Stadtteil | Tempelinsel - Der Orden der Flammenrose - die Komturei in Nowigrad

Lange Zeit war Nowigrad kein Teil von Redanien, lange Zeit konnte die größte (mit ca. 30.000 Einwohnern) und zweifelsohne auch die reichste Stadt den Status einer freien Handelsstadt halten. Nach den letzten Kriegen aber ist sie mehr oder weniger zur inoffiziellen zur Hauptstadt der freien Nordländer, vor allem Redaniens geworden seit Dijkstra als Regent zusammen mit dem Handelsrat von hier aus die Fäden zieht.
Als Heimat des Kults des Ewigen Feuers hat in der Stadt allerdings auch das Wort des Hierarchen Gewicht.
Benutzeravatar
Jarel Moore
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 953
Registriert: Freitag 25. März 2022, 23:06
Lebenslauf: Jarel

Jarel betrachtete das Gesicht seine Knappen, die Emotionen darin.
Er hob die Hand, um sie auf Jakobs Schulter zu legen. Und erstarrte.
Nein. Das war nicht richtig. Nichts war richtig.
Die Kiefer des Ritters mahlten. Er nahm die Hand zurück und erhob sich.
„Ich sage es ihm.“, erklärte er der Schattenläufer leise und ging zur Tür.
Mit gesenktem Haupt zog er die Tür auf und verschwand.
Das war nicht gut gelaufen.
Für Jerel geht es hier weiter.
Benutzeravatar
Jarel Moore
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 953
Registriert: Freitag 25. März 2022, 23:06
Lebenslauf: Jarel

------------------------------------------------------------
Gottestag im Tempel (Sonntag) von hier
Datum: Dritte Stunde des 8. August 1278
betrifft: Wenzel, Ealco, Jarel,
-------------------------------------------------------------
Der Ritter erschien.
Pünktlich wie immer, ertönte sein Köpfen exakt nach den dritten Glockenschlag.
Er hatte vor dem Büro des Buchhalters sogar so lange gewartet, bis es zu Leuten begann, auch wenn es nur einige Minuten waren, um genau zum passenden Zeitpunkt vor der Tür zu stehen.
Und um durchzuatmen, denn er war nicht in seinen Häuschen geblieben.
Er hatte einen Teil der Gardeuniform abgelegt, war im Schatten durch die Scherben gehetzt und anschließend in ein gewisses Haus eingestiegen, um dort ein Nachricht zu hinterlassen.
Eine Frage genauer. Eine, dessen Antwort sein ganzes Leben verändern würde. Zum Guten oder zum Schlechten.
Trotzdem war er seltsam ruhig, regelrecht kalt sogar.
Seine Beziehung zu Jakob war zerbrochen, die zu Slava hing über einen Abgrund in der Schwebe und bei der mit Wenzel spürte er das raue Kratzen des Stricks um seinen Hals.
Seltsamerweise...
Regte sich nichts in ihm.
Keine Angst.
Keine Aufregung.
Keine Furcht.
Kein Entsetzen.
Keine Trauer.
Die Würfel waren bereits gefallen.
Alle.
Er wurde nun einzig erfahren, auf welche Seite.
Mit neutraler Miene trat er ein und nahm Haltung an.
Heute würde ihn Wenzel nicht als Freund empfangen. Nicht als Mentor. Nicht als sein vertrautes Vorbild.
Heute würde er sein Richter sein.
Benutzeravatar
ERZÄHLER
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 541
Registriert: Samstag 6. November 2021, 15:47
Lebenslauf:

Wenzel hatte sich zunächst in seine Privatgemächer zurückgezogen und die reiche Robe gegen zweckmäßigere Kleidung getauscht. Vor dem hohen Spiegel stand er eine Weile und sah sich selbst in die Augen, reflektierte, was er eben gesagt und entschieden hatte. Wenn der Hierarch erfuhr, dass er diese Kooperation billigte, stand seine Position in Zukunft auf tönernen Füßen. Dann blieb ihm nur, schneller am Stuhl Hemmelfarts zu sägen, als dieser die Füße seines eigenen zertrümmern konnte. Und der Mann, der ihm die Säge schärfen sollte, war im Begriff auch Hemmelfart einen Hammer zu reichen.
Der Wenzel im Spiegel wirkte müde und etwas ratlos. Er atmete durch und straffte sich, dann verließ er seine Gemächer durch eine verborgene Tür und stieg die schmale Treppe innerhalb der Wand bis zu seinen Amtsräumen hinauf.
Entschlossen setzte er sich an seinen Schreibtisch und zog einen Bogen Papier heran.
Als Jarel eintrat, war der Bogen noch immer leer, Wenzel blickte mit leeren Augen zum Fenster hinaus über die Dächer der Stadt und schwieg noch eine ganze Weile. Er stand auch nicht auf.
Der Komtur war nicht einmal wirklich wütend - enttäuscht vielleicht ein Stück weit - aber wütend tatsächlich nicht. Vielleicht gewöhnte man sich daran, hintergangen zu werden, wenn man eine gewisse Position bekleidete.
"Jarel, vertraust du mir?", fragte er erstaunlich ruhig und blickte erst danach seinen Klingenmeister an.
"Ja.", antwortete der Gefragte knapp, aber aufrichtig und im Brustton der Überzeugung.
Wenzel hielt seinen Blick. "Dann erklär mir bitte, was das da eben war. Woher weiß dieser Mann Dinge, die nur du und ich wissen sollten?" Plötzlich war die Müdigkeit auch in seiner Stimme.
Benutzeravatar
Jarel Moore
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 953
Registriert: Freitag 25. März 2022, 23:06
Lebenslauf: Jarel

Jarel hielt den Blick ohne sichtliche Regung stand. Das war auch nicht besonders schwer. Sein Innerstes befand sich in der Schwebe zwischen den Extremen. Oder besser: Es rauschte seit dem Anblick Slavas geweiteter Pupillen zwischen ihnen in die Tiefe.
Um seinem Schwertherrn nun genauer zu erklären was geschehen war, griff er weiter zurück.
„Zu der Gruppe, auf die ich bei der Suche nach einem Knappen stieß gehörten unter anderem Sokolov, der Hexer Reuven von Sorokin und nicht zuletzt Jakob. Wir haben auf dem Weg einiges erlebt und auch wenn wir uns nicht mochten, hat es doch zusammengeschweißt.
Ich traf vor einigen Tagen den Hexer wieder. Er berichtete von seinem Auftrag und von dem neuen Mann im Spiel, der diesen Auftrag erteilt hat. Ich bekam schnell raus, wer dieser Mann war und spürte ihn auf. Sokolov.
Und ja. Der Vorschlag für die Zusammenarbeit kam von mir. Und auch die Information, dass ich das gleiche Ziel verfolge. Ich wollte dich raushalten. Den Orden raushalten.“

Er stockte und atmete durch. Die Worte bleiben ihm im Halse stecken und tatsächlich schlug er nun doch den Blick der dunklen Augen unter schweren Liedern nieder.
„Und ich suche noch immer einen Weg mehr über Hemmelfart herauszufinden. Nur weiß ich noch nicht, wie ich Sokolov dazu benutzen kann. Der Kerl ist schlau und vor allem gerissen wie eine Viper.“
Er schluckte, seine Schultern sanken eine Winzigkeit nach vorn. Bei allen Schatten ja. Und obendrein liebte er ihn.
„Ich brauche mehr Zeit. Wenn ich jetzt etwas falsch mache wären die Folgen…“
Tja. Wie sagte man so etwas? Wie gab man zu, dass die Gefahr bestand, nicht nur sich, sondern auch seinen besten Freund und Mentor an Messer zu liefern, seinen Schützling als Krönung noch obendrein? Das man gerade das Gefühl hatte, alles, aber auch alles falsch zu machen und bereits die Brücken brennen sah?
Wie behielt man da die Ruhe?
Der Dunkelhaarige hob den Blick wieder und seine Stimme klang nur noch auf den ersten Blick fest.
„Das Eis ist gerade verdammt dünn.“
Eine weitere Pause. Jarels Kiefermuskulatur zuckte kurz.
„Es tut mir leid, dass ich nicht mit dir darüber gesprochen habe.“
Trotz allem atmete er tief ein, straffte die Schultern, hob das Kinn eine Spur und sah Wenzel weiter an.
Er hatte Mist gebaut. Und er würde dafür grade stehen.
Hauptsache, er riss Wenzel nicht mit.
Benutzeravatar
ERZÄHLER
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 541
Registriert: Samstag 6. November 2021, 15:47
Lebenslauf:

Wenzel hörte mit steinerner Miene schweigend zu und unterbrach den Klingenmeister kein einziges Mal. Bis zur nachgestellten Entschuldigung bewegte er nur leicht die Finger der Rechten, die den Federkiel drehten. Als Jarel geendet hatte, legte er den Kiel weg und die flache Hand vor sich auf den Tisch.
Er glaubte dem Mann vor seinem Schreibtisch.
Und nickte, die Entschuldigung annehmend.
Dann lehnte er sich etwas zurück.
"Erinnerst du dich daran, als Lothar uns damals in sein Haus bat und mitteilte, er sei mit Jaques Führung nicht mehr einverstanden? Uns seine Pläne für die Zukunft des Ordens eröffnete? Wir hätten ihn ans Messer liefern können, aber ich habe gesehen, dass er Recht hat. Das der Orden die Richtung verloren hat." Wobei die Argumente gut gewesen waren, denn von Tretogor hatte sie ins Spittal geführt und ihnen einen Jungen vorgestellt, dem von Geburt an Augen und je zwei Finger an jeder Hand fehlten. Außerdem hatte er völlig verwachsene Füße, dafür aber einen wachen Verstand. Eines der Resultate des Zuchtprogramms de Aldersbergs, das bis heute im Tempel lebte und dessen Anblick Wenzel bis heute daran erinnerte, wieso er dieses Risiko auf sich genommen hatte.
"Auch damals war das Eis dünn. Es hätte den Orden spalten und uns alle den Kopf kosten können, doch wir hatten den Mut auf das Eis zu gehen, waren erfolgreich und haben den Orden auf den rechten Weg zurück geführt. Das hoffe ich jedenfalls jeden Tag." Wenzel erhob sich, trat an das Fenster und blickte in den inneren Hof, wo einige Knappen unter Anleitung des Großmarschalls mit Schild und Schwert übten. Unter ihnen Plenius, der das Schwert schwang wie eine Keule und für das Turmschild zu kurze Beine hatte.
Man sollte ihm einen Kriegshammer anempfehlen... Wenzel verschränkte die Arme vor der Brust und blinzelte, zwang seine Gedanken zurück zum Punkt, denn er merkte, dass er sich abzulenken versuchte.
"Ich habe dir in der Sache mit der Hexe vollen Handlungsspielraum eingeräumt, allerdings hoffte ich, du wählst deine Mitstreiter in der Sache innerhalb des Ordens. Und was den Hierarchen angeht, bin ich nicht einverstanden, außerhalb unserer Bruderschaft zu agieren - es ist schon innerhalb heikel genug." Er wandte sich endlich Jarel wieder zu und sah ihn an. Es drängte ihn, jene Fragen zu stellen, die nichts brachten, außer die eigenen Ventile zu öffnen.
Was hast du dir dabei gedacht?
Bist du vom Licht verlassen?
Doch er riss sich zusammen. Man konnte förmlich sehen, wie er an sich selbst zerrte, sich einen Ruck zu geben versuchte und schließlich andere Fragen stellte.
"Ist das der neue Weg in die Zukunft? An der Seite des Regenten anstatt als Gegengewicht?" Wenzel holte tief Luft und presste einen Moment lang die Lippen aufeinander, dann nickte er.
"Ich werde gleich ein Memorandum aufsetzen, darin wird zu lesen sein, dass der Regent unsere Mithilfe bei der Aufklärung dieses Übergriffs von Eichhörnchen auf die Stadt angefordert hat und ich, von Gnaden unseres Großmeisters eingesetzter Großkomtur, entschieden habe, dem Herrn über die Stadt, auf deren Grund unsere Komturei steht, unsere Unterstützung zu gewähren. Der Zusammenhang mit der Hexe ist uns bekannt und rechtfertigt den Einsatz zweifach, da wir die Sache nicht den Soldaten Dijkstras überlassen können. Desweiteren werde ich Lothar davon in Kenntnis setzen und dem Hierarchen eine angepasste Version liefern." Er sagte das alles, als müsse er sich selbst von der Richtigkeit seiner Worte überzeugen und ging dabei mit im Rücken verschränkten Händen vor seinem Schreibtisch auf und ab. Ein seltener Anblick.
Letzten Endes blieb er stehen und fasste Jarel wieder ins Auge. "Du weißt, ich stehe vor jedem einzelnen von euch, vor allem trage ich jede der Entscheidungen meiner Räte mit. Wenn die Umstände eine Zusammenarbeit mit diesem Freiherrn von Sokolov rechtfertigen, werde ich auch das mittragen. Nur bin ich mir nicht sicher, wer am Ende wen benutzt. Du solltest auf deutlich mehr darüber nachdenken, welche Informationen du ihm an die Hand gibst und was nicht. Und ich schwöre dir beim Feuer - agiert dieser Mensch gegen die Interessen unseres Orden, finde ich den Elf in seiner Ahnreihe, den die Frau Gräfinwitwe bereits hat sehen wollen."
Benutzeravatar
Jarel Moore
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 953
Registriert: Freitag 25. März 2022, 23:06
Lebenslauf: Jarel

An den Moment, in dem Lothar von Tretogor den Grundstein für den Wiederstand innerhalb des Ordens gelegt hatte war im in Erinnerung, als wäre es gestern erst geschehen. Zumindest bei ihm hatte sein Ritterbruder und jetziger Großmeister offene Türen eingerannt. Weit offene Türen.

Wenzel hoffte, sie hatten den Orden auf den richtigen Weg geführt. Er hoffte? Zweifelte er etwa? Der Großkomtur war unsicher? Jarel zeigte sein Erstaunen nicht.
In den Augen des Schattenläufers war dieser Weg noch immer nicht der perfekte, aber bereits jetzt ein Vielfaches besser als der Irrsinn, den de Aldersberg und die Salamandra verzapft hatten.
Ein Vielfaches!
Wenzel zweifelte. An sich. An seinen Entscheidungen. Er reflektierte noch immer darüber.
Ungewollt wich die Kälte in Jarels Blick und wich – kaum wahrnehmbar – nun doch wieder der Bewunderung für seinen Schwertherrn.

Und dann beschreib Wenzel seinen Wiederwillen gegen Jarels Handlungen, die geknüpften Bande außerhalb des Ordens. Und stellte sich in derselben Sekunde mit breiter Brust vor ihn.
Er machte die Zusammenarbeit mit Dijkstra offiziell. Nicht Hemmelfart gegenüber, aber Lothar würde es erfahren.
Die Augen des Schattenläufers wurden für den Bruchteil einer Sekunde groß.
Wenzel legte gerade seinen eigenen Kopf geradewegs in die Schlinge, die der Schattenläufer geknüpft hatte.
Jarels Lippen wollten Worte formen, aber seine Kehle ließ es nicht zu. Nach zwei tonlosen versuchen räusperte er sich.
„Es wird dem Orden nicht schaden.“, versicherte er fest und fügte im Geiste hinzu ‚Und auch dir nicht, alter Freund.‘
Trotzdem fühlte er sich gerade unsicher wie selten.
Und das nicht nur wegen der nun offiziellen Zusammenarbeit mit dem Mann, den er liebte.
Auch wegen der Situation, in dem sein Gefühlsleben nun steckte.
Er erinnerte sich genau daran, worin sein letzter Antrag geendet hatte.
Und wenn das auch hier geschah, was bedeutete das dann für die Zusammenarbeit zwischen Slava und ihm? Würden sie dann trotzdem noch die Hexe gemeinsam jagen?
Oder brach das ganze Kartenhaus dann in einer Sekunde zusammen.
„Ich danke dir.“, murmelte der Ritter und hielt Wenzels Blick stand.
„Ich bringe dir die Hexe.“, versprach er in einem Ton, der einem Schwur um nichts nachstand.
Benutzeravatar
ERZÄHLER
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 541
Registriert: Samstag 6. November 2021, 15:47
Lebenslauf:

Einige Herzschläge lang standen sich die beiden Männer gegenüber, der kleine, glatzköpfige und der große, dunkle. Wenzel fragte sich, ob er soeben die richtigen Entscheidungen getroffen hatte oder ob er geradewegs in ein Messer rannte, dass der Regent für ihn aufgepflanzt hatte.
Jarel würde ihm die Hexe bringen.
Er würde mit seinen Methoden dem Orden nicht schaden.
Beides wollte Wenzel gerne glauben und würde es doch erst, wenn es passiert war. Er kam nicht umhin kaum merklich den Kopf zu schütteln, dann zuckten plötzlich seine Mundwinkel.
"Bis vor ein paar Tagen habe ich geglaubt, in 15 Jahren kann man einen Menschen kennenlernen. Ich habe geirrt. Seit ich dich schickte, dir einen Knappen suchen, überraschst du mich fast täglich aufs Neue." Manchmal fragte er sich, ob es eine gute Idee gewesen war und vor allem, was er übersah. Oder was er bisher übersehen hatte.
Er wurde wieder ernst. "Also, nochmal für's Protokoll: die Sache mit Hemmelfart ist und bleibt eine Ordensinterna, hab ich mich klar ausgedrückt? Und was die Hexe angeht, kennst du jetzt die offizielle Verlautbarung und ich verlasse mich darauf, dass Sokolov diese fraglos zur Kenntnis nimmt." Er sparte sich lediglich das 'oder sonst'. Der Freiherr hatte den Großkomtur ganz offensichtlich verärgert und ein weiteres Mal würde er ihm das nicht gestatten.
Benutzeravatar
Jarel Moore
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 953
Registriert: Freitag 25. März 2022, 23:06
Lebenslauf: Jarel

„Aye.“, antwortete Jarel fest und lächelte tatsächlich eine Spur. Zu gerne hätte er sich weiter geöffnet und seinem alten Freund davon erzählt, was er vor ihm verbarg.
Zu gern. Aber ein bisexueller Werwolf, der seinem Liebsten gerade einen Heiratsantrag auf eine wirklich schräge Art gemacht hat? Nein. Das war nun doch zu viel des Guten.
„Verlass dich auf mich.“
Der Großkomtur entließ ihn und der dunkelhaarige verabschiedete sich mit einer ungewohnt tiefen Verbeugung. Trotz all seiner Sorge war der Schattenläufer erleichtert und immer noch verwundert über Wenzels Reaktion.

Er konnte endlich aufbrechen und nachsehen, ob seine so bildlich gestellte Frage etwas begonnen, oder etwas beendet hatte.
Er begab sich auf den Weg zu Slavas Wohnung. Dieses Mal besonders viele Haken schlagend.
Nicht nur um Verfolger abzuhängen, sondern um selber den Kopf frei zu bekommen.
Benutzeravatar
Jarel Moore
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 953
Registriert: Freitag 25. März 2022, 23:06
Lebenslauf: Jarel

------------------------------------------------------------
Von: Slavas Wohnung
Datum: Früher Morgen des 9. August 1278
betrifft: Wenzel, Jacob, Jarel und wer auch immer sich in der Komturei befindet.
-------------------------------------------------------------
Die Morgenmesse war gut besucht, wie sich das für den Orden gehörte.
Nach dem Tohuwabohu der öffentlichen Sonntagsmesse war wieder Ruhe eingekehrt, davon abgesehen, dass es im für manch einen der Brüder beschaulichem Leben endlich wieder neuen Klatsch und Trat gab. Zumindest bei denen, die dafür empfänglich waren.
Einer der Ritter auf der „Altherrenbank“ war genau das gerade nicht: Empfänglich.
Weder für Klatsch und Tratsch, noch für die Liturgie, nicht einmal zum Singen konnte er sich durchringen. Er hätte wahrscheinlich ohnehin keinen Ton getroffen, und das wäre nicht einmal der Müdigkeit geschuldet gewesen.
Jarel hatte alle Mühe die Augen offen zu halten. Zwei Mal nickte er sogar kurz ein. Diese Tatsache zusammen mit ein paar hübschen neuen Prellungen und Kratzern sorgte für weiteres Getuschel. Und auch das bekam der Betroffene nicht mit. Seine Gedanken befanden sich irgendwo zwischen Leerlauf und der Endlosschleife an die Erinnerungen daran, was am Vortag passiert war.
Nach der Messe stahl sich der schwarzhaarige mit dem breiten Kreuz sofort davon. Keine Unterhaltungen mit den Brüdern, nicht einmal die üblichen Grüße und Floskeln. Selbst als Tannenfels ihn ansprach, ließ er ihn stumpf ohne ein Wort stehen. Unhöflich. So war Moore doch sonst nicht.
Stur wie ein Esel ging Jarel schnurstracks in Richtung Küche und…‘borgte‘ sich ohne zu fragen etwas aus.
Wenig später stand er wie aus dem Boden gestanzt vor Ealco Helbels Schreibtisch.
„Kann ich den Großkomtur sprechen?“
War der betrunken? Er nuschelte! Nein…man roch nichts. Ganz im Gegenteil. Er roch frisch gewaschen. Aber vielleicht war genau das in diesem Moment verdächtiger als alles andere.
Der Ritter schwankte nicht, oder nur ganz leicht, blinzelte aber gelegentlich schwerfällig und konnte von Zeit zu Zeit den Fokus nicht halten, dann flitze sein Blick mehrfach kurz waagerecht durch den Raum und fing sich direkt danach wieder in Ealcos Augen.
Könnte eine Folge der Prügelei sein, in die der dunkelhaarige Ritter verwickelt gewesen war. Oder er war recht bös eine Treppe hinter gefallen, den Prellungen und Kratzern nach. Bei genauerer Betrachtung war Prügel doch die wahrscheinlichere Annahme.
Und warum zum Teufel hatte er eine der kleinen gerahmten Schiefertafeln unter dem Arm, auf die in Brüder in der Küche üblicherweise die Nahrungsmittelbestände auflisteten?!
Benutzeravatar
ERZÄHLER
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 541
Registriert: Samstag 6. November 2021, 15:47
Lebenslauf:

Ealco musterte den Klingenmeister einen Moment irritiert. Er hatte sich erhoben, wie immer wenn einer der ranghöheren Ritter eintrat, aber durch die undeutliche Sprechweise und das Unstete im Blick Moores, zögerte er länger als üblich. Er hatte Wenzel soeben eine Kanne Tee gebracht - näher an ein Frühstück hatte er seinen Komtur noch nie gebracht - und er wirkte kurz, als wolle er dessen wohlverdiente Pause verteidigen. Dann erinnerte er sich allerdings, wie von Herrenloh zu Moore stand und umrundete seinen Schreibtisch, um die Tür zu dem Amtsräumen nach einem kurzen Klopfen zu öffnen und den Kopf hindurch zu stecken.
"Sir, Klingenmeister Moore wünscht Euch zu sprechen."
"Soll reinkommen.", erklang es von drinnen und Ealco gab die Tür frei.
Jarel würde den Komtur in der kleinen Sitzecke finden, die Hände um einen Becher Tee geschlossen. Wenzel sorgte normalerweise dafür, dass ein viertel Docht am Tag - eben jener nach der Morgenmesse - ganz ihm gehörte. Zeit für eigene Gedanken und eine Tasse Tee, bevor der Alltag in großen Schritten weiter ging und ihm aktuell kaum Zeit zum Luftholen ließ. Dennoch gab es bestimmte Menschen, die auch in diese wenigen Minuten noch einbrechen durften und Jarel war einer davon. Wenzel winkte ihn heran.
"Guten Morgen...", dann kam das Bild bei ihm an und er krauste die Stirn. "Wieder ein privater Spaß?", fragte er etwas skeptisch.
Benutzeravatar
Jarel Moore
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 953
Registriert: Freitag 25. März 2022, 23:06
Lebenslauf: Jarel

Jarel trat ein, schloss die Tür, legte einen Moment nachdenklich die flache Hand an das Holz, atmete durch. Ohne zu antworten wand er sich um, ging gemessenen Schrittes zu Wenzel und hielt ihm die kleine Schiefertafel und den Griffel hin.
„Tuht mir leid Wenzel. Ich wollte mit dir rehdn, bevor ich Jahco abhole.“
Der Mann lallte, sprach verwaschen und stand nicht wirklich gerade.
Es gahp einen Schwischenfall bei der Vernehmung eines Gefangehnen. Sokolov hat ihn erschossen. Mit einah Waffe seiner Heimat. Schusswaffel. Laut.“
Er tippte mit dem rechten Zeigefinger auf sein Ohr. „Temporöhr taub.“
Und dann deutete er mit demselben Zeigefinger auf den freien Sessel. „Daf ich? War ne Scheifnacht.“
Der Ritter rang sich ein schiefes Lächeln ab.
Das war jetzt etwas viel, aber er hatte nun einmal beschlossen, Wenzel so wenig zu belügen wie möglich.
Antworten