bräuchten Sie einen wirklich fähigen Magier und noch viel mehr Penunsen.
Ein weiteres Mal huschte der wache Blick der Mini- Blondine an Jordan hinab und an Vadim wieder hinauf. Fehlanzeige. Die sahen nicht nach Geld aus.
Warum also falsche Hoffnungen schüren? Das Mädchen hatte es schon schwer genug.
„Ich kann gern zu Ljerka gehen und sie holen. Die kann dir was ordentliches zusammenbrauen.“, erklärte sie in Richtung der Gäste und lächelte freundlich. Einen Trupp Fremder würde sie sicher nicht in Ljerkas Häuschen schleusen, bei all dem gefährlichen und schwer beschaffbarem Zutaten die bei ihr herumstanden.
Bevor sie vom Stuhl kletterte um ihren Worten Taten folgen zu lassen, beugte sie sich jedoch zu Crehwill um ihm etwas ins Ohr zu flüstern.
Sicherlich konnten die anderen es auch hören, doch das störte die halbe Portion nicht im Geringsten.
„Egal wie viele Personen ich abschleppe, Crehwill, du bist immer die wichtigste.“ Dann küsste sie den Hexer auf den Hals und kletterte vom Stuhl.
„Esst in Ruhe auf. Ich bin gleich wieder da.“
Mit diesen Worten steuerte die Zwergin auf die Hintertür zu. Ob Ljerka wohl zuhause war?
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Es war nicht einfach, Barbie zu folgen, denn ihm war der Sachverhalt so wichtig, dass die Informationsdichte und damit die Worte pro Satz zunahmen. Und das wiederum machte es Jordan schwer, mitzukommen. Aber den Grundton konnte sie sehr leicht verstehen, denn er wurde auch aus Haltung und Gestik klar: No. Kein Hexer-Wundertee für Jordan. Jungs starben oft, Mädchen starben alle. Auch kapiert. Aber sie war kein Mädchen, vielleicht noch ein Halbes. Sie war nichts so wirklich. Sie war nichts, was machte es da aus, zu vergessen? Hier in dieser Wirklichkeit gewordenen Freakshow, ohne eine einzige blaue Pille, war Vergessen doch noch das Beste, was ihr passieren konnte. Ihre Vergangenheit, ihre Taten, ihre Zweifel. Und wenn sie dabei starb? Jordan stellte fest, dass der Gedanke sie nicht einmal wirklich erschreckte und diese Einsicht wiederum erschreckte sie dann doch.
Wer ist Pan?
Plötzlich fühlte sie sich verloren. Und sauer. Sie nickte, grimmig die Stirn verzogen.
Etwas kippte in ihrem Kopf, begann zu fallen und nahm beim Absturz ihre Stimmung mit. Während die Zwergin wieder viel zu schnell im Slang plapperte und sich dann auf den Weg zur Hintertür machte, um eine Ljerka (was für sie wie ein Hundename klang) zu holen, stand Jordan auf und zog eine der wenigen Zigaretten, die sie von Sokolov noch übrig hatte, aus einem Beutel, den sie um den Hals trug und in dem ein Sammelsurium aus Schätzen wohnte. Sie marschierte wortlos zum Herd, zündete den Glimmstengel am Feuerloch an und stapfte dann qualmend wie eine Dampflok zur anderen Tür hinaus auf die Straße.
Vadim, der das Unheil unlängst kommen gesehen hatte, war schon auf den Beinen und seiner selbst auferlegten Aufgabe auf den Fersen. Für den Hexer hatte er noch ein: "Warte kurz, die kommt wieder.", prophezeit, obwohl es eher klang, als hoffe er das jetzt mal, wisse es aber nicht so genau. Konnte man ja nie sicher sein, bei den Weibern. Und bei diesem Weib schon zweimal nicht. Sowas unberechenbares hatte er in seinem Leben noch nicht kennengelernt. Vielleicht auch ein Grund, weshalb er bei der Stange blieb: langweilig war es mit Jordan meistens nicht. Aber anstrengend, so wie jetzt.
Eilig lief er ihr nach und ließ dabei die Tür offen stehen.
Weit war Jordan nicht gegangen, nur bis zu einem Viehzaun gegenüber. Auf den obersten Balken gelehnt, schaute sie einer Sau dabei zu, wie sie mit Wonne im Matsch wühlte. Sau müsste man sein. Dann konnte man fett werden, sich suhlen und wurde irgendwann Schnitzel. Klar definiertes Lebensrisiko, klar definierte Strukturen.
Wer ist Pan.
Die Frage war eigentlich einfach zu beantworten und doch war es unsäglich schwer.
Vadim lehnte sich neben sie rücklinks an den Zaun und beobachtete die Straße. Er würde in Ferneck niemals der Straße den Rücken zukehren, so wie Jordan es im Moment tat. Diese war der Meinung, er war zu paranoid. Genaugenommen hatte sie aber gerade kaum eine Meinung, sondern war einfach nur angepisst von der Gesamtsituation. Sie hatte sich das einfacher vorgestellt. Wieso kam ihr Barbie jetzt mit seinen Bedenken? War doch ihr Problem. Ihr Leben. Ihr...
"Fuck, Pan, was soll das werden? Selbstmord kannst du anders haben.", brachte Vadim sie aus dem Gedankenkarusell. Flüche tauschte man immer am schnellsten aus, wobei er den schon gekannt hatte. Von wem wohl? Jordan schwieg und rauchte. Vadim schwieg und brütete. So hielten sie das immer mal wieder. Jeder auf seiner Seite des Feuers. So konnte das stundenlange gehen, aber sie hatten sicher keine Stunden, bevor den beiden da drin diese Episode zu blöd wurde.
"Warum wir sind hier, Bro?"
"Das fragst du mich? Du wolltest zum Hexer!"
"Ich wollte..."...wieder ich selbst werden. Sie beendete den Satz nicht und nahm statt dessen einen Zug von ihrer Kippe. Wer war sie denn gewesen? Pilotin. Airforce Captain. Ausbilderin. Schrecken der Wolken und der Bodenmatchos. Rückblickend war sie ein Konstrukt. Eine Kunstfigur, die sie erschaffen hatte und mit künstlichen Mitteln in die Form gezwungen, die sie sich erhofft und ersehnt hatte. Ein Kartenhaus, dass nun in sich zusammen gefallen war.
"Sag ihm doch, was du willst."
"I can't." Mehr heiserer Laut als wirklich Worte.
"Darum sind wir doch da."
"I can't."
"Why?"
"I c-a-n-n-o-t."
"Dann gehen wir jetzt wieder und du hörst auf, mir auf die Nüsse zu gehen."
"No."
"Dann verflucht noch mal..."
"SHUT UP! I CAN'T!"
Urplötzlich war sie herum gefahren und hatte sich vor Vadim aufgebaut, zu dem es ihr auf Augenhöhe locker reichte. Sie berührte ihn so gerade eben nicht, aus ihrer Haltung und ihrer Stimme sprach der Captain, der Ausbilder, der gegen den Lärm von Flugzeugen noch Befehle brüllen konnte. Und Vadim verstummte. Zumindest das konnte sie noch. Blick, Haltung, Ton. Sie war der Boss und nicht irgendein Typ, der meinte, ihr sagen zu können, was sie zu tun und zu lassen hatte. Aber er hielt ihrem Blick stand. Andere hätten sich schon ins stoische Vorbeischauen geflüchtet, wenn sie nicht gleich physisch abhauten.
"Was also machen wir? Soll ich?"
"Go. Ich kommen. Zwei minutes."
Jordans komische Zeitrechnung hatte er schon verinnerlicht. Immerhin die Uhr lief noch, wenn wohl nicht mehr ewig. Vadim knurrte was und gab schließlich nach. Wer zuerst wegschaut... Jordan blickte ihm kurz nach, dann widmete sie ihre Aufmerksamkeit wieder dem Schwein, das sich inzwischen wälzte, als wäre das der einzige Lebenssinn. Sollte sie vielleicht auch mal versuchen, so happy wie das Vieh dabei aussah und grunzte. Sie rauchte weiter und versuchte den Sturm in ihrem Kopf wieder zu bändigen, Worte zu sammeln und letztlich auch Mut.
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Crehwill von Seren
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Der Hexer bliebt sitzen. Nachdem alle das Haus verlassen hatten. Zum Einen fühlte er dem Küsschen auf seinem Hals nach und dem Worten, die diesen gefolgt waren: Egal wie viele Personen ich abschleppe, Crehwill, du bist immer die Wichtigste… Das kann sie nicht ernst meinen, oder? Irgendwie machten sie ihm Angst. Wie lange würde dieses immer dauern? Was wenn er sie aus Gründen verlor? Konnte er das noch einmal durchstehen?

Zum Anderen hatte er trotz der Gedanken immer noch nicht nur gute Augen, sondern auch gute Ohren. Das gehörte zum Hexersein dazu. Bei den Augen sah man es nur von außen. Aber auch ohne Pinselohren hörte er die Worte von draußen sehr deutlich. Es war nicht mal eine Mauer dazwischen, denn die Haustür stand offen. Nicht zu lauschen war beinahe unmöglich zumal das Gesprochene immer kräftiger wurde. Wenn er sich konzentrierte konnte er aber auch das Schmatzen der Sau im Schlamm hören oder ihr zufriedenes Grunzen. Ebenso Sarrays hüpfende Schritte zur Nachbarin und dem Klopfen an dieser Türe.

Pandora beendete die Diskussion wenig sachlich und Vadim gab dem nach. Zumindest brachte Crehwill das wieder zurück ins Jetzt. Er stand auf, schob das dreckige Geschirr zusammen, stellte es in der Küche ab. Die Pumpe für Wasser wäre im Hof. Als er sich den Eimer nahm, kam Vadim zurück, sah ein bisschen genervt aus und hatte sicher immer noch seine Vorurteile, die der Hexer nur mit einem Lächeln begegnen konnte: „Du hast gegessen, was ich gekocht habe und lebst noch. Sei stolz.“ Er klopfte Vadim auf die Schulter, der nur mit der Nase nach draußen zeigte.

Ernsthaft? Er sollte nach ihr sehen? Wusste sie nicht, was sie tat? War eigentlich nicht seine Art penetranter zu kümmern, aber was soll’s. Schulterzuckend und mit Eimer trat er blinzelnd nach draußen. Die lichtempfindlichen Augen war auch mal von Nachteil.
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Sarray Cestay
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Pandora
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Sie war es plötzlich leid. Einfach alles. Den ständigen Kampf, die ewigen Diskussion, das Gefühl nicht zu passen, die Enge, die Leere. Einfach alles. Wäre da eine Klippe gewesen, sie wäre gesprungen. Einfach mal schauen, was passiert. Wie der Typ, der aus dem zehnten Stock gesprungen ist und bei jeder Etage dachte: bis hierhin ist es gut gegangen. Ob sie vielleicht doch fliegen konnte, wenn sie es nur wollte? Immerhin hatte sie sich ihr Leben lang eingeredet alles zu können, wenn sie nur wollte und dieses Mantra hatte sie weit gebracht. Nur das sein, was von Gott vorgesehen worden war, das konnte sie nicht. Und es zu ändern lag offensichtlich in niemandes Macht. Oder lag es am Willen? Jordan drückte den letzte Rauch durch die Nase, strich dann die halbe Zigarette am Pferch aus und verstaute sie wieder im Beutel. Sie musste haushalten, bis sie eine eigene Quelle für Tabak hatte. Und die Kohle, ihn zu kaufen.
Als sie sich umwandte, blickte sie in Barbies Gesicht. Naja, so mehr oder weniger, denn er stand bei der Tür des Hauses, einen Eimer in der Hand und schaute ein bisschen aus, wie bestellt und nicht abgeholt. Jordan lehnte die Ellenbogen auf den obersten Balken des Pferchs und bedeutete ihm mit einer Hand, dass sie nicht beißen würde. Oder anders: dass er ruhig noch ein paar Schritte näher kommen konnte. Schließlich war sie keines der Monster, die er immer jagte. Oder? In den Köpfen der Leute hier vielleicht doch.
Jetzt oder nie. Sturzflug ins Ungewisse.
Aus der Nähe war das erste, was natürlich immer wieder auffiel, die Augen. Hexer hatten alle so komische Augen und er besonders. Der andere war eher mit gelblichen Katzenaugen ausgestattet gewesen. Schon scheiße. Wären die Augen nicht, würden die Typen gar nicht auffallen und könnten sich wie Clark Kent im Buchhalteroutfit verstecken, um nur rauszukommen, wenn es Jungfern zu retten galt oder im Zweifel die ganze Welt. Aber wenn man so aussah...
Was war wohl deren Kryptonit?
"Funny fact, Barbie. I don't wanted to be female. Never." Auf Englisch war es ganz leicht, weil sie niemand verstand. Im Slang schon gleich zweimal nicht. Gut, die Iwans vielleicht und bei Novka war sie sich da auch nicht mehr ganz so sicher. Die lernte verdammt schnell. Fast zum fürchten, die kleine Streberin. Jordan atmete durch, warf über die Schulter einen Blick auf die Sau.
"Wer ist Pan, du gefragt." Sie sah ihn wieder an. Wenn er ihr schon hier draußen Gesellschaft leistete (ob freiwillig oder weil ihn jemand in den Arsch getreten hatte, war ihr dabei ganz egal), wollte sie so offen sein, wie sie es schaffte. Immerhin war er sowas wie ein Waffenbruder. Kamerad. Sparringpartner. Also waren sie quasi unter Brüdern... Das war auch ein Fakt: sie kam mit Männern einfach besser klar als mit Frauen, obwohl sie es eben noch versucht hatte. Die Zwergin einzubeziehen in das Problem. Aber Frauen mit Fraulichem Kopf waren einfach nicht in der Lage, ihr Problem zu verstehen. Männer zwar auch nicht und die Chance auf Ablehnung war immens groß, aber bis heute war Barbie als eher gechillter Zeitgenosse aufgetreten.
"Pandora ist Traum von eins kleine Mädchen. Mädchen hieß Mary-Ann Jordan Baker. Pandora ist die Krankheit." Sie wies vage in Richtung ihres Kopfes. Ihre Augen huschten über sein Gesicht, um zu verifizieren, ob er ihre Worte und deren Inhalt auch nur ansatzweise begriff. "Hier drin,", sie tippte an ihre Schläfe, "ist eine boy, kein Frau. Pandora klingt Frau, aber Name ist mehr ein Bild von dies in mein Kopf und was ich gezeigt in mein Leben. Ist wie symbol, wie deins." Sie zeigte auf den Greif. Ein Zeichen von Zugehörigkeit und das man überlebt hatte. Einer von den wenigen.
Sie kratzte sich am Nacken. Sah sich um, als läge die Lösung vielleicht irgendwo hier auf der Straße und sie müsste sie nur aufheben. Nichts zu sehen, also kehrte das opalbunte Augenpaar zu Crehwill zurück. Flucht nach vorn. Jordan richtete sich auf, so ausgemergelt und ausgekotzt sie auch aussah, ihr Körper hielt sie noch zusammen. "Ich gehen den Weg not back. Nicht zurück. Always forward. Aber brauche Hilfe deine. Nicht für Frau, die Mary-Ann war. Für Mann, der Pan ist." Sie hatte angefangen zu gestikulieren: vorwärts, rückwärts, ihre Faust landete hart auf ihrem Brustkorb. Sonst konnte sie sich auch erschießen. Ohne Drogen, die ihre Ängste unterdrückten und ihr einflüsterten, die Größte zu sein, war sie ein Häuflein Selbstzweifel und das war ein grenzwertig beschissener Zustand.
Sie holte einmal tief Luft. "I don't give a shit on the risks, Barbie." Ein Hauch des alten Matchogrinsens kehrte auf ihre Lippen zurück. So blass wie der Herbsthimmel, aber erkennbar. "Risk ist surname von Pandora. Zweite Name, wie." Und wenn er nicht half, würde sie jemand anderen finden, der weniger Skrupel hatte. Also besser er half nach bestem Wissen, wovon er viel hatte, das wusste wiederum Jordan. Sie stemmte die Arme in die Seiten. Dritter Name war by the way Ochse, wegen der Sturheit. Das sollte er inzwischen wissen.
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Crehwill von Seren
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Der Hexer trat langsam samt Eimer und stampfenden Schritten näher, als ob ihm die Welt gehöre. Verstecken konnte er sich in der Tat nicht mehr und seine Körpersprache verriet, dass er sich sehr sicher fühlte. Was sollte ihm hier auch passieren? Selbst unbewaffnet und ungerüstet wie jetzt.
Neben Pan am Zaun war noch Platz, also stellte er sich daneben. Der breite Rücken durfte zur Straße zeigen und wie sie vorher lehnte er die Unterarme auf dem Holzbalken ab. Den leeren Eimer behielt er in Händen, sodass dieser über dem Pferch baumelte und der Sau im Dreck kurz Hoffnung machte, dass Futter herausfliegen könnte. Kam aber nicht. Und dann… hörte er zu. „Hm.“ Er verzog kaum eine Miene. Ihr texanisch hatte er nicht verstanden, aber danach sickerte Wort für Wort in seinen Verstand. Eine Weile sagte er gar nichts. Zeigte so gut wie keine Reaktion, als ob es ihm die Sprache verschlagen hatte.

Doch man konnte sehen, dass er nachdachte, sehr lange nachdachte bis er schließlich nickte: „Verstehe.“ Da war keine Wertung. „Die Kräuterprobe hat mich mit Sicherheit männlicher gemacht.“ Ein gequältes Grinsen. „Aber…“ Seine Augen suchten ihre. „…ich kann keinen Hexer aus Dir machen. Das Wissen dazu ging verloren. Wir sterben aus.“
Bei Reuven hatte er kurz die Hoffnung jemanden zu treffen, der jünger war als er. Aber Fehlanzeige. Zwar nur zwei Jahre älter. Bei der Menge an Jahrzehnten Lebenserfahrung spielten die keine Rolle mehr. Aber auch er war die letzte Generation der Katzenschule.
„Lass mich die Geschichte zusammenfassen: Monster fressen Menschen. Menschen haben Angst vor Monstern. Menschen machen Hexer. Hexer töten Monster. Monster sind fast weg. Menschen bekommen Angst vor Hexern. Menschen töten Hexer.“ Es waren halt viel mehr und er ist nicht unverwundbar. „Es steht nur noch die Festung der Wolfsschule Kaer Morhen, aber selbst dort weiß man es nicht mehr.“

Und sie würden es wahrscheinlich genauso nicht versuchen wollen. Schon gar nicht an einem Mädchen. Eierstöcke hin oder her. „Unabhängig von den risks, das Wissen ist weg... gone.“ Entschuldigend zuckte er mit den Schultern. „Tut mir leid.“ Aufrichtig sogar.
Aber man merkte auch, dass er noch nicht fertig war. Auch wenn er sich nicht sicher war, ob es wirklich eine gute Idee war dachte er weiter darüber nach und fuhr sich mit der linken durchs Haar.

„Du willst also etwas, was Dich männlich macht?“ Er hatte keine Ahnung wie weit Magie ging, aber gehört hatte er davon noch nichts. Man konnte mit geschmolzenen Käse Prophezeiungen machen, von Schwanz an hexen hingegen hatte er nichts gehört. „Mehr als Hosen und das Haar kurz tragen.“ Damit war man hier meist schon verkleidet genug, aber es war wohl mehr und tief in seinem Innersten wusste er genau, was sie meinte. Dieses wirklich richtig verstanden werden. Das schüttelte er aber weg, um nach Lösungen zu suchen: „In der Theorie hat jedes Vieh ein Mutagen, das man auf dem menschlichen Körper übertragen kann. Für Hexer hat man einige zusammen getragen, um uns… zu verbessern. Dein Körper muss es annehmen statt abzustoßen, sonst war es das. Also… zuerst brauchen wie ein passendes Vieh. Da muss ich nachdenken oder finden wir ein paar brauchbare Bücher dazu in den Bibliotheken von Oxenfurt oder Lan Exeter. Erstes ist nicht weit von hier. Dann brauchen wir einen wirklich fähigen Alchemisten oder Alchemistin, um es weiter zu verarbeiten und in eine Form zu bringen, die Du schlucken kannst.“ Er stockte. Versuchte alles noch einmal mit weniger Worten zu sagen und unterstrich es mit Gesten. Monster finden, töten, auseinandernehmen, zusammen brauen, trinken und… nicht sterben. Denn… „Zuletzt brauchen wir jemand, der Magie wirken kann, damit das Mutagen richtig wirkt. Mit der Dame, die es bei mir gemacht hat, habe ich noch Kontakt, aber sie lebt… sehr, sehr weit im Norden.“ Und er hat sie lange nicht mehr besucht.
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Ljerka-Ilmatar Veskewi
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<von nebenan>

Erst als sie näher kam registrierte sie dann doch die etwas angespannte Stimmung. Da war es aber im Grunde schon zu spät, sie war bereits in die Unterhaltung geplatzt. Kurz blickte sie von einem zum anderen, von der Reisenden zum Hexer und wieder zurück. Kein Mustern von Oben bis unten, sie blickte nur in die Augen, das reichte um zu wissen, was der andere wollte.
Sie war im Krieg gewesen und irgendwie registrierte man, wenn andere das auch waren. Das war das eine. Und auch sie haderte mit ihrer Rolle, nicht unbedingt der als Frau, aber der als ältere Person, für sie es keinen Entwurf gab der ihr zusagte. Sie war nun einmal nie Mutter geworden und konnte demnach auch kein Großmütterchen werden das nun von einer Schaar spielender Kinderchen umgeben war. Nicht dass das ihr Ziel gewesen wäre.
Aber was ihr Ziel war konnte sie auch nicht sagen und so irrte sie herum.
Und ein wenig war diese Frau wie ein Spiegelbild. Jünger, fast gleich groß, ähnliche Statur, auch wenn sie nun etwas mitgenommen aussah, ausgemergelt und si sollte dringend mehr trinken. Aber auch da reichte ein Blick in die Augen, auf die Augenringe.
Sie nickte ihr freundlich zu... wie begrüßte man sich? Auf der Welt wo Sokolov herkam schüttelte man die Hände, das hatte sie schon gelernt.
Wenn sie von dort war... vorsorglich hielt sie ihr die Hand hin.
"Veskewi mein Name. Ljerka Veskewi."
Nicht überfordern für den Anfang.
Crehwill hatte sie davor kurz zugenickt, und platzierte noch ein kurzes "Hi." * aber der gehörte ja fast schon zur Familie, so oft wie der da war.

_______________
* klingt vermutlich wie ein abgehackten "Privet"
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Pandora
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Der Pferch wurde zum Dreh- und Angelpunkt der vielen kleinen Gesten zwischen den sich Unterhaltenden. Als Stütze für zu schwere Arme, Ziel für ziellose Tritte mit dem Fuß, Widerlager bei sinnlosem Gewippe, um dem inneren Eichhörnchen ein wenig Bewegungsfreiraum zu lassen. Jordan hörte allerdings hoch konzentriert zu und ihre Augen huschten in Barbies Gesicht auf und ab: Augen, Lippen, Augen, Lippen. Lesen, verstehen, lesen. Diese Sprache war wirklich nicht leicht. Russisch hatte sie nur lesen müssen, niemals sprechen. Sie konnte Intelligence lesen, aber keine Brötchen bestellen. So der ewig gleiche Witz, der jetzt so gar nicht mehr witzig war. Intonation, Lautsprache, das Blubbern von Silben, die nur richtig klangen, wenn man vorher mit Wodka gurgelte und die Zunge träge machte.
Aber einmal auf eine bestimmte Person eingestellt, konnte sie ganz gut folgen, zumal Barbie alles mit einer improvisierten Handsprache unterlegte, was es einfacher machte, den Kontext zu begreifen. Und was sie nicht kapierte, fragte sie einfach so lange nach, bis sie dahinter gestiegen war. Leider gefiel ihr der Inhalt des ausgreifenden Geschichtsunterrichts in Sachen Hexer nicht so wirklich. Aussterben wollte niemand und für sie bedeutete es, dass das Fünkchen Hoffnung gerade ins Wasser fiel. Oder den Brunnen. Wasser im Brunnen. Auch die Hoffnung stirbt am Ende. Last anchor falling.
Aber... Jordans Brauen schoben sich kurz zur Nasenwurzel, wo sich eine Falte bildete und gleich wieder verschwand. Erste Frage in letzter Zeit immer: Spinn ich oder sind die anderen komisch? Zweite Frage: Halluzis? Ein Blinzeln später waren die Fragen beantwortet und Jordan sicher, dass da kurz was in den ferkelarschfarbenen Augen des Hexers gewesen war, was ihr so dermaßen bekannt vorkam, dass sie es gar nicht ignorieren KONNTE. Sie war nicht wirklich die Königin der Empathen, aber manchmal wie ein Terrier, der was zu schütteln in die Fänge bekam oder was zu schütteln witterte.
"What?", aber da war Barbie schon weiter gestürmt, referierte über Monster, Mutagene und Magie. Die drei M's der Problemlösungsfindung? Richtig zuhören konnte sie plötzlich nicht mehr und war drauf und dran, die Terriernase in das zu stecken, was sie gerade gewittert hatte, da bekamen sie Gesellschaft. Die Zwergin und eine weitere Frau waren an der Tür aufgetaucht, letztere kam ohne viel Aufhebens auf sie zu.

Ihr Vater hatte immer geschimpft, wenn seine Kinder keinen ordentlichen Händedruck ablieferten. Niemand will einen toten Fisch schütteln. Sein Spruch. Jordan hatte diesen Teil ihrer Erziehung ihr Lebtag dankend erinnert, denn ohne festen handshake kam man einfach nicht an. Also hielt Ljerka ganz bestimmt keinen toten Fisch in der Hand, auch wenn Jordans Hand trotz des schönen Herbsttages im Vergleich kühl war. Druck war in diesem kurzen Handschlag. "Captain Jordan Baker, aber alle sagen 'Pan'." Stark akzentuiert wie immer, selbst wenn sie sich Mühe gab. Auch Jordan hielt Blickkontakt mit der anderen Frau, deren Gesicht deutliche Spuren eines bewegten Lebens trug. Als weiblicher Soldat hatte man wenig Kameradinnen, die wirklich im aktiven Kampfeinsatz unterwegs waren und nicht Sani oder Versorger. Oder Matratze, aber das nur am Rande bemerkt. Daher erkannte man sich. Als trüge man die gleiche Blutgruppe und die Teilchen darin reagierten aufeinander. Das konnte magnetisch in beide Richtungen gehen, also anziehend oder abstoßend. Das und die Geschichte hinter den Augen. Wer diese bestimmte Unschuld verloren hatte, trug es im Blick.
Ljerka also. Die Freundin, die was brauen können sollte, was ihr die Wechseljahre erträglicher machte. So die Zwergin. Jordan wollte wirklich lächeln, aber es wurde nichts draus. Der Gedanke war einfach zu grotesk und ging in die völlig falsche Richtung. Aber es sie wollte nicht undankbar wirken, auch wenn ihre Geduld schon wieder hart strapaziert war und sie gerne noch Barbie auf den Zahn gefühlt hätte. Der Gedanke zog ihren Blick auf diesen, als Ljerka ihn begrüßte und versprach, dass dieser Fisch noch nicht gefuttert war. Oder Drops gelutscht. Whatever.
"Danke für nehmen Zeit, alle. Dann wohl wieder rein und Barbie erklären. Kann besser sprechen than me.", entschied sie, obwohl es in den Fingerspitzen juckte, die Kippe noch zu Ende zu rauchen. Sparen Sparen...
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Sarray Cestay
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Sarray blieb in der Öffnung stehen, lehnte sich mit verschränkten Armen an den Türstock und betrachtete das Geschehen mit leicht schräg gestelltem Kopf.
Immerhin war das seltsame Menschenweibchen zum Rauchen rausgegangen. Schon mal was.
Trotzdem war dieser Mensch, der sich jetzt auch noch als irgendwas mit militärischem Rang herausstellte, ihr mehr als nur suspekt.
Nicht, dass sie etwas gegen Irre hätte. Sie selbst zählte sich selber zur Gattung ‚nicht ganz dicht‘.
Wer sonst fing eine Affäre mit einer Bruxa an?
Sie würde abwarten, vorsichtig sein und auf die Reflexe ihres Häschens zählen, sollte die Reisende gefährlich werden.
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Crehwill von Seren
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„Ljerka, wie immer eine Freude, Miss.“ Statt einem Hi oder Priv, drehte sich der Hexer um, nahm den Eimer in die linke Hand, legte die Rechte an den Bauch und deutete eine Verbeugung an. Da war er wieder der galante Ritter. Das kräftige Händedrücken überließ er den Damen. „Crehwill von Seren, Hexer der Greifenschule… aber sie nennt mich Barbie.“ Eigentlich hatte er nicht vorgehabt sich ebenfalls nochmal vorzustellen, aber nachdem Ljerka sein ‚Callsign‘ nicht kannte nutze er die Gelegenheit sie aufzuklären.

„Dann gehen wir wieder rein.“ Ein Schulterzucken, rein, raus, was soll’s. Das Häschen vertraute offenbar selbst auf seine Reflexe, fühlte sich absolut sicher und hoppelte arglos zurück an den Esstisch. Der Eimer kam wieder unverrichteter Dinge an seinen Platz, während der Abwasch an der Küchenzeile stehen blieb. Erst als es sich alle wieder irgendwo gemütlich gemacht hatten begann er nach einem kurzer Blick auf Pan, ob es ihr recht sei, mit dem Erklären: „Meiner Meinung nach geht es um zwei Dinge:“ Er war am lehnend Herd stehen geblieben, um sie alle im Blick zu haben. Er sprach deutlicher als sonst und unterstrich weiterhin die Worte mit Gesten, um auch für Pan verständlich zu bleiben. „Einmal: Miss Baker fehlen die Eierstöcke samt Gebärmutter… aus Gründen. Das schlägt ihr ohne die Ersatzstoffe aus ihrer Heimat langsam auf’s Gemüt. Da besteht die Hoffnung, dass ihr beide Sarray und Ljerka irgendwas habt oder kennt, was ihre akuten Beschwerden mindern kann.“ Was genau da half, wusste er beim besten Willen nicht. Aber irgendeinen beruhigenden Aufguss würde es schon geben, unabhängig von Hormonsuppen. „Aber das ist nur eine Notlösung, denn zum Anderen möchte… Pan lieber ein Mann werden… sein.“
Noch einmal gingen seine Augen auf Pan, durfte er das so sagen? Gut, dann referenzierte er weiter:

„Wir Hexer sind entstanden, weil man angefangen hat Mutagene aus Monstern zu reißen, sie zu verarbeiten und vorpubertären Kindern zu verabreichen, nachdem man festgestellt hat, dass Erwachse meist sofort daran starben. Inzwischen weiß man, dass wenn man nur ein Merkmal haben möchte, nur ein Mutagen entnimmt, verarbeitet...“ Ja, da ging die Aufmerksamkeit zu Ljerka, denn was wäre dann ihre Aufgabe. „...und mit ein bisschen Magie einnimmt, es eine Chance gibt zu überleben. Pan hat die Hoffnung, dass diese Methode ihr das gewünschte Ergebnis liefern kann… mehr Eier… Bälle.“ Soweit hatte er Englisch verstanden. Die Schimpfwörter immer zuerst.
Und ja, er weiß auch, dass das eine Scheißidee ist. Aber inzwischen kannte er auch ihren Dickkopf und verdammt, sie hatte ja recht, was hatte sie schon zu verlieren? Hier? Nachvollziehen konnte er ihr Handeln. Was die Idee aber nicht besser machte.

„Also irgendein maskulines Monster erschlagen.“ Das wäre dann wohl seine Aufgabe. „Etwas kräftiges Dummes. Ein Unhold? Keine Ahnung.“ Er konnte sich nicht erinnern gelesen zu haben ‚lässt Eier wachsen’ Hörner eher. „Vielleicht reicht auch ein Stier?“ Wobei Kühe genauso Hörner haben… nur ein Ochse scheidet aus.
Aber weitere Überlegung überließ er den Damen und Vadim. Der wird sich auch fragen, wo er da rein geraten ist. Ertrunkene jagen war wenigstens eine klar definierte Aufgabe.
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Ljerka-Ilmatar Veskewi
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Ljerka lachte nur über die neuerliche Begrüßung, nahm es erst als Spaß und begriff dann, dass es um den Spitznamen ging. Dass es ein wenig wie die Abkürzung des hier weniger gebräuchlichen Namens 'Babara' ging hörte sie zwar heraus, aber welche Bewandtnis es damit hatte konnte sie freilich nicht ahnen. Vermutlich hätte sie sich auch über die Erklärung sehr gewundert und später sehr amüsiert.
Vadim nickte sie nur zu, man kannte sich vom sehen, Hexer Eskorte, Hintergrund beim Überfallkommando...

Und dann wurde es ernst. Sie folgte dem Trio vollautomatisch wieder zurück ins Haus, war aber bereits in Gedanken.
Die Eierstöcke waren weg und die Gebärmutter. Was das war erinnerte sie wenigstens grob. In dem einen wurden die Kinder aufbewahrt bis sie reif waren zu schlüpfen, eben wie ein Ei. Das andere... es kam bei einer Geburt eine Menge Kram aus einer Frau mit raus... vielleicht war es das. Sie hatte sich immer mehr für Substanzen und und deren Wirkung und Wechselwirkung interessiert als für die Medizin, deshalb hatte sie auch in Ellander bei diesen Themen eher weniger als mehr zugehört.
Es war irgendwie eklig... Nicht dass ein Sud aus Nekkerhirn appetitlicher gewesen war, aber wenn man den organischen Kram rein als Zutat betrachtete, dann ging es wieder - dieser Transfer gelang aber nicht wenn das Zeug tropfend und rot aus einem Menschen heraushing.
Und auch wenn ihr die Folgen des Fehlens solcher Organe nicht ganz klar war, der Hexer führte sie sofort wieder auf die richtige Fährte.
Sie runzelte die Stirn.
Vor allem bei dem Hinweis, dass ihre Besucherin lieber ein Mann sein würde. Im ersten Moment reichte ihre Phantasie auch nicht weiter als dass es doch reichte, sich wie einer anzuziehen, und auch die Frage, warum man das wollen sollte kam hoch, wurde aber recht ruppig beiseite geschoben von der Überlegung was den noch möglich wäre... mit alchemistischen mitteln.
Schließlich aber dann sprangen noch andere graue Zelle an.
Sie hatte viele Kinder auf die Welt kommen sehen in Ellander. Da waren fast jede Woche ein oder mehrere Mädchen aus den umliegenden Dörfern da gewesen. Meist war sie auch zugegen gewesen, Handtücher halten, Wasser abkochen...
Da kam vieles zur Welt, meist Mädchen oder Jungen, manchmal aber auch etwas dazwischen. Und manchmal überlebte das sogar... Daher wusste sie, dass das was einen zum Mann machte nicht der Schwanz war, sondern das später recht haarige Gebaumel dahinter.
Und verlor ein Mann genau das auf dem Schlachtfeld durch einen dummen Zufall, vielleicht wegen einer Helmbarte zwischen den Beinen, dann hatte auch das Folgen. Und dagegen gab es Rezepte. Deutlich hörte sie Mutter Nennekes Stimme noch im Kopf.
Ein wenig Zeit zum Nachdenken… die nahm sie sich während der Hexer weiterredete. Sie sah Sarray zu, gedankenverloren. Spannende Sache. Jetzt galt es, jeden Schnipsel, den sie gehört hatte zusammenzukratzen.
"Stierhoden. Ich weiß noch nicht genau wie, aber ich finde es heraus. Alles was sie braucht müsste man aus Stierhoden gewinnen können. Ob sie es als Sud trinkt oder als Salbe aufträgt ist fast egal. Hat zumindest Nenneke damals gesagt. Da gab es mal einen Soldaten, der hat in Brenna seine Nüsse zurücklassen müssen... Die Blutung zu stillen war die größere Schwierigkeit...." sie unterbrach sich, ehe sie allen den Tag mit Details verdarb.
"Was man daraus gewinnen kann hilft einem Mann jedenfalls ein Mann zu bleiben... ob es einer Frau helfen kann ein Mann zu werden müssen wir wohl ausprobieren. Ich muss nachdenken und am besten auch nachlesen..."
Man hörte ihrer Stimme jedenfalls die Begeisterung an für diese spannende Aufgabe.
Dabei blickte sie immer wieder zwischen Crehwill und Pan hin und her, hoffte, dass letztere... letzterer? Wenigstens ein bisschen verstand oder dass der Hexer später erklärte. Sie selbst war allerdings viel zu aufgeregt um langsam oder besonders deutlich zu sprechen.
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