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Re: Stadtteil | Tempelinsel - Der Orden der Flammenrose - die Komturei in Nowigrad
Verfasst: Donnerstag 27. April 2023, 21:48
von Jarel Moore
Lange Momente hatte Jarel auf das Meer gestarrt, in den Sonnenuntergang.
Den Platz kannte er. Er hatte zugesehen, wie Jakob hier seine Strafe empfangen hatte.
Und er wusste, was ihn nun erwartete.
Erst als er die Schritte hörte, drehte er sich um.
Wenzel. Er würde die Strafe selber vollziehen. Wenigstens das.
Der noch Klingenmeister stand aufrecht vor seinem ehemals besten Freund, ohne Reue in den Augen, ohne Furcht zu zeigen. Nein, er hob sogar das Kinn und straffte sich.
Er hatte mit schlimmerem gerechnet. Das würde hart werden, aber er würde es durchstehen. Und er würde von Herrenloh nicht die Genugtuung geben zu schreien, zu weinen oder zu betteln.
Keinesfalls. Er wandte den Blick nicht ab, starrte ihn direkt an, während er den Gambeson öffnete, auszog und Ealco hinhielt, der das Kleidungstück an sich nahm, gefolgt vom Hemd und Unterhemd.
Ohne ein Wort und ohne auf seine Brüder zu achten, die sich mit mehr oder minder entsetzten Gesichtsausdruck um ihn versammelt hatten drehte er sich um, legte die Arme über den tragenden waagerechten Balken und stellte die Beine leicht nach Hinten aus, um den Schlägen genug Widerstand leisten zu können.
Er schloss nicht die Augen, sondern starrte ins Nichts, regte sich kaum, gab keinen Laut von sich und das vom ersten bis zum letzten Schlag. Bildete er sich das ein, oder nahm die Intensität der Schläge zum Ende hin ab?
Erst nachdem nach dem neunzehnten Schlag kein weiterer folgte richtete er sich auf und musste mit einem Ausfallschritt den Schwindel ausgleichen, der ihn beinahe das Gleichgewicht kostete.
Wieder suchte sein Blick trotzig und stolz den des Großkomturs und auch wenn ihm der Schweiß in Strömen vom Gesicht ran und sein Atem schwer ging wie nach einem Marathon.
Jarel streckte ohne zur Seite zu sehen den Arm aus und nahm seine Kleidung von Ealco entgegen, der sogar noch etwas bleicher war als er selber.
Wortlos streifte er ein Kleidungsstück nach dem anderen über und lauschte dem, was der Buchhalter noch zu sagen hatte.
Das war es also. Die Demütigung das eine, der Schmerz das andere, doch die Trauer um die Freundschaft und der Verlust der Verbindung zum Orden…DAS war definitiv das schlimmste.
Kurz huschte sein Blick über die entsetzen Gesichter seinen Ritterbrüder, dann setze er an zu gehen.
Re: Stadtteil | Tempelinsel - Der Orden der Flammenrose - die Komturei in Nowigrad
Verfasst: Freitag 28. April 2023, 05:11
von ERZÄHLER
Ealco starrte Jarel einen Moment hinterher, dann kam Bewegung in den Buchhalter.
"Meister .... Ritter Moore, Ser, wartet .... Ich...", er geriet bereits etwas außer Atem. "Ich muss Euch bitten das Haus freizugeben. Es steht Euch frei Unterkunft... ach verflucht, so bleibt doch stehen." Die langen Schritte Jarels waren nichts für untrainierte Buchhalter.
"Ihr müsst ausziehen. Bis zur Morgenglocke muss das Haus zur Verfügung stehen." Ein Haus, das einem Meister gebührte, nicht aber einem einfachen Ritterbruder.
Re: Stadtteil | Tempelinsel - Der Orden der Flammenrose - die Komturei in Nowigrad
Verfasst: Freitag 28. April 2023, 07:12
von Jarel Moore
„So eilig, Hm?“, antwortete er vor erschöpfung heiser.
All die Jahre treuer Dienerschaft und nun das. Nicht einmal einen Tag ließen sie ihm.
Jarels Entscheidung rückte ein gutes Stück näher in Richtung Flucht.
„Dann soll es so sein. Zur Morgenglocke steht mein.. das Haus zur Verfügung.“, versicherte er leise.
Er betrachtete Ealco einige Sekunden.
Was, wenn er Wenzel nicht gerettet hätte?
Wäre der Buchhalter noch auf freiem Fuß?
Wo wäre er selber dann jetzt?
Dann hätte er seinen „Freund“ auf andere Art verloren und statt der Wut, die sich langsam in ihn aufbaute und alles andere überdeckte wäre da jetzt Trauer.
Verdammt... er brauchte dringend einen guten Schluck.
Er nickte Ealco zu, drehte sich um und ging.
Re: Stadtteil | Tempelinsel - Der Orden der Flammenrose - die Komturei in Nowigrad
Verfasst: Freitag 28. April 2023, 11:50
von ERZÄHLER
Ealco schaute sehr niedergeschlagen aus der Wäsche und wirkte dabei noch schlaksiger als sonst.
"Meister Moore, es tut mir Leid. Das kommt sicher wieder in Ordnung..." Natürlich... "Ich danke Euch jedenfalls für alles, was ihr für mich getan habt. Ich weiß nicht, wie. Wenn Ihr irgendwas braucht, lasst es mich wissen." Fehlte nur noch, dass er in Tränen ausbrach.
Re: Stadtteil | Tempelinsel - Der Orden der Flammenrose - die Komturei in Nowigrad
Verfasst: Freitag 28. April 2023, 16:19
von Jarel Moore
Ein weiteres Mal blieb Jarel stehen, drehte sich halb um und sah Ealco in die Augen.
Er war sechsundsechzig. Er hatte in Sachen Karriere alles erreicht, von dem er nicht gewusst hatte, dass er es wollte. Und alles verloren. Nichts würde wieder werden.
Einem Impuls folgend sah der Ritterbruder auf und ließ seinen Blick über das Geländer schweifen. Die kleinen Häuser der Ritter, die gepflasterten Wege, die Bögen und Treppen, die kleinen Grünflächen, die Brunnen.
Und der Tempel.
Gleich beim ersten Mal als er von Wyzima hier angekommen war, gleich nachdem er unter dem Torbogen durch geschritten war, gleich vom ersten Moment an hatte er sich hier zuhause gefühlt.
Und genau dieses Gefühl war erloschen. Der ehemalige Klingenmeister fühlte sich wie ein Eindringling. Als würde er hier nicht mehr hergehören.
Er wusste, er konnte nicht einfach gehen. Wenn, dann musste er fliehen. Desertieren.
Toussaint sollte um diese Jahreszeit sehr schön sein…
Doch diese Entscheidung sollte er nicht heute Treffen. Seine Emotionen kochten über. Enttäuschung, Trauer, aber auch Erleichterung. Er lebte noch. Sollte er dankbar sein?
Er horchte kurz in sich, doch da waren einzig ein zäher Pfuhl schwarzer Trauer und ein Ball dunkler, rotglühender, geballte Wut, an deren Seite der Schwarze lauerte um vorzuschnellen, sobald der Mensch um ihn nur einen Moment nicht aufpasste.
Er war nicht dankbar. Im Gegenteil. Er musste sich beherrschen, nicht die Zügel fallen und dem Schwarzen freien Lauf zu lassen.
Raus, vor die Tore der Stadt und dann einfach nur laufen, jagen und sein.
Er vermisste es sehr, dieses Gefühl das Adrenalin einfach schießen und lassen.
Mit Ilarion hatte er das oft genug getan, aber in seiner Welt waren eine schwarze Großkatze und ein Wolf groß wie ein Pferd etwas ganz gewöhnliches gewesen.
Und hier?
Seit einer Ewigkeit fühlte er sich wieder fremd.
Er sah noch einmal zu Ealco, die Augen ein bedenkenswertes Stück dunkler als vorher, nickte ihm zu und ging dann endgültig.
Re: Stadtteil | Tempelinsel - Der Orden der Flammenrose - die Komturei in Nowigrad
Verfasst: Montag 1. Mai 2023, 20:37
von Wenzel von Herrenloh
Wenzel hatte sich wieder in seine Amtsgewänder gekleidet, trug seinen Ring, seine Kette und das Schwert. Sein Rücken schmerzte, sein Handgelenk ebenso. Neunzehn Hiebe mit dem Stock waren auch für den, der sie erteilte keine Kleinigkeit, wenn auch nicht annähernd so schmerzhaft. Doch sie kosteten Kraft, körperlich und in seinem Fall auch seelisch. Er fühlte sich, als hätte er etwas zerschlagen, dessen Wert sich ihm erst allmählich erschloss und während er die Strafe vollstreckte, die er selbst ausgesprochen hatte, begann er zu zweifeln. Doch es war zu spät, er durfte diese Zweifel nicht zulassen. Jarel hatte den Glauben, den Orden und damit ihn hintergangen. Er hatte geduldet, was er hatte dulden können. Mehr als er hatte dulden dürfen und selbst jetzt schützte er Jarel noch. Die Anklage lautete auf Konspiration mit der Krone, die Strafe gemildert durch seine langjährigen Verdienste.
Neunziehn Hiebe mit dem Stock.
Er wählte nicht die Peitsche, denn damit hätte er Jarels Todesurteil unterzeichnet. Und auch der Stock ging nicht über die ganze Strecke mit ganzer Wucht auf den Mann nieder, dem er sein Leben mehr als einmal anvertraut hatte. Dem er es verdankte. Freund. Bruder. Nun vermutlich Feind. Wenzel vollstreckte derlei Urteile stets selbst, so viel Ehre musste dem Delinquenten einfach zuteil werden. Ein Mann sollte bereit sein, Strafen zu vollstrecken, die er aussprach - das hatte ihn sein Vater gelehrt und dieser hatte viel gestraft, doch nie ungerechtfertigt.
War dies gerechtferitgt gewesen? Dies alles?
Der Großkomtur stand im Dunkeln am Fenster seiner Amtsräume und blickte auf das Meer hinaus. Schwärze.
Dann klopfte Ealco. Es wurde Zeit für das Diner.
Re: Stadtteil | Tempelinsel - Der Orden der Flammenrose - die Komturei in Nowigrad
Verfasst: Dienstag 2. Mai 2023, 21:01
von Jarel Moore
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Für Jarel geht es hier weiter.
Re: Stadtteil | Tempelinsel - Der Orden der Flammenrose - die Komturei in Nowigrad
Verfasst: Sonntag 28. Mai 2023, 20:39
von Vyacheslav Sokolov
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von:
Lagerhäuser am Hafen/Vor der Wache
Datum: früher Abend des 12. August 1278
betrifft: Valjan
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Sie erreichten den Tempel und Slava antwortete nicht mehr. Valjan hatte an diesem Tag wohl einiges verkraften müssen, und nun auch noch eine Totenwache. die nächste Überraschung für ihn war allerdings die 'Familiengruft', man war so freundlich es Slava zu erklären, wobei er so tat als habe er es natürlich gewußt. Eine Familiengruft also, die bitte instandgehalten werden sollte. Na Bravo.
Aber für den Moment war es egal, für den Moment war er froh, dass Valentine eine letzte Ruhestädte gefunden hatte, eine würdige. Wenn er doch nur für Amir das gleich hätte tun können.
Aber so war das nun einmal im Krieg und im Einsatz.
Re: Stadtteil | Tempelinsel - Der Orden der Flammenrose - die Komturei in Nowigrad
Verfasst: Sonntag 28. Mai 2023, 23:03
von Valjan Novka
Familiengruft? Aber der Feldwebel nickte beiläufig. Klar, die Sokolov-Familiengruft, haben alle schon mal davon gehört. Selbst Slava... Tatsächlich nutzte Valjan die Zeit der Erklärung mit halbgeschlossenen Augen für einen kleinen Moment zu dösen, nur um sich darauf um so zackiger in Bewegung zu setzen. Hellwach folgte er und überholte Slava schließlich, um ihm die Türe zur Gruft zu öffnen und aufzuhalten, bevor er hinter ihm hinein schlüpfte. Der Freiherr sollte sich zumindest ein bisschen benehmen wie ein Freiherr und nicht alles selber machen.
Aber nun Valentines Leiche tatsächlich im Schummerlicht zu sehen, schnürte den Hals zu. Nun war es Gewissheit. Valjan blieb stehen, starrte den Gefallenen an und konnte nicht verhindern, dass ihre Gedanken zu ihren Brüdern flossen. Sie fasste ihre Hände hinter ihrem Rücken fester zusammen und wartete. Wartete auf Slava und konnte wieder das Geräusch hören, das seine Faust auf dem Türrahmen gemacht hatte, bevor sie selbst an den Leichnam treten würde.
Re: Stadtteil | Tempelinsel - Der Orden der Flammenrose - die Komturei in Nowigrad
Verfasst: Montag 29. Mai 2023, 12:16
von Vyacheslav Sokolov
Als sie wieder alleine waren - Slava hatte tatsächlich den Impuls überbrücken müssen, sich die Türe selbst zu öffnen. Ja, er musste sich daran gewöhnen sich wie ein Adeliger zu verhaltenen.
Aber gerade wollte er sich damit nicht beschäftigen. Später, alles später.
Jetzt stand er vor Valentines Leiche.
Er wußte natürlich dass so etwas früher oder später geschehen musste, aber auch einer, der abgebrüht war wie er, war nicht vollständig immun gegen Trauer. Nun war er nun beherrscht, er würde nicht gegen die nächste Wand schlagen.
Er stand nur stumm vor dem Kameraden, betrachtete das Gesicht.
Gedanken darüber, dass die Leichenstarre sich wohl bereits wieder gelöst haben musste verdrängte er. Das schummrige Licht von den Öllampen und aus den Feuerschalen wischte die ungesunde Blässe weg und ein Tuch verdeckte die Schnittwunde. Man wollte sich vielleicht vorstellen, dass er nur schliefe, aber auch im Schlaf war immer eine Restspannung der Muskulatur vorhanden, die den Charakter ausmachten. Nur bei einem Toten fehlte diese, so dass es vielmehr so war, dass dies das Gesicht fremd machte. Er konnte sich noch eher vorstellen, da läge ein anderer. Vielleicht kam das sogar hin. Seine Seele war nicht im Körper. Musste man das glauben damit es real war?
In seiner Welt glaubte er nicht an unsterbliche Seelen. Er konnte sie nicht sehen, und was man nicht sehen und messen konnte war nciht real. Und wenn doch spielte er einfach keine Rolle. Jetzt hier war nicht nur in einer Hinsicht sein ganzes Weltbild auf den Kopf gestellt worden. Magie, Geister... Und wenn er ganz ehrlich war hatte er schon länger geahnt, dass es mehr gab, nur war es immer schon so unbegreiflich gewesen, dass er es weggeschoben hatte.
Nur jetzt wollte er mit der Grübelei aufhören, er wollte an Valentine denken.
Aber egal was er sagen konnte, es wäre falsch gewesen. Sie waren nie die besten Freunde gewesen, er hatte die Operation geleitet und er hatte ihn auf seine Seite gezogen, aber er hatte ihm auch ordentlich Ärger bereitet. Hätte er ihn nicht zu den Jägern geholt, er wäre vermutlich direkt erschossen worden oder in irgendeinem Gefängnis in Sibirien vergammelt. Diese Version war das beste was er ihm hatte bieten können. Landesverrat, aber Leben. Nur wäre er nciht verschwunden, dann wären Schura und er in der Zone geblieben. was dann?
Das hier hatte er nicht kommen sehen...
Er riss sich aus den Gedanken. Novka ging es irgendwie ähnlich. Jetzt gerade konnte man deutlich das junge Mädchen sehen, wenn man sich die Mühe machte, hinter die Kulissen zu schauen. Eigentlich war es nicht so schwer, wenn man wußte worauf man zu achten hatte... eigentlich. Aber die meisten haben sich mit einem flüchtigen Blick und dem ersten Eindruck zufrieden, alles weitere war zu aufwendig. Ihr Glück.
Sie kannte ihn kaum und war doch so mitfühlend. Umgekehrt hatte er dass bei einem ihrer Kollegen nicht hinbekommen. Die toten Wächter auf dem Platz des Hierarchen, das waren nur Leichen für ihn gewesen, anonyme Opfer, eine Zahl in einem Bericht, kein Mitgefühl.
In einem anderen Leben hätte er sie vielleicht wirklich kurz in den Arm genommen, aber hier war das mehr als unpassend.
Eben rang er noch mit sich, etwas freundliches zu sagen...
da klopfte es. An die Tür der Gruft. Wer klopfte ernsthaft bei einer Gruft an die Türe?
Auch ohne dass er antwortet trat derjenige ein.
Der Mann, der eintrat war, soweit man im schummerigen Licht erkennen konnte, nur durchschnittlich groß, ein wenig größer nur als Novka, drahtig. Älter als er selbst, bewegte sich aber agil.
Die Augenfarbe war nciht zu erkennen, obwohl er näher trat. Er war glatzköpfig, halbwegs glatt rasiert und trug einen ledernen Kittel über der praktischen mehrlagigen Kleidung, wie es Handwerker taten und dazu eine fast schon modern wirkenden Brille mit Vergrößerungsglas.
Eigentlich unauffällig, sähe es an dieser Stelle nciht zu sehr nach einer Verkleidung aus.
Dass aber bewirkte nur der Ort, an dem so gut wie alles deplatziert war, sein Pech, denn steckte man ihn unten in der Stadt in ein beliebiges anderes Outfit, er würde kaum auffallen. Mit wachsendem Interesse musterte Slava ihn.
"Ser..., Feldwebel." er nickte Slava zu, dann kurz auch Novka und sein Blick streifte den Toten. All das war bewusst gesetzt, damit die Anwesenden sahen dass er sie betrachtete, natürlich hatte er beim Eintreten die Lage bereits sondiert.
"Ich drück euch mein ernstgemeintes Beileid aus, aber, Ser... dürfte ich euch kurz unter vier Augen sprechen?"
Direkt zum Punkt. Wenn man diese Handschrift erst einmal kannte...
Re: Stadtteil | Tempelinsel - Der Orden der Flammenrose - die Komturei in Nowigrad
Verfasst: Montag 29. Mai 2023, 15:00
von Valjan Novka
Slava trauerte stumm oder dachte nach. Der Kopf zu voll, sodass Valjan doch neben den Leichnam getreten war. Sie holte Luft und ihre Lippen formten leise Worte:
„Ich… ich wollte nur danke sagen, Valentine... Unser Kennenlernen an diesem Abend, der viel zu kurz her ist, wird mir in Erinnerung bleiben. Ich habe dort so viele Geschichten gehört, von Welten und Orten und Dinge gesehen, die ich mir nicht vorstellen konnte, sodass ich bereits jetzt meinen Enkelkindern genügend zu erzählen hätte. Aber es sind nicht diese unerreichbaren Orte, lebensrettenden Tinkturen oder mächtigen Geräte, die ich nicht vergessen kann, sondern ihr… diese, eure Kameradschaft, die man wohl nur erreicht, wenn man mehrmals zusammen durch die Scheiße gerobbt ist und dennoch habt ihr mich aufgenommen ohne viel zu fragen, einfach so wie ich bin. Ich... ich fühlte mich so willkommen an eurem Tisch. Aufgehoben, versorgt und jetzt…? Jetzt seid Ihr gefallen für diese Loyalität und im Namen Nowigrads, meiner Stadt und meine Heimat, aber – nicht Eure. Ich hätte sie Euch gerne gezeigt, statt…“ Weiter kam sie nicht. Ein paar Tränen rannen bereits still über ihre Wangen, bevor sie sich noch einmal zusammen riss, Haltung annahm:
„Danke, Herr Evans aus London.“ Eine Hand wollte erst salutieren, strich dann aber über die Stirn des Toten und die Feldwebel beugte sich vor, um diese zum Abschied zu küssen.
Kaum hatten ihre Lippen Valentine berührt, klopfte es. Valjan trat prompt zwei Schritte zurück, wischte sich dabei mit dem Handrücken über das Gesicht die Tränen beiseite und nahm Haltung an. Augen geradeaus. Keine Sekunde zu früh, denn die Tür ging auf. Es folgte ein gegenseitiges Mustern aus den Augenwinkeln und Valjan nickte dem Fremden zur Begrüßung zu.
Ein Gespräch unter vier Augen, also. Novka drehte sich zu Slava und wartete darauf welche Worte ihn weg schickten.
Re: Stadtteil | Tempelinsel - Der Orden der Flammenrose - die Komturei in Nowigrad
Verfasst: Dienstag 30. Mai 2023, 08:35
von Vyacheslav Sokolov
Valjan fand passende Worte, ein stummes 'Danke' war allerdings erst einmal nicht drin, der Fremde forderte nun Aufmerksamkeit.
Noch einmal unterzog Slava den Fremden einer Musterung, etwas abfälliger dieses Mal.
"Wer seid ihr überhaupt?"
"Verzeiht, Ser, nennt mich Bherger. Ich soll mich bei euch melden, Freiherr."
Slava ließ eine Pause, er hatte nicht so lange Zeit, den Status zu definieren.
"Dann wartet draußen."
Der Neuankömmling nickte, höflich, ob er sich konsterniert fühlte zeigte er nicht. Er würde tatsächlich einfach warten.
Wieder zu zweit wandte er sich noch einmal Valentine zu.
"Nicht einmal hier lassen einen die Bastarde in Frieden. Mach's gut, und Grüß Amir und die anderen. Leb Wohl..." Sprache er noch kurz, allerdings auf englisch. Klopfte ihm kurz auf die Schulter als würde er sich wirklich von einem ruhenden Freund verabschieden.
"Danke." dann wandte er sich wieder an Novka.
"Geh einfach direkt zu meiner Wohnung, irgendwer ist sicher schon da, ich komme nach, wenn ich das geklärt habe."
Dann atmete Slava noch einmal tief durch, als müsse er sich mit genug Luft füllen um nicht wie ein leerer Luftballon halb schrumpelig in Bodennähe herumzukrauchen, und tatsächlich half es, wieder aufrecht und mit einem überheblichen Zug um die Lippen verabschiedete er sich aus der Gruft.
Cat, die während der ganzen Zeit brav neben ihnen gesessen hatte folgte auch jetzt wieder als sie die Gruft verließen.
"Feldwebel, eure Dienste werden nicht mehr benötigt, wegtreten."
Re: Stadtteil | Tempelinsel - Der Orden der Flammenrose - die Komturei in Nowigrad
Verfasst: Dienstag 30. Mai 2023, 11:35
von Valjan Novka
Feldwebel Novka salutierte, drehte auf dem Absatz um und ging. Wieder ein Bild, eine Pose, eine Szene.
Natürlich war die Neugier in seinen Augen gestanden. Bherger. Wer? Was? Warum? Und wie dieser sich gab. Wo kam der her? Slava schien eine Ahnung zu haben, zumindest zeigte er ihm mehr das arrogante Arschloch. Dennoch hatte Valjan Slavas Hand genommen, als dieser so eingeatmet hatte, und kurz gedrückt, um zu zeigen... ja, was eigentlich? Dass sie da ist? Mitfühlt? Ihn sieht? Dabei war sie ein niemand.
Nun aber ab
zu Slavas Wohnung. Feierabend. Ihre Schritte wurde schneller und sie lächelte Cat... Vanja an.
Re: Stadtteil | Tempelinsel - Der Orden der Flammenrose - die Komturei in Nowigrad
Verfasst: Dienstag 30. Mai 2023, 12:37
von Vyacheslav Sokolov
Novka war weg, Slava sah ihm noch kurz hinterher, getarnt als gedankenloses hinterherwandern des Blickes. Irgendwie sammelten sich auch hier wieder interessante und wertvolle Menschen um ihn, die ganz automatisch zu etwas wie Familie wurden und in deren Gegenwart er sich gleich heillos betrinken würde.
Scheiß drauf.
Bherger räusperte sich und Slava war wieder in der Wirklichkeit.
"Also, worum geht es?" wollte er barsch von dem Störenfried wissen.
"Wurdet ihr nicht unterrichtet?"
Da war etwas wie Hohn in der Stimme. Der Freiherr wusste tatsächlich nicht alles.
Und Slava war gerade zu müde um zu Pokern
"...Nein, wurde ich nicht."
"...hm... das macht nun meine ganze Einleitung zunichte. Schade. Ich dachte, ihr wärt besser informiert." Er schien es echt zu bedauern, doch den Eindruck, der andere nahm nichts wirklich ernst, der blieb.
"Ich denke ich bin nun euer Assistent... Adjutant... Eure rechte Hand, wenn ihr so wollt."
Und natürlich wusste diese rechte Hand, wessen Rechte er wiederum war. Was hatten die nur alle mit den Händen? Außerdem... Slava zuckte mich den Schultern.
"Ich bin Linkshänder." entgegnete er nur lapidar.
Blickte dann aber auf um den Mann erneut zu mustern. Dass er nützlich sein konnte, weil er einen guten Agenten abgab, das hatte sein geschultes Auge längst gesehen. Dass er allerdings bereits einen erfahrenen Agenten vor sich hatte, diese Information fehlte ihm noch.
Immerhin konnte er sich beherrschen und fragte nicht nach den Qualifikationen, auch wenn es ihm auf der Zunge lag. Wenn er hier herumspazierte, ihn bis in die Komturei verfolgte, dann schickte Dikstra ihn. Wenn er dann nichts taugte oder nur etwas vorgab war er schneller tot als er seine Brille verlegen konnte. Dennoch beschloss Slava, ihm nur so weit zu vertrauen, wie er ihn riechen konnte.
"Gut. Bherger also..."
Es war vollkommen klar, dass das nicht sein Name war, aber ein Arbeitstitel würde Slava für's erste reichen und der Kerl kam ihm grade recht.
"Habt ihr Papier dabei?"
Eine merkwürdige Frage, aber der Mann be-ja-te dies sogar, was wiederum Slava ein wenig erstaunte.
"...und einen Graphitstift?"
Auch der fand sich. Bemerkenswert.
"Gut..." er sah sich kurz um, spielte mit dem Gedanken ihn aufzufordern sich umzudrehen und zu bücken, ließ diesen schlechten Scherz aber fallen und schrieb statt dessen am nächsten Fachwerkbalken der eben genug war.
"Kümmert euch um ein paar Dinge. Und zwar will ich alle Hintergründe zu diesem Mann hier... und ich will ihn sprechen. Umgehend. Dann..."
Er notierte den Namen, überlegte.
"...und überprüft das hier..."
Wieder notierte er.
Bherger nickte nur, las, nickte. Er schien durchaus geduldig zu sein. Slava überlegt ob er sich noch irgendwelchen Unsinn ausdenken sollte, befand aber, dann, dass die beiden Überprüfungen zusammen mit seiner Sauklaue genug Test waren. Und er würde beschäftigt sein, während sie feierten. Um alles andere würde er sich am nächsten Tag kümmern.
Als Bherger dann weg war entspannte Slava sich. sie waren auf der St. Gregors Brücke angelangt und er war fast Zuhause. Einen Moment nahm er sich noch und zündete sich eine seiner Zigaretten an, setzte sich auf denen niederen Mauervorsprung und betrachtete eine Weile noch die dunkler werdende Stadt. Nowigrad, für dessen Sicherheit Valentine gestorben war. Die neue Heimat.
<geht dann in der Wohnung weiter>
Re: Stadtteil | Tempelinsel - Der Orden der Flammenrose - die Komturei in Nowigrad
Verfasst: Freitag 13. Dezember 2024, 21:06
von Wenzel von Herrenloh
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von:
Zeitsprung, gleicher Ort
Datum: 7. September 1278
betrifft: Erhard, Viktor
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Die Raben flogen zwischen Nowigrad und Wyzima. Sie waren vielleicht nicht so schnell wie Tauben, aber sie fielen auch nicht so schnell Raubvögeln oder hungrigen Menschen zum Opfer. Außerdem hatte man sie einst ihrer Symbolkraft und Klugheit wegen ausgewählt und nicht, weil sie Rekorde einflogen. Es war auch irrelevant, ob ein Rabe einen Tag oder zwei für die Strecke brauchte - er war immernoch um ein Vielfaches schneller als ein berittener Bote, zumal diese gern überfallen wurden. Wissen war Macht, die Boten zwar offiziell unter dem Schutz aller Landesherren und doch oft genug Opfer von Wegelagerern. Also flogen Raben und brachten Briefe in kleinen, gesiegelten Röhrchen. Verbanden das Kloster in Wyzima mit all seinen Komtureien und kleineren Ordensburgen in den hintersten Winkeln der Welt.
Die Zeit in Nowigrad war nicht stillgestanden, nur weil es ein paar Erschütterungen gegeben hatte. Gerade jetzt war es unabdingbar gewesen, die Zügel fest in der Hand zu halten und die Ritterbrüder auf den gemeinsamen Kurs einzuschwören. Wenzel war selten präsenter unter seinen Rittern gewesen als in den Tagen nach Jarels Weggang und auch in der Stadt sah man häufiger die Wappenröcke des Ordens. Im verborgenen agierten seine Augen und Ohren, flüsterten dem Komtur zu, was in der Stadt geschah, wer kam und ging. Von offenkundigen Ereignissen wie einem stählernen Drachen über der Bucht, sowie den Bemühungen der Hexer rund um diesen, zu den Erfolgen des Regenten gegen Nilfgaarder Agenten und dem leisen verschwinden und wieder Auftauchen eines ständig unter Beobachtungen stehenden Freiherrn. Des Mesieux sandte desweiteren unermüdlich kurze Notizen. Der Mann war geistige eher eindimensional, aber eine verlässliche Quelle wenn es um Dinge ging, die in der Ordensburg auf der anderen Seite des Pontars seiner Meinung nach nicht richtig liefen. So wusste Wenzel wo der Freiherr wieder aufgetaucht war und auch das man Jarel als Werwolf enttarnt und vor den Rat der Meister gestellt hatte. Von Herrenloh war entsetzt und schlug sich die ganze Nacht und den halben Tag um die Ohren, unfähig Ruhe zu finden. Erst als der Rabe eintraf, der Jordans wütende Zusammenfassung der Verhandlung mit sich trug, konnte der Komtur wieder klare Gedanken fassen. In ihm stritten widersprüchliche Gefühle. Der Ordensritter verurteilte Lothars Schwäche, doch wenn er diese stählerne Seite beiseite schob, musste er sich selbst die Frage stellen, ob er anders hätte handeln können. So vieles verband sie alle, die sie einst das Komplott gegen Jaques geschmiedet hatten.
Wie sollte er dem ehemaligen Klingenmeister nun begegnen, wenn er nach Nowigrad zurück kehrte? Nicht zu viel darüber nachdenken. Es war ein Leichtes, sich in Arbeit zu vergraben. Wenzel hatte alle Hände voll zu tun und saß oft bis tief in die Nacht hinein über Briefe, Berichte und fotografieartigen Skizzen gebeugt, die man ihm brachte. Trotzdem versäumte er keine Messe, schlug nur wenige Einladungen des Adels aus und hielt seinen Tagesplan an Waffe und Pferd mit dem Ordensrittern ein.
Doch es zehrte an ihm. Und so hatte er entschieden, dass er den Posten des Klingenmeisters neu vergeben musste. Jemand musste all den Wust an Informationen vorsortieren und die Spione lenken. Zumindest die, die Wenzel nicht selbst unter seiner Fuchtel hatte und sonst niemand zu interessieren hatten. Außerdem kamen aus Wyzima Nachrichten, dass Lothar schon eigene Ideen für einen Nachfolger hatte und das wollte Wenzel um jeden Preis vermeiden. Seinen Rat der Meister wollte er selbst unter Kontrolle haben. Schlimm genug, dass er seinen Großmarschall verloren hatte und das dieser jetzt im Verließ verrottete, weil sich niemand zu einem Urteil hinreißen ließ und der Hierarch seinen Lakai über Hinhaltestrategien schützte. Wenzel löste das Problem aktuell mit schmalen Rationen und einer feuchtkalten Zelle zum Seetor hin gelegen. Der Winter würde ihm in die Hände spielen. Ewig konnte der Hierarch dieses Spiel nicht mehr spielen - entweder er bekannte sich zu de Ardh und verlangte Begnadigung oder er ließ Wenzel endlich seinen Willen und stimmte der Hinrichtung zu. Erst dann konnte der Posten neu besetzt werden.
Und dann war da noch der andere Häftling mit ungeklärter Zukunft, den man gefangen genommen hatte, als die Kutsche des Hierarchen überfallen worden und seine Ritter wie makabre Verzierungen in die Bäume gehängt worden waren. Jene, die zurück kamen, sprachen von einem Dämon und brachten nur einen alten Mann mit der seltsamen Angewohnheit mit sich selbst zu streiten. Eigentlich eine einfache Sache: eine kurze Befragung und dann auf den Scheiterhaufen, wenn es da nicht einen Haken gegeben hatte: der Mann gehörte in den Dunstkreis des Freiherrn Sokolov. Wenzel könnte nun einfach so tun, als sei ihm das nicht bekannt, aber er zweifelte daran, dass Sokolov ihm das abnehmen würde. Zu verästelt waren ihre gegenseitigen Ränke, als das ihm ein solcher Fehler als solcher anerkannt würde. Also hatte er zwei Dinge in die Wege geleitet: 1. Sein neuer klingenmeister Grane sollte den Gefangenen zu dessen Verbindungen mit dem Dämon und den Eichhörnchen befragen. 2. Athanas hatte ein hübsches Portrait angefertigt und dieses würde ein Bote mit einer kurzen Notiz zum neuen Stadthaus des Freiherrn bringen. Der Inhalt klar und simpel: Lasst uns reden, auf neutralem Gebiet. Wenzel glaubte nicht daran, dass Sokolov noch bereit war, zu verhandeln. Nicht nach allem, was geschehen war. Aber dann würde er die Konsequenzen auch tragen müssen.
Doch vor allem stand das Gespräch mit dem zu Verurteilenden selbst.
Re: Stadtteil | Tempelinsel - Der Orden der Flammenrose - die Komturei in Nowigrad
Verfasst: Montag 16. Dezember 2024, 15:48
von Viktor
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von:
Außerhalb | Sturmfelder | Die Strasse zwischen Nowigrad und Oxenfurt --> Stadtteil | Tempelinsel - Der Orden der Flammenrose - die Komturei in Nowigrad
Datum: 7. September 1278
betrifft: Erhard, Wenzel
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Es war dunkel, feucht und kalt. Ein Ort, zum vergessen und vergessen werden. Anfangs war sein Zeitmesser das gleichmäßige Pochen in der Wunde an seinem Kopf gewesen, welche ihm einer der Ritter zugefügt hatten. Dann war dieses verklungen, was ihn zunächst dankbar gestimmt hatte, aber ihm zugleich zwei Dinge sagte: zum einen war dieses Metronom nun weg und zum anderen war schon eine gute Menge Zeit vergangen. Genug um eine Wunde zu schließen.
Immerhin war er nicht einsam. Maximilian unterhielt sich wieder mit ihm und Viktor war nicht undankbar um den Zeitvertreib. Irgendwo den Gang hinunter saß zwar ein weiterer Gefangener, aber jeder Versuch einer Kontaktaufnahme war gescheitert. Vielleicht war er schon tot, aber dann würden die Wachen kein Essen bringen. Auch wenn man das kaum Essen nennen konnte. Viktor war wahrlich nicht anspruchsvoll, aber die graue Pampe und das muffige Wasser drehten auch ihm den Magen um. Er aß so viel es brauchte, um nicht zu verhungern, aber er spürte die Auswirkungen immer stärker. Es zermürbte ihn, gemeinsam mit der Dunkelheit und der Kälte.
Dafür rückten er und sein Mitbewohner näher zueinander. Maximilian erzählte von seiner Familie und Viktor von der seinen. Zwar teilte theoretisch der eine die Erinnerung des anderen, aber es gab eine feine Grenze, die keiner aktiv überschritt. Eine Gentlemen Agreement sozusagen und so gab es einiges zu erzählen. Sie fanden Gemeinsamkeiten in schwer zu verstehenden Töchtern, dem Betrauern eines Kindes und dem Verlust einer großen Liebe.
Auch rückte Maximilian seine Sicht auf Homosexualität nach einer Weile ins Zentrum ihrer Gespräche, aber es dauerte, bis Viktor dabei nicht wütend und abweisend reagierte und nochmal so lange, bis er sich auf eine Diskussion dazu einließ. Was sollte er auch? Er war hier, fernab jeder Möglichkeit einer Aussprache mit Ochotnik. Der wusste vermutlich nicht mal, dass er - Viktor - quasi vor seiner Nase (oder besser unter seinen Füßen) verrottete. Geschah ihm vermutlich recht. Aus Maximilians Sicht betrachtet, hatte er sich ätzend benommen. Aber auch der Großmeister hatte einen Moment gebraucht, um sich auf Viktors Sicht einzulassen und hatte schließlich eingeräumt, dass er nachvollziehen konnte, wieso es dem anderen Mann so schwer fiel. Ihrer beider Welten waren grundverschieden, und so ähnlich ihr Glaube auf den ersten Blick schien, so viele Unterschiede gab es auch da.
Schließlich brachte Maximilian Viktor aber doch dazu zuzugeben, dass Ochotnik noch der gleiche Mann war, auch wenn er sich zu Männern hingezogen fühlte. Der gleiche nur jetzt vielleicht etwas aufrichtiger, aber dennoch der Freund von einst. Der verrückte Oberst, der für seine Leute und Ziele über Leichen ging, bedingungs- und gnadenlos. Oft genug zu weit. Vielleicht, so sinnierte Viktor, war es ganz gut, dass Ochotnik nicht wusste, dass er hier war. Wer weiß, was er anstellen würde, eines alten Krüppels wegen.
Mit der Zeit waren Maximilian und er sich einig, dass es in Ordnung war, dem Schöpfer auf die Waagschale zu steigen. Es würde sie voneinander befreien und sie hofften beide, zu ihren Liebsten zu gehen, ihren Frauen und Kindern. Nur die Todesart dürfte gerne eine weniger grausame sein. Einfach erschießen wäre deutlich weniger leiderfüllt - vor dem Feuer hatten sie beide Angst. Maximilian mehr als er zugab, aber Viktor fühlte, dass da etwas tiefer verborgen war. Doch er rührte nicht daran. So genau wollt er es gar nicht wissen. Da wünschte er sich nun doch, er könnte die alten Genossen kontaktieren und sie bitten, ihm eine Kugel in den Kopf zu jagen, bevor er ersticken oder braten (oder was eben zuerst war) musste.
Nur gehen dürfen, nicht eingesperrt werden wie Valentin. So viele Gedanken und so viel Zeit in der Dunkelheit, mit den Ratten...
Re: Tempelinsel | Der Orden der Flammenrose | die Komturei in Nowigrad
Verfasst: Dienstag 25. März 2025, 20:44
von Wenzel von Herrenloh
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von/nach:
Spitzenhall | Taverne | Rosmarin und Thymian -->
Tempelinsel | Der Orden der Flammenrose | die Komturei in Nowigrad
Datum: 9. September, Morgenmesse
betrifft:
@Vyacheslav Sokolov
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Auf seinem erhöhten Stuhl im vorderen Bereich des Tempels sitzend, verfolgte Wenzel die Messe und die Predigt von Zhelin mit eher mangelhafter Aufmerksamkeit. Er brachte das Kunststück fertig, höchst andächtig zu wirken, jedes Lied kräftig mitzusingen, jedes Gebet zu sprechen, und doch über das zu sinnieren, was nach der Messe auf ihn zukam. Die Handreichung war sicher kein Akt der Freundschaft, sondern viel mehr ein Schlag gegen Hemmelfahrt und dessen an Besessenheit grenzenden Wunsch, diesen Mann zu verbrennen. So stark, dass er sich selbst dem Advokaten in Diensten des Regenten gegenüber im Tonfall vergriffen haben sollte. Das jedenfalls wollte der Klatsch auf der Tempeltreppe gehört haben. Wenzel persönlich h#tte den einen Gefangenen nur zu gern der Krone überlassen und dafür den anderen angezündet. Gegen beides sprach sich der Hierarch aus und das er sich fügen musste, zerrte an seiner Geduld. Seine Macht war auf emfpindliche Weise begrenzt und was war etwas, das ihm zutiefst missfiel.
Mit erhobenen Händen empfing er den letzten Segen, schlug dann den Kelch zum Ewigen Feuer hin und verschwand samt Adjutant durch den hinteren Teil des Tempels. Weder war ihm nach den wortreichen, dafür sinnleeren Gesprächen auf dem Hof vor dem Tempel, noch hatte er die zeit dafür. Zum Glück glich die Tempelinsel einem Kaninchenbau, sodass man den Messgängern leicht ausweichen konnte und er ungesehen zurück zu seinem Amtsgebäude auf der gegenüber liegenden Seite des Tempelvorplatzes. Innerhalb dieses konnte man in die Verliese absteigen, doch noch müsste er auf seinen Gast warten und das tat er der Einfachheit halber direkt im Empfangszimmer am Eingang. Die Zeit vertrieb er sich damit, Ealco den weiteren Tagesplan mit eigenen Terminen zu torpedieren, Korrespondenzen zu lesen oder nachdenklich aus dem Fenster zu starren.
Re: Tempelinsel | Der Orden der Flammenrose | die Komturei in Nowigrad
Verfasst: Dienstag 25. März 2025, 21:17
von Vyacheslav Sokolov
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vom:
Zuhause mit einem Umweg durch die Stadt
Datum: 9. September, ca. 9:30 Uhr
betrifft:
@Wenzel von Herrenloh &
@Orden der Flammenrose
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Slava war am Vormittag nicht untätig geblieben. Er hatte tatsächlich ein wenig von seiner Entourage zusammengetrommelt. Namentlich Cengiz, in dem er längst einen fähigen Helfer und Leibwächter sah.
Von dem ließ er sich schließlich begleiten, suchte noch nach einem Portraitmaler und verabredete einen Termin um eben den Auftrag für ein Portrait zu besprechen und schließlich ließ er sich auch von Cengiz zur Komturei eskortieren. Ein Begleiter war erlaubt und von Herrenloh würde für seine Sicherheit sorgen. Er hatte noch die Stimme des Jungen im kopf, der die Nachricht überbracht hatte... von Lebenstein-Zergs... er nahm sich noch vor, nach dem Namen zu recherchieren. Später.
Was den Schutz anging verließ Sava sich immer ganz gerne auf die Fähigkeiten seiner Tokarev. Das war immer noch der beste Schutz.
Am Tor wollte man natürlich wissen, was er hier wollte, die Messe sei eben vorbei aber seine Entourage machte seine Sache gut und kündigte den Freiherrn von Sokolov an, der eine Privataudienz bei von Herrenloh habe und so brachte man beide ins Innere, gegen den Strom der entweichenden Messebesucher.
Re: Tempelinsel | Der Orden der Flammenrose | die Komturei in Nowigrad
Verfasst: Sonntag 30. März 2025, 15:42
von Wenzel von Herrenloh
Die Torwache war kurz in der Wachstube verschwunden und dann hatte es noch einen Moment gedauert, bis zwei Ritter in Wappenrock auftauchten, deren Bestickung dem aufmerksamen Kenner verrieten, dass sie zur Leibgarde des Großkomturs gehörten, einst angeführt von einem gewissen Klingenmeister Moore und nun derzeit wohl ohne Kommandant. Oder?
Die Zwei nahmen Slava und seinen Begleiter in Augenschein, doch nur Letzterer wurde genauer überprüft. Slava schützten seine Titel vor der ruppigen Leibesvisitation, die davon zeugte, dass hier jemand Leute ausgebildet hatte, der Wert auf Genauigkeit legte. Vielleicht auch aus einem anderen Hintergrund heraus. Cengiz musste jedenfalls seine Waffen her geben. Diese würden am Tor verwahrt, wie die aller Besucher im Tempel. Hier trug niemand Waffen außer der Ritter selbst, weshalb die meisten Messgänger sie direkt zu Hause oder in ihren Kutschen ließen.
Als das erledigt war, führte man Freiherr und Leibwächter auf direktem Weg vom Tor hinauf, vorbei am Pavillon und dann zu einem mehrgeschossigen, grauen Steinbau an der Seemauer, welches im oberen Teil Wenzels private Räume beherbergte und im Erdgeschoss ein kleines Audienzzimmer. Und an diesem kündigte man den Besuch an.
Wenzel, schon ungeduldig, winkte mit einer Hand. "Herein, Herein und gebt unten Bescheid." Man sollte Fackeln entzünden. Er hatte keine Lust mit von Sokolov im Dunkeln herum zu stolpern. Jenen begrüßte der Großkomtur in ganzer Tracht, denn er hatte sich nach der Messe nicht umgezogen. Von Herrenloh schlug den Kelch und schaute dem Freiherrn mit seiner gewohnt ernsten Art ins Gesicht. Die persönlichen Aspekte ihrer Fehde hatte zumindest er zunächst beiseite geschoben, zugunsten seiner machtpolitischen Ziele. Da war von Herrenloh berechnend und über die Maßen kalt. In späterer Zeit hätte man ihm wohl lupenreine Soziopathie unterstellt, obwohl er durchaus in der Lage war, sich in andere hinein zu fühlen. Nur nutzte er dies eher für seine eigenen Zwecke. Er hatte lernen müssen, das Weichherzigkeit einen nirgendwohin brachte.
Den Begleiter zunächst ignorierend, wandte er sich an seinen Besucher. "Freiherr von Sokolov, Guten Morgen. Entschuldigt die kurzfristige Einladung. Wünscht Ihr eine Erfrischung oder sollen wir gleich gehen?", fragte er recht ruhig und aufgeräumt. Sicher, er wollte den Termin vom Tisch haben, aber er war niemand, der unnötige Hektik verbreitete. Mangelnde Souveränität bit nur unnötig Angriffsfläche. Nun streifte doch ein prüfender Blick Cengiz. Kannte er das Gesicht? Sollte er es kennen? Wie dem auch sei, vorerst vertraute er seinen Rittern und deren Aufmerksamkeit, wenn er gleich jenen beiden Männern den Rücken kehren und ihnen voraus in den Kerker absteigen würde. Die Leibwächter würden den dreien folgen. Die Gänge ins Verließ boten nicht genug Platz, um nebeneinander her zu gehen.
Re: Tempelinsel | Der Orden der Flammenrose | die Komturei in Nowigrad
Verfasst: Montag 31. März 2025, 20:50
von Vyacheslav Sokolov
Tatsächlich erweckte der Leibwächter eher den Eindruck als wären die beiden gefährlichsten Waffen, die er bei sich trug jene die man ihm nicht abnehmen konnte. Und vermutlich kannte man sein Gesicht im Orden nicht, es sei denn man trieb sich in den Kneipen herum in denen auf Faustkampf gewettet wurde.
Was man hätte erkennen können wäre der NAme, den allerdings hätte man wohl kaum mit diesem Gesicht in Verbindung gebracht, hätte man ihn doch auf Karten gefunden und nicht nur auf Wettscheinen.
Er hatte allerdings auch zwei etwas längere Messer bei sich die er sich abnehmen ließ - und sei es auch nur um den Schein zu wahren.
Slavas Pistole blieb dagegen unentdeckt. Vielleicht war es auch nur ein wenig auch ein Sport gewesen, weswegen er sie mitgenommen hatte. Jedenfalls brachte er die Tokarev durch.
Wozu er sie brauchen sollte wußte… oder ahnte er noch nicht.
Auch Slava hatte seiner zeit den Soziopathen Stempel bekommen, und Narzist. Selbst gestellt. allerdings hielt er sich für hochfunktional dabei. Gut, das galt für den Gegenüber wohl auch... Und vielleicht hatte er mit von Herrenloh auch seinen Meister gefunden, allein weil der das soziale Parket dieser Welt beherrschte und die Werkzeuge zielgenauer ansetzen konnte.
Aber noch war der endgültige Punktestand nicht ausgezählt. Derzeit aber lag von Herrenloh eindeutig vorne.
Er nickte die Entschuldigung ab, vielleicht war sie sogar ernst gemeint.
"Danke, ich benötige keine Erfrischung. Gehen wir direkt."