Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro

Wyzima war die Hauptstadt von Temerien und einst Herrschersitz von König Foltest. Von hohen Stadtmauern umgeben, liegt sie an den Ufern des Wyzimasees; die Ismena fließt durch Wyzima und mündet in diesen. Das Bier "Wyzimas Gold" wird hier gebraut.
Nach der Ermordung des König streiten nun Herzoge und Barone um de Herrschaft.
Zeitweise war Wyzima der Sitze var Emreis, denn Temerien ist von Nilfgard besetzt.
in Wyzima ist der Orden der Flammenrose strak, inoffiziell regiert hier der Orden.
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Lothar von Tretogor
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„Allerdings! Sie werden über uns reden, junger Mann, noch Tage, wenn nicht Wochen.“ Aber es klang kein Ärger in dieser Aussage mit, eher ein klein wenig... Schadenfreude? Als würde ihn etwas zu tiefst amüsieren, was aber nichts mit Jakobs Verhalten zu tun hatte. Dafür war das Grinsen zu schief, die Güte zu tief in seinen Augen.

Auch der Großmeister hatte diese unerwartete Abwechslung vom Alltag genossen. Eine Musiklehrstunde. Mit einem dieser Art begeisterten Schüler. Unerwartet in der Tat. Ein Näherkommen auf beiden Seiten, an das niemand gedacht hatte. Doch Lothar war aufgegangen, hatte korrigiert, erklärt, ihn nochmal üben lassen. Seine Finger auf Jakobs Finger gelegt, um ihm zu zeigen, ihn spüren zu lassen, wie man die Saiten schlagen musste: die Tiefen etwas anders als die Hohen, welche Nuancen man ihnen entlocken konnte, in welchen Momenten man sie wieder stoppte, wie lange der Ton nachhallen konnte oder sollte. Man kam sich dabei näher ohne es zu merken. Aber der Großmeister konnte nicht anders als die klugen Nachfragen zu beantworten und er selbst fragte sich ein paar Mal, welche Art Musikunterricht Jakob als Kind bekommen hatte. Aber die genaue Antwort war ihm dann doch egal, denn wer in den Orden kommt darf die Vergangenheit hinter sich lassen.
Als sein Schüler schließlich begann zu spielen, so ohne Noten aus dem Kopf eine Melodie, die sich in ihn eingebrannt haben musste, trat Lothar etwas zur Seite, schloss leicht die Augen und lauschte. Er bemerkte zwar die kleinen Fehler, war aber zu erfreut daran, wie dieser Knappe in so kurzer Zeit das ihm doch fremde Instrument beherrschte. Es fehlte Übung, aber die nicht die Muse, das Gehör, die Leidenschaft, die Hingabe und Aufopferung für die Musik.

Der Großmeister des Ordens der Flammenrose hatte die Aura eines guten Onkel angenommen, als sich Jakob wieder erhob. „Versuch’s nochmal. Jetzt weißt Du besser wie Du greifen musst. Ich bin mir sicher Du kannst das besser“, forderte er ihn mit einer Geste und einer gewissen Spannung, ob er Recht haben würde, auf: „Und wie war noch mal Dein Name?“


Draußen stand der Adjutant und glaubte seinen Ohren nicht. Die Harfe erklang, aber er kannte Lothars Spiel gut genug um zu wissen, dass es nicht der Großmeister sein konnte, der spielte. Eigentlich war es schon längst fällig für den nächsten Termin. Ein paar Leibwächter hatten sich bereits unten unten versammelt, um den Bittsteller zu begleiten, aber… der Adjutant wagte es nicht zu stören. Als die Musik ein weiteres Mal erklang, drehte er auf den Absatz zum und sagte den Termin ab.
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Jakob von Nagall
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Trotz der Patzer und dem völlig falschen Tempo, schien der Großmeister zufrieden mit seinem spontanen Schüler. Gut, hier kannte auch niemand Bach und entsprechend fiel nicht auf, dass Jakob langsamer spielte als vom Meister vorgesehen. Auf dem Cello beherrschte er dieses Stück im Schlaf, weil Miriam es so geliebt hatte. Es war kaum ein Tag vergangen, an dem er es nicht hatte spielen müssen. Die Harfe gab dem Werk eine ganz eigene Eleganz, auch wenn er ziemlich improvisieren musste, damit es halbwegs passte.
"Jakob von Nagall.", erwiderte er, während er sich wie gefordert erneut an das Instrument setzte und sogar vergaß, sich darüber zu ärgern, dass Lothar sein Name entweder schon wieder entfallen war oder er diesen nie abgespeichert hatte. Er war viel zu beschäftigt damit, sich auf das Instrument zu konzentrieren und dem Stück noch etwas mehr Kraft zu geben. Der Knappe hob die Hände an die Saiten, schlug probehalber einen Ton an und stoppte ihn wieder. Ein Durchatmen, dann begann er.
Und Lothar sollte Recht behalten. Jakob vergriff sich nur zweimal und fand auch in das eigentlich für die Komposition vorgesehene Tempo. Er brachte es sogar fertig, Dynamik in das Stück zu bringen, indem er manche Töne nachklingen ließ und andere hart stoppte. Sein Kopf leerte sich auf diese ganz einzigartige Weise - etwas, was nur Musik im Stande war zu tun und als die letzte Note verklang, ließ er erst nach zwei Herzschlägen die Hände auf die Knie sinken und atmete durch. Der Knappe hätte nicht sagen können, ob er erst Minuten, Stunden oder gar Tage hier verbracht hatte. Alles war in Fluss geraten, ein ruhiger stetiger Strom, auf dem er mitschwamm. Erst Iola, nun dieses Instrument - Jakob fühlte sich auf eine Art angekommen und ausgeglichen, wie er es nie zuvor empfunden hatte. Nicht einmal in den ruhigsten Momenten mit Jarel - immer war da ein letzter Funke dieser inneren Unruhe gewesen, die ihn sein Leben lang begleitet hatte. Bis hierhin. Bis heute. Und jetzt war da nur noch Stille.
Der junge Mann hob den Blick zum Älteren und lächelte tatsächlich. Nur kannte Lothar den Knappen leider nicht gut genug, um zu begreifen, was für eine Seltenheit er da gerade erlebte.
"Danke, Herr, dass ich auf Eurem Instrument spielen durfte.", sagte er ehrlich dankbar. Dann erhob er sich ein weiteres Mal. Die Ansage 'Benimm dich.' war entsprechend nicht einmal mehr nötig - hier hatten sich zwei gefunden. "Und danke für Eure Zeit." Jakob überlegte kurz, dann nahm er allen Mut zusammen. "Erlaubt mir die Frage: Würdet Ihr mich weiter in der Harfe unterrichten?" Und dann fiel ihm noch ein: "Dürfte ich einen Raben mit einem Brief an meinen Rittervater senden?" Jarel machte sich sicher Sorgen, wie immer.
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Lothar von Tretogor
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Nicht schlecht. Gar nicht schlecht. Der zweite Lauf war gar nicht schlecht. Natürlich waren die kleinen Patzer aufgefallen, aber die waren zu verkraften und zu verzeihen, wenn man darüber nachdachte, wie lange der Junge jetzt an der Harfe übte. Er hatte vorher nicht Harfe gespielt das hatte der Großmeister gemerkt, aber der Knappe musste irgendwas anders ähnliches kennen sonst wären sie nicht auf dieser Stufe der Kunst.

Lothar war zum Fenster getreten, sah hinaus, stand in der Sonne und hatte andächtig gelauscht. Den Namen hatte er freundlich abgenickt. Er wusste selbst nicht mehr, ob er ihn schon wieder vergessen hatte oder nie gemerkt. Jetzt würde ihn auf jeden Fall kennen. Jakob von Nagall. Auch er nahm den Moment der Stille nach der Melodie mit, bevor er sich wieder zu dem Knappen umdrehte, um dieses Sternschuppen häufige Lächeln gutmütig zu erwidern.

Es wurde zu einem erheiternden Grinsen, als Jakob sich bedankte. Der würde die Gerüchte schon bald hören, da war er sich sicher.
„Einen Raben natürlich, ich werde dem sicher etwas anfügen. Das soll kein Problem sein. Der Unterricht...“ Leicht versonnen blickte er den Knappen an. „... wird schwerer. Sie brauchen mich hier ständig, sodass meine Zeit klappt ist. Sobald Du draußen bist wird man mir erklären, was ich alles verpasst habe. Und Dein Rittvater möchte, dass Du im Tempel der Melitele unterkommst was unsere Treffen nicht leichter macht.“ Hab ein Auge auf ihn, hatte Jarel ihn gebeten.
„Aber es wird sich eine Lösung für Deinen Wunsch finden.“

Und wenn Lothar ehrlich war hatte er richtig Lust darauf, für ein paar Stunden nicht dem üblichen Ordenskram nachzugehen sondern sich den schönen Künsten hinzugeben. Sein Kopf arbeitete bereits an einer Idee wie er sich das einrichten könnte. Nur... das würde nicht ganz Jarels Wunsch entsprechen, den Knappen irgendwo unauffällig unterzubringen. Aber Pfft. Man kann auch Dinge im hellen Licht verstecken.
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Jakob von Nagall
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"Danke, Exzellenz.", beeilte er sich bezüglich des Rabens. Sicher wartete Jarel schon auf Nachricht. Das dieser wollte, dass Jakob im Meliteletempel unterkam, wusste der Knappe zwar, aber irgendwie hatte er nicht damit gerechnet, dass Lothar dem zustimmen würde. Daher lagen ihm schon Rechtfertigungen auf der Zunge, die er allerdings gar nicht brauchte, denn der Großmeister machte den Eindruck, schon seine eigene Idee zur Umsetzung zu haben.
Jakob stand also still da, hörte zu und versuchte sich selbst klar darüber zu werden, was er wollte. Im Meliteletempel zu wohnen, hieße bei Iola zu sein und der Gedanke ließ ihn innerlich sofort wieder vibrieren. Andererseits konnte ihn das in Teufels Küche bringen und wo keine Verlockung war, da war keine Sünde. Außerdem war die Aussicht, ein solches Instrument zu lernen und sich damit in der Gunst des Großmeisters aufzuschwingen ebenfalls nicht uninteressant, wenn er an seine eigenen Ziele dachte. Eigentlich hatte er sich nie als jemand gesehen, der sich zu höherem berufen fühlte, doch je öfter er mit Jarel diskutierte und die Grenzen ihrer beider Welten angriff, desto klarer wurde ihm, dass er nur etwas bewegen konnte, wenn er aus dem Schatten trat und die Dinge selbst in die Hand nahm.
Das hieße in diesem Orden, sich in die richtige Position bringen und beim Richtigen lernen. Nur so konnte er an einen Platz rücken, von dem aus man wahrgenommen und letzten Endes in eines der höheren Ämter gewählt wurde. Doch allem voran stand der Ritterschlag, den er sich ebenfalls erst noch erarbeiten musste. Doch der Weg war klar und nur so konnte er seine Wünsche Gestalt werden lassen. Die Zukunft formen - eine Zukunft für sich mit einer Tochter, ohne Angst um sie und ihr Auskommen. Ohne Schande, sondern voller Stolz.
Er hatte längst begriffen, dass eben dieser Weg nur über Lothar führte und beugte leicht den Nacken. "Es wäre mir eine Ehre."
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Lothar von Tretogor
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Dazu konnte Lothar nur erhaben nicken. Eine Ehre. Das Gerede draußen würde dem Jungen noch erklären, wie groß diese Ehre war. Ein Blick auf den Sonnenstand verriet ihm, dass er auch den übernächsten Termin verpassen würde. Aber wozu ist man schließlich Großmeister geworden, wenn man nicht mal spontan umentscheiden konnte. Nachdenklich schlendere er zu seinem Schreibtisch und nahm dahinter Platz, eher lässig als gesittet.

„Erklär mir noch etwas und nimm Platz.“ Er deutete großzügig auf den Platz ihm gegenüber, um den Knappen dort zu mustern. Die Leidenschaft der Musik hatte ihn offenbar wieder verlassen und Lothar wurde klar, dass er bei ihm mit höflichen Geplänkel einer Konversation wohl nicht weit kommt. Was auch seine Vorteile hatte. Gesellschaftliche Konventionen hatte er zu anderen Gelegenheiten genug einzuhalten - nicht nur im Orden vor allem nach außen. Dennoch wollte er noch ein wenig seine Neugier stillen.

„Warum glaubst Du möchte Dein Rittvater, dass Du dort unterkommst und nicht hier?“ Möglichkeiten gäbe es genügend. Außerdem könne man hier viel besser trainieren, vielleicht nicht an der Harfe aber den anderen Kram, den man als Ordensritter so können sollte: sich mit anderen Knappen messen, andere Lehrmeinungen einholen, weiterbilden, nicht nur in der Theorie. Von Tretogor wusste aus eigener Erfahrung, dass Kampftraining gegen dieselben Personen viel zu schnell Routine wurde. In einer Schlacht traf man seine Partner eher nur kurz und dann musste man zwangsläufig besser sein. „Wie gedenkst Du Deinen Schwertarm zu trainieren?“

Und dann waren da noch all die Priesterinnen und Novizinnen und sonstigeinnen, aber das musste er vorerst nicht ansprechen. Hätte man Lothar in Jakobs Alter etwas von Enthaltsamkeit oder Zölibat erzählt, hätte dieser nur hohl gelacht.
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Jakob von Nagall
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Jakob hatte tatsächlich keine Ahnung wie groß die Ehre war, die Lothar ihm als einfachen Knappen zuteil werden ließ. Sein ehemaliger Großmeister hatte dem Kloster zwar vorgestanden, war aber wie sie alle gewesen - weisungsbefugt hin oder her. Das der Standesdünkel in dieser Welt durchaus andere Dimensionen hatte, wusste er zwar in der Theorie, in der Praxis war er damit allerdings noch nie wirklich konfrontiert gewesen. Vermutlich gab er sich deswegen einfach wie er eben war, sodass Lothar ihn eben auch genauso nehmen musste.
Als der Großmeister ihm einen Platz anbot, setzte sich der Knappe und überlegte zugleich, wie er die Frage wohl am Besten beantwortete. Eigentlich ganz einfach... "Seine Art mich zu bestrafen. Dienst im Waisenhaus." Er verzog das Gesicht etwas. "Hab's nicht so mit Kindern.", erläuterte er, obwohl er beim letzten Mal bewiesen hatte, dass das eine glatte Lüge war. Zwar war er mit einer gehörigen Portion Missmut und Unwillen im Tempel angekommen, die Kinder allerdings waren begeistert gewesen von den Dingen, die er sich für sie hatte einfallen lassen. Und von seinen Flechtkünsten - zumindest die Mädchen. Was den Schwertarm anging: "Wegen des Trainings weiß ich nicht so recht. Beim letzten Mal war Jarel dabei und wir haben die freie Zeit genutzt."
Im Haupttempel zu bleiben und die Möglichkeiten zu nutzen, die sich ihm damit boten, war verlockend, doch dem entgegen stand Iola. Jakob wankte zwischen seiner Pflicht und seinem Gefühl, entsprechend tat er das, was er immer tat, wenn er sich selbst noch keine zufriedenstellende Antwort geben konnte: er schwieg.
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Lothar von Tretogor
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Lothar zog leicht belustigt eine Augenbraue nach oben: „Zur Strafe ins Waisenhaus? Du musst wahrhaft Sünde auf Dich geladen haben, dass Dir kakophonisches Kindergeschrei aufgebürdet wird.“ Nein, so ganz ernst klang er nicht, auch wenn Kakophonie einer seiner Erzfeinde ist. Aber machte er sich lustig? Oder wollte er es ihm nicht glauben? So ganz war der Großmeister nicht zu durchschauen, aber er beließ es zumindest dabei. Genauer was Jakob angestellt hatte, fragte er ebenso nicht nach. Es war die Sache des Burschen sich weiter zu erklären oder eben nicht, denn Beichte kam freiwillig. Ein dünnes Lächeln war aber dennoch zu erkennen.

Jarel hatte also mit ihm geübt. Na ja, dessen Kampfstil würde er inzwischen ganz gut kennen. Aber wer wusste, ob dieser hier bald schon selbst auftauchen würde. Dieses warum und wieso wollte er dem Knappen nun allerdings nicht mitteilen, das würde früh genug geschehen und möglicherweise sollte er damit noch etwas warten, um Jarel noch ein paar Tage zu geben, es seinem Knappen selbst zu sagen und zu erklären.

„Die Nacht sollst Du noch hier verbringen. Eine Stärkung wird Dir nach der Reise gut tun. Morgen Vormittag wirst Du mit den anderen Knappen trainieren und wir werden sehen, ob die Notwendigkeit eine weitere Teilnahme verlangt. Gegen Mittag magst Du zum Tempel der Melitele gehen, schließlich sollte die ehrwürdige Mutter Varelia nicht noch länger auf ihre Post warten. Einwände?“ Die Stimme war nicht ganz so befehlsgewohnt wie gedacht, sodass man annehmen könnte, es wäre ein Widerspruch möglich. Oder zumindest nicht völlig ausgeschlossen.
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Jakob von Nagall
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Wenn Lothar das so sagte, klang es wirklich wie eine milde Strafe. Zumal Jakob wusste, wie es sich anfühlte, wenn von Herrenloh eine Strafe verhängte. Buchstäblich. Die frischen Narben auf seinem Rücken zeugten davon. Damit verglichen strafte Jarel durchaus modern, wenn aus Jakobs Sicht nicht minder schmerzhaft. Zumindest war es das beim ersten Mal gewesen, bis er sich eingeschwungen und erkannt hatte, wie gut ihm der Frieden im Tempel der Melitele getan hatte. So ganz anders als bei den Ordensrittern.
"Er hat so seine eigenen Methoden.", erwiderte der Knappe mit einem Schulterzucken. Immerhin war er in Sack und Asche, barfuß und mit Nichts in Händen außer einem Stab hier her marschiert. Was hatte er eigentlich ausgefressen? So richtig erinnerte er sich gar nicht mehr und Lothar ließ ihn auch keine Zeit, in seiner Erinnerung zu kramen, um das herauszufinden.
Sein Blick driftete zur Harfe, dann wieder zu seinem Großmeister, dem er - wenn auch in Abwesenheit - am ersten Tag im Orden Gehorsam und Treue geschworen hatte. Und auch wenn die Worte klangen, als hätte Jakob ein Mitspracherecht, so war ihm bewusst, dass dem nicht so war. Außerdem entschied er für sich, dass es das falsche Bild erzeugte, wenn er sich im Meliteletempel einnistete. Wenn er wirklich im Orden wachsen wollte, dann musste er Präsenz zeigen.
Und auch Iola und seine Tochter waren für ihn nur erreichbar, wenn er seine Ziele nicht sus den Augen verlor und dafür kämpfte. Also nickte er entschlossen. "Ich werde hier sein. Trainieren. Von Euch lernen, wenn Ihr erlaubt. Den Schwestern kann ich auch helfen, ohne dort zu wohnen." Ein gewagter Vorstoß. Die Weisungen seines Rittervaters sollten ihm Gesetz sein, aber stand von Tretogor nicht über diesem Gesetz? Jakob würde schnell erfahren, wenn er zu weit ging.
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Lothar von Tretogor
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„Er hat so seine eigenen Methoden.“ Allerdings. Das konnte Lothar nur so bestätigen – mit einem Schmunzeln. Er würde keinem Ritter reinreden wie dieser seine Knappen zu behandeln hatte. Schließlich musste man ebenso Führung lernen. Eine harte Hand muss sein, aber nicht, wenn man sie nicht durchsetzen kann. Drohe nur mit Tatsachen, die Du auch bereit bist durchzuziehen.

Der Vorstoß, der Widerspruch, die Entscheidung des Knappen überraschte ihn dann aber doch. Sieh an, da hatte jemand den Mut zusammen gekratzt, überlegt und entschieden. Gegen seinen Rittvater. Hm? Persönlich war es Lothar völlig egal, wo der Junge schlief oder wie dieser im Detail seine Freizeit gestaltete, solange er seinen Pflichten nachging. Das würde er mit Jarel ausmachen müssen und manchmal muss man auch vor zwei Herren tanzen. Lothar war froh, dass er da raus war. Zumindest innerhalb des Ordens, draußen sah es wieder anders aus.
Wie auch sei, Jarel hatte darum gebeten eine Auge auf ihn zu haben und es schien ihm damit sehr ernst. Je näher dieser war umso besser – auch wenn er mit Jarel selbst wohl noch ein Hühnchen zu rupfen hatte. Aber alles zu seiner Zeit. Nach draußen zeigte er von diesen Gedanken natürlich nichts und er ließ Jakob noch eine Weile warten bis er hörbar einatmete, als ob er sich über das Verhalten empören würde.

„Dann soll es so sein“, erhob sich der Großmeister und breitete dabei seine Arme leicht aus, als würde er die Gläubigen nach der Predigt entlassen. Dabei strahle er warme Güte aus.

„Mögen Deine zukünftigen Tage so Ablaufen wie ich es für den Morgigen bestimmt habe. Mein Adjutant Galin Tishchenk wird Dir Schlafräume bei den anderen Knappen und alles weitere zeigen.“
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Jakob von Nagall
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Jakob hatte sich ordentlich von Lothar verabschiedet, zwei Schritt rückwärts, dann umdrehen und gehen... Irgendwo in seinem Gedächtnis war das tatsächlich hängen geblieben. Diese Lektion Tyssens in 'falls-ihr-jemals-dann...', von der sowieso niemand glaubte, sie überhaupt zu brauchen. Und dann brauchte man sie doch und der Knappe war froh, ein relativ gutes Gedächtnis zu haben. Das er bei Lothar sowieso irgendwie einen unbeabsichtigten Stein ins Brett gelegt hatte, würde ihm erst später bewusst werden. Zunächst fing der Adjutant ihn an der Tür ab und brachte ihn in ein Nebengebäude, in dem es Schlafräume gab, die so ganz anders waren als jene in Nowigrad. Kein großer Raum für alle, sondern kleine Zimmer mit je vier Wandnischen, in denen die Betten hinter Vorhängen verborgen waren. Mittig ein Tisch, sogar ein Butzenglasfenster und eine Waschgelegenheit. Fast schon luxeriös.
Tishchenk zeigte ihm das Bett, das ihm für die Dauer seines Aufenthalts zur Verfügung stand. Ebenso ließ er ihn mit Kleidung für die Arbeit und das Training ausstatten, zeigte ihm Refektorium, Kreuzgang und letztlich den Abort. Und während der ganzen Zeit warf er Jakob immer wieder seltsame Seitenblicke zu, bis dieser glaubte, es nicht mehr auszuhalten. In dem Moment ließ der Mann ihn endlich allein und Jakob konnte verschnaufen. Er schleppte die neuen Sachen in das Zimmer, packte alles in die kleine Kiste, die zum Bett gehörte und gönnte sich einen Moment Ruhe, zusammen mit einem Blick aus dem Fenster. Dieser war weniger erhaben als in Nowigrad, denn das Land war topfeben und es gab kein Meer weit und breit. Der Tempelbezirk selbst war kein besonders schönes Viertel und auch bei weitem nicht so erhaben wie in Nowigrad - Jakob erinnerte es eher manchmal an die Reeperbahn, wären da nicht das Ordenskloster und die Tempel verschiedener anderer Gottheiten, die wie Inseln in all dem Elend und dem Sündenpfuhl wirkten. Wyzima war so anders und seitdem es zu Nilfgaard gehörte, von Seuchen gebeutelt, hatte es an Bedeutung für die nördliche Welt verloren - nicht aber für den Orden, dem er nun angehörte.
Mitten in seine Gedanken hinein öffnete sich die Tür des Raums und drei junge Männer kamen herein, alle etwas jünger als Jakob, aber schon an der Statur erkannte man die angehenden Ritter. Sie hatten sich unterhalten, stoppten allerdings jetzt angesichts des Fremden in ihren Räumlichkeiten. Jakob wandte sich seinerseits um und deutete eine Verbeugung an, die eine eindeutige Kopie von Jarel war, was ihm aber überhaupt nicht auffiel. "Guten Abend, ich bin Jakob von Nagall und teile wohl für eine Weile das Zimmer mit euch.", begrüßte er sie. Die Drei wechselten kurz Blicke, dann trat der offensichtlich Stubenälteste vor und wies der Reihe nach erst auf sich, dann auf die beiden anderen. "Ich bin Maxim, das sind Janusz und Luka."
"Freut mich." Seltsam, eine solche Konversation zu führen. Er fühlte sich ein wenig wie ein Schauspieler, wie nicht er selbst und dennoch hörte er sich diese Worte sagen, diese Dinge tun.
Maxim nickte, räusperte sich in der Schweigen hinein, das wohl nur die Drei als Unangenehm empfanden. Jakob hatte Schweigen noch nie als etwas Störendes empfunden, die Abwesenheit von Worten waren für ihn eher entspannend, frei nach dem Grundsatz: wenn man nichts zu sagen hatte, musste man auch kein sinnloses Zeug blubbern.
Schließlich war es Luka, der das Schweigen brach: "Gleich ist Abendessen. Du kommst mit?"
"Ja, gerne.", erwiderte Jakob mit einem Nicken in Richtung des Jüngeren.

Später lag er auf der steinharten Matraze seines temporären Heims, hatte die Arme im Nacken verschränkt und starrte an die Decke, auch wenn diese in Dunkelheit lag. Beim Abendessen und den Unterhaltungen danach hatte er gelernt, dass es bereits die Runde im Kloster machte, das da einer aus Nowigrad gekommen sei, den der Großmeister auf mehr als drei Schritt an seine Harfe herangelassen hatte. Mehr noch, die versammelte Bruderschaft an seinem Tisch war aus allen Wolken gefallen, als er erzählt hatte, er habe gespielt und Lothar wolle ihm ein paar Handgriffe an dem Instrument beibringen. Erst da hatte Jakob verstanden, dass ausnahmslos niemand die geliebte Harfe ihres Brotherrn anrühren durfte und man schon von marzialischen Strafen gehört hatte.
Wieso also er? Diese Frage hatte er nicht beantworten können, aber sie hielt ihn auch nicht wach. Er dachte an Iola, an ihr Zusammensein am Morgen, an ihren Körper, ihre Wärme, ihre Küsse. Seine Gedanken verselbstständigten sich in seine Träume hinein und mit ihnen ein zentraler Bereich seines eigenen Körpers...

Der Morgenapell war ähnlich früh und ähnlich hektisch wie in Nowigrad. Er lernte den hiesigen Rittersearganten kennen, einen Mann namens Cvjetko von Thwyth, der Älter war als Tyssen aber nicht weniger sadistisch. War wohl Einstellungskriterium. Entsprechend war seine erste Garnitur durchgeschwitzt, als er mit den anderen von der morgendlichen Ertüchtigung in den Innenhof einlief, in dem das Waffentraining stattfinden sollte. Immerhin lenkte ihn die körperliche Anstrengung von seinen Gedanken an Violetta ab, zumal ein Schwertkampf seine ganze Konzentration erforderte.
Maxim sollte sein Gegner sein, angeblich auf seinem Ausbildungsstand. Nur das Jakob sein ganzes Leben schon mit dem Langschwert trainierte, was hier nur keiner wusste. Maxim war zwar gut, aber dem Älteren dennoch an Erfahrung unterlegen, zumal Jakob wie beflügelt war von der Aussicht, am Nachmittag Iola wiederzusehen und außerdem von dem Wissen, dass Lothar von einem Balkon aus dem Training beiwohnte. Er wollte eine gute Figur machen, stellte fest, dass es ihn reizte zu zeigen, was er konnte. Es endete damit, dass die anderen ihr Training unterbrachen, um Maxim und ihm bei diesem Tanz der Klingen zuzusehen. Thwyth schickte einen weiteren Gegner in den Ring, kaum hatte er Maxim entwaffnet und auch mit Zweien gleichzeitig konnte Jakob umgehen. Sogar einen Dritten schaffte er noch einige Minuten lang, entwaffnete zwei und band den Letzten. Doch bei Vieren verlor er schließlich, denn einer hieb ihm die Breitseite des Schwerts quer über den Rücken.
Schwer atmend und doch zufrieden reichten die Knappen einander die Hände.
"Den Dreh musst du mir beibringen.", verlange Karim, der Letzte, dem er das Schwert genommen hatte. Maxim wirkte dagegen etwas angefressen. Jakob streckte ihm die Hand entgegen. "Morgen wieder?" Es dauerte einen Moment, bis der andere einschlug. Seine Händedruck war schon fast gewaltsam fest. "Und ob."

weiter im Meliteletempel
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Lothar von Tretogor
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Lebenslauf: Lothar

Ja, wieso Jakob? So genau wusste das der Großmeister selbst nicht. Sicher er war neugierig auf den Knappen seines alten Weggefährten Jarel. Aber warum gleich die heilige Harfe? Warum ihm genau diese eine Sache erlauben, bei der er sonst keine Kompromisse duldete. Selbst die Putzperson, die sonst überall ihre neugierige Nase hineinsteckte hielt sich von der Harfe fern. Aber vielleicht war es genau dieses Unwissen, das dem Neuankömmling geholfen hatte. Er war nicht furchtsam erstarrt, sondern hatte sich mit einer berührten Andächtigkeit zurückgehalten bis er selbst zu ende gespielt hatte und obwohl ihm gerade sein Großmeister die Aufmerksamkeit schenkte, waren seine Blicke immer wieder scheu zu dem Instrument gewandert. Wegen der Musik, nicht wegen ihm. Der Knappe hatte sich den Tönen und Melodien hingegeben und dabei weniger bis gar nicht an seine Karriere gedacht. Ja, das wird es gewesen sein. Der andere Gedanke wird ihm noch kommen oder ihm gegeben werden. Die Aufmerksamkeit des Ordens hier hatte der junge Mann nun.

Als sein Adjutant zurückkehrte guckte dieser etwas säuerlich und legte nur eine Liste auf seinen Schreibtisch, die versäumten Termine. Einer war umkringelt, Lothar warf einen kurzen Blick darauf. Oh ja, das war unpassend gewesen. Die Dame hätte er nicht warten lassen sollen, das müsste er heute Abend doch wieder gerade bügeln. Nicht, dass sie sehr wichtig war, aber er hatte ein paar Fäden zu halten. Besonders die, die Sigi auf eine andere Fährte brachten. Wobei auch er sich bemühen musste, bei all den Finten, die man ständig einander schlug, nicht zu vergessen was man eigentlich wollte. Aber diese Verschiebung würde keine großen Wellen schlagen. Er deutete darauf und nickte Galin zu. Er würde wissen was zu tun ist.

Erst als alles weiter durchgesprochen war und man sich zum Abendessen begeben wollte, gab es noch weitere Anweisungen, die Tishchenk eine Braune heben ließen. Eine Harfe, die etwas Kleine, das Vorgängermodell, sollte sich morgen Vormittag auf den Weg in den Tempel der Melitele machen, mit den besten Grüßen an die ehrwürdige Mutter und liebe Schwester Varelia. Die Klänge würden die Göttinnendienste sicher bereichern. Außerdem sollte man nach Anisa Rovinsky schicken und diese ebenfalls dorthin einzuladen. Der Adjutant wusste nicht, dass es sich dabei um die Person handelte, die dem kleinen Lothar vor über dreißig Jahren gezeigt hatte wie man eine Harfe zupft. Er würde nicht immer Zeit haben dem Jungen zu unterrichten, aber sie würde es. Zufrieden setzte er schließlich den Brief auf und machte sich darauf für den Abend schick.

<28. August Vormittags>
Zuletzt geändert von Lothar von Tretogor am Mittwoch 9. August 2023, 13:16, insgesamt 1-mal geändert.
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