Wyzima - Straßen und Gassen

Wyzima war die Hauptstadt von Temerien und einst Herrschersitz von König Foltest. Von hohen Stadtmauern umgeben, liegt sie an den Ufern des Wyzimasees; die Ismena fließt durch Wyzima und mündet in diesen. Das Bier "Wyzimas Gold" wird hier gebraut.
Nach der Ermordung des König streiten nun Herzoge und Barone um de Herrschaft.
Zeitweise war Wyzima der Sitze var Emreis, denn Temerien ist von Nilfgard besetzt.
in Wyzima ist der Orden der Flammenrose strak, inoffiziell regiert hier der Orden.
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Jakob von Nagall
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Lebenslauf: Jakob von Nagall

Es dauerte lange, bis seine Gedanken sich klärten und das Beben nachließ, aber er ließ Iola keine Sekunde davon los. Zwar rutschte sie neben ihn, aber seine Arme hielten sie weiter umfangen, so wie ihre um ihn lagen; ihre Hände beruhigend über seine Haut und durch sein Haar fuhren. Jakob schmiegte sich an sie, hörte ihre Stimme und rang lange noch mit den Geistern der Vergangenheit, bis sie ihn los ließen.
Ganz los ließen.
Dann beruhigte er sich, öffnete die geröteten Augen. Iola dachte an schmerzende Narben und so war es auch, nur das man diese Narbe nicht sehen konnte und deren wilde Wucherung nicht das erste Mal seit er hier war, schmerzhaft aufbrach. Doch diesmal war es ein heilsames Öffnen dieser schwärenden Stelle gewesen und zum ersten Mal war da nicht das Gefühl, etwas verstecken und verdrängen zu müssen. Er konnte hin sehen, es heraus sickern lassen und endlich ganz werden, hier bei dieser Frau, die ihn lieben wollte, in diesem Moment. Ihn, der sich selbst nicht lieben konnte, weil das ihn liebende Element seiner Existenz schon so lange tot war. Iola schob sich durch ihre Sein, ihre Liebe einfach auf den leeren Platz und brachte das Kind mit, füllte eine Lücke, von der er niemals geglaubt hatte, jemand könne sie füllen. Es wäre ihm anmaßend vorgekommen, doch ganz plötzlich war es richtig.
Jakob schüttelte nach für Iola langen, bangen Sekunden den Kopf, hob eine Hand und strich ihr wieder über Schläfe und Wange während er den Blick der veilchenblauen Augen suchte.
"Nein, du hast mir schon geholfen. Du hast mich von einem Fluch befreit.", flüsterte er, dann hauchte er einen Kuss auf ihre Lippen, der gänzlich anders war, als alles, was sie bis eben geteilt hatten. Unendlich sanft und doch in seiner Art fast ein stummes Versprechen. "Ich danke dir dafür."
Er rückte etwas herum, zog Iola wieder eng an sich, sodass sie den Kopf auf seine Brust oder Schulter legen konnte, wenn sie das wollte. Die Hälfte des Mantels, auf der sie nicht lagen, schlug er einfach über sie, sodass ein dämmriges Nest entstand. Und dort in dieser kleinen Höhle erzählte er ihr von damals, von seinem Leben, seinem Glauben, seiner Familie. Von seinem Zwilling und dem Feuer. Einfach so, legte er vor Iola die Karten seiner Seele aus, die Jarel in jahrelanger, mühevoller Kleinarbeit nur bruchstückhaft aus ihm heraus gepult hatte und bis heute nicht wirklich schlauer war.
Irgendwann drohten ihm allerdings die Augen zuzufallen. "Liebste Iola, wieso belaste ich dich damit? Es tut mir Leid.", murmelte er und rieb seine Nase in ihr Haar. Vielleicht schlief sie auch längst. Er war jedenfalls kurz davor.
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Iola
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Sie lauschte gebannt, hing an seinen Lippen, fühlte mit ihm, liebte mit ihm, litt mit ihm, trauerte mit ihm.
Eine solche Verbundenheit hatte sie noch nie gespürt. Auch wenn sie es nicht eingestehen wollte, so etwas empfand sie nicht einmal für die Göttin höchst selbst.
Er erzählte mit einer solchen Inbrunst, so voller Gefühl, es war fast so, als könne er die Stimmen hören, die Gesichter sehen, den Geruch wahrnehmen. Und auch den des Feuers. Bis in letzter Konsequenz.
Keine Sekunde ließ Iola Jake los aus Angst, er könnte fallen, hinein in diesen Verlust, tief in die Schwärze. Sie begriff erst am Ende, dass er gerade an ihrer Hand aus eben diesem entsetzlichen Loch heraus kletterte und nicht stürzte.
„Wie war ihr Name?“, hauchte sie mit Trauer und gleichzeitigem Leuchten in den Augen.
"Miriam. Ihr Name war Miriam.", antwortete Jakob.
Sie nahm seine Hand und legte sie auf ihren Bauch. Es war beschlossene Sache. Sie war sich auf eine seltsame, tiefgreifende Art sicher. Als gäbe es keine andere Option, als wäre es von Anfang an so gewesen. „Miriam. So soll es sein.“
Sie schmiegte sich an ihn, legte ihre Wange an seiner Schulter ab, zupfte ein wenig am Mantel und streichelte dann seinen Bauch in diesem warmen, weichen Nest welches er für sie gebaut hatte.
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Jakob von Nagall
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Er hatte es nicht aussprechen wollen, aus Angst, es würde irgendwie Unglück bringen, dem ungeborenen Kind einen Namen zu geben. Doch Iola las seine Gedanken, nahm seine Hand und wischte seine Ängste beiseite.
Miriam.
Seine Wahl und nun auch ihre.
Wie Iola seine Hand auf ihren Bauch bettete, war für ihn jetzt, unter den neuen Voraussetzungen, eine zutiefst intime und vertrauliche Geste. Mehr als alles, was sie zuvor geteilt hatten. Das war rein körperlich gewesen, aber hier und jetzt war ihr Miteinander tiefer, inniger. Er hatte sich ganz geöffnet und Iola hatte ihn empfangen, wie er war. Die Wärme der Geste, das Gewicht ihres Kopfes auf seiner Schulter und das sanfte Streicheln wiegte ihn in Sicherheit und ertränkte ihn nun in schwere Müdigkeit.

Als Jakob erwachte, war der Mittag der Abenddämmerung gewichen. Es war kühl geworden unter dem Mantel und sein Fuß schmerzte wieder nachdrücklich. Doch sein Kopf war erstaunlich klar, seine Gedanken scharf umrissen. Er fühlte sich so gut wie schon seit Ewigkeiten nicht mehr, ruhig und ungewöhnlich ausgeglichen.
Es wurde Zeit, dass er sich auf den Weg zum Haupttempel machte und die Aufgabe erledigte, wegen der er unter anderem hier war.
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Iola
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Er hörte ihren tiefen, regelmäßigen Atem, spürte ihre Wärme, aber auch das gelegentlich ein Schauer durch sie lief.
Sie schlief, tief und traumlos und seit Wochen das erste Mal war ihr nicht übel.
So wie es jetzt war, war es richtig.
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Jakob von Nagall
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Iolas Atem streichelte seine Haut und ihr Gewicht ruhte zum Teil auf ihm. Der Arm, den er unter ihr hindurch geschoben hatte, war taub und kribbelte leicht, aber das war ihm gleich. Der Körper der jungen Frau erschauerte hin und wieder - sicher wurde ihr allmählich kalt und sogleich sprangen Beschützerinstinkte an, von denen er nie geglaubt hatte, sie zu besitzen.
Sanft aber bestimmt zog er seinen Arm unter ihr hervor und stemmte sich darauf, drehte sich über sie und schmiegte seinen Körper wärmend an ihren. Sein Gewicht fing er dabei auf beiden Armen ab. Jakob betrachtete sie im rotgoldenen Abendschimmer. Sie wirkte so unschuldig, sanft und zerbrechlich. Nein, nicht zerbrechlich - er fand kein Wort dafür, aber der Eindruck weckte den Wunsch, sie vor allem Übel beschützen zu wollen. Er beugte sich herab und küsste ihren Hals, ihre Wange, ihre Lippen, die Nasenspitze.
"Aufwachen, Iola. Es wird Zeit." Er küsste ihre Schulter, strich mit den Lippen wieder über ihre. Er konnte sich kaum satt sehen an ihr und vor allem konnte er kaum die Finger von ihr lassen. Was von nun an kam, würde sehr schwer werden, das begriff er in diesem Moment. Er hatte Jarel und Slava für verrückt erklärt, als er sie in Jarels Haus überrascht hatte, doch jetzt war der Samen dieses Wahnsinns auch in ihn gepflanzt und er verstand es ein bisschen besser.
Trotzdem schaffte er es vorerst, den Verstand angeschaltet zu lassen und sich nicht gleich wieder über den Körper Iolas her zu machen. Als sie die Augen aufschlug, lächelte er. Ein fremdes Bild für sie: Jakob, mit einem warmen Lächeln im Gesicht, das selbst die sonst so starren Reptilienaugen erreichte und menschlich werden ließen.
"Wir sollten gehen. Ich habe noch einen Brief von Jarel für dich und einen für die Erzpriesterin. Würdest du ihn mitnehmen?" Seinen Worten zum Trotz bewegte er sich allerdings keinen Millimeter, erkundete stattdessen ihre Züge mit den Augen, als müsste er sie ganz neu kennenlernen.
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Verschlafen öffnete sie die Augen und brauchte ein paar lange Sekunden, um sich zu orientieren.
Das Bild, welches sie empfing war unglaublich. Jakob. Und er lächelt nicht nur, er strahlt regelrecht, wie ein von der Göttin geschickter Bote. Seine Wärme spiegelte sich in ihren Zügen, sie strahlt zu ihm hinauf wie er auf sie herab. Bei der Göttin Wärme…er war so schön. Und er war bei ihr. Sie liebten einander und bekamen ein Kind zusammen.
Welch unglaubliches Geschenk. Fast hätte sie gleich noch einmal geweint, doch neben seinen Worten holte sie noch etwas zurück auf den Boden der Realität.
Ihr Magen knurrte. So laut, als würde gleich ein Wolf aus dem Unterholz springen.
Sie lächelte verlegen und eine Spur schief.
„Briefe? Natürlich nehme ich die mit. Du kommst doch mit in den Tempel, nicht wahr?“
Alles andere erschien ihr absurd. Natürlich würde er im Tempel unterkommen.
Sie streckte sich etwas, um ihn noch einen Kuss zu rauben und sich dann aufhelfen zu lassen.
Ihr war – wie immer nach dem erwachen – etwas flau um Magen.
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Jakob von Nagall
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Wie schön sie war, so verschlafen und etwas zerzaust. Das Knurren ihres Magens erinnerte ihn daran, dass er selbst seit dem Morgen nur einen Apfel gehabt hatte, aber daran war er gewöhnt. Doch sie musste nun zwei ernähren, oder? Er küsste sie und richtete sich dann auf, zog sie mit sich. Zwischen den verstreuten Kleidern wühlte er kurz und fand das Bündel am Pilgerstock, darin einen weiteren Apfel, den er ihr lächelnd reichte. Dann fischte er nach seinen Hosen.
"Ich muss zum Großmeister meines Ordens. Jarel hat mir auch für ihn Botschaft mitgegeben. Vermutlich kann ich dann kaum auswärts übernachten." Er lächelte bedauernd, setzte sich und zog den linken Fuß so auf seinen Schoß, dass er die Sohle begutachten konnte. Die Ferse war rot und wirkte glasig - er war in irgendwas getreten, erinnerte sich Jakob. Und erst war es gut gewesen, aber der Fußmarsch hatte eben seinen Tribut gefordert. Der Knappe runzelte die Stirn, dann grinste er verschmitzt. "Ich denke, das sollte sich später eine Heilerin der lieben Schwestern ansehen. Was meinst du?" Er ließ den Fuß los, beugte sich vor und küsste Iola auf die Wange, ganz gleich welchen Apfelfüllgrad diese gerade haben mochte.
Sein Hemd warf er nachlässig über und ließ es vorerst offen, dann zückte er ein kleines Messer und öffnete die in den Mantel eingenähte Tasche, in welcher sich all die Briefe befanden. Zwei reichte er nach kurzer Prüfung Iola, einer blieb in der Tasche. Der Letzte war allein vom verwendeten Papier her gut von den anderen beiden zu unterscheiden, trotzdem wollte er keinen Fehler machen. Er mochte den Kopf gerade in den Wolken haben, trotzdem war er noch immer er selbst und eine gewisse Akribie gehörte nun einmal zu ihm.
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Immer noch verschlafen zupfte und strich sie ihre Kleidung zu Recht, versuchte ihre Haare mit den Fingern etwas Ordnung einzuhauchen.
Als er ihr jedoch den Apfel reichte, galt ihre Aufmerksamkeit nachdenklich dem Obst. Sie überlegte lange, bevor sie hineinbiss und ordentlich durchkaute. Lange durchkaute. Was sie jedoch nicht davon abhielt den Kuss in Empfang zu nehmen.
Während er seine lädierte Sohle untersuchte, ging sie ganz selbstverständlich vor ihm auf die Knie und drückte ihm den einmal angebissenen Apfel in die Hand um beide Hände frei zu haben, nach seinem Knöchel zu greifen und sich seinen Fuß sich in den Schoß zu legen.
Egal wie schmutzig und würzig eingelegt er war, sie hielt ihm am Knöchel, strich mit den Fingerkuppen über die Fußsohle und hielt inne. „Gibst du mir bitte das Messer?“
Er gab es ihr zögerlich. „Stillhalten.“ Nein, sie schnitt nicht, stach ihn nicht, sondern fuhr nur mit der aufgesetzten Klinge über seine Ferse, als wolle sie ihn dort rasieren.
Die Klinge ruckte kurz und im nächsten Moment war es, als hätte jemand Druck aus seiner Fußsohle abgelassen. „Da steckte noch etwas. Mit etwas Salbe ist das in zwei Tage abgeheilt.“, erklärte sie und tauschte das Messer mit dem angebissenen Apfel.
„Bist du ganz sicher, dass du nicht zuerst einer Schwester vorstellen willst? Das muss doch weh tun…“
Sie kniete immer noch vor ihm und lächelte ihn an, als wäre er das Schönste, was sie je gesehen hatte.
Dabei stimmte das gar nicht. Das schönste, was sie je gesehen hatte war das Mädchen, dass sie beide an der Hand gehalten hatten. Erst dann kam er.
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Jakob von Nagall
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Er überließ ihr seinen Fuß und nach kurzem Zögern auch das Messer, mit dem sie geschickt das aus der Ferse holte, was ihn seit geraumer Zeit peinigte. Er hatte selbst schon immer wieder gepult, aber ohne Pinzette einfach keinen Erfolg gehabt. Iola löste das Problem wie mit einem Fingerschnippen. Jakob zog den Fuß wieder zu sich, reichte Iola den Apfel zurück und drückte ein wenig an der wunden Ferse herum.
"Besser.", stellte er gewohnt lakonisch fest, dann sah er sie wieder an. Iolas Lächeln war einfach ansteckend - wenn er so weitermachte, bekam er noch Krämpfe im Gesicht. Das waren die Muskeln in seinen Wangen nicht gewohnt, aber etwas dagegen tun konnte er auch nicht. Es ging ihm so gut wie seit Jahren nicht mehr und er wünschte sich, dieses Gefühl würde nie mehr enden.
Er wäre wirklich gerne sofort mit ihr gekommen, egal wohin - zu einer ihrer Schwestern, nach Nilfgaard oder ans Ende der Welt - aber das Pflichtbewusstsein siegte tatsächlich und er schüttelte leicht den Kopf.
"Es geht. Ich komme später in den Tempel und lasse es anschauen. Für mich wird es Zeit." Allerdings konnte er nicht anders, als sich noch einmal zu ihr zu beugen und ihr einen Kuss zu stehlen. Ihre Lippen waren kühl und schmeckten nach Apfel.
Der Knappe erhob sich und reichte Iola die Hand, um ihr aufzuhelfen, bevor er Mantel und Stab zusammen raffte. Als er noch einmal über ihre Wange strich, durchströmte ihn eine Welle aus Zuneigung und Zuversicht. Es würde schon irgendwie gehen, er konnte alle Hindernisse überwinden, wenn sie ihn nur so anlächelte.
"Es mag gegen mein Gelübde sein, aber du sollst in mir immer deinen Mann haben und ich will in dir meine Frau sehen. Und das Siegel, von dem du schon eine Hälfte hast, soll mein Zeichen sein. Violetta, willst du das? Kannst du damit einverstanden sein?", sagte er impulsiv und in seinem jugendlichen Leichtsinn sicher viel zu voreilig. Aber der Wunsch kam in diesem Moment aus seinem Herzen und auf dieses legte er ihre freie Hand. Nie zuvor war ihm etwas so ernst gewesen und wie er schon zu Jarel gesagt hatte: er würde ab jetzt dafür kämpfen, dass genau dies möglich würde. In aller Öffentlichkeit. Das sein Kind ihn Vater nennen und Violetta ihn küssen durfte, wann und wo auch immer. Und das er trotzdem den gewählten Weg weiter gehen durfte. Seine Weltordnung war aus den Fugen, war neu sortiert und auf befreiende Weise endlich richtig zusammengesetzt. Genau so sollte es sich anfühlen.
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Iola
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Sie sah ihn an. Wie er strahlte… Sein Licht leuchtete so hell, so warm, umfing sie und vertrieb sogar ein Stück weit die Übelkeit, vertrieb alle Furcht vor der Zukunft, jede Unsicherheit.
Und er bot ihr etwas an…Mann und Frau…Frau und Mann…das war mehr, als sie jemals erwartet hatte. Mehr, als sie jemals erwarten durfte… Der Vater ihrer Tochter war auf dem Weg ein Ritter zu werden. Ein gesalbter Ritter, der Keusch leben musste.
Seine Worte waren so wundervoll. Und sie wollte es. Genau das…konnte er das wirklich möglich machen?
Sie atmete tief ein und konnte durch den Stoff des Hemdes sein Herz schlagen spüren.
„Ja. Das wünsche ich mir.“, flüsterte sie und küsste ihn noch einmal ganz sanft auf den Mundwinkel.
„Bringst du mich noch zum Tor?“, bat sie leise und konnte ihre Augen einfach nicht von seinen nehmen. Und nicht von seinem Lächeln. So wunderschön…
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Jakob von Nagall
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Diese Küsse, die seine Lippen nur zum Teil berührten, elektrisierten ihn und Jakob zog Iola noch einmal in seine Arme, drückte seine Lippen gegen ihre Schläfe. Jemand mit mehr Erfahrung hätte wohl vor Schwärmerei und rosa Brillen gewarnt, aber sie waren beide jung und unerfahren, und in Jakobs Körper zirkulierte ein wilde Mischung aus Hormonen, angestachelt von dem kleinen Abenteuer und Iolas schierer Präsenz. Jetzt und hier war ihm alles ernst, was er sagte, auch wenn die Zeit vielleicht vieles davon vergrauen lassen würde.
"Sicher.", erwiderte er. Widerwillig löste der Knappe sich von Iola, hüllte sich in seinen Mantel, schlug die Kapuze hoch und nahm den Pilgerstab. Ein kurzer Blick zurück, doch nur das nieder gedrückte Moos erinnerte noch an ihr Hiersein.
Bis zum Waldrand hielt Jakob Iolas Hand, stützte sie sichernd über jede Wurzel. Am liebsten hätte er sie getragen, doch er konnte sich beherrschen, sagte sich immer wieder, sie sei nicht krank, nur schwanger. Erst auf der Straße ließ er sie los und ging neben der Priesterin her bis zum Meliteletempel. Sie zum Abschied zu küssen wagte er hier nicht, aber der Blick, den er ihr aus der Tiefe der Kapuze schenkte, sprach Bände.
"Ich komme dich besuchen, sobald ich kann.", versprach er, dann riss er sich los und verschwand zwischen den Häusern in Richtung Tempel des Ewigen Feuers.

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Jakob von Nagall
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Lebenslauf: Jakob von Nagall

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von/nach: Tempel der Melitele --> Alt-Wyzima
Datum: Nacht vom 27. auf den 28. August 1278
betrifft: Jarel
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Es trieb ihn weiter. Wie auf einer Schiene gezogen in eine bestimmte Richtung. Und nicht in die beste. Eher in eine wirklich, wirklich schlimme. Er kannte diese Ecke der Stadt. Viel zu gut... Seine Schritte wurden mal eiliger, dann wieder langsamer, als müsse er sich orientieren. Unwillkürlich glitt seine Hand zu jenem halbierten Siegel an seinem Hals.
Es war eher eine böse Vorahnung als eine Spur, den Knappen in diese Ecke von Wyzima trieb. Oder eher eine verblasste, verdrängte Erinnerung.
Obwohl die Stadt nicht wirklich groß war – zumindest, wenn Jakob sie mit den Städten seiner Geburtswelt verglich - waren die Unterschiede zwischen den einzelnen Stadtteilen gewaltig.
In der Gegend in der er sich im Moment befand, wollte man sich als rechtschaffener Bürger lieber nicht aufhalten. Vor allem nicht um diese Uhrzeit. Obwohl nur drei Kreuzungen vom Tempelviertel entfernt waren die Straßen noch dreckiger als ohnehin schon, der Gestank drückte alle anderen Sinne nieder und die in der Kühle der Nacht dampfenden Pfützen an den Rändern des Weges stammten sicher nicht vom Regen.
Im krassen Gegensatz dazu stand die Laune der Leute, die sich in dieser Gegend aufhielten.
Es erinnerte beinahe an ein Volksfest, vor allem weil hier alles, was auf zwei Beinen unterwegs war sich als stockbesoffen herausstellte. Und das, was sich nicht mehr auf den Beinen halten konnte, als noch ein gutes Stück besoffener.

Jakob hielt sich unter seiner Kapuze verborgen, die Hand am Dolch. Gewandt glitt er zwischen dem bunt gemischten Volk hindurch, wich den Händen von Huren und den größten Haufen von menschlichem Unrat aus. Seine hellen Augen suchten aus dem Schatten des Mantels heraus etwas, glitten über Gesichter, Fassaden, Gestalten, in Gassen. Jemand stieß ihn an und blaffte etwas, doch er ging weiter. Das da kannte er wie aus einem Fiebertraum - ein dunkles Fachwerkhaus mit vernagelten Fenstern, doch die Tür stand offen und Lärm drang heraus. Hier war er schon mal gewesen. Kurz blieb er stehen, doch sofort war jemand nahe und versuchte ihn zu locken, doch herein zu kommen. Er wand sich um den Gnom herum, setzte seinen Weg fort.
Immer suchend.

Es war fast wie um die entsprechende Uhrzeit auf dem Oktoberfest. Der große Unterschied waren nicht einmal die Kleidung, sondern der weibliche Teil der illustren Gesellschaft hier. Weniger betrunken, dafür von umso mehr von professioneller Berufung.
Schläger, Trunkenbolde, Huren.
Und Volksfeststimmung.
Fast wie eine leuchtende Spur auf dem Boden führte etwas Jakob in eine Taverne, eine abgewrackte Spelunke, über dessen Eingang ein schiefes Schild in Form eines Fuchses hing, dessen Buchstaben längst verblasst und kaum noch lesbar waren.
Er musste einen Moment warten, bis er eintreten konnte, denn zwei Halunken schleiften einen dritten Halunken zwischen sich durch die Tür nach draußen. Der Grund, warum nummer Drei nicht selbständig laufen konnte war, dass sich sein Bewusstsein verabschiedet hatte.
Und das nicht ohne Grund, denn Blut troff Nummer drei aus der Nase, deren Nasenrücken wohl nicht ganz so krumm sein sollte wie sie es war.
Zwischen all den trunkenen Menschen, wirkten Jakobs Bewegungen unwirklich geschmeidig. Er wich den dreien aus, als versinke er einen Moment lang in der Dunkelheit, ein Schritt wie bei einer Tanzdrehung und doch war es Teil einer weit tödlicheren Choreografie... nur hatte er kein Schwert zur Hand. Nur den Dolch. Er schalt sich einen Idioten, nicht etwas besser bewaffnet zu sein, aber nun war es zu spät.
Mit bedachten Schritten trat er ein, auch wenn er dadurch auffiel wie ein bunter Hund. So bewegte sich keiner der Gäste. So bewegten sich Wächter, aber die kamen nie her.
Zum Glück waren die Gäste entweder zu abgelenkt oder zu betrunken, oder schlicht zu dumm um ihn zu bemerken. Und immer noch überall Verletzte. Jetzt, darauf aufmerksam geworden, fand er Spuren überall. Blutergüsse, Feilchen, Platzwunden, wenn er es richtig sah auch anderes. Es schien sich um einen Prügelwettbewerb zu handeln. Und dem Grölen und Anfeuern nach…wurde immer noch gekämpft.
Der Lärm führte ins Hinterzimmer. Das Hinterzimmer, an dem die Treppe nach unten führte.Unten ging es durch eine schmale unscheinbare Tür in einen Gang entlang, in dem man sich an eine Seitenwand drücken musste, wenn eine Person entgegenkam. Und dahinter…ein überraschend großer Raum. Nein…Katakomben sogar. Und dem Geruch nach zu urteilen waren diese Räume mittelbar in der Nähe der Abwasserkanäle. Doch das störte hier niemanden. Alle waren abgelenkt. Abgelenkt von der Hauptattraktion des Abends.
Das konnte doch nur ein schlechter Film sein. Ein schlechter, alter und billig gemachter Film. Mitten in dem erstaunlich großen Raum erhob sich tatsächlich ein auf einem drei Stufen hohen Podest ein Boxring. Und darin fand gerade ein Kampf statt. Wie erwartet hatte Jakob in diesem Moment gefunden, was er gesucht hatte.
Das Ziehen in seinem Inneren verebbte.
Er war angekommen.

Langsam war er durch diesen Korridor gegangen, langsam, aber dabei eine Aura vor sich her schiebend, die die entgegen kommenden Menschen veranlasste, eher auszuweichen. Jakob wusste nicht einmal, wie er wirken konnte, wenn er ein Ziel hatte, so wie jetzt. Aufrecht und selbstbewusst, mit Blicken wie Nadeln. Provokant, doch gleichzeitig auf eine Art, die die anderen hier vorsichtig werden ließ. Ohnehin hatte hier fast jeder schon sein Fett weg und der, der hier austeilte, stand im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Innerlich stöhnte Jakob auf.
Bitte. Nicht.
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Jarel Moore
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Lebenslauf: Jarel

Seinen Rittervater hier zu finden war die eine Sache.
Eine andere war das Auftreten des Mannes, den er gesucht hatte.
Ein beeindruckendes Auftreten konnte er durchaus an den Tag legen, aber das war schon beinahe ekelerregend aufreizend, wenngleich die leichten Damen das wohl anders empfanden und den Mann - der sie niemals anfassen würde - anhimmeln oder ihn seufzend beobachteten.

Das war ein bisschen wie den eigenen Vater dabei beobachten, wie er heroisch den Bauch an der Strandbar einzog, wenn die jungen Mädels vorbei flanierten. Auch wenn Jakob nie am Meer Urlaub gemacht hatte oder das gar mit seinem Vater. Aber so stellte er sich das Gefühl vor...
Langsam schob er sich durch die Menge der Schaulustigen Richtung Ring.
Für seine sechsundsechzig Jahre war Jarel in beeindruckender - magisch unterstützer- Form, auch wenn er nach der Tortur der Strafe, in den letzten Tagen der Reise und dem hartnäckigen Husten abgebaut hatte, beeindruckend war er noch immer.
Er trug nur noch die übliche Lederhose, der nackte Oberkörper war von vorne noch durchaus ansehnlich. Er und sein Gegner umrundeten sich mit erhobener Deckung für den nächsten Schlag.
Als nun Jarel mit dem Rücken zu Jakob mit erstaunlich federndem Schritt vorbei schlich, war dieser Eindruck jedoch hinfällig. Der Rücken des alten Mannes war alles andere als hübsch anzusehen. Die Folgen der Züchtigung hatten kaum einen heilen Quadratzentimeter zurückgelassen.
Trotz alledem bewegte er sich geschmeidig wie ein Raubtier und schlug ebenso schnell und erbarmungslos zu.
Sein Gegner - ein etwas kleinerer, sehr kompakter Mann mit dunkler, über und über tätowierter und mit diversen Ringen geschmückter Haut riss zwar die Arme zur Abwehr hoch, jedoch nur um festzustellen, dass es sich um eine Finte gehandelt hatte und einen Tritt dorthin kassierte, wo es wirklich wehtut.
Der Gegner ging mit einem Jaulen, der einer auf den Schwanz getretenen Katze um nichts nachstand unter dem Lachen und Grölen der Zuschauer zu Boden und Jarel stolzierte wie ein Pfau am Rande des Rings entlang, feuerte die Zuschauer mit nach oben gerissenen Händen zum Jubeln auf und ließ sich feiern.
Auf den ersten Blick der unbestrittene Sieger. Auf den zweiten jedoch, und keiner der Anwesenden -von Jakob abgesehen - war nüchtern oder intelligent genug um diesen zweiten Blick zu wagen, stimmte einiges nicht.
Der ‘Sieger’ wankte, atmete hektisch durch den geöffneten Mund, zog ein Bein nach, hob die eine Schulter höher als die andere und das eine Auge war beinahe komplett zugeschwollen.
Und doch zeigte er den Willen -nein den Zwang- weiter zu kämpfen. Als hätte er längst noch nicht genug.
Während der nächste Gegner in den Ring kletterte, wechselte am Rand Geld den Besitzer, Wetten wurden gesetzt und Buchmacher freuten sich, das Geschäft ihres Lebens zu machen.

Der Knappe beobachtete seinen Ritter durchaus aufmerksam mit einer recht ausgewogenen Mischung von Eindruck und peinlicher Berührtheit. Von einem Moment auf den anderen war der Traum wieder da und vor allem die starken Emotionen - der Schmerz, die Wut, das kochende Blut. Er konnte nicht verhindern, dass sein eigener Körper auf dieses Echo reagierte - nicht in dieser aufgeheizten Umgebung - und sich ebenfalls mit Hormonen auflud. Jakob hatte sich in seinem Leben weiß Gott oft genug geschlagen, aber wäre nie auf den Gedanken gekommen, dies institutionalisiert zu tun. Er schlug sich einfach, wenn die Gelegenheit kam oder er forderte sie heraus. Fast war er geneigt, es gegen seinen eigenen Rittervater zu versuchen.
Als Jarel sich allerdings für einen miesen Tritt in die Eier feiern ließ, schlug diese Neigung um. Im Gesicht des Jüngeren hob sich eine Braue. Ernsthaft jetzt? Dann bemerkte er erst die Zeichen der Ermüdung an Jarel und jenes aufflackernde Feuer wurde von Sorge erstickt, was ihm gleichzeitig bewies, dass die meisten Empfindungen in Richtung Prügelei tatsächlich nur ein Echo von Jarels Wüten dort oben war. Was bedeutete das? Leicht krauste der Knappe die Brauen, richtete die stechend hellen Augen aus dem Schatten der Kapuze auf den Mann im Ring und versuchte allein mit diesem Blick dessen Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
Sieh.Mich.An.
Der nächste Gegner war ein Zwerg. Nein…sogar der Stereotyp eines Zwerges. Vielleicht ein Meter und dreißig Zentimeter Groß – oder auch klein – zerzaustes, langes schwarzes Haar, das irgendwann einmal mit dem bauchnabellangen Bart zu Zöpfen geflochten gewesen war, muskelbepackt, dass selbst Popei neidisch gewesen wäre und mit Fäusten die aussahen, als könnte man damit ohne weitere Hilfsmittel Eisen schmieden.
Auch der Zwerg trat nur in Hose an, allerdings mit schweren Stiefeln und nicht wie Jarel barfuß.
Wenn es bei diesem Kampf Regeln gab, waren diese nicht offen erkennbar.
Der Tätowierte wurde aus dem Ring entfernt, während sich die Kämpfer bereits wieder belauerten.
Und was auch immer der Mensch mit der dunklen Haut und der Unmenge an Schmuck getan hatte, er kassierte noch während er rausgeschleift wurde und langsam wieder zu sich kam Prügel von denen, die ihn Richtung Ausgang zerrten. Jakob bekam den Grund nicht richtig mit, aber mit irgendetwas schien ausgerechnet der Typ, der einen Tritt in die Eier kassiert hatte, die Regeln verletzt zu haben, denn er wurde mit lautstarkem Schimpf und Schande im hohen Bogen hinausgeworfen.
Im Ring ging es jedoch direkt weiter. Die bandagierten Fäuste als Deckung vor den Gesichtern belauerten sich die beiden so ungleichen Gegner, drehten sich einmal im Uhrzeigersinn, einmal in die andere Richtung und warteten darauf, dass der jeweils andere Angriff.
Gerade als sich der Schattenläufer sich von Jake aus gesehen in der rechten Ecke des Rings stand und der Zwerg in der linken, erstarrte Jarel. Er schwankte einen langen Moment lang und drehte dann wie in Zeitlupe das Gesicht in Richtung des jungen Mannes.

Etwas rastete ein, verzahnte sich, ruckte in fest abgestimmtem Takt vorwärts. Jarel wandte sich tatsächlich um und sah seinem Jungen direkt in die Augen, schien ihn zu erkennen... Ein wirklich beschissener Moment dafür, den Gegner aus dem Fokus zu lassen.

Tatsächlich…Knappe und Ritter sahen sich direkt in die Augen und gerade als so etwas wie Erkenntnis in den Augen des Älteren aufflammen wollte und er die Deckung einen Deut fallen ließ, agierte der Zwerg.

Jakob sah den Schlag kommen, setzte noch zu einem: "Achtung, hinter...", an, da war es schon zu spät.

Erstaunlich, wie hoch und wie weit so eine Wuchtbrumme springen konnte, und das ganz ohne Stahlseile und Spezialeffekts.
Es kam wie es kommen musste.

Der Ritter kassierte einen weit ausholenden rechten Schwinger ans Kinn, drehte sich nur beinahe elegant fast zwei Mal um die eigene Achse und sackte noch währenddessen wie eine Marionette ohne Fäden in sich zusammen.
Einen Moment war es totenstill, dann brandete ein Grölen und – teilweise sogar begeistertes – Gebrüll auf. Die Buchmacher wurden bedrängt und einer versuchte sogar die Flucht zu ergreifen, während sich nun der Zwerg mit erhobenen Fäusten als Sieger feiern ließ und Jarel raus geschleift wurde.
Zumindest war das damit erledigt. Jarel war vom Brett bei diesem perfiden Spiel.
Jarel ging auf die Bretter nieder, der Zwerg ließ sich feiern.

Einen Moment lang kämpfte Jakob mit dem aufflammenden Impuls, diesem Wicht das Gesicht neu zu dekorieren, doch er rang das Gefühl nieder und arbeitete sich stattdessen auf die Seite des Rings zu, auf der man Jarel heraus schleppte. Unsanft wurde er gerade in eine Ecke verfrachtet, wo man schon einige seiner "Opfer" geparkt hatte, während es im Ring nahtlos weiter ging.
Jakob drängte sich zwischen den Schaulustigen zu seinem Rittervater durch, dem ein riesiger Typ mit dem Gesicht eines Pitbulls gerade einen Eimer Wasser über seinen Kopf leerte. Oder was man hier als Wasser definierte.
Der Knappe kam endlich zu Jarel durch, packte ihn bei der Schulter und beugte sich näher zu ihm. "Jarel? Jarel!" Ganz ohne seine Mithilfe bewegen würde ein Akt werden, also versuchte er zunächst, ihn zu wecken. Wobei ihm überdeutlich die Fahne in die Nase stieg, die der Ältere ausatmete. Jakob fluchte leise und rüttelte Jarel erneut.
"Lass mich.", nuschelte Jarel und fuchtelte mit der Linken, als wolle er eine Fliege verscheuchen.
"Will schlafen."
Er lallte, ganz offensichtlich sturzbetrunken.

"Darfst du, aber nicht hier."
, knurrte Jakob durch die Zähne und zerrte sich den Arm des älteren Mannes um die Schultern. Alleine der wog schon ordentlich. Es war ein Kraftakt, aber er kam irgendwie auf die Füße und zog Jarel mit.
"Au.", murrte Jarel, ließ sie aber tatsächlich hochziehen und stand schwankend wie ein Grashalm im Sturm vor Jakob. "Gehen wir was trinken." Der ältere nickte sich selber zustimmend zu, blinzelte aus dem nicht zugeschwollenem Auge und wollte tatsächlich lostaumeln.
"Sicher.", erwiderte der Knappe. Nur nicht hier und ganz bestimmt keinen Rum mehr. Er blieb unter Jarels Arm und bugsierte diesen Richtung Ausgang.
Es dauerte eine ganze Weile, bis die zwei den Ausgang erreichten, was einzig daran lag, dass man die Länge der Strecke mit der Weite multiplizieren musste, so sehr eierte der Ritter von einer Seite zur anderen.
"Wohin gehts?", fragte Jarel ungeduldig.
Jakob musste die gleiche Strecke mit, denn sein Kampfgewicht reichte bei weitem nicht, um dem schwankenden Riesen etwas nennenswertes entgegen zu setzen. Immerhin schaffte er es aber, die grobe Richtung zu geben und nichts oder niemanden dabei allzu unsanft zu touchieren.
"Raus aus diesem Loch.", schnaufte er. Raus aus dieser Stadt, dachte er.
"Vergiss nicht den Rum mitzunehmen.", brummelte der Ritter, wehrte sich aber nicht, sondern ließ sich willfahrig steuern und lenken.

"Klar." Typische Antwort und vorerst die Letzte, denn er brauchte seine ganze Konzentration, um Jarel vor die Tür zu bringen. Mit dem Sauerstoff-Flash rechnete der Abstinenzler allerdings nicht.
Zuletzt geändert von Jarel Moore am Freitag 14. Juli 2023, 10:07, insgesamt 1-mal geändert.
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Jarel Moore
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Es geschah auch etwas anderes als das, womit er gerechnet hatte.
Statt zumindest etwas klarer zu werden, wurde der ältere von einem Hustenanfall besonderer Güte durchgeschüttelt.
Erst als der Anfall vorbei war und Jarel jappste wie ein Fisch auf dem trockenen, wurde er eine Spur klarer.
"Ich würd mich gern ne kleine Weile setzen."
Jakob hielt Jarel während des fürchterlichen Hustenanfalls so fest er konnte an seine Seite gepresst. Scheiße, was sollte er nun mit ihm machen? Beide Tempel kamen nicht in Frage - er konnte nicht zulassen, dass irgendwen ihn so sah. Kein Ritter und schon gar nicht Iola. Er überlegte fieberhaft, während Jarel scheinbar etwas zu sich kam.
Setzen? Auf keinen Fall - dann bekam er ihn sicher nie wieder hoch. Ein erneutes Deja-vu rollte durch seinen Kopf: Jade, die im Drogenrausch genau so über seiner Schulter hing und keinen Meter mehr gehen wollte. Selbst dieses Persönchen zu bewegen, war ein Kraftakt gewesen.
"Komm, erstmal noch ein Stück weg hier." Damit ging er los und hoffte einfach.
Tatsächlich folge der schwere Klotz, fast wie in Trance, Eine leere, verstandsbefreite, willenlose Hülle, deren Schritte immer unsicherer und weicher in den Knien wurden.
"Ich will nach Hause.", nuschelte der Brocken. "Ins Lamm. Zu meiner Schwester. Da hab ich noch gereicht... "
"Meine Kinder wiedersehen.", murrte er nach einer langen Pause. "Ila...sogar meinen Vater vermisse ich. Auch wenn unser Verhältnis nach Mutters Tod echt am Arsch war."
Ganz offensichtlich wurde der Ritter redselig, wenn er besoffen war.
Jakob biss die Zähne aufeinander und zog Jarel einfach vorwärts, so weit dieser mitlief, allerdings hatte er den Eindruck, der Mann wurde zusehends schwerer. Der Knappe begann zu schwitzen.
"Wie war dein Vater so?", versuchte er Jarel wach zu halten, während sie die Mauer erreichten und das Tor passierten. In Alt-Wyzima wurde das nicht mehr bewacht, man wachte nur über die Insel, entsprechend war das Klientel auf dem Festland. Jakob war vor ein paar Tagen von dieser Seite gekommen, daher hatte er nun ein Ziel vor Augen: eine verlassene Fischerhütte, in der er genächtigt hatte.
"Streng.", antwortete der tatsächlich immer schwerer werdende Klotz zunächst.
"Streng, aber gerecht. Hat nicht viel geredet. Dafür war Mutter zuständig. Von ihm hab ich das Kochen gelernt... und das Schweigen."
Nicht nur Ritter wurde immer schwerer, auch Stimme und Stimmung zog es abwärts.
Er ließ den Kopf hängen, starrte vor sich und tauchte spürbar immer tiefer in Erinnerung und Melancholie ein.

"Meiner auch. Streng, aber meistens fair. Manchmal vermisse ich ihn auch." Er sortierte sich unter Jarels Gewicht etwas um, packte das Handgelenk des Ritters fester und mit der anderen Hand einfach den Hosenbund der Lederhose.
"Mutter hatte allerdings das bessere Händchen für Strafen." Er klang gepresst. So weit war ihm der Weg bis zur Hütte gar nicht vorgekommen.
"Von den Kindern musst du mir mehr erzählen. Ich werde... Tipps brauchen." Verflucht, so würde das nichts werden.

Der Gesichtsausdruck des Ritter geriet auf unheimliche Weise leer und abwesend. Es wirkte, als sei etwas auf eine endgültige unumkehrbare Art zerbrochen.
"Clay..." Er seufzte.
"Ilarion und ich haben uns sehr unterschieden. Nicht nur, weil wir verschiedenen Rassen abstammen.", begann der Ältere einen lallenden Monolog.
"Er war ein unglaublich hübscher Kerl, wickelte das Weibsvolk reihenweise um den Finger. Hatte jeden Abend mindestens eine andere." Jarel atmete tief durch. Seltsam…das schmerzte sogar jetzt noch.
"In einer Nacht zogen wir gemeinsam los. Er hatte eine besondere Nacht mit zwei rassigen Sin'Dorei organisiert. Erinnern kann ich mich kaum. Drogen... Alkohol.. Zehn Monate später wurde mir ein Säugling in die Arme gedrückt. Die zweite Hure. Sie behauptete, ihre Kollegin sei bei der Geburt gestorben und ich solle mich um das verfluchte Halblings- Kind, das sie trotz Verhütung empfangen habe selber kümmern. "
Und kleine Weile verstummte Jarel. "So wurde ich schlagartig Vater. Es hat etwas gedauert, aber ich habe ihn lieben gelernt."
Der Alkohol, der seinen Verstand benebelte, das Selbstmitleid in dem er gerade badete und die Sehnsucht nach der Heimat verklärten seine Erinnerungen, wie es so oft war, wenn man alt wurde, ganz nach dem Motto 'Früher war alles besser'.
"Mit Alystin erging es uns ähnlich. Allerdings war die Mutter keine Hure, sondern eine seiner zahlreichen Affären. Die Kleine verdreht jetzt sicher mit ihrer Schönheit den Männern den Kopf."
Fast hätte er vergessen, warum Jakob die Frage überhaupt vorgeschoben hätte. Aber nur fast.
"Tipps kann ich dir nur zwei geben. Hör auf dein Bauchgefühl. Und lass dir nicht reinreden. Du wirst es richtig machen. Du bist ein schlauer und guter Junge. Der Rest kommt von allein."
"Seine anderen Kinder wuchsen bei ihren Müttern auf. Einmal hat er Drillinge mit der Mutter eines Bekannten und ein Mädchen mit dessen Ehefrau gezeugt. Elfen sind da...recht frei. Monogamie ist da nicht angesagt."

Er redete. Gut, dann blieb er wach und bewegte sich vorwärts. Darauf, wirklich Antworten zu bekommen, spekuliert der Knappe eigentlich nicht. Umso überraschender, dass Jarel tatsächlich geistig noch so weit bei ihm war, dass er die Frage aufgenommen hatte.
Bauchgefühl.
Nicht rein quatschen lassen.
Gut, das waren zwei Dinge, denen er ohnehin oft folgte, nur ersteres ignorierte er gern. Ebenso gern hätte er nun das ungute Gefühl ignoriert, das in seinen Eingeweiden Platz beanspruchte, denn je mehr Jarel vor sich hin lallte, desto klarer wurde dem "guten Jungen", dass sein Rittervater nicht nur ein Bier gehabt hatte. Der Vergleich zu Jade drängte sich ihm auf und damit kam die Angst, dass irgendwas Furchtbares passieren würde, dem er nicht Herr würde. Jakob fiel in Schweigen, stapfte durch die dunkle Morgenstunde nordwärts, bis im Schein des Mondes und der fernen Leuchtfeuer Wyzimas die kleine Hütte auftauchte.
"Warte hier." Er setzte Jarel an einen Baum, warf ihm seinen eigenen Mantel um die Schultern - verdammt, das hätte er längst tun sollen! - und schlich zur Hütte, um sich zu vergewissern, dass dort keine böse Überraschung lauerte.

Der degradierte Ritter war tatsächlich – zumindest für die Verhältnisse eines Mannes, der fast zwei Flaschen Rum geleert und sich dazu ‚sonst noch was‘ reingepfiffen hatte – erstaunlich klar.
Später würde es Jakob vielleicht dämmern: Der Mann war lange Zeit Alkoholiker und drogenabhängig gewesen. Und für so jemanden war es typisch, dass man ihm die Trunkenheit weniger anmerkte als einer Person, die sich das Leben nicht mit dieser Sucht versaut hatte.
Während Jakob in der Hütte nach dem Rechten sah, sank der Ritter immer weiter vorn über und somit auch zusammen. Trotzdem es eigentlich nicht kalt war, zitterte der Mann. Doch an dem Zittern war seltsam. Es waren keine kleinen, vibrierenden Bewegungen. Es war eher ein ausholendes Schlottern, das Jakob wahrscheinlich mehr an Parkinson als an eine frierende Person erinnerte.
Wenn die böse Überraschung nicht in der Hütte lauerte, dann eher unter dem Baum.
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Jakob von Nagall
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Im Inneren der Hütte war alles so, wie er es verlassen hatte. Der Ritter draußen war allerdings nicht so, wie er ihn verlassen hatte. Jakob entfuhr ein Fluch, als er im Laufschritt auf ihn zu eilte und neben Jarel auf die Knie ging, um ihn wieder etwas aufzurichten. Erstaunlich, welche Kraft in Muskeln steckte, die sich unwillkürlich spannten... Plötzlich war die Angst wieder da, das Deja-vu.
"Vater? Hörst du mich?" Der Fehler fiel ihm, durcheinander wie ihn all das brachte, gar nicht auf und es machte im Grunde auch kaum einen Unterschied, denn es war einfach, was ihn inzwischen mit Jarel verband.
Der Ritter war nicht richtig da. Sein Blick huschte unstet umher, fasste keinen Fokus und auch Antwort bekam er nicht.
Jarel atmete verkrampft und schnappend und Schweißperlen rannen seine Schläfen hinab. Etwas kündigte sich mit einem geradezu donnernden Trommelwirbel an.
Das war nicht gut, definitiv nicht. Jakob verfluchte sich dafür, nicht zum Tempel gegangen zu sein, aber jetzt war es zu spät. Mehr schleifend als tragend brachte er Jarel in die Hütte, wo sogar sein Lager aus Moos und Reiß noch lag, kaum zusammen gefallen. Es war erst ein paar Tage her, dass er hier eine Regennacht verbracht hatte, ohne zu ahnen, wie nah er der Stadt war. Daher wusste er immerhin, dass das Dach noch gut dicht war.
Sie schafften es gemeinsam bis in die Hütte, wobei der Ritter mehr auf steifen Beinen taumelte als ging und eher auf das Lager stürzte statt sich auszustrecken.
Jakob behielt eine Hand auf Jarels Brust und starrte in das im Dämmerlicht bleiche Gesicht. Wenn er die Hand auf die Stirn des Älteren legte, fühlte er kalten Schweiß und das krampfhafte Atmen sorgte dafür, dass sich auch in Jakob alles zusammen zog.
So hatte es angefangen und wäre dieser verrückte Vampir nicht gewesen, wäre Jade einfach krepiert. Die Hand auf Jarels Brust zitterte.
Der Knappe mahnte sich zur Ruhe.
Jade war Diabetikern gewesen. Jarel war vieles, aber das - hoffentlich - nicht. Dennoch zog er den Dolch, packte allerdings die in der Scheide verborgene Klinge fest, nicht das Heft.
Es dauerte weniger als eine Minute bis genau das geschah, womit Jakob gerechnet hatte.
Der Ritter verschraubte die Augen nach oben, stellte das Atmen ein und knirschte mit den Zähnen.
Dann begann das Zucken und zappeln. Mit kleinen, ruckenden Bewegungen zog der Schattenläufer die Gliedmaßen an, versteifte sich in der Embryonalhaltung und machte den Eindruck, jemand würde ihm Elektroschocks verpassen. Der Anblick war grässlich und heftig, aber schnell wieder vorbei.
Auch wenn es sich wie eine Ewigkeit anfühlte, keine drei Minuten später verließ sämtliche Spannung den geschundenen Körper und mit einem lauten Japsen setze auch die Atmung wieder ein.
Nur wach wurde der Ältere nicht. Wäre da nicht der klebrige Schweiß und der langsam herabrinnende Schaum im Mundwinkel gewesen man könnte denken, er schliefe.
Atem und Puls beruhigten sich und auch der Gesichtsausdruck wirkte entspannt.
Die Gefahr war vorüber.
Jakob konnte dabei nur zusehen und versuchen zu verhindern, dass Jarel sich verletzte, wie er es bei Henselt tat. Das er nicht völlig die Nerven verlor, war wohl diesem zu verdanken. Nur zwischen die Zähne brachte er nur den schmalsten Teil der Scheide und hoffte einfach das Beste.
Als es vorbei war, schälte Jakob sich aus all seinen Sachen bis auf Hose und Fußlappen. Das Hemd stopfte er unter Jarels Kopf, den leichten Überwurf in braun und rostrot warf er wie eine Decke über den Oberkörper des anderen.
Doch das würde nicht reichen. Feuer. Er musste Feuer machen. Der Gedanke erzeugte direkt die nächste Welle der Übelkeit, aber er suchte Holz zusammen, schälte draußen am Ufer eine Birke.
Das hatte stets jemand anderes getan. Immer. Er war nur Zuschauer gewesen. Immer.
Die Theorie war klar, er hatte sogar alles in den Taschen seines Pilgermantels, aber es brauchte Minuten und viele Blicke zu Jarel, bis er mit dem Funken schlagen begann. Beim Füttern der kleinen Flamme zitterte er so heftig, dass er zweimal von vorn beginnen musste. Dann knackte endlich das erste Holz und er zog sich etwas zurück. Nun war auch er Schweiß überzogen.
Sie waren schon ein Pärchen...
Jakob blickte in das vom winzigen Feuer erleuchtete Gesicht Jarels und erhob sich dann. Auf einem Sims hatte er eine Schale abgelegt, die er während des Regens geschnitzt hatte und oh wunder, sie war nicht gesprungen. Also Wasser holen, dann zurück. Mit frischem Moos als Ersatz für einen Schwamm tupfte er Jarels Gesicht ab, versuchte ihm auch etwas Wasser einzuflößen.
Diese dumpfe Ruhe machte ihm Sorgen, doch noch mehr sorgte er sich vor dem Erwachen. Jade hatte er gut unter Kontrolle gehabt, wenn sie ihre Ausbruchsversuche startete. Sie wog locker zwanzig Kilo weniger als er.
Aber Jarel... Jakob hatte mit Alkoholsucht keine Erfahrung, aber er kannte die Kraft, die sein Rittervater hatte. Und dann waren da die locker dreißig Kilo mehr.
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Lange geschah nichts. Und auch nach Stunden waren die einzigen Veränderungen, dass der Ritter von der Bewustlosigkeit in einen tiefen Schlaf hinüber glitt. Nun murmelte er gelegentlich etwas, rührte sich, streckte die Glieder aus, schmatzte gelegentlich und grunzte von Zeit zu Zeit.
Die einzig von den leise ans Ufer schlagenden Wellen des Sees unterbrochene Stille war beinahe so drückend wie die Dunkelheit draußen, einzig zurückgehalten vom Feuer in der Mitte der Hütte.
Eine einschläfernde, sinnleerende Stille.
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Sinnleere Stille, in der Jakobs aufgepeitschtes Gemüt allerdings keine Ruhe fand. Er quälte sich fast schon lustvoll mit Selbstvorwürfen. Die ganze Situation ging zu einem Gutteil auf sein Konto, denn er hatte seinen Emotionen wider besseren Wissens freien Lauf gelassen. Seiner Wut und seiner Enttäuschung Luft gemacht, obwohl er wusste, dass Jarel nach dieser ganzen Geschichte mental nicht auf der Höhe war und gerade er - Jakob - ihn hart verletzen konnte. Und genau das war geschehen. Die Konsequenz sah er nun vor sich und er machte sich schwere Vorwürfe deswegen, sodass es ihm den Schlaf raubte.
Mal ging er nach draußen, blickte über das Wasser, dann wanderte er in der Nähe herum. Das Mondlicht reichte zur Orientierung und im ersten Morgendämmern fand er Heidelbeeren und sammelte sie in der Schale, an einem anderen Busch wuchsen Brombeeren. Herbstboten wie die ersten raschelnden Blätter unter seinen Sohlen.
Dann kehrte er zurück, setzte sich zu Jarel, fütterte das Feuer. Grübelte. Wäre es anders gekommen, wenn er gemäßigter reagiert hätte? Hätte er darauf bestehen sollen, dass Jarel gerade gestern nicht allein blieb? Hätte er es verhindern können, irgendwie? Der Knappe suhlte sich geradezu in seiner Schuld, wie er es früher gern beim Thema Miriam getan hatte und heute zuweilen gern noch tat.
Während es draußen heller wurde, wurde es in ihm zunehmend düster.
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Jarel Moore
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Tatsächlich dauerte es bis zum Morgengrauen, bis Jarel die ersten Anzeichen des Erwachens zeigte. Er wurde unruhiger, stöhnte gepresst und seine Augenlieder begannen hektisch zu flattern.

Jakob hatte sich beschäftigt: Die Beeren in provisorische Teller aus Rinde umgelagert, die Schale wieder mit Wasser befüllt, den Boden neben Jarel mit Pestwurz bedeckt... nur für den Fall.
Als der Älter leise stöhnte, war er gleich da, legte ihm die Hand auf den Arm, fest genug, dass Kontakt spürbar war.
"Jarel?" Der Tonfall war fast genauso wie bei jenem freudschen Versprecher am Abend.

"Uhm..." Der Ältere schlug die Augen auf und verzog gleich das Gesicht. "Wo...was...?" Und sogleich versuchte er hochzukommen. Er wollte raus, und das ganz dringend. Und die würgenden Laute, die er von sich gab waren ein eindeutiger Hinweis darauf, warum.
Jakob machte keine Anstalten, ihm aufzuhelfen. Er hatte Vorkehrungen getroffen und machte sich keine Illusionen, Jarel rechtzeitig hoch und raus zu bekommen. Zumal der sich wohl kaum selbst auf den Beinen halten konnte. Die Pestwurz konnte er gut wegräumen.
In einer Mischung aus demütigendem Kriechen, Wanken und Stolpern und nur beinahe bewundernswerter Sturheit schaffte der angeschlagene Ritter es raus aus der Fischerhütte und sogar bis zu einem der niedrigen, schlanken Bäume die in der Nähe des Ufers standen.
Was ihn die Nacht über gewärmt und vermutlich von noch schlimmer werdendem Husten geschützt hatte, lag unbeachtet auf der Bettstatt aus Moos und Reisig verteilt. Jarel nahm noch nicht viel wahr in diesem umwölkten Moment. Seine Welt bestand nur aus Schwindel, Übelkeit und furchtbaren - wohlverdienten - Kopfschmerzen, von den Kleinigkeiten wie dem geschwollenen Auge, dem Brennen in den Bronchien und dem geschundenen Rücken einmal angesehen.
Das alles war ihm nicht bewusst, während er sich geräusch- und gehaltvoll übergab, weit nach Vorn gebeugt und den sich biegenden Föhrenstamm als Halt nutzend.
Erst als sein Magen gänzlich leer war und die Übelkeit in den Hintergrund trat, richtete er sich auf und fuhr sich fahrig mit dem Handrücken über die Lippen.
Und erst danach richtete der Ritter sein Augenmerk auf den Knappen und starrte ihn einen langen Moment ratlos an.
“Jakob?” Er versuchte irgendwie Haltung anzunehmen, was nur teilweise gelang. “Wo..was…was ist passiert?”
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Die Sturheit seines Rittervaters hatte immer wieder überraschende Dimensionen. Jakob folgte Jarel erst mit Blicken, dann erhob er sich, verschränkte die Hände im Rücken und schlenderte mit einem Schritt Abstand hinterher. Der lässige Schein täuschte allerdings - er war auf dem Sprung, Jarel zu schnappen, sollte er stürzen, aber so langsam machte die Beklommenheit einer gewissen Neutralität Platz. In Hamburg hatte es immer geheißen: wer saufen kann, kann auch laufen. Auch wenn er nie zu den Ausreißern gehört hatte, die sich auf der Reeperbahn voll laufen ließen. Seine jugendlichen Ausbruchsaktionen waren da eher anders verlaufen.

Als Jarel seinen Mageninhalt am See deponierte, wandte der Knappe pietätvoll den Blick ab und sah erst wieder auf, als er seinen Namen hörte.
Im Morgenlicht wirkten die Augen des Jüngeren noch heller als sonst, fast wie dünn geschliffener Aventurin und sie musterten den Ritter eine ganze Weile.
"Ich hatte gehofft, du sagst es mir.", erwiderte Jakob ungewöhnlich ruhig.
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Jarel verzog nur von sich selbst angewidert das Gesicht und schlug den Blick des nicht geschwollenen Auges zu Boden.
"Hab ich jemanden verletzt?", war seine nächste Frage, wonach er mit der Zungenspitze über seine Eckzähne fuhr.
Für Jakob eine unbekannte Geste, wollte Jarel damit prüfen, ob er sich in der Nacht verwandelt hatte.
Im nächsten Moment stach ihm selber die Unsinnigkeit dieser Annahme ins Auge
Hatte er sich verwandelt wäre er nackt aufgewacht, allein und unverletzt. Vermutlich sogar um Jahre verjüngt.
Nein. Das hier war ein gewöhnlicher Kater.
"Mist...", brummte er zwischen zwei tiefen Atemzügen, während er versuchte sich zu erinnern . "Völliger Filmriss."
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