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Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Donnerstag 5. September 2024, 12:11
von Lothar von Tretogor
„Wertvoll.“ Eine interessante Wortwahl. Aber der Großmeister nickte. Die Augenbrauen hoben sich kaum merklich und die Mundwinkel zuckten leicht amüsiert, während in seinen Augen eine warme Güte blieb. Er verstand. Er wusste wie sich Personen anfühlen, die einem wertvoll geworden sind. Lothar nahm einen kleinen Schluck Cognac.
„Du weißt, dass ich Dir dies nicht befehlen werde.“ Wenn Liam weiter laufen wollte, würde er ihn nicht davon abhalten. Dafür hatten sie zu viel gemeinsam durchlebt. „Für den alten Liam war vieles einfacher. Ich glaube nicht, dass Du das wirklich wieder haben willst. Wer am Ende wen richtet wird sich zeigen. Es gibt genügend, für die ich nicht der Richtige auf diesem Posten bin.“ Und er sollte sich damit begnügen Wyzima mehr oder weniger zu führen, statt Fehler in Nowigrad suchen. Diese Sache kann ihm genauso auf die Füße fallen. „Und morgen? Da werde ich mir ebenso Feinde machen. Jarel hat uns alle verbittert. Ich tue das für das, was er mir einst war.“ Lothar nahm einen größeren Schluck Cognac.
„Danke, dass Du es auf Dich nimmst, Liam von Alensbach. Ich komme nach.“ Ein besserer Grund wird sich noch finden. Dann könnte er sich von Sokolov selbst erklären lassen, was der wusste und nebenbei seine Nichte trauen, um einfach nur mal der nette Onkel zu sein. Er prostete Liam zu, obwohl dieser schon ausgetrunken hatte.
„Aber für eine andere Sache brauche ich Dich heute noch.“ Eine kleine Pause musste hier sein. „Erzpriesterin Varelia hat mich zwar aus ihrem Tempel geworfen, aber dennoch um ein Treffen heute Nachmittag in einem Café gebeten, um über die Ereignisse der Nacht vertrauter reden zu können.“ Dass es ihr wohl mehr um Jarels Schicksal als Aufarbeitung der kirchlichen Beziehungen oder der nächtlichen Schrecken ging, verschwieg er mal. „Da der kleine Lothar ohne Aufpasser nicht alleine weg darf, möchte ich Dich als Leibwächter mitnehmen. Du bist schlicht über mehr Sachen im Bilde, um was es eigentlich geht als die Andren.“ Jetzt leerte auch der Großmeister seinen Cognac.
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Donnerstag 5. September 2024, 17:02
von Liam von Alensbach
Hatte er gerade eingewiligt? Scheisse... er musste Fini und vielleicht auch Jakob in gewisse Dinge einweihen. Kurz verzog der Ritter das Gesicht, vorallem aus Sorge. Sorge, die in Überraschung umschlug. "Ich soll mit? " Seine Frage war überflüssig, aber sie gab ihm kurz Zeit seine Gedanken zu sortieren. "Ja, ist gut, ich begleite dich dahin." Er hatte sowieso nichts mehr zu tun, ausser noch ein wenig zu trainieren. Aber das konnte warten.
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Freitag 6. September 2024, 11:17
von Lothar von Tretogor
„Gut.“ Lothar von Tretogor erhob sich.
„Hol mich ab. Wir reiten. Das Treffen ist zur fünften Stunde, also ein bisschen Zeit ist noch. Wenn Du keine Fragen mehr hast.“ Und wie er jetzt vor ihm stand war er wieder ganz der Großmeister. Nur wäre sein Anblick ein bisschen würdevoller, wenn er kein leeres Glas dabei in Händen halten würde. Damit wäre Liam entlassen, sofern er keine Gesellschaft mehr sucht.
<ab ins Café>
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Samstag 7. September 2024, 20:56
von Liam von Alensbach
"In Ordnung." Liam nickte und erhob sich ebenfalls, um darauf den Kopf zu schütteln. Keine Fragen mehr, vermutlich hatte er nun ganz andere Gedanken. Mit einer knappen Verabschiedung, die der Schwere seiner Gedanken geschuldet war, verliess der Ritter das Büro des Grossmeisters. Nachdem er seine Kammer aufgesucht hatte und sich noch für den restlichen Nachmittag mit seiner neuen Klinge gemessen hatte, wurde er um kurz vor der fünften Stunde abermals bei Lothar von Tretogor vorstellig um diesen dann zum besagten Treffen zu begleiten.
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Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Mittwoch 30. Oktober 2024, 11:47
von Lothar von Tretogor
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von:
Bäckerei
Datum: 11:30 Uhr, 1. Spetember 1278, Mittwoch
betrifft: niemand
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Lothar von Tretogor ließ sich mal wieder von Bernard ins Ornat helfen, der junge Ritter wollte heute Mittag anwesend sein und würde während der Verhandlung draußen seine Augen und Ohren offenhalten. Da gab es noch einen Knappen und einen Freiherrn, die großes Interesse am Ausgang hatten und Lothar wollte keine Überraschungen, keine Eskalationen. Sein Leibwächter hatte genaue Anweisungen bekommen.
Dennoch war er aufgeregter als sonst, er musste aufmerksam bleiben und die richtigen Worte finden. Welche die den Orden einten statt zu teilten. Er brauchte eine Gemeinschaft keine Grüppchen. Oder war er zu sehr Soldat? Seine letzte Ansprache vor einer Truppe war lange her: damals vor seiner letzten Schlacht, mehr ein selbstmörderisches Scharmützel. Aber eingeschworen hatte er diese Gruppe, die sich hinter den feindlichen Linien um ihn gesammelt hatte. Sie waren nach den Wochen der Entbehrungen alle gezeichnet, ein zusammen gewürfelter Haufen aus Milizen, Söldnern und Armee, der temerischen sowie der redanischen. Letztere war offiziell noch gar nicht hier. Er war mit ihnen vom Rest getrennt worden, bevor der Krieg überhaupt los ging. Eine Schlacht und seitdem Sabotage im nun Feindesland. Darauf vorbereitet war niemand, man wusste nicht wie es an der Front stand, aber man wusste, dass man sie schließlich in einem Wäldchen umzingelt hatte. Gnade war keine zu erwarten. Deshalb eine Ansprache: vor dem Morgengrauen würde man angreifen den Ausfall wagen und… fallen. Für den König, für Temerien, für die Freiheit. Sie waren dazu bereit, trotzdem schwang er über und brachte ein Drittel vielleicht ein Dutzend dazu, zu desertieren. Kleine Gruppen von höchstens drei sollten sich in der Nacht davon schleichen. Wie die Jungs… und Mädels, die zu Jungen, die Eltern waren, die, die jemand hatten, der sehnlichst wartete. Vielleicht schafften sie es und das Opfer der Anderen wäre um so größter. Dennoch hatte er nie gewagt, sich darüber zu informieren, ob es war geschafft hätte. Eigentlich hätte er an diesem Tag sterben sollen, stattdessen stand er jetzt hier.
Lothar zupfte sich selbst nochmal am Kragen herum, betrachtete die neue Narbe im Gesicht und nickte Bernard schließlich zu. Es ging los. Die Mittagsmesse würde zwar der Routine folgen, aber das Publikum würde unruhig sein und danach? Eine wegweisende Entscheidung?
<zur Morgenmesse und Ratshalle>
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Sonntag 12. Januar 2025, 21:49
von Jakob von Nagall
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von/nach
Der Tempel des Ewigen Feuers | Klosterhof -> Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Datum: 2. September 1278, Harfenstunde
betrifft: Lothar
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Der Rest des Tages war für Jakob wie für alle Knappen verlaufen, nur das er einen Abstecher ins Spital gemacht hatte und seine Wange nun ein roter Striemen verzierte. Ein Bad hatte er sich geschenkt, dafür blieb den Untersten in der Hierarchie des Klosters nicht die Zeit, aber er war gewaschen und hatte halbwegs frische Kleider an, als er sich beim diensthabenden Leibgardisten zur Harfenstunde meldete. Innerlich war er weit lockerer als noch am Tag zuvor und während er darauf wartete, vorgelassen zu werden, hatte er seine Notizen heraus gezogen und kritzelte halb singend, halb summend darin herum. Allmählich entwickelte er einen fast fiebrigen Eifer an dem Projekt, zumal seine Mitknappen so kooperativ und talentiert waren. Jakob stellte fest, dass er Spaß an der Aufgabe hatte.
Als er vorgelassen wurde, war er ganz in seiner Blase und entsprechend wenig auf Förmlichkeiten fokussiert. Die Harfenstunden mit von Tretogor waren zuletzt ohnehin wenig förmlich gewesen, wodurch sich Jakob jetzt eher auf Musik als auf das Protokoll konzentrierte und mit einem:
"Exzellenz, ich brauche Euren Rat zu dieser Terz...", schon in Richtung Harfe unterwegs war.
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Montag 13. Januar 2025, 09:56
von Lothar von Tretogor
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vom:
draußen
Datum: 16:06 Uhr, 2. Spetember 1278, Donnerstag
betrifft: Jakob
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Als Jakob eintrat blickte Lothar nachdenklich aus seinem Fenster auf die Stadt. Sein Rest des Tages war wie der für alle Großmeister verlaufen, zu viel Gerede für seinen Geschmack und zum Baden kam er ebenso nicht. Das Urteil von gestern lag unheilvoll über allem. Er musste darauf bauen, dass man ihm seine Sentimentalität verzieh, dass diese Entscheidung allen weiter helfen würde, sobald man nur um ein paar Ecken mehr dachte. Es war zwar die Mehrheit gewesen. Aber der Großdrapier war wankelmütig wie die Mode und Bruder Franz hatte seine Proben bekommen. Vielleicht fand er tatsächlich etwas Brauchbares heraus. Bangert hatte zumindest berichtet, dass Moore schließlich im Meliteletempel angekommen war. Er hatte offen gelassen, ob er ihn selbst ein Stück in die richtige Richtung geschoben hatte, dem alten Leibwächterkollegen ließ es nicht völlig kalt.
Dass von Klingenbeil den Knappen einließ und sich selbst zurückzog, bekam Lothar mit und hätte vielleicht anders reagiert, wenn Jakob nicht sofort mit einer Terz zu ihm kam. Eine herrliche Sache so eine Terz. So herrlich unschuldig und unpolitisch. Außerdem kam der Eifer dem Jungen gerade zu den Ohren raus. Dass die Wunde im Gesicht etwas tiefer war, als von oben gesehen bemerkte er zwar – was üben die auch mit scharfen Klingen? - ließ aber der Terz den Vortritt.
„Was soll ich spielen?“
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Montag 13. Januar 2025, 20:27
von Jakob von Nagall
Zu sehr in seiner Blase, bemerkte Jakob die Stimmung des Großmeisters zunächst nicht und dieser stieg auch direkt ein, sodass keine Pause entstand, in dem es dem Knappen hätte auffallen können. Zu sehr war er in Gedanken bereits bei der Morgenmesse und das er bis dahin die Änderungen in den Köpfen der anderen drei haben musste. Die waren zwar nicht schlecht, aber eben auch keine Profis und viel Zeit blieb nicht mehr.
"Ich halte zwischen den Stimmen eine Terz Abstand -" Jakob stimmte nahtlos die erste Zeile des Refrains an, wiederholte diese dreimal und je um eine Terz versetzt. "Du hilfst mir aaauf... eigentlich wollte ich sogar eine Quinte, aber dann wird es in der zweiten Runde - Du hilfst mir ah-auf - zu viel für Luka. Er singt wie ein Knabe, aber ab einer gewissen Höhe wird es eher eine Aaskrähe." Er kratzte sich nachdenklich hinterm Ohr. Mal davon abgesehen, dass es für die älteren Knappen ebenfalls eine Tortur war.
"Könnt Ihr diesen Teil als Dreiklang anspielen? Vielleicht sollte man dann hier auf eine Sekunde reduzieren und dann wieder auf die Terz? Was meint Ihr?" Er wies auf die Stelle in seinen Notizen. Die Notenschrift darin war eine krude Mischung aus der hier bekannten Art, Töne und Text zu notieren und dem, was er irgendwann mal gelernt hatte.
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Donnerstag 16. Januar 2025, 09:43
von Lothar von Tretogor
Ja, das war so eine Art Notenschrift oder könnte eine werden. Lothar betrachtete sie ein Weilchen, spielte einen Ton und zeigte auf eine Anmerkung in Jakobs Händen. Dieser? Oder eher so? Andere Oktave? Auf diesen Weg fanden sie zusammen, sodass langsam die Melodie entstand, die dort geschrieben war. Erst zupfte die rechte Hand die Akkorde nach, dann den gewünschten Abschnitt, einmal höher, einmal tiefer, wieder irgendwo dazwischen. Bis Jakob zufrieden war und Lothar das Gesamtwerk wiederholte. Dabei setzte sanft seine Linke ein, als könne er sie nicht still halten, erzeugte Untertöne und wurde mit jeder Wiederholung verspielter. So improvisierte und variierte der Großmeister für den Knappen mit Hingabe, um sich mit ihm in die Musik zu legen. Nur singen tat Lothar nicht, summte vielleicht brummend mit, aber seine Stimme war aus den Kriegen mehr eine Brüllstimme als eine Singstimme. Die Stille legte sie nach den letzten Tönen wie eine Decke über sie und blieb eine Weile bis Lothar sie leise unterbrach:
„Kommt das aus deiner Heimat?“
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• zum Mitmachen
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Freitag 17. Januar 2025, 16:05
von Jakob von Nagall
Lothar sang vielleicht nicht, aber Jakob probierte die melodischen Vorschläge des Großmeisters direkt aus, summte sich in die Melodie und fügte seinen Text in die Klänge. Der junge Mensch hatte einen schönen Tenor, ausgebildet wie es eben bei einem Sohn aus gutem Hause erwartet wurde. Sein Stimmumfang umfasste dabei etwas mehr als zwei Oktaven, womit er alle vier vorgesehenen Stimmen zumindest teilweise einsingen konnte.
In Musik verlor sich Jakob immer sehr schnell, wenn er einmal im Fluss war. Er lief herum, dann blieb er wieder stehen und schmetterte ein paar Zeilen, notierte sich dann etwas, lief wieder herum. Als Lothar zu improvisieren anfing, lehnte der Knappe sich an den Fenstersims und lauschte andächtig. So virtuos würde er auf der Harfe nie werden, dazu unterschied sich das Instrument dann doch zu sehr vom Cello, aber er konnte neidlos zuhören und genießen, die Augen forschend auf Lothars Fingern, um vielleicht doch das ein oder andere Geheimnis seiner Kunstfertigkeit zu ergründen.
Als die Töne verklangen und Lothar ihn ansprach, musste Jakob mehrmals blinzeln, um aus seiner Versenkung aufzutauchen. Er blieb, wo er war, steckte seine Notizen weg und stützte die Hände neben sich auf den Fenstersims. "Ja. Ich musste den Text etwas abändern, damit er in der Gemeinsprache ins Metrum der Melodie passt. Und inhaltlich zum Ewigen Feuer. Die Religion meines alten Ordens blickt anders auf das Göttliche."
Er stieß sich von der Fensterbank ab und wanderte zu Lothar und der Harfe, wo er stehen blieb und die Saiten betrachtete. "Je länger ich mich damit befasse, desto mehr fasziniert mich, wie Musik verbindet. Die Religionen meiner Welt sind sehr verschieden, aber Musik verbindet alle und letzten Endes drückt jede Glaubensrichtung ihre Liebe und Hingabe über Musik aus." Er hob den Blick und sah Lothar in die Augen. Nach dessen etwaiger Erwiderung entstand ein langes Schweigen, in dem Jakob seine nächsten Worte abwog. Schweigen war nie ein Problem für den Knappen gewesen und er empfand es selten als unangenehm, vielmehr als Gelegenheit, die eigenen Gedanken zu etwas aussprechlichem zu formulieren. Manchmal kam er auch nur für sich zu einem Schluss und sprach gar nichts aus, weil es aus seiner Sicht nichts zu sagen gab. Aber deswegen war er nicht hier,das spürte wohl auch der Großmeister, weswegen er geduldig blieb, im Schatten seiner Harfe, deren Saiten für Jakob des Gesicht des Älteren in viele Streifen zerteilte.
"Meine Heimat... Meine Welt. Meinen alten Orden. Meinen Gott. Ich wollte alles hinter mir lassen. Vor etwa einem Jahr. Einfach gehen, ein für alle mal." Eine Todsünde aus Sicht seiner Konfession, aber das spielte keine Rolle, damals nicht und heute noch weniger. "Aber Gott hatte andere Pläne. Öffnete eine Tür zu diesem Ort hier und ich fiel Jarel vor die Füße." Nicht ganz, aber im übertragenen Sinn. "Und vor ein paar Tagen war ich erneut im Tal der Zweifel, starb und wurde gerettet. Langsam glaube ich nicht mehr an Zufälle." Er riss sich los und umrundete die Harfe, damit das Instrument nicht mehr zwischen ihnen stand.
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Samstag 18. Januar 2025, 12:36
von Lothar von Tretogor
Andächtig schweigen konnte der Großmeister auch. Für diese Unterrichtsstunde hatte er sich eh wenig vorgenommen und dieses wenige war ohne sein Zutun beinahe passiert. Die dunkelblauen Augen blieben deshalb schlicht auf dem jungen Mann, als dieser nach Worten suchte. Vor dem Sprechen nachzudenken, war nun keine schlechte Angewohnheit. Er lächelte beinahe liebevoll, als Musik das Thema wurde und streichelte sanft Elise.
„Wie jeder anständiger Bub habe ich den Musik Unterricht gehasst: so viele Saiten, so viele Noten, so viele Lieder, so viel zum Üben, so viel Zeit, die man gerne anders verbracht hätte. Irgendwo draußen, Schwertkampf oder Reiten. Aber nach meinen ersten, ernsten Kampf, nach dem ersten Scharmützel, nach den Schlachten habe ich diese Art Müßiggang schätzen gelernt. Es gibt einem etwas wunderbares.“ Seine Finger strichen über die Saiten und spielten zarte Töne, die ihm durch den Kopf gingen, während er leise sprach und sonst einfach nur dem Knappen zuhörte.
„Ich denke, Du bist gläubiger als ich und Deinem Alter habe ich mir andere Gedanken gemacht.“ Sein eigener Weg zur Flamme war alles andere als gerade und er hätte sich damals in Wyzima im Jahr nach dem Krieg auch ganz anderes entwickeln können. „Zufälle. Ja, zu viele seit Du hier angekommen bist.“ Sein Geklimper stoppte, damit sich seine Hand über das Kinn fahren konnte. „Dieses Biest überraschte mich und Liam am See. Der Flamme sei Dank näherte es sich auf Nahkampfreichweite und wir konnten es gemeinsam verwunden und zurückschlagen. Und weißt Du wer noch anwesend war? - Schwester Svettele… Steine werfend.“ Es klang Respekt in seinen Worten mit. Wer noch mit am See war, verschwieg er mal. Das war gerade nicht das Thema. „Kurz darauf später ist es bei Dir auftaucht. Bei Dir und Oberst Sokolov, dem Elfenmagier DeSpaire sowie dieser seltsamen Weißhaarigen. Ihr gabt ihm den Rest.“ Wobei ihm da niemand hatte sagen wollten, wer was genau getan hatte. Wahrscheinlich Magie und außersphärisches Zeug und sonstiges. „Es gab vorher keine Berichte über eine solche Wesenheit in der Nähe. Es taucht auf an dem Nachmittag an dem wir alle am See unterwegs sind. Wer soll da noch an Zufälle glauben?“
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Samstag 18. Januar 2025, 21:39
von Jakob von Nagall
Lothar wechselte das Thema oder besser, schwenkte auf einen unerwarteten Teilaspekt ein, wodurch er Jakob ein Stück weit verlor. Dieser wiederum geriet wie so oft in solchen Momenten in Zweifel über das, was er gesagt hatte, denn nach wie vor war Gemein eine Fremdsprache für ihn. Hatte er sich falsch ausgedrückt? Vielleicht auch zu verklausuliert, was ihm gerne mal passierte. Lothar war ein eher direkter Mensch - zumindest hatte er ihn so kennen gelernt. Vielleicht wollte er auch einfach nicht hören, was der Jüngere sagte und schob es auf eben das: dessen Jugend. Eine Jugend, in der er - Lothar - andere Sachen im Kopf gehabt hatte und vielleicht sollte auch Jakob einfach andere Sachen im Kopf haben, als einen Gott, von dem er sich verlassen gefühlt hatte. War er wirklich gläubiger? Vielleicht nur verzweifelter. Gott war das Letzte gewesen, woran er all seine Hoffnungen gehängt hatte und auch der hatte ihn letzten Endes verlassen. Hatte geschwiegen, bis er ihn herausgefordert hatte. Zufall, glaubte man Slava. Fügung nannte es Jakob.
Sei es wie. Der Großmeister wollte lieber über Schlangen sprechen als über Jakobs Innerstes. Vielleicht war es auch besser so. Damit mussten sich schon genug andere rumschlagen und Lothar hatte Wichtigeres zu tun. Er hakte das Kapitel ab, wie er es immer zu tun pflegte - rigoros und endgültig. Schloss es in sich ein, um später allein darauf herum zu kauen, wie so oft in all den wenigen Lebensjahren, die er schon hinter sich hatte.
Schlange.
Die hellen Augen verließen die Züge des Großmeisters, drifteten zur Harfe, auf der dieser immer wieder herum klimperte. Auf seine Finger, die Hände mit den Narben, die zu dem Mann gehörten wie Schmuckstücke. Bittere Zeugen wie es die Seinen gewesen waren.
Schlange. Schön beim neuen Thema bleiben.
"Sie hatte sich in einen Baum geflüchtet, in dem ein Fahrzeug hing, mit dem Melanie - die Weißhaarige - hier angekommen ist. Wir wollte es bergen und gerieten statt dessen an das Monster. Der Magus hüllte es in Feuer und Blitze, Sokolov hat darauf geschossen. Es wollte sich auf ihn stürzen, vermutlich schon sehr schwer verwundet. Ich weiß nicht mehr genau. Ich hatte das Schwert in Händen, ich bin gelaufen und die Bestie fiel aus dem Baum, direkt auf mich herab. Ich habe sie aufgeschlitzt oder sie sich selbst an meinem Schwert. Dann fiel ihr Körper auf mich nieder und die Bilder verschwimmen." War das Wesen ein Zufall? War es eine Prüfung?
Ein freudloses Schmunzeln folgte. Und Schweigen.
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Sonntag 19. Januar 2025, 14:25
von Lothar von Tretogor
„Und Du wurdest begraben und von der Flamme gereinigt.“ Noch einmal wurde der Knappe gemustert. Die rechte Seite ohne Frage fast vollständig geheilt. Magie hatte Lothar genug gesehen - auch die im Glauben an eine Gottheit gewirkt geworden war. Druiden, Priester, Hexen, Zauberer, Magier selbst die kleinste Wahrsagerin nutzen diese Kraft für ihre Zwecke. War sie deshalb mal besser? Reiner? Göttlicher? Er hatte seine Zweifel. Aber das war sein Problem. Zu sehr klebte der Geruch vom verbrannten Fleisch Soddens in seiner Nase. „Jene, die reinen Herzens sind, müssen nicht die Flamme fürchten. Im Kreis von Werden und Vergehen. Ende und Neuanfang.“
Wollte der Großmeister über diese Schlange reden oder einfach nur sichergehen, dass er den Jungen richtig verstanden hat? Das was passiert war. Nur ein letztes Puzzleteil finden und nicht weiter nachfragen, welches Fahrzeug, das war oder womit der Oberst geschossen hatte. Gerade unwichtige Details.
„Setz Dich.“ Eine Hand deutete neben sich auf den Boden, die Andere zupfte ein paar der Töne, die er heute gelernt hatte zu spielen: ‚Then I am still and wait here in the silence Until You come and sit awhile with me‘
„Lass mich verstehen, Jakob. Die Flamme führte Dich aus Deiner Welt hier her zu Jarel und gab Dir wieder Hoffnung. Dann führte sie Dich auch hier erneut aus einem tiefer Tal zu... Liam.“ Es waren mehr Gedanken, die der Großmeister aussprach. Ja, zu Liam ein paar Ecken mehr, wie wohl auch zu Jarel. Aber… „Jarel bat mich im Moment Deines Neuanfangs mit Sorge in seiner Stimme nach Dir zu suchen und ich schickte von Alensbach.“ Der nun sein Rittervater ist. Der nach Jahren der Wanderschaft in diesen Moment nach Wyzima zurück gekommen war. Nicht wegen ihm oder dem Orden, sondern wegen einer Melitele-Priesterin, deren Erzpriesterin ihm eine Prophezeiung anvertraut hat, die beinahe zu leicht auf dem Jungen vor ihn passte.
„Das Licht scheint heller im Dunkel. Was lässt Dich grübeln? An Dir? Der Flamme? Gott? Den Lehren der Kirche? Deiner Nähe zu Melitele?“
Wer saß da vor ihm? Welche Rolle spielte er selbst in dieser Verwicklung, die soviel Veränderung bringen könnte. Ließ er sich selbst einlullen von Prophezeiungen und Zufällen? „Was hat den Samen Deines Glaubens gesät?“
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Dienstag 21. Januar 2025, 20:10
von Jakob von Nagall
Setzen. Auf den Boden neben den Großmeister wie früher vor den Sessel von Oma, wenn sie am Feuer vorgelesen hatte. Nur dass es hier keinen fusseligen Teppich gab, dessen Flor man zwischen den Fingern zu Würstchen drehen konnte, während man gespannt lauschte. Es war ja ohnehin an ihm, zu sprechen und der Großmeister wollte lauschen. Dem Samen seines Glaubens. Seinen unendlichen Zweifeln. Und allem anderen... und die Schlange? Jakob hatte aufgehört zu versuchen, die Gedankengänge des Älteren nachzuvollziehen. Er dachte weiter, ganz sicher anders und trotzdem verlor er nie etwas ganz aus den Augen. Nur bewertete er Dinge und deren Wichtigkeit anders.
Jakob folgte also der Aufforderung und setzte sich Lothar zu Füßen, die Beine im Schneidersitz untergeschlagen. In seinem Kopf ein Durcheinander von Klängen, Gedanken, Fragen und Wünschen, dazwischen Zweifel, Jarels Zusicherung, dass er Lothar vertrauen konnte und Liams Stimme, die ihm sagte, er solle offen reden. Und über all dem sein ewiges Misstrauen allem und jedem gegenüber, welches leider in letzter Zeit viel zu viel Nahrung bekommen hatte und gegen das er mit Ratio kämpfen musste. Ein zehrender Kampf. Aber er wollte ja reden, wollte all dem Chaos Raum und Luft geben, damit er nicht irgendwann daran erstickte und damit unterging. Wieder hinein in den Strudel, der nur in den Abgrund führen konnte, in den er bereits viel zu oft in seinem kurzen Leben geblickt hatte. Die Hauptfrage war nur, ob er seine Worte unter das Geheimnis der Beichte bettete oder eben nicht. Letztlich entschied er sich dagegen. Was brachte es auch? Es war seine reine Überzeugung, so wider allen Lehren seiner neuen Kirche sie auch sein mochten.
Und plötzlich war es, als bräche ein Damm.
"Exzellenz, im Moment meines Todes, habe ich das Ewige Feuer gesehen. Ich war mitten in seinen Flammen. Ich habe es gespürt, seine Stimme gehört und all jene gesehen, die es mir schon genommen hat. Ich hätte nur die Hand ausstrecken brauchen..." Seine Augen lagen auf einem Punkt jenseits der Harfe, als er die Finger ausstreckte. Dann ließ Jakob den Arm wieder fallen und sah Lothar an. Sein wacher Blick forschte in den Zügen des Großmeisters und dieser würde in Jakobs Augen keine religiöse Verklärung finden, sondern nur tiefste Überzeugung. "Aber es war noch nicht Zeit. Es war ein Blick in die Ewigkeit, aber noch nicht in meine." Aus Versehen ein Anknüpfen an seinen Liedtext von eben. Er schüttelte ganz leicht den Kopf. "Ich, ein Sünder im Angesicht der flammenden Rose, habe drei Wesen mit meinem dem Feuer angeschworenen Schwert verteidigt, die den Lehren unserer Kirche gemäß von eben diesem Feuer verdammt sind. Gegen ein Wesen, das sehr wahrscheinlich wirklich nicht aus dieser Sphäre stammt, und das Feuer hat mich nicht verschlungen. Im Gegenteil. Wie soll ich das anders deuten?"
Jakob ballte die Fäuste und legte sie auf seinen Oberschenkeln ab.
"Exzellenz, ich habe hier in dieser Welt und in diesem Orden eine neue Heimat gefunden. In der Ewigen Flamme meinen Gott und gleichsam meine Göttin. Ich habe das Leben selbst wiedergefunden. Das Feuer hält mein Herz in seinen Händen und es hat einen treuen Diener in mir. Aber es zerreißt mich, wenn ich zusehen muss, wie alles, woran ich wirklich glaube - wenn diese Liebe und Hingabe, in Gewalt und Hass gegen das Leben in seiner Vielfalt umschlägt. Ich war tot, Ser. Und mir wurden all die Fehler vor Augen geführt, die wir Menschen in unserer sterblichen Dummheit begehen. Und mir wurde gezeigt, was Gnade ist."
Er widerstand dem Drang, den Blick zu senken. Statt dessen rutschte er herum, bis er vor Lothar kniete, statt zu sitzen. "Es spielt keine Rolle, ob ich den allmächtigen Vater 'Gott' nenne oder 'EwigesFeuer' - er ist mit mir, Teil von mir. In meinen Worten und Taten. Ebenso spielt es keine Rolle, ob ich die Heilige Mutter 'Maria' nenne oder 'Melitele' - sie ist ebenso Teil von mir. In meiner Liebe und meiner Inbrunst. Wir denken zu klein. Viel zu klein. Ein Mensch kann die Dimension des göttlichen Funkens gar nicht erfassen." Wieso sollte ein GOTT nicht mehr als eine Welt in seinen Händen halten? Am Ende war jede Sphäre eine Murmel in einem göttlichen Spiel oder eine Kugel an seinem Rosenkranz.
"Ich bin ein Herätiker. Ein Ketzer. Ich weiß, was das heißt, aber ich werde nicht schweigen. Das Ewige Feuer sei mein Zeuge." Dann fiel sein Blick doch auf seine geballten Hände.
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Mittwoch 22. Januar 2025, 13:04
von Lothar von Tretogor
Der Großmeister lauschte, saß auf dem Hocker hinter seiner Elise und hatte sich leicht zu dem Knappen gebeugt. Er sollte reden, er wollte reden, also war es an ihm zu hören. Ganz ohne Beichte.
„Du könntest es… gar nicht deuten.“ Halt Glück gehabt. So wie die meisten Menschen. Die, die sich weniger mit religiösen Weisungen beschäftigen. Nahtoderfahrungen waren Lothar nicht gänzlich unbekannt, nicht dass er selbst welche dieser Art gehabt hätte. Aber Verwundete, die man retten konnte, sie hatten alle sehr unterschiedliche Dinge gesehen oder gehört. Lothar zweifelte nicht an der Aufrichtigkeit von Jakobs Worten. Dafür musste er ihm nicht in die Augen sehen und seine eigenen zeigten es dem jungen Mann auch. Vielleicht war es nicht die Wahrheit, was er sagte, aber Jakob war davon überzeugt.
„Das ist nur nicht der Jakob von Nagall, den ich kennenlernen konnte.“ Der Großmeister hatte aufgehört zu Klimpern. Es lag nur noch eine Hand locker auf der Harfe. „Du stellst Dich den Herausforderungen und bringst ein paar jungen Hitzköpfen das Singen bei. Es ist gut, wenn Du weißt wofür Du kämpfst. Ich wünschte dieser Orden wäre mehr Schild als Schwert. Drei Kriege habe ich bestritten. Nicht um mich im Kampf zu beweisen, sondern um Temerien zu schützen.“ Und irgendwie tat er das wieder, obwohl die Gründe für den Ordensbeitritt mal so viel einfacher gewesen waren und er selbst gar nicht aus Temerien war.
„Du kennst Dein Ziel, ein hohes Ziel. Nur wird Dein Weg nicht leicht, das weißt Du selbst. Gestern habe ich einen Werwolf, ein Konjunktionsmonster wie sie Jarel nannten, begnadigt und sitze auf diesem Posten. Wer weiß wie lange noch. Jemand wie unser Rittmeister de Mesieux wird das nicht vergessen.“ Ein müdes Lächeln auf dem Gesicht des Großmeisters, er hätte hier noch viel zu tun. „Die Flamme, die unser Herz erleuchtet, schenke wahre Erkenntnis unserer Sünden und ihre reinigende Wärme.“
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Jakob hob den Blick, ein Ausdruck von leichter Verblüffung darin. Keine Rüge? Ernsthafte Warnung, dass man sowas nie mehr hören wollte? Statt dessen... Was? Das Zutrauen des Älteren und eine Erinnerung, dass man sich gar nicht so fremd war in Wort und Tat. Nur mit Kriegen konnte Jakob nicht aufwarten. Zumindest keinem offenen. "Was würdet Ihr mir raten?", fragte er leise.
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„Raten?“ Der Großmeister schmunzelte, fühlte sich auf einmal sehr alt und zuckte mit den Schultern. „Ich bin den Orden beigetreten, weil ich keine Verantwortung mehr wollte. Zur Abwechslung nur Folgen und jemand anders denken lassen. Hat nicht geklappt. Sie haben mich gewählt, weil ich… vor Verantwortung nicht weglaufe. Ich, der Kriegsveteran, obendrein ein Blaublut aus Redanien, keiner der weißen Rose und damit kein verworrenes Netz von uralten Gefälligkeiten, das mich an irgendwas binden würde. ‚Zumindest kann er mit dem Schwert umgehen’ haben sie gesagt, aber… ich bin kein Priester. Deshalb ist mein Rat nur der Rat eines Offiziers.“
Er war nach Kriegsgefangenschaft auf den Straßen Wyzimas gestanden und wusste nur, dass er die Einladung der Offizierin nach Metinna nicht annehmen würde, als er die Musik aus dem Kloster des neugegründeten Ordens hörte. Einem Klang, dem er folgte, während er sich an all die Harfenstunden erinnerte. Er fühlte sich der Flamme und ihrer Wärme nahe, als ihm von Liam von Alensbach wieder ins Gedächtnis kam und eine leise Hoffnung in ihm aufkam hier Frieden finden zu können. Dabei stürzte er sich in andere Konflikte.
„Deine Gedanken sind tödlich, das ist Dir bewusst und hast dennoch eben bei der Flamme geschworen nicht zu schweigen. Du brauchst Verbündete, alleine wirst Du nicht bestehen. Beobachtete sie, versteck Dich in Deiner Knappschaft, die Dir bald keiner mehr abnehmen wird. Sei Dir sicher, wem Du Dich anvertraust. Selbst bei meiner eigenen Leibwache sind es nur Ralt und Bernard, denen ich blind vertraue – auch mal Jarel.“ Wie der Großmeister das Gesicht verzog, wurde klar wie schwer es fiel. Konnte er wieder vertrauen? Sein Klingenmeister hatte vor ihm gekniet, ihm gebeichtet und bewiesen, dass es ihm ernst damit war. Aber es ging um Jakob, nicht um zwei alte Männer. „Oder Liam.“ Sodden, Brenna, das Blut des anderen an den Fingern. Nein, das vergisst man nicht. Ein leise Kopfschütteln drang von diesen Gedanken nach draußen.
„Bring Dich in eine Position, aus der man Dich nicht sofort verjagen kann und mach Dir klar, welche Opfer Du bereit bist für Deine Sache zu geben und vergiss dabei nicht so die Flamme ‚Gott‘ Dich leitet, auf sie zu hören.“ Sein Finger zeigte auf Jakobs Herz und er fragte sich, ob er gute Ratschläge gab. Was wollte er von Jakob? Einen heimlichen Nachfolger?
„Aber vielleicht fragst Du besser die Mutter…“ Leise Worte. Der Großmeister des Ordens der Flammenrose und heimlicher Herrscher Wyzima, konnte doch nicht laut zugeben, dass es eine Frau es vielleicht besser wüsste. Dennoch fiel Lothar noch eine Sache ein, als er an dem Tempel der Melitele dachte. An all die Mädchen, Frauen und diese Prophezeiung: „Versuch Deine… Familie so oft es geht zu sehen.“ Mach’s nicht wie ich.
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Donnerstag 23. Januar 2025, 06:18
von Jakob von Nagall
Jakob kniete dort, auf seinen Fersen sitzend, während seine Beine langsam einschliefen und lauschte. Hinter seiner Stirn arbeitete es fieberhaft. Eine Position, aus der man ihn nicht so leicht verdrängen konnte? In seiner Knappschaft verstecken... Er nahm es einmal mehr als Kritik. Lothar hatte das schon einmal gesagt, aber noch war es in Ordnung, denn seine jüngeren Mitbrüder standen dem Ritterschlag ferner als er. Aber er musste das durchaus bedenken, wenn er glaubwürdig bleiben wollte. Das Schwert niederlegen und dem Klerus beitreten blieb eine Option. Als Lehrmeister im Glauben konnte man in den Köpfen der jungen Knappen und Brüder mehr bewegen als mit dem Schwert bei den alten Veteranen. So glaubte er zumindest.
Er nickte beifällig. Wem vertraute er? Blind? Jarel. Mit einem offenen Auge? Lothar sicher. Liam? Würde sich weisen. Zu Hause? Henselt.
Und welche Opfer war er bereit zu bringen? Besser fragte er sich, welche er auf keinen Fall bringen würde, was ihm zur letzten Bemerkung Lothars brachte und den folgenden Worten, die schwer wie Felsen in sein Herz fielen: "Meine Familie ist tot Ser, ermordet und verbrannt von den Feinde meines alten Ordens. Und hier hab ich es Euch zu verdanken, dass der Mann, der mir wie ein Vater geworden ist, nicht den gleichen Weg gegangen ist." Er sah Lothar dabei fest in die Augen. Alles weitere war zum jetzigen Zeitpunkt viel zu gefährlich, vor allem für die Frau seines Herzens und das ungeborene Leben. Er konnte nur hoffen, dass der Großmeister es darauf beließ.
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Donnerstag 23. Januar 2025, 13:11
von Lothar von Tretogor
Die Sitzposition hatte Jakob selbst gewählt, sodass ihm Lothar da nicht reinredete und fing lieber den festen Blick auf sowie die Entscheidung, die der Knappe getroffen hatte. Kaum merklich, aber verstehend und einen Deut mitfühlend nickte der Großmeister. Beschützen war wichtiger. Diese Entscheidung hatte er ebenfalls getroffen und irgendwo war sie vielleicht heroisch und selbst aufopfernd gewesen, aber genauso auch - dumm.
„Manchmal wird die Familie unverhofft größer…“ Wusste Jakob von der dieser Prophezeiung? Wusste er, dass Mutter Varelia ihm genau wie Jarel darum gebeten hatte auf diesen Jungen acht zu geben, ein Auge auf ihn zu haben? Ihm stünde Größeres bevor? War das Göttliche mit ihm? Lothar sollte die Pause nicht zu lange werden lassen. „…meine Nichte heiratet jetzt. Dabei hat sie doch eben erst laufen gelernt.“ Seine Finger fuhren über die Saiten und spielten die hier üblichen Töne zur Hochzeiten.
Er gab Jakob alle Zeit für eine Antwort oder Reaktion, hatte aber das Gefühl so ganz wusste der Knappe selbst nicht wohin. Und eigentlich war ja Musikstunde. „Für heute hatte ich mir gedacht, dass Du mir ein Stück aus Deiner Heimat beibringst. Es ist nie verkehrt zu verstehen wie man lehrt.“ Besonders wenn man neue Lehren verbreiten möchte. „Auch wenn Deine Schüler eher selten besonders gut oder gar gelehrig sind.“
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Samstag 25. Januar 2025, 22:32
von Jakob von Nagall
Natürlich war sie Sitzposition selbst gewählt, nur achtete Jakob in seiner Konzentration auf die Worte nicht darauf, wie aus dem Kribbeln in den Füßen ein Gefühl der Taubheit wurde, das bis zu den Knien reichte. Innerlich wand er sich bei Lothars Worten, die der Großmeister dann selbst entschärfte und letzten Endes das Thema wechselte.
War es das? Jakob kam es vor, als hätte er all seine Gedanken, Gefühle und Iden aus seinem Herzen heraus in einen Brunnen geworfen und darin waren sie nun verschwunden.
Hatte er in Lothar nun Freund, stillen Mitwisser oder ... Was? Er rutschte herum, bis er auf dem Hintern saß und die Beine nach vorn drehen konnte. Mit angezogenen Knien rieb er gedankenvoll wieder Leben in seine Glieder, die sich mit unangenehm stechendem Schmerz zurück meldeten. Der Knappe verzog die Stirn.
"Ein anderes als das, was wir eben hatten?" Er rutschte näher an Elise heran, streckte eine Hand nach den Saiten aus und spielte nachdenklich eine Abfolge von Tönen. Wie lehrte man ohne Partitur? Und welches Lied fiel ihm ein?
Seine Finger rutschten einen Halbton nach unten, während er selbst summte und dann sang: "Morning has broken, like the first morning...", dabei spielte er nur die Melodie ohne Schnörkel.
"Ein Lied über die Schönheit der Schöpfung an einem neuen Tag. Wir fangen mit der Liedmelodie an. Aufsteigende Tonleiter C-Dur... mh... Grundton... Aufsteigend. Die Sonne geht auf. Triller - die Amsel singt. Wechsel auf D." Er zückte sein Notizheft. Er konnte nicht ohne Partitur lehren, hatte schon bei seinen drei Mitknappen nicht funktioniert. Und wie er stilistisch die Melodie kritzelte, hielt er plötzlich inne und sah zu Lothar auf.
"Was ist die Partitur des Glaubens?"
Er blickte wieder auf sein Gekrakel. Und was, wenn der andere die Schrift nicht kannte oder des Lesens nicht mächtig war? Plötzlich öffnete sich vor seinem geistigen Auge ein viel größeres Fass.
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Montag 27. Januar 2025, 15:41
von Lothar von Tretogor
Ein Schulterzucken. Das was sie heute schon geübt hatten oder ein Anderes, eines das Jakob besonders gefiel oder eines das er vermisste. Vielleicht eines das nicht zu lange war und sie vor der Abendmesse einen Status erreichen würden, mit dem Lothar brav alleine weiter üben konnte. So viel Notenschrift gab es tatsächlich nicht, sodass er sehr viel aus dem Gedächtnis spielte oder ganz modern für sich jammte.
Auch auf die zweite Frage kam ein Schulterzucken. „Ja.“ Der Großmeister lächelte. Der Schüler lehrte schnell, dass es hier nur nebenbei um die Musik ging. Lothar war mit der Harfe geübt genug, um die Töne, wie sie Jakob ihm zeigte, erklärte oder vorsang nach zu spielen. Was die linke und was die rechte Hand tat, ergab sich beinahe von selbst. Das Gekrakel auf Jakobs Blatt diente mehr zur Bestätigung und so langsam verstand Lothar was damit gemeint war. „Da wird Dir der Bewahrer eine andere Antwort geben als Mutter Varelia.“ Er übte das ‚Triller’. „Oder Ritter Rilmitz.“
Ein schelmisches Grinsen. „Unter anderem wegen ihm, erwarte ich heute nach dem Abendessen Dich und Deinen Rittervater – beide Jarel und Liam – in meinem Büro. Bevor ihr abreist gibt es noch ein paar Dinge zu klären.“ Das nur nebenbei, damit er es am Ende nicht noch vergisst.
„Eine eingängige Melodie.“
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Freitag 31. Januar 2025, 21:03
von Jakob von Nagall
Der alte Mann verlangte dem jungen Mann viel an Geduld ab, die dieser nicht in allen Lebenslagen besaß. Was sich in einem Kippen des Kopfes und diesem ganz bestimmten Gesichtsausdruck, den Teenager eigens für die altklugen Altvorderen erfunden hatte, äußerte. Ein mimisches 'Geht's noch kkomplizierter, Alter. Klartext.', das einfach auf Jakobs Züge rutschte, bevor er ein eher flapsiges: "Die hab ich aber nicht gefragt.", äußerte, womit durchblitzte, dass der Jakob, der vor ein paar Tagen hier ankam, nicht wirklich tot war. Nur eingehüllt in etwas anderes. Neues.
Er räusperte sich.
"Wie wäre denn Eure Antwort, Exzellenz?", korrigierte er die Bemerkung. Sie waren unter sich, aber letzten Ende war Lothar der Großmeister. Und wenn er sich als der gerade nicht berufen fühlte, dann war er immer noch Vorgesetzter, Lehrer und einfach der Ältere. Mehr als eine Legitimation, den Knappen in seine Grenzen zu weisen. Was jener wusste und Lothar ebenso, wodurch sich ein fragiles Gleichgewicht ergab.
Und die Vorladung nach dem Abendessen? Nahm Jakob mit einem Nicken zur Kenntnis und würde sie seinen beiden Rittervätern - dem alten und dem neuen - schleunigst übermitteln.
Dann summte er die Obertöne für die zweite Hand. "Ein altes Lied, gemacht für einfache Leute, die ihren Gott besingen wollen. Ohne Instrumente, einfach so. Man kann gehen und es singen, sitzen oder man spielt ein Instrument dazu und erfindet neue Linien dazu." Fast schon spielerisch zupfte er mit musischer Intuition in den Saiten herum, während Lothar sich an der Melodie versuchte und erzeugte so harmonische Mehrklänge. Seine Großmutter hatte immer bedauert, dass er keine musikalische Laufbahn hatte einschlagen können. Miriam und er waren ein famoses Duo gewesen, sie am Flügel und er am Cello. Doch das war an der festgeschriebenen Zukunft gescheitert, die sein Vater vorgesehen hatte und dann war alles in Flammen aufgegangen. Die Musik war für eine lange Zeit tot gewesen, bis er die Bogenhand wieder bewegen konnte und auch dann dauerte es sehr lange, bis er das neue Cello, das seine Großeltern besorgt hatten, auch nur eines Blickes würdigte.
So lange her. Seine Finger ließen die Amsel singen.
Er hatte keine Ahnung, ob man eine Harfe vierhändig spielen konnte, wie ein Klavier, aber es klang ganz nett und hier am Boden war er Lothar nicht im Weg. Gehör und Intuition reichten aus, um auch musikalisch nicht im Weg zu sein, also ließ er einfach den Fluss zu und die Töne sprechen. Simultan und passend zu Melodie übersetzen konnte er das Stück nicht, also sprach er den Text für Lothar fast wie ein Gedicht, damit dieser wenigstens wusste, was er da spielte. Und gleichzeitig wurde ihm klar, was es bedeutete, jemandem etwas Neues und für diesen Fremdes beizubringen. Und das war nur ein Lied, nichts, wovon er überzeugen musste.