In den Sümpfen von Wyzima

[Allain]

Allain nahm den Becher entgegen unnatürlich Amaras Erwiderung wahr.
Widerspenstig war sie. Und hübsch. Sein Verstand erinnerte sich zwar nicht an seine Vergangenheit, sein Körper jedoch erinnerte sich an etwas beim Anblick der jungen Frau, ohne die Spur einer Ahnung zu haben, dass Amara keine Frau war, sondern eigentlich ein Wesen mit Schweif, Schuppen und einer Unzahl an Zähnen.
Und im Grunde hätte ihn auch das nicht gestört.
Der Mann mit dem violetten Haaren und den passenden Augen schenkte ihr ein umwerfendes, strahlendes Lächeln aus einem durchaus hübschen Gesicht. Wenn man denn auf Narben stand, denn eine furchtbare Narbe in Form eines dreistrahligen Blitzes verunzierte seine rechte Wange vom Kinn zur Nase zum Jochbein.
Dass er dabei daran dachte sie niederzuschlagen, zu Boden zu werfen und auf der Stelle zu nehmen erriet höchstens sein Bruder, der dem in früheren Zeiten mit Feuereifer beigewohnt hätte.
Zumindest DAS funktionierte noch wie früher. Sein Verstand jedoch hinkte dem ganzen nach.
Nur sehr, sehr langsam sickerte bei Allain durch, dass sie nicht nur nicht mehr zuhause waren, nicht mehr im Einflussbereich ihres Erzeugers.
Wie es mit den damit verbundenen magischen Fähigkeiten stand, war ebenso unbekannt.
Das jedoch machte Allain nichts aus, denn daran erinnerte er sich ebenso wenig wie an alles andere.
Es blieb stumm, lauschte und versuchte herauszufinden was hier los war.

[Rowen Anchev]

Er hatte sich gerade wieder ein bisschen beruhigt. Das Geplänkel zwischen Allain und Amara nahm er nur am Rande wahr.
Eine gänzlich andere Welt. Darüber musste er nachdenken und dabei fühlte es sihc an als stießen seine Überlegungen immer wieder an Hindernisse.
"Ist es eine von den 7 Welten?"
Und was waren diese Welten? Er hatte Geschichten über die Githyanki gehört, die von Tu'narath stammten. Und es gab wohl noch einige weitere. Aber mit Portalen konnte man sie bereisen, also gab es auch von hier einen Weg weg.

Auch den lüsternen Blick seines Bruders auf die junge Frau kannte Rowen zu gut. Gewalt und Todesnähe hatten diese Wirkung auf ihn.
Und was war mit ihm selbst?
Da war nichts. Gar nichts...
Wo eben noch Ziele gewesen waren, nämlich jenes der Auserwählte seines Gottes zu sein, die Verkörperung Bhaals... da gähnte nun ein großes Loch.
Seine Hoffnungen waren zerschellt an der Erkenntnis, dass er nur Mittel zum Zweck gewesen war und das es nie um ihn gegangen war.
Wenn nun der wahre Auserwählte die junge Frau haben wollte würde er ihm nicht im Weg stehen... er würde schon auch alleine durchkommen.
Und nun?
"Er wird es schaffen... Mich braucht er nicht mehr."
Stellte er fest. Richtete sich langsam wieder auf und klopfte seine Taschen ab. Viel trug er nicht bei sich...
Hätte er das gewusst, er hätte mehr eingepackt.

[Amara Hadley]

Von der Seite her musterte Amara Allain kurz, wobei ihr dieses in dieser Situation so surreal vorkommende, breite Lächeln natürlich auffiel, mit welchem er sie nun beschenkte und mit einem Ausdruck beäugte, der tief in ihrem Innern alle vorhandenen Alarmglocken aktivierte, sie aber nicht genau wusste wieso. Rein ihr Instinkt war es, der sie beschließen ließ, diesen Mann nicht mehr aus den Augen zu lassen und wachsam zu bleiben. Sie kniff ihre Augen leicht zusammen, während sie Allains Blick kurz mit Skepsis begegnete, wandte sich dann aber langsam wieder zu Rowen, der sich nun wieder aufrichtete. Sie selbst blieb vorerst sitzen. So würde man ihr stetig wachsendes Unbehagen nicht so rasch bemerkten, wie wenn sie im Stehen unruhig ständig von einem Bein auf das andere wechselte. Jedenfalls hoffte sie, dass es unbemerkt blieb. Zumindest nahm sie dafür jegliche Selbstbeherrschung zusammen, die sie aufbringen konnte. Schließlich war sie damals sogar vor einer Göttin standhaft geblieben und war erst in sich gesackt, als diese wieder gegangen war. Dann sollte sie diese Situation doch mit Leichtigkeit meistern. Das einzige Problem war nur, dass sie heute nicht mehr die von damals war.

Aus dem Schneidersitz heraus sah Amara also zu Rowen hoch und schüttelte auf seine Frage hin langsam den Kopf. "Nein, dies hier ist keine der sieben Welten die wir kennen.", antwortete sie ihm und fühlte in sich ein Gefühl von Bedauern aufkeimen aufgrund dessen, dass sie ihm wirklich keine einzige, auch nur ansatzweise befriedigende Antwort geben konnte. Andererseits... Sie erinnerte sich daran zurück, was dieser eisige Ritter und Fini ihr erzählt hatten und griff nach ihrer Tasche, in welcher sie die Notizen aus diesem Gespräch verstaut hatte. Ein Glück hatte sie sich alles notiert. Denn es war ihr wichtig vorgekommen und sie hoffte damit Hilfe wenn nicht sogar einen Weg zu finden, zu ihm zurückfinden zu können. Oder besser gesagt ihn zu ihr zurückzubringen. Auch wenn sie dahingehend nicht mehr viel Hoffnung hatte.
"Allerdings wurden mir Informationen zugetragen, die Euch vielleicht behilflich sein könnten.", sagte sie etwas hastiger als gewollt und kramte auch noch ihren Kohlestift hervor, um die Notizen die sie hervorgeholt hatte auf ein neues Blatt Papier zu übertragen. Nun sprang sie doch wieder auf die Beine und reichte ihm den Zettel.

Zaubererschule Ban Ard im Osten von Kaedwen
Druiden in Wäldern
Dryaden in Brokilon
Elfen im Blumental, östlich gelegen

"Die Priesterin mit der ich gesprochen habe sagte mir, dass die Zauberer in dieser Zaubererschule in der Lage sein könnten, Personen zu finden, egal wo sie sich befinden oder sogar in der Lage sind in Träumen nach Antworten zu suchen. Die Druiden in den Wäldern sollen sich wohl auch in der Richtung auskennen und die Dryaden bedienen sich wohl sehr mächtiger Magie genau wie die Elfen im Blumental. Wobei die Elfen wohl vor langer Zeit die Sphären bereist haben sollen, was uns durchaus nützlich sein könnte, aber Menschen gegenüber sehr misstrauisch zu sein scheinen. So sagte es die Priesterin jedenfalls." Amara's Blick huschte kurz zu Allain, wobei sie seine spitzen Ohren musterte, bevor sie sich wieder Rowen zuwandte. "Vielleicht könnte er eher zu den Elfen durchdringen, falls Ihr diese aufsuchen wollen würdet", sagte sie, was auch gleichzeitig eine Erwiderung auf Rowens Kommentar war, dass sein Bruder ihn wohl nicht mehr brauchte. Sie wunderte sich zwar etwas über diese Aussage, Überraschen tat es sie aber am Ende doch nicht. Immerhin machte er schon seit ihrem Aufeinandertreffen nicht den Eindruck, als würde er sich wirklich und ehrlich um Allain sorgen.

[Allain]

Um den Übergriff, der in Allains Gedanken zum Plan gereift war auszuführen war er körperlich nicht imstande.
Noch nicht. Lange würde es aber nicht dauern. Zumindest war die Bhaalbrut fest davon überzeugt, woher er diese Zuversicht nahm, war ihm selber nicht klar.
So wie ihm einiges anderes nicht klar war. Vieles anderes. Nicht zu wissen wer er war oder woher er kam macht ihn fast ebenso wahnsinnig wie die Schmerzen hinter dem rechten Auge.

Im Moment blieb ihm nichts anderes als zuzuhören und abzuwarten.
Vielleicht würde sein Bruder redseliger, wenn sie allein waren. Verständlich, nicht vor einer Fremden zu reden. Oder?
„Können diese Zauberer oder Elfen auch ein zerstörtes Gedächtnis wiederherstellen?“, fragte der Halb-Hochelf und versuchte seine Gier nach dem Weiblichen Wesen neben ihnen durch ein freundliches Lächeln zu verbergen.

[Rowen Anchev]

Keine der sieben Welten... also gab es Acht.
Es war gar nicht so schwer zu begreifen. Und ein fehlgeschlagenes Portal hatte sie hergebracht. Weit weg von ihrem Gott, weit weg von allen Göttern.
Das begriff er.
Hatte er nicht genau das gewollt? Einen Neuanfang?
Er hatte sich sichtlich wieder beruhigt.
Er hatte Allain die Erinnerung genommen, ohne genau darüber nachzudenken wie es weitergehen sollte, ohne Plan, nur aus einem groben Instinkt heraus. Und was nun?
Es wäre wohl besser, jetzt zu verschwinden, damit er sich nicht wieder erinnerte.
"Es ist gut wie es ist... eine andere Welt fern von unserer und weit weg von Faerûn ist... gut. Ich will gar nicht zurück und für ihn ist es auch besser... Nehmt es mir nicht übel, aber für ihn ist es auch besser wenn ich gehe."
Er hörte noch wie die junge Frau von Zauberern und Elfen erzählte und er hörte sehr wohl auch Allains Frage nach dem Gedächtnis.
Er blickte Amara an, Allains Blick lag ebenso auf ihr und konnte ihn nicht sehen wie er langsam den Kopf schüttelte und hoffte sie begriff. Er durfte sich nicht erinnern, noch nicht, das war seine einzige Chance.