Die Strasse Richtung Nowigrad

Velen ist die nordwestlichste Landschaft der Königreichs Temerien im Mündungsgebiet des Pontar. Sie grenzt, durch den Pontar getrennt, im Norden an das Königreich Redanien und im Westen an das Nördliche Meer. Zudem ist Velen durch zwei große Brücken mit Oxenfurt und Novigrad verbunden und ist daher ein wichtiger Handelsdurchgang zwischen Temerien und Redanien.
Velen wurde von Krähenfels aus regiert - Krähenfels ist eine Palisadenfestung im Herzen Velens mit ungefähr 50 Einwohnern. Der Blutige Baron, der in Krähenfels regierte, ist allerdings für unbekannt Zeit verreist.
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Reynegh
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Sie wollte warten. Reynegh nickte und zog Venden herum, um mit ihm zurück zu Lager zu reiten und sich zu empfehlen. Zumindest dieser ELf gefiel ihm - nicht eines dieser Geschöpfe, die glaubten, ihre Weisheit sei alles, was die Welt zusammen hielt und die dann überrascht feststellten, dass ihr Blut genauso rot war wie das aller, die man mit einem Schwert halbierte. Das sie nicht unantastbar waren, nur weil sie alt und klug waren, alles mögliche studierten und hübsch katalogisierten. Dieser Elf war anders. Mit ihm konnte er sich arrangieren.
Die leise gesetzten Klauen Vendens führten sie aus dem Wald und zurück auf die Straße. Das aufgeschlagene Lager war nicht allzu schwer zu finden - für Reyneghs Geschmack viel zu leicht, viel zu auffällig. Man sah das Feuer schon weit, roch die Pferde und Menschen. Und man hörte Thorben. Etwas wie ein Grinsen verzog die Lefzen des Naramianers, als er sich daran erinnerte, wie der Zwerg ihm hatte erklären wollen, dass dies eine besondere Form der Feindesabwehr sei. Für ihn hörte es sich eher an, als sei da leichte Beute zu holen. Er glitt lautlos von Vendens Rücken und löste die Riemen, die den Keiler fest hielten, um sich diesen wieder auf den Rücken zu laden. Sicher wachte jemand über den Schlaf der anderen und so bemühte sich der rys, wenigstens hier und da ein Geräusch zu machen, um nicht unversehens von einem der seltsamen kleinen Bolzen oder einem Schwert erledigt zu werden, während er beide Hände voll hatte. Es wäre sehr unrühmlich, mit einer toten Sau im Nacken statt einem Schwert in Händen zu sterben.
Slava war es, der Wache hatte. "Ich bin es.", brummte er diesem also zu, trat dann in den Lichtkreis des Feuers, wo er den Keiler ablegte. Er sah sich um - die Welpen lagen beieinander auf einem riesigen Fell, der fremde Ritter unweit in seinen Mantel gehüllt gegen den Sattel gelehnt. Reynegh betrachtete ihn eine Weile aus im Feuer glühenden Augen, lauschte, witterte. Doch der Eindruck von Feindseligkeit war gewichen, jetzt da er tief zu schlafen schien. Nicht aber das ungute Gefühl, was er in dem Naramianer auslöste. Als schleiche man durch die Höhle eines Monsters, sicher, einen sehr harten Tag zu haben, wenn man es weckte.
"Der Elf und ich werden euch verlassen.", informierte er Slava, während er neben dem Keiler in die Hocke ging und mit geschickten Messerschnitten den Schinken auslöste. Ein Dreh, ein widerliches Knirschen und das Hüftgelenk löste sich aus der Pfanne. Noch ein paar Schnitte durch Sehnen und das Bein war abgetrennt. Er holte die Packrolle und die Taschen, die bisher bei Aria mitgefahren waren, kramte einen Moment und schlug die Keule schließlich in ein Wachstuch ein, das er aus den Untiefen seines Gepäcks holte. So eingepackt verstaute er sie in einer der Taschen, verschnürte alles und stellte es dicht beieinander am Rand des Lagers ab. Dann wandte er sich den beiden Welpen zu. Vorsichtig ging er neben Aria in die Hocke und berührte sie an der Schulter. Sie war sofort wach, als habe sie nur sehr leicht und unruhig geschlafen. Der Junge war blass, sein Gesicht schweißbedckt und er roch äußerst unangenehm. Wenn diese Menschlinge jetzt noch Krankheiten ausbrüteten, war es wirklich besser, sie zu verlassen.
"Herrin Aria, ich bitte Euch, mich von meinem Schwur Euch gegenüber zu entbinden. Ihr habt nun einen Menschenritter zum Geleit und wenn ich es richtig verstanden habe, kann ich Euch ohnehin nicht in diese Stadt Nowigrad folgen. Ich werde also mit dem Elf ziehen. Sprecht Ihr mich frei?"
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Aria
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Registriert: Montag 27. Dezember 2021, 20:04
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Aria blickte die ganze Zeit zu Jake und langsam wanderte ihre Hand zu seiner, bis sie neben ihm lag. Sie spürte die Wäre seiner Hand, doch sie berührte sie nicht. Ihm ging es so schlecht und da fühlte es sich zu übergriffig an.
Die Müdigkeit übermannte sie jedoch sehr bald und das Säuseln der tiefen Männerstimmen wog sie sacht in den Schlaf. Dann wurde sie von Rey geweckt. Sie erschrak nicht, sondern wachte sehr sanft auf. Seine große Hand lag warm auf ihrer Schulter.
Galant richtete sie sich auf und strich vorsichtig über seine Hand um ihm zu zeigen, dass sie sich freute ihn zu sehen. Er wollte sie verlassen. Sie wusste dass dieser Moment kommen würde. Wusste dass es anders kaum möglich war. Wusste auch dass sie kein Anrecht auf seine Anwesenheit hatte.
Dennoch traf es sie jetzt, in dem Moment in welchem er es aussprach. Sie schluckte und sah ihm wohl für ein letztes Mal in die Augen. Prägte sich alles an ihm genau ein.
„Natürlich…“ sie nickte und legte dann noch ein Lächeln auf.
„Rey….ich danke dir von ganzem Herzen! Ich stehe in deiner Schuld bitte zögere nie dich an mich zu wenden! Egal was es ist!“
Kurz senkte sie das Haupt um ihre Worte zu bekräftigen ehe sie ihn wieder, fast schon liebevoll, ansah.
„Sollte dein Weg dich nach Skellige führen dann such meine Familie auf Svanrige, Aslaug, Ubbe, Ivar und Björn…wenn du ihnen erzählst, was vorgefallen ist werden sie dich belohnen und dir bei allem helfen!“
Sie stand nun doch auf und ging zur Kutsche, nachdem sie ihm bedeutet hatte noch kurz zu warten. Sie räumte etwas herum ehe die Feder, Tintenfass und Papier hervorgekramt hatte. Nach einigen Augenblicken kam sie zu Rey mit einem verschlossenen Kuvert zurück und hielt es ihm hin.
„Hier…falls ihr in meine Heimat zieht, dann verleiht dies deiner Geschichte das nötige Gewicht damit man dir glaubt.“
Dann trat sie einen Schritt zurück und ließ ihre Augen ein letztes Mal über eine mächtige Gestalt wandern.
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Vyacheslav Sokolov
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Registriert: Freitag 29. Oktober 2021, 16:58
Lebenslauf: Slava

Der Ritter legte sich auch schlafen. er verschwand noch einmal kurz austreten. Zumindest nahm Slava das an. jeder musste irgendwann pissen, auch Zwerge und Ritter, oder? Stalker auf jeden Fall. Solange der Ritter och wach gewesen war hatte er das erledigt, halbwegs unbeachtet von allen anderen.
Und seinem stets wachen Blick entging nicht, dass sich der Alte Mann irgendein Medikament zu Gemüte führte. Medikament oder Droge? Das würde sich zeigen.
Danach legte er sich schlafen.
Er hatte dem Schwertunterricht zugestimmt, am nächsten morgen.
Und er sollte die Wadenwickel des Jungen wechseln.
Jake schien sich etwas beruhigt zu haben, zugedeckt und in Arias Nähe.
Slava hatte genickt, zugestimmt.
Begeistert war er nicht, aber es war notwendig - natürlich tat er was notwendig war um ein Leben u erhalten.
Der Zwerg schnarchte dafür als gäbe es kein Morgen.
Dann kam ein unerwarteter Gast, der Kater.
Er machte sich rechtzeitig bemerkbar, aber Slava zweifelte nicht daran, dass das, was für ihn gerade noch hörbar war schon für ihn selbst ohrenbetäubendes Getrampel darstellte.
Er erklärte kurz und sachlich, dass er sich verabschieden würde, wieder in dieser Stimme im Kopf, der der reale klang fehlte. Daran würde er sich nie gewöhnen.
Er nickte. sie waren keine Freunde geworden, er respektierte ihn, auch wenn das riesige Katzenwesen immer noch befremdlich war. Eine seltsame Welt.
Dann erklärte er Aria, dass er ohnehin nicht in die Stadt gehen konnte - sie waren also nahe genug. Er nahm zur Kenntnis was er hörte, auch wie die Prinzessin ihn gehen ließ, widerstrebend, aber sie gab ihn frei. Auch das nahm er nur zur Kenntnis. Dafür ließ der Kater Fleisch zurück, rohes Fleisch. Auch das registrierte er gerade ohne großes Interesse. Er hätte sich etwas davon braten können... aber so ganz ohne Gewürze?
Irgendwann schliefen alle. Bei Thorben hörte man das sogar.
Die Katze war im Wald verschwunden und Slava überlegte, wie die Menschen hier die Zeit maßen.
Er konnte auf einen PDA sehen.
Aber was wenn man keinen hatte?
Keine Sonne?
Gab es Sanduhren? Die musste man umdrehen. Er hatte auch von Kerzen mit einer festen Brenndauer gehört, aber was wenn man vergaß sie anzuzünden?
Schon war man aus der absoluten in einer relativen Chronologie.
Er würde es wohl sehen, irgendwann.
Der PDA zeigt noch immer das alte Datum. den 9. Oktober 2019. Das Ding war alt und bezog die zeit nicht aus dem Netzwerk, er rechnete einfach nach einem internen Kalender.
20:45 zeigte die Digitaluhr.
Nachdenklich starrte er eine Weile darauf. Sah den Sekunden und Minuten beim verrinnen zu. Nur eine Illusion aus einer anderen Welt.

Und wo er den PDA schon einmal in der Hand hatte...
Er scrollte durch die Musik. Von Lube "Soldat" - keines seiner Lieblingstücke aber auf bizarre Weise passend. Er hoffte nur, dass die Lieder nicht wieder beginnen würden prophetische Wirkung zu entfalten.
Lube, Nikolai Rastorgujew, ein persönlicher Freund des Präsidenten. Er hätte ihn treffen können, hätte er gewollt... aber andere Bands lagen ihm mehr, aber gerade dieses Lied war irgendwann zu einer Doku über Veteranen der Zone gelaufen und seit dem auf einigen PDAs zu finden. BI2 erfreute sich nicht ganz so großer Beliebtheit, Kino fand man dagegen am häufigsten.
Er startete und lauschte eine Weile, sehr leise gedreht - allein um Akku zu sparen.

"Drei Tage über Stock und Stein, durch Regen und Wind
Im Morgengrauen geht’ s ins Gefecht, der Tag beginnt gleich mit Kampf.
Drei Tage über Stock und Stein,
wer weiß schon, was uns erwartet dann.
Drei Tage über Stock und Stein, der neue Tag bricht bald an."


Und ein Gefecht im Morgengrauen. Er hoffte wirklich inständig, dass sich das Lied irrte.
Aber "Polkovnik" hatte ihn fast in den Wahnsinn getrieben.
Und irgendwann zeigte die Digitaluhr 1 Uhr. Ob die Uhrzeit zur aktuellen Zeit passte konnte er nicht genau sagen, es schien ihm schon etwas später zu sein.
Wo war die Zeit geblieben?
Es war seinen Gedanken nachgehangen, hattes ins Feuer gestarrt, sich noch ein wenig in Selbstmitleid gesuhlt, aber was brachte das, wenn man alleine war, also hatte er es aufgegeben.
Irgendwann hatte er dann tatsächlich die Wadenwickel des jungen gewechselt. Er hatte weitergeschlafen, in Arias Nähe war er ruhiger geworden, auch das Fieber ging zurück. Ob sie sich unter der Decke des Ritters umarmten konnte er nicht sehen, aber er wollte auch nicht nachsehen. So deckte er nur die Beine ab, entfernte die alten Wickel und tränkte sie neu um sie dann wieder zu befestigen. Verbinden hatte ihn die Zone gelehrt. sie waren bei der Wundversorgung meist auf die altertümlichen Mittel angewiesen, Binden abkochen, Wundauflagen im dampf sterilisieren.
Wieder sagte er sich, wenn jemand auf dieses Leben vor berietet war, dann er. Trotzdem hatte er keine Lust darauf, er hatte sein altes Leben gemocht.

Irgendwann weckte er dann den Ritter für die zweite Wache. Er war müde, musste selbst Kräfte tanken, wenn er am nächsten Tag noch von Nutzen sein wollte.
Es dauerte etwas, bis er den alten Mann wach bekam, er schien ihn aus einem tiefen Traum gerissen zu haben. Und als er ihn so rüttelte hatte er nciht den Eindruck, an dem gebrechlichen Körper eines alten Mannes zu rütteln. Er wollte offenbar, dass man sich an ihm verschätzte.
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Jarel Moore
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Lebenslauf: Jarel

Slavas Verdacht verdichtete sich bei der Art, wie der - ach so gebrechliche – alte Mann erwachte.
Einen Liedschlag lang tief schlafend, im nächsten sahen ihn Augen so dunkel wie die Nacht und ebenso kalt und durchdringend an. Die Pupille hatte die Iris vollständig verdrängt.
Ein Blinzeln und der Eindruck war fort.
Ruhige, braune Augen sahen ihn an. Der Alte lächelte entschuldigend.
„Slava….verzeihung…“, raunte er und hob langsam den linken Arm in einer beschwichtigenden Geste, schlug damit den Umhang, in dem er gerade noch eingewickelt war, zurück.
Wofür er sich entschuldigte war noch seltsamer als der kalte Blick, den er beim ersten Liedschlag gezeigt hatte. Jarel steckte langsam den Parierdolch weg.
Wie auch immer er das geschafft hatte, die Klinge hatte von unten direkt auf den linken Rippenbogen des Söldners gezeigt. Eine ruckartiges Bewegung nach oben und seine Lunge und sein Herz mit wären mit ungünstigen Belüftungslöchern versehen worden. Nicht einmal die Zeit zu schreien wäre ihm geblieben. Lautlos. Tödlich. Das war nicht die Vorgehensweise eines Ritters.

"Verdammte Scheisse... Job twaju mat!" Fluchte er - allerdings war er ein Stück zu ruhig für einen einfachen Soldaten oder Söldner, der auf diese Weise überrascht worden war.
Es war richtig, er hatte es nicht kommen sehen, wäre er ein Gegner gewesen, er wäre nun Geschichte. Unter dem Mantel hatte der alte Mann bewiesen, wie schnell er war. Oder hatte es, wie er sagte mit Magie zu tun? Er wollte es gerne glauben. Er hatte es nicht gerne zuzugeben, dass man ihn überrumpeln konnte, denn gerade auf seinen Instinkt und seine guten Reaktionen im Nahkampf hielt er hohe Stücke. Aber das galt für seine Zeit, seine zivilisierte Welt. Er ahnte, dass in dieser rauen Welt keineswegs einer der härteren und besseren war sondern allenfalls ein kleines Licht, und seine Ausbildung half ihm hier einen Dreck. Nur darin, dass er nicht die Nerven verlor und nur ruhig nickte, als hätte man ihn beim Schach geschlagen. "Beachtlich." rang er sich noch ab, ehe er zur Sache kam. "Deine Schicht, Ritter."

Der Grauhaarige nickte. „Danke.“, sagte er und erhob sich. Und wieder war es ein völliger Gegensatz zu dem, was vor Sekunden geschehen war. Jarel zog sich am Sattel hoch und wieder knackten Gelenke.
Als er stand griff sich in den Rücken und bog das Rückgrad durch, lockerte sich hier, streckte sich dort. „Ich hole noch kurz Wasser. Wenn ihr dann ausgeruht seid, können wir mit dem Training beginnen.“ Er rang sich ein verlegenes Lächeln ab. Er zweifelte daran, dass der Söldner das Angebot annehmen würde.
Jarel zweifelte daran, dass der Söldner ihm weiter traute, als er sein Schwert werfen konnte.
Der Ritter verschwand mit einem großen Lederbeutel erst einmal in die Büsche. Gähnend schlug er sich durchs Unterholz.
Einige Minuten später kam er zurück und nickte Slava zu als Zeichen, dass er sich nun ausruhen konnte. Den prall gefüllten Beutel hängte er in einem Baum und öffnete ein Verschluss, um sich im Rinnsal, der aus dem Beutel rann zu waschen. Sogar die Zähne putze er sich und kümmerte sich um seine Haare. Eine gewisse Eitelkeit konnte er nicht leugnen. Immerhin gestand er seinem Alter das graue Haar zu und färbte diese nicht mehr.
Er verschloss den Beutel wieder und ging damit zurück zum Widderfell.
Einen weiteren Teil des Wassers aus dem Beutel tauschte er das Wasser im Topf aus, der neben dem Fell stand und begann damit, Jakes Wickeln zu wechseln.
Während er den Jungen versorgte und das Fieber prüfte, hing er seinen Gedanken nach.

Das Ziehen des Dolches war ein Reflex gewesen. Ein Rest einer Fähigkeit aus einem Leben, das lang hinter ihm lag. Sehr lang.
Trotzdem war es vielleicht Zeit auch seine alten Fähigkeiten wieder zu trainieren. Schwert gut und schön, aber die Klingen die seiner Natur entsprachen waren kürzer. Und werfbar.
Der Junge war versorgt. Die Kleine schlief noch. Der Zwerg zersägte Wälder.

Den letzten Rest des Wassers goss er in eine Kanne, stocherte in der Glut herum und stellte das Gefäs dann einfach hinein.
Den Zeitraum, den das Wasser brauchte um zu kochen nutze er mit seiner Stute zu reden.
Mit dem Tier redete er mehr als mit manch anderem Humanoiden.
Wenig später saß Jarel mit untergeschlagenen Beinen am Feuer, eine dampfende Tasse Tee in der Hand und starrte in die Flammen.
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Jarel Moore
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Lebenslauf: Jarel

Mehr als zwei weitere Stunden später zog ein würziger Geruch durch das Lager.
Der Ritter hatte den beachtlichen Rest der Wildsau zerlegt. Die einzelnen Teile hingen wie ein bizarrer Baumschmuck in den umliegenden Bäumen.
Auf dem frisch geschürten Feuer stand wieder der Kessel und darin blubberte ein zähes, dunkelbraunes etwas.
Wildragout. Seine Spezialität. Leider hatte er nur noch wenige Zwiebeln, die Kartoffeln fehlten ganz und auch die Kräuter gingen ihm langsam aus.
Aber für ein Feldlager würde es gehen.
Zufrieden sah er dem blubbernden Zeug zu. Für ihn hatte das immer etwas Hypnotisierendes.
Mühsam riss er seinen Blick los. Es wurde Zeit nach dem Jungen zu sehen.
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Jakob von Nagall
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Lebenslauf: Jakob von Nagall

Als er das nächste Mal an den Rand des Traumschlafs aufstieg, tat sein Bewusstsein den kleinen Schritt und er war wach. Tief sitzende Konditionierung ließ ihn zunächst reglos bleiben, lauschen, in sich fühlen. Keine raschen Bewegungen, niemals etwas tun, was die Aufmerksamkeit eines Jägers weckte, die Atemfrequenz halten, auch wenn er einige bebende Herzschläge lang nicht wusste, wo er sich befand oder wieso er sich so seltsam fühlte. So ausgelaugt, als sei er zu schwach, auch nur den Arm zu heben, geschweigedenn den Kopf.
Prioritäten setzen.
Bestandsaufnahme.
Keine Kleidung. Kein Schwertgurt, entsprechend kein Schwert.
Etwas war um seine Beine geschlungen und eine Decke lag auf seinem Körper. Einem Körper, der sich bleischwer anfühlte, aber nicht mehr brennend heiß. Jakobs Finger zuckten und stießen gegen etwas.
Er schlug die Augen auf, doch er sah zunächst nichts als Dunkelheit, bis sich seine Pupillen angepasst hatten und Schemen aus den Schatten holten, beleuchtet vom schwachen Feuerschein. Dicht vor sich sah er Arias schlafendes Gesicht - nein, eigentlich sah er nicht wirklich viel davon, denn es war dunkel und sie halb vergraben unter einer Decke. Doch ihr Kupferhaar schimmerte aus dem Haufen und der dunkle Kranz ihrer Wimpern lag in starkem Kontrast auf ihrer blassen Haut. Und es war ihre Hand gewesen, gegen die seine Finger unter der Decke gestoßen waren, denn sie lag so, dass er seine Hand nur öffnen müsste, um sie unter die ihre zu schieben. So nah. Der Gedanke, dass er nur in Unterhosen und unter quasi der gleichen Decke mit ihr lag, so dicht, dass er sie mit einem Armstrecken berühren könnte, weckte seltsame Gefühle in ihm. Fremde Gefühle, die er nicht einsortieren konnte und die er daher störrisch ihrer Einflussnahme zuschrieb, der sich ja bekanntermaßen niemand hier wirklich zu erwehren wusste. Nicht einmal diese komische Katze.
Aria. Katze. Er war in ihrem Lager, in ihrer Gruppe, diesem wüst zusammen gewürfelten Haufen. Er war in einer Welt, die nicht seine war.
Puzzleteil für Puzzleteil fügte sich an seinen Platz.
Sein Blick kehrte wieder zu Arias friedlich entspannten Brauen zurück und er gab dem Impuls nach, streckte die Finger etwas, bis er ihre spürte, zuckte dann wie gebrannt zurück und schloss die Faust.
Er musste sich abzulenken, forschte in seiner Erinnerung danach, was geschehen war. Es brauchte nicht lang, aber es traf ihn wie einen Hammerschlag und war definitiv geeignet, ihn abzulenken. Einen grausigen Moment lang sah er sich wieder die Finger um ihren Hals legen und zudrücken, in dem festen Bestreben, das Licht in ihren Augen verlöschen zu sehen. Nach Luft schnappend rollte er sich auf den Rücken - und stieß gegen das nächste Hindernis. Als hätte man beschlossen, seine Freiheitsgrad maximal einzuschränken...
Er kniff die Augen zusammen, denn auf dieser Seite seiner begrenzten Welt brannte das Feuer und beleuchtete die neben ihm kniende Silhouette von hinten. Erst dachte er, es sei Slava, doch der Eindruck währte nicht lange. Jakobs Brauen zuckten zueinander, als sein Gehirn versuchte, die Züge des fremden Mannes irgendwo auf ein Bild zu legen, dass in seinen Erinnerungen hing - Fehlanzeige. Der Zug um seine Augen wechselte von nachdenklich über skeptisch zu misstrauisch. Immerhin hatte der Kerl ihn nicht gleich abgestochen und er trieb sich hier im Lager herum, ohne das jemand ihn behelligte. Wenn er also die anderen nicht bereits abgestochen hatte - was Thorbens Schnarchen weithin hörbar dementierte - so war er also hier geduldet. Und die Art wie sein Blick auf Jakob ruhte, sprach nicht von Mordlust. Eher von Sorge. Er kannte diesen Blick und er spürte wie sich altbekannter Widerstand dagegen regte. So wechselte sein Ausdruck letztlich von Misstrauen zu jener wie lidlosen Kälte, die seine Augen manchmal wie Reptilienaugen wirken ließen.
Und dann sagte der Fremde etwas in jener Mischung aus Latein und Plattdeutsch, die Jakob irgendwie zu verstehen im Stande war. Wie es ihm ginge. Eine dieser Fragen... Er gab sich taub und stumm, versuchte statt einer Antwort, sich aufzusetzen, wobei der Mann ihm sogleich helfen wollten. Der erste Impuls war, ihn fort zu stoßen, denn ihm war nichts mehr zuwider als dieses Gefühl der Hilfsbedürftigkeit und Schwäche. Das hatte er während seiner Genesung lange genug ertragen müssen, genauso wie all diese sorgenvollen Blicke. Doch mit der Anstrengung kam der Schwindel und der Druck in seinen Schläfen, sodass die Hand, die Jarel eigentlich auf Abstand hatte zwingen wollen, sich doch unwillkürlich Halt suchend um dessen Arm schloss.
Die Decke rutschte von seiner Brust in seinen Schoß. Jakobs andere Hand fuhr erst zu einem Verband an seiner Schulter - neu, keine Orthese - und dann zu seiner Stirn. Es war seltsam dumpf dahinter. Er konnte sich nicht erinnern, verletzt worden zu sein. Genaugenommen konnte er sich nur noch an wenig seit dem Moment erinnern, da er von Aria Absolution erbeten hatte. War sie ihm erteilt worden? Undwillkürlich glitt sein Blick wieder zu ihrer schlafenden Gestalt.
Während der ganzen Zeit spannte sich die narbige Rechte um Jarels Arm, als habe er vergessen, dass er sie auch wieder öffnen sollte.
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Jarel Moore
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Lebenslauf: Jarel

„Lass deine Kleine noch schlafen.“, Jarel wählte instinktiv die ältere Rede, schien das den Jungen doch irgendwie zu beruhigen. Jarel musterte den jungen Mann. Er wirkte furchtbar desorientiert. Kein Wunder. Erst quirlte ihm ein Him das Hirn, dass das Fieber. Wäre ein Wunder, wenn er sich schnell wieder fangen würde. Immerhin hatte die Medizin des Söldners allem Anschein nach geholfen. „Weißt du, wer ich bin?“, fragte der Ritter leise und bemühte sich um einen ruhigen Ton.

Jakes Blick kehrte zu dem Mann zurück, als dieser leise sprach. Erst zu seinem Gesicht, dann zu seiner eigenen Hand, die noch immer um den Arm des anderen gespannt war. Als müsste er dieser Hand ein bewusstes Signal geben und alles war so langsam. Er ließ los, schüttelte den Kopf. "Nicht mein." So matschig wie er sich im Kopf fühlte, bekam er die Sprache nur unsauber zusammen. Seine Brauen furchten sich wieder, dann schüttelte er noch einmal den Kopf. Alles sehr langsam, denn seine Gedanken wateten wie durch Schlamm.

„Mein Name ist Jarel Moore.“, begann Jarel leise. „Ritter der Flammenrose.“ Er betrachtete die Reaktion des Jungen genau, rechnete mit der üblichen Abscheu und dem ihm ständig entgegenschlagenden Misstrauen. „Ich habe Aria mein Schwert angeschworen als Geleit.“ Der Mensch wartete einen Moment bevor er schief grinsend fragte: „Möchtest du versuchen aufzustehen? Du musst doch sicher pissen wie ein Elch.“

Jarel Moore - nein, da klingelte bei jake nichts und das stand wohl auch deutlich in den ausdruckslosen, hellen Augen. Das Wort für Ritter war ihm sofort eingängig, das folgende konnte er allerdings nicht zuordnen. Die Rädchen in seinem Kopf begannen sich allmählich reibungsfreier zu drehen, je länger er wach war und hier saß. Ritter waren in seiner Welt nicht mehr existent, außer eben in jenen geheimen Bünden, wie er ihm selbst angehörte. Hier aber mochten sie normal sein. Oder zumindest so normal, wie es in einer eher mittelalterlichen Welt eben war. So war seine Reaktion auf die Vorstellung Jarels gleichbleibend nichtssagend. Bis Arias Name wieder fiel, dazu das Wort 'Schwert' und wieder schwierig zu verstehende Zusammenhänge - dann eine Frage, gestellt mit einem Grinsen, dass keine Spiegelung auf seinen Zügen fand. Er konnte nicht einmal raten, worum es ging. Zu viele Worte, die für ihn keinerlei Bedeutung hatten. Verdammt, er war es langsam leid, nur die Hälfte von dem zu verstehen, was man um ihn herum oder auch direkt an ihn gewandt sprach. Er leckte sich über die spröden Lippen, schob die Decke von sich und zupfte sie für Aria zurecht, damit sie es weiter warm hatte. Dann nestelte er an den Umschlägen herum, die seine Waden umschlangen. Sie waren unangenehm feuchtwarm und es drängte ihn, sie los zu werden.

Der Ritter atmete durch. „Möchtest du aufstehen?“, fragte Jarel und entfernte die Wadenwickeln, um sie in den bereitstehenden Topf zu werfen. Dieses Mal hatte er die Gemeinsprache gewählt. Hoffentlich hatte das Fieber den Jungen nicht endgültig den Verstand gekostet. Zumindest macht er gerade den Eindruck, als wären nicht alle Lampen an.

Er versuchte es nochmal, diesmal in jener Sprache, die Slava besser zu liegen schien und deren Bedeutung sich Jakob ganz verschloss. Auch wenn man sie langsam sprach. Er presste die Lippen aufeinander, schon wieder auf dem besten Weg in diese abweisende Gleichgültigkeit zu verfallen, die er allem und jedem gegenüber zur Schau trug. Dann half der Mann - Jarel, erinnerte er sich - ihm dabei die Wadenwickel zu entfernen, ließ ihn einfach nicht in Ruhe, sondern drängte sich immer wieder in den Fokus.
Jake hatte Durst, brennenden sogar, und wenn dieser Ritter sich nicht vertreiben ließ, dann wäre er vielleicht wenigstens nützlich. "Wasser?", fragte er also, dabei auf den Topf weisend, ahnungslos, ob es das richtige Wort war.

Jarel nickte, stand auf, ging zwei Schritt zu einem riesigen Sattel, an dessen Knauf ein Schlauch hing. Er kehrte zurück und hielt ihm den Schlauch hin. "Langsam.", versuchte er es wieder in der alten Rede.

Er nahm den Schlauch entgegen, trank gierig, so dass ihm ein Teil des Wassers aus den Mundwinkeln lief und kalt auf die blanke Brust tropfte. Sein Magen meldete an, dass ihm diese plötzliche kalte Dusche missfiel und gleich drehte sich ihm wieder alles vor Augen. Jakob zog die Beine an, ließ den Schlauch sinken und stützte den Kopf in eine Hand, seine Knie dabei wiederum als Stütze für die Arme nutzend. Verschloss die Augen vor der wankenden Welt, um dem Ritter das Wasser nicht gleich wieder vor die Füße zu kotzen.
"Danke.", murmelte er. Ein bisschen Erziehung hatte er dann doch genossen.

Der Ritter wartete mit Engelsgeduld. Als Jake wieder aufsah, fragte er Langsam und betont - wieder in der älteren Rede: "Möchtest du...." - er deutete auf Jake - "aufstehen?" Er streckte Zeige und Mittelfinger zu einem V aus, das auf den Boden deutete und machte kleine 'gehende' Bewegungen. "Austreten?", fragte er im Anschluss, sparte sich aber eine dazu passende Geste.

Die hellen Augen folgten den Gesten, der Verstand dahinter kam allmählich in Wallung. Jakob lauschte in sich hinein. Pissen gehen konnte man sich in der Wüste tatsächlich fast abgewöhnen, wenn man mehr schwitzte, als man trinken konnte. Aber seit seiner Ankunft hier hatte er kaum gegessen oder getrunken, was ihm sein Körper sicher zusätzlich übel nahm. Abgesehen also von einer jugendlich stabilen Blase, die noch keinen Notstand meldete, fühlte er sich auch nicht als wollte er testen, wie tief man von zwei Beinen fallen konnte. Er schüttelte den Kopf. Es gab wichtigere Dinge.
"Mein Schwert?"

Der Ritter lachte kurz trocken und deutete auf die Kutsche. Dann deutete er auf den Kessel mit dem duftenden Ragout. "Hunger?" Er vollführte mit der rechten Hand eine 'in den Mund schaufelnde' Bewegung und schaute fragend.

Wieder folgten seine Augen jeder Bewegung, während die ihm eigene fast schon penetrante Aufmerksamkeit mehr und mehr wieder aufwachte. Diese Art, ohne zu blinzeln alles und jeden zu mustern, bis an die Grenze des Unangenehmen und noch darüber hinaus. Die Kutsche - da waren seine Sachen - das Feuer, ein Topf. Essen. Wie zur Antwort grollte sein Magen, der sich noch immer über die rüde Behandlung mit kaltem Wasser beschwerte. Aber was da brodelte, roch gut und die Vernunft sagte, er sollte es versuchen. Er nickte. "Ja. Danke." Dann fiel ihm noch etwas ein. Er legte sich die Hand aufs Herz. "Jakob." Wieso er bei Jarel seinen wirklichen, seinen deutschen Namen verwendete, wusste er selbst nicht genau.

Jarel nickte. "Schön, dass du wach bist, Jakob." Es war egal, ob der Junge ihn verstand. Der Ton machte in diesem Fall die Musik. Er stand auf, holte eine Holzschüssel und einen Holzlöffel, dazu einen Zinnbecher. In den Becher goss er den Rest in der Zwischenzeit kalten und sicherlich leicht bitteren Kräutertee, die Schüssel füllte er zur Hälfte mit dampfend heißen Windfleisch, ertränkt in Sauce. "Heiß", sagte er und deutete ein pusten auf die Schüssel an, bevor er Jake diese hinhielt. Er behielt ihn im Auge. Sollte der Junge schwächeln, würde er die Schüssel schnell an sich nehmen. Auf dem halbnackten Schoß würde das heiße Fleisch nicht ganz so guttun wie im Magen.

Er nahm die Schüssel entgegen, nahm die Warnung ernst und pustete über den gefüllten Löffel. Er roch nicht daran, wie es viele wohltun würden. Wenn er eines in seinem jungen Leben gelernt hatte, dann dass man alles essen konnte. Wirklich alles, solange es einen nicht vergiftete. Vorsichtig schob er das, was er für ein Gulasch hielt, in seinen Mund, kaute, schluckte. "Gut." Ein kurzes Heben des Blicks, bevor er den nächsten Löffel füllte und verschwinden ließ. Fragend deutete er mit dem leeren Löffel in die Schüssel. "Was?" Für seine Verhältnisse redselig. Dann aß er weiter, mit jedem Bissen mehr feststellend, dass sein Körper ziemlich ausgehungert war.

"Wildschwein." Jarel grinste und quiekte zwei Mal erstaunlich naturnah. Dann deutete er auf die Bäume, die mit dem seltsamen Schmuck bestehend aus totem Tier bestückt waren.

Wildschwein. Er folgte mit den Augen einmal mehr dem Fingerzeig. Er hatte wirklich einiges verpasst. Löffel für Löffel verschwand aus der Schüssel und im Knappen, weckte seine Lebensgeister. Er war an wenig Schlaf gewöhnt und auch wenn sein Körper von Fieber und Medikamenten erschöpft war, verspürte er nicht den Drang, wieder schlafen zu wollen.

Wieder versuchte er Jake dazu zu bringen aufzustehen. "Gehen?", fragte er und machte wieder mit zwei Fingern die 'laufen' Geste. Dann kam er darauf, das der Junge nichts an hatte. Er holte die Lederkleidung und hielt sie Jake hin.

Er wollte ihn partout nicht einfach hier sitzen lassen. Einfach sitzen. Nicht gehen. Nirgendwo hin. Jakob stellte die Schüssel ab und sah Jarel wieder nach, als der zur Kutsche marschierte und mit Kombi und Funktionsshirt zurückkam. Richtig, er hatte nichts an und die Nächte waren nicht sonderlich warm. Er streifte sich das Shirt über und nun würde er doch aufstehen müssen, um in die Hosen zu steigen. Na fein. Erst auf ein Knie und dann hoch. Und natürlich wollten seine Beine ihn nicht tragen.

Mussten sie auch nicht. Der Ritter hatte damit gerechten und griff ihm vorsichtig um die Taille. Unter die Achseln kam nicht in Frage. Als der Junge stand, wartete er einfach nur ab, bis er nicht mehr ganz so schwankte. "Langsam.", sagte er und machte sich beriet, Jake auch beim Anziehen zu helfen. "Halt dich an mir fest." Er war gar nicht so ungeschickt darin, dem Menschen in die Kleidung zu helfen. Seinen Sohn hatte er schließlich auch allein großgezogen.

Er hasste es. Er hatte nie wieder auf Hilfe angewiesen sein wollen, hatte es so lange ertragen müssen, dass man ihn herum schubste, wusch und anzog. Wie ein verdammtes Kind! Widerwillen lag in der verkrampften Spannung seiner Muskeln - er wollte sich am liebsten los machen, aber er wusste, dass er dann einfach in sich zusammen fallen würde, wie knochenlos. Laut knirschten seine Zähne, als er sie aufeinander presste. In die Hose steigen. Knöpfe und Reißverschluss schließen. Dann machte er sich doch los, harscher, als die Dankbarkeit es wohl gebot. Wankend tat er die wenigen, unsicheren Schritte bis zur Kutsche, öffnete die Tür und klammerte sich daran, während er verbissen seinen Schwertgurt heraus zog. Dann ließ er sich auf das Trittbrett sinken. Die kurze Anstrengung hatte ihm bereits wieder den kalten Schweiß auf die Stirn getrieben. Mit zitternden Händen zog er die Klinge ein Stück heraus, prüfte, ob es wirklich seine war und ob der Hexer sie beschädigt hatte.

Jarel war stehen geblieben und sah ihm schmunzelnd nach. Kinder.. und ihre Hormone. Er betrachtete Aria einen Moment aufmerksam. Oder besser: Er beobachtete den Deckenberg. Nach einer kurzen Weile riss er sich von den Anblick los und nahm die Holzschüssel auf, schenkte sich selber die Schüssel randvoll, setzte sich vor seinen Sattel und aß in aller Seelenruhe.

Der Ritter nahm sich selbst etwas zu essen, während Jakob in noch halbwegs erträglicher Entfernung zum Feuer in der Kutschentür saß, die nackten Füße im taufeuchten Gras, das Schwert in der Scheide auf den Knien. Sein Blick ging in die Leere jenseits des Waldes und seine verbrannte Hand spielte mit dem Anhänger an seinem Hals.

Aus dem Augenwinkel beobachtete der Ritter den jungen Mann weiter, stellte den Kessel mittels eines Astes, den er durch den Henkel schob an den Rand des Feuers und reinigte Schussel und Löffel. Dann stand er auf, trat an den Rand des Lagers und begann mit langsamen, konzentriert ausgeführten Bewegungen etwas zu trainieren, was wie ein Tanz in Zeitlupe ähnelte.
Große, betont kontrollierte Schritte, Drehungen, dazu passende Armbewegungen. Schiebende Handbewegungen, ziehende, drehende, werfende, fangende. Teilweise wirkte es als würde er die Schwerkraft greifen und um die Zeit herum dehnen wie ein Schmied ein Hufeisen um den Amboss. Hypnotisierend.
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Jakob von Nagall
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Lebenslauf: Jakob von Nagall

Jakob hing seinen Erinnerungen nach. Der Hym war nicht so freundlich gewesen, ihm mit der Kontrolle auch das Bewusstsein während seiner Taten zu rauben, ganz im Gegegenteil. Er hatte sich aus seinem Entsetzen genährt, aus seiner Verzweiflung über das Gestern und dem, was Jetzt geschah. Je länger er auf der Schwelle der Kutsche saß und sich dem, was die letzten Stunden geschehen war, bewusst stellte, desto klarer traten die Erinnerungen hervor. Die Neuen, wie auch die Verdrängten aus früheren Zeiten. Jene, die der Geist benutzt hatte, um ihn unter seine Kontrolle zu bringen. Alte Schuldgefühle, die er eigentlich abgelegt zu haben geglaubt hatte. Taten, für die er gesühnt hatte. Ein feines Netzwerk von kaum sichtbaren Narben, das seinen Rücken überspannte, waren seine Zeugen - Narben, die keine Brandnarben waren. Und trotzdem waren die Flecken auf seiner Seele. Auf ewig dort eingebrannt.
Aber aus irgendeinem Grund wollte die Hölle ihn nicht haben, obwohl er dort draußen in diesem Anwesen zu gerne einfach aufgegeben hätte. Doch weder der Hym noch die Wunde, die sich unter dem neuen Verband versteckte und vermutlich das Fieber ausgelöst hatte - wenn es nicht Unterkühlung und Erschöpfung gewesen waren - hatten ihn vor seinen Schöpfer treten lassen. Am Ende hatte der Bastard doch noch Pläne mit ihm.
Jakobs Faust umschloss unlängst den Anhänger um seinen Hals, während seine Augen zum Nachthimmel wanderten, wo zwischen den Wolken des sich zerstreuenden Gewitters die Sterne zu sehen waren. Fremde Sterne, wenn man Slava glauben konnte, aber davon hatte er keine Ahnng. Er kannte den Großen Wagen und Ende. Wozu Sterne, wenn man GPS hatte? Betonung auf 'hatte' - nun würde er auch das lernen müssen, wie so vieles.
Was willst du eigentlich von mir?, fragte er stumm die Sterne, aber von dort kam wie immer nur Schweigen. Hätte ihn auch gewundert. Sein Vater hatte den Glaube immer mit einem Jonglierspiel verglichen: man musste sich nur aufs werfen konzentrieren, nicht aber aufs fangen. Das Fangen ging ganz von allein. Jakob schnaubte, ließ den Blick wieder auf das Schwert fallen und drehte es so, dass die Spitze zwischen seinen Füßen stand und die Parierstange mit Heft und Scheide ein Kreuz bildete, welches er nachdenklich betrachtete. Gab es seinen Gott in dieser Welt überhaupt? Oder gehörte diese Welt anderen Göttern - Geistern und Dämonen, wie diesem Hym? Machte es denn einen Unterschied?

Eine Bewegung am Rande seines Sichtfeldes weckte seine Aufmerksamkeit und er drehte den Kopf. Jarel hatte sein Mahl beendet und reinigte das Geschirr. Dann entfernte er sich etwas und begann mit etwas, dass ihn an eine langsame Version von Meister Yahuros waffenloser Kampfkunst erinnerte, die er jedem beibrachte, der Interesse über das obligatorische Meditationstraining hinaus hatte. Irgendwas mit do am Ende, wie fast alles, was man von dem Zen-Meister lernen konnte. Nicht Jakobs Welt, zumindest nicht ohne etwas in Händen. Selbst das Schwert war nicht seine bevorzugte Waffe, aber er führte es, weil man als Tempelritter eben ein Schwert führte. Wenn man ihn wählen ließ, war er immer auf dem Schießstand. Leider ließ man ihn selten wählen. Alexej hatte sogar versucht ihm den Kampf mit dem Stab näher zu bringen, aber das war völlig nach hinten los gegangen. Dann eher noch Jade und ihre Affinität zu den abgefahrendsten Bögen und Armbrüsten, die der Markt so her gab.
Er lehnte den Kopf an die Seitenwand des Wagens, drehte sich etwas und sah zu. Reglos, aus seinem schattigen Plätzchen heraus, in jener Reglosigkeit nur einmal zeigend, dass er nicht schlief, indem er Füße auf das Trittbrett zog und sich selbst auf den Kutschenboden setzte, da die Zehen langsam kalt wurden.
Ein seltsamer alter Mann. Ein Ritter von einem Orden, aber den Rest hatte er nicht verstanden. Vielleicht konnte Aria es ihm später erklären. Mit ihr hatte er einen Weg gefunden, halbwegs sicher zu kommunizieren. Vermutlich auch deswegen, weil er bei ihr tatsächlich den Wunsch hatte, zu kommunizieren, nicht wie bei den meisten anderen menschlichen Wesen. Doch sie schlief tief vergraben unter den Decken, also beobachtete er das Gehampel des Ritters, während die zugeführten Kalorien langsam dafür sorgten, dass seine Hände aufhörten zu zittern und sein Kopf sich zusehendes klärte.
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Vyacheslav Sokolov
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Was ihn geweckt hatte wusste er nciht genau, die Stimmen, der Geruch nach Guasch? Ja, zweifellos letzteres.
Wie es seine Art war blieb er noch eine Weile liegen, lauscht und sortierte sich.
Er hatte in seiner vollständigen Kleidung geschlafen, die Kapuze des Parkas über den Kopf gezogen und die AK in der Hand. Auch die Stiefel ließ er immer an. kam ein Blutsauger ins Lager wartete der nicht brav draußen bis er sich vollständig angezogen hatte und rauskam zum Spielen. Hier zählte jeder Augenblick der über Leben und Tod entschied.
Und diese Welt war nicht minder gefährlich, er würde diese Angewohnheit definitiv beibehalten.
Als er sich dann aufsetzte konnte er den Alten Mann vom Vortag beobachten, wie der etwas wie Tai-Chi praktizierte. Eine der asiatischen Kampfübungen, von denen er persönlich wenig hielt. All diese Kampfsportarten waren darauf ausgerichtet schön zu sein, eben ein Sport und dazu da, die innere Mitte zu finden, die Philosophie zu transportieren, ehrenvoll zu kämpfen. Etwas, dass ihm immer zu affektiert vorkam. Was er trainiert hatte war hässlich, unehrenhaft aber effizient.
Er hatte einmal mit deutschen Spezialkräften trainiert, bei einem freundschaftlichen Austausch.
Die Deutschen standen damals in schicken Trainingsanzügen vor ihnen, mit den bekannten drei Streifen, alle wunderbar einheitlich ausgestattet und mit deutschen Adler gebrandet, und sie rochen alle frisch nach Deo.
Seine Truppe wirkte dagegen abgerissen, jeder in schlapperigen alten Trainingshosen aus China und ausgeleierten Armeetshirts oder abgewetzten Telnjaschkas, Schlecht rasiert und man konnte ihnen die letzte Nacht zu deutlich an den Augen ablesen. Kaum einer, der nciht verkatert zum Training erschienen war, ihn selbst eingeschlossen. Sicher, sie hätten mehr leisten können, aber manchmal war es noch besser, unterschätzt zu werden.
Die Deutschen wurden mit Jiu-Jitsu Techniken trainiert. Und dagegen gab es einen Befreiungsmove, der ihn immer und aus jedem Griff befreite. Man klopfte zweimal schnell auf dessen Oberschenkel und der andere ließ sofort los.
Auch im Ernstfall. Ein fataler Trainingsfehler.
Denn einmal antrainiert wurde man die Angewohnheit nur schwer wieder los. Und der Moment reichte ihm, um dem anderen das Genick zu brechen. In dem Fall natürlich nur angedeutet. Er hatte damals den Anstand besessen, das dem Trainingsleiter der Bundeswehrtruppe auch zu sagen, man war ja befreundet, irgendwie, Aber der hatte nur gelacht, fand es einen guten Witz, dachte nicht im entferntesten daran, dass so ein Ernstfall kommen konnte und überhaupt. Slava war klar, dass die deutschen die russische Einheit nicht ernst nahmen.
Und trotzdem schlugen sie sich mit ihrem und in ihrem desolaten Zustand etwas besser, das allein reichte ihm damals als Erkenntnis. Banal, dreckig aber effizient. keine Bewegung zu viel. Dass die im Westen über sie lachten sah er immer nur als Vorteil.
So beobachtete er den Ritter eine Weile um einzuordnen, wie der kämpfte, und bildete sich ein Urteil.
Vielleicht vorschnell.

Jake war ebenfalls wach, auch das bemerkte er schnell. Ihm hatte die zweite Stimme gehört, die er noch gehört hatte.
Er saß auf im Einstieg der Kutsche und die Prinzessin schlief noch. Der Zwerg schnarchte. Vielleicht hatte er recht behalten, denn kein Monster hatte Nachts das Lager angegriffen.
Er richtete sich ganz auf, sortierte die alten Knochen, manche Gelenke knackten, irgendetwas in seiner Schulter, sein Nacken knirschte ein wenig, aber er fühlte sich ausgeruht. Nur was hätte er jetzt für einen Kaffee gegeben. Eine heiße dampfende Tasse Kaffee, sogar in der Zone hatte er in Pripyat für eine Maschine gesorgt und erst Spott geerntet und später größte Dankbarkeit.
Er musterte Jake eine Weile. die Frage wer Miriam war und was damals geschehen war sparte er sich noch für später auf. Man vergeudete einen Vorteil nicht, und derzeit bot ihm dieses Wissen keinerlei Nutzen.
Er musterte ihn aufmerksam. die Frage ob es ihm besser ging war schon damit beantwortet, dass er nicht fiebernd unter der Decke lag.
Den Ritter wollte er derzeit nicht stören, doch er hatte nicht vergessen, dass sie zum Training verabredet waren.
Er trat also doch zu Jake.
"Die Elfe und die Katze sind weg. Haben sich gestern Abend verabschiedet von Aria vor allem." Teilte er ihm auf englisch mit.
"Wenn du noch Ibuprofen brauchst, ich hab noch was. Und du bekommst später noch ne Spritze mit Breitbandantibiotikum, dein Biss war ordentlich entzündet." eine Mitteilung, keine Frage.
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ERZÄHLER
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Während Slava sich mit Jake unterhielt, beendete Jarel seine Übungen. Eine Weile blieb er in Grundstellung stehen, dann ließ er die Arme sinken.
Ohne ein Wort zu sagen drehte er sich in Richtung der beiden Männer, nahm Haltung an, verschränkte die Arme hinter den Rücken und blickte zu Slava.
So wartete er einfach nur ab.

Jakob hatte die Schmerzmittel abgelehnt und die Information, dass er eine weitere Dosis Antibiotika bekommen würde, schweigend hingenommen. Irgendwas hatte ihn erwischt, gestern oder am Tag zuvor und er hatte eine Infektion. Keine Diskussion. Er hatte ein 'Danke' gemurmelt, auch diesem Mann sollte man danken, wenn er nun schon so freundlich war, ihm nicht beim Sterben zuzusehen. Auch wenn sterben in letzter Zeit öfter wirklich verlockend gewesen war. Jetzt wo er hier saß, war leben auch nicht so übel.

Jarel blickte ihn einfach nur an, doch der russische Offizier und Agent verstand. Jetzt kam er nicht mehr aus, und er würde eine neue Herausforderung sein, denn diesen Mann konnte er nu schwer einschätzen. Zumindest war ihm klar, dass er ihn mit dem Klischee des ungepflegten und immer besoffenen Russen nicht ködern konnte. Er würde improvisieren müssen. Als ging er direkt auf ihn zu. "Hast du denn Übungsschwerter?"

Jarel schüttelte den Kopf. "Brauchen wir Übungsschwerter?", fragte er ruhig und ohne Spott.

Slava zuckte mit den Schultern. "Ich habe auch kein echtes Schwert, hast du ein zweites? So etwas gibt es bei uns nur im Museum... mit Schwertern kämpft man in meiner Welt wohl schon seit 400 Jahren nicht mehr." und seine persönlichen Erfahrungen beschränkten sich auf ein Holzschwert, dass er sich als 8jähriger aus zwei Zaunlatten zusammengehämmert hatte und es wie einen Prügel seinem besten Freund damals, Dima, auf den Kopf gehauen hatte.

Der Ritter nickte. Schließlich war er geschickt worden einen Knappen zu finden ging zum Sattel und band ein längliches Bündel los.

Slava nahm das Schwert entgegen, es glich jenem des Ritters und er wog es in der Hand. Es war schwer. Er hatte, anders als manche seiner Kollegen, auch nie Fechtunterricht gehabt. Für manche aus der Oberschicht galt das immer noch als zum guten Ton gehören, aber er schöpfte sein ganzes Wissen über den Schwertkampf aus Filmen, und sein Filmgeschmack hatte mit historischer Korrektheit kaum Überschneidungsbereiche.
Der Griff war etwas länger, Anderthalbhänder nannte man das, soviel wusste er immerhin, und kann konnte es mit ein bis zwei Händen halten... und weiter? Gute Frage.
Immerhin waren beide Schwerter gleich gebaut, und auch wenn es Slava schwer erschien war es für ein Ritterschwert ungewöhnlich leicht.
Keines der panzerbrechenden, wuchtigen Waffen wie üblich. Schmaler, eleganter und leichter. Und schärfer.
"Wie ist dein Trainingsstand?", fragte Jarel, der sein eigenes Schwert gerade erst gezogen hatte.
Slava grinste.
"Sagen wir's so... ich weiß dass es ein Schwert ist und auch wie rum man es hält. Ich hab dazu schon mal einen... 'Film' gesehen." Er hatte keine Ahnung, ob das Wort 'Film' in dieser Sprache existierte und wenn, ob es die gleiche Bedeutung hatte, aber er konnte nicht anders als sich darüber lustig zu machen
Beim Wort 'Film' zog Jarel nur die Stirn kraus.
„Parieren.“ Jarels Ton wurde präzise, trocken, knapp und befehlsgewohnt.
Er begann, das Schwert gegen den Söldner zu schwingen, jedoch so langsam, dass es ihm durchaus möglich war, jeden ‚Hieb‘ mit der entsprechenden Bewegung mit seinem Schwert zu stoppen.
Die dunklen Augen des Ritters beobachtete ihn genau. Ganz genau. Eine gewisse Anzahl von Hieben später spürte der Söldner schon, das Gewicht des Schwertes, Jarel zuckte nicht mit der Wimper.
Er begann die gerade fertig gewordene Abfolge von Angriffen noch einmal. Dieselben Hiebe, dieselbe Reihenfolge. Jetzt sogar noch langsamer. Und dieses Mal begann er Slava bei jeder der Abwehrbewegungen zu korrigieren. „Linkes Bein weiter vor.“ Oder „Rechte Schulter Hoch.“ Oder „achte auf deinen Schwerpunkt“ oder „Füße weiter auseinander“ oder einfach nur „Höher“. Nur ganz selten bekam er ein schlichtes „gut“ zu hören.
Es wurde anstrengend.

Es machte Slava nichts aus, korrigiert zu werden, der Ritter war höflich, da war er andres gewöhnt. In den Kasernen, bei der Spezialeinheit herrschte ein rauer Umgangston, den westliche Beobachter nicht umsonst oft als Misshandlung der Rekruten sahen. Vermutlich hatten sie recht, ihn hatte er abgehärtet, andere waren daran zerbrochen. Aber noch war dieser Schwertunterricht ein Spiel für ihn. Allerdings waren seine Muskeln tatsächlich eingerostet. Die Langen Monate im Krankenhaus mit den Schusswunden im Bauch hatten verhindert, dass er regelmäßig trainierte. Wenn er eine Verletzung am Bein gehabt hatte hatte er wenigstens die Arme einsetzen könne und umgekehrt, aber der Torso stoppte alles. Deshalb spürte er das ungewohnte Gesicht des Schwertes tatsächlich. Vielleicht hätten ihm seine Fähigkeiten im Nahkampf eine Hild sein können, hätte er es ein wenig ernster genommen.
Hinzu kam, dass der Ritter immer die gleichen Angriffe in immer dergleichen Reihenfolge durchführte und statt schneller, langsamer wurde. Den Nahkampf hatten sie anders trainiert. Es war lange her... Der Trainer machte die Übung vor, langsam, zwei bis dreimal, damit sich jeder die Bewegung beider Parteien einprägen konnte, dann schnell damit man die reale Geschwindigkeit und die realen Auswirkungen sehen konnte und dann griff der Trainer jeden Schüler an. Wer es nicht kapiert hatte lernte es unter Schmerzen, Rücksicht gab es keine. Ei wenig hatte er das Gefühl, der alte Mann wolle sich über ihn lustig machen.

Jarel begann eine neue Runde. Dieselben Angriffe, dieselben Verteidigungen, ähnliche Korrekturen.
"Braucht ihr eine Pause?", fragte Jarel, ohne den Söldner eine Sekunde aus den Augen zu lassen.

Vielleicht hatte er darauf gewartet, ein wenig hatte er das spiel satt. Er senkte nur kurz das Schwert, der andere schien unaufmerksam, Slava ließ seine Waffe fallen, war in weniger als einem Blinzeln bei seinem Gegner und griff nach dessen Schwerthand, ein harter Schlag, dass er die Waffe fallen lassen musste. Bei einem menschlichen Gegner hätte das wohl auch genau so funktioniert. Was man gegen Pistolen einsetzen konnte klappte seiner Ansicht nach auch gegen die viel wuchtigeren und unhandlicheren Schwerter. Er hatte genug Zeit gehabt das zu beobachten. Ein tritt gegen das Knie würde ihn gleichzeitig aus dem Gleichgewicht bringen, es vielleicht sogar brechen, sperrte er sich zu sehr dagegen, dann würde er sich und seinen Arm in einem schmerzhaften Hebel befinden der ihm das Handgelenk so auf dem Rücken fixierte, dass er nur auskam, wenn er zu Boden ging, dorthin, wo er ihn haben wollte. Hätte Slava nur am Vortag aufmerksamer zugehört...

Er überlegte gerade, ob er Slava fragen sollte, was das für eine seltsame Type war, da beendete diese Type ihr Training und wandte sich um. Slava schien sich angesprochen zu fühlen und die beiden tauschten ein paar Worte in dieser kruden Russischversion, die man die Gemeinsprache nannte.
Daraufhin packte Jarel ein zweites Schwert aus und reichte es dem Soldaten. Na das wurde ja wirklich spannend!
Die zwei Männer gingen ein paar grundlegende Formen von Angriff und Parade durch, während denen Jarel sich mit Korrekturen durchaus zurück hielt. Jakob sah den beiden zu und musste unwillkürlich an seinen ersten Schwertmeister denken. An Slavas Stelle hätte er jetzt schon dermaßen viele angehende blaue Flecke von der Breitseite der Klinge, dass jeder Schritt eine wahre Freude wäre.
"He Slava, wer ist der Kerl und warum versucht er dir auf deine alten Tage noch neue Kunststücke beizubringen?", rief er auf Englisch. Eine Angewohnheit der Knappen, sich untereinander in der Konzentration zu stören, indem man einfach mehr oder weniger blöde Fragen stellte, wenn man grad Pause hatte, während ein anderer vom Schwertmeister eine Lektion in Demut bekam.
Doch der Russe hatte mit vielen Worten und Taten schon klar gemacht, dass er kein Anfänger war und so blieb er ganz auf Jarel fokussiert. Der wurde langsamer, je länger sie übten...
Er will ihn provozieren..., ging es Jakob durch den Kopf.
Kaum zu Ende gedacht, fiel schon Slavas Schwert und er versuchte Jarel anzugehen, wie er den Hexer angegangen hatte.
Jakob richtete sich auf. JETZT wurde es spannend, denn jetzt kam ins Spiel, was Ritter wie er lernen mussten und was er gegen Lydias Schatten teilweise angewendet hatte. Denn Vampire taten einem selten den Gefallen, mit dem Ritter zu fechten, sondern kämpften mit bloßen Händen.

...von Jake hatte er sich nicht ablenken lassen. Aber er begriff, dass die Trainingssituation für den jungen nichts neues war, genauso hatten sie sich im Training gegenseitig abgelenkt. Allerdings nicht nur mit Worten, sie hatten auch Dinge geworfen. Anfangs nur Bälle, später Dreck, Wasser, kleine Steine. Und später hatten sie Gasmasken mit verstopftem Filter aufgehabt und auch nciht die Sauerstoffzufuhr einzuschränken. Im Winter hatten sie sie nackt im Schnee kämpfen lassen, im Sommer in Pelzjacken. Er war jede Art der Ablenkung und des Psychoterrors gewöhnt. Das war es auch nciht...

Den Treffer auf Jarels Schwerthand landete der Söldner. Doch war nicht klar, ob der ehemalige Schattenläufer dies nicht einfach kassiert hatte um ihn in Sicherheit zu wiegen.
Das Schwert fiel krachend zu Boden, doch schon der nächste Zug funktionierte nicht mehr.
Der Ritter machte einen seltsamen kurzen Schritt nach hinten.
Und war nicht mehr zu sehen.
Ehe Slava sich versah schlug ihn etwas fest in den Nacken und sein Kopf flog zu einem Nicken nach vorn. Der Schmerz jedoch blieb aus.
Der Ritter hatte ihm mit der flachen Hand in den Nacken gedroschen wie einen Schuljungen.
Der Söldner fuhr herum, doch da war niemand.
Stattdessen eine Stimme von links.
"Lass niemals dein Schwert fallen."
Dann eine Stimme von rechts
"Unterschätzte nie deinen Gegner.
Noch während er sich drehte und den Gegner suchte schob ihn jemand mit einem Ruck seitwärts.
Kein Schlag, kein Tritt, ein einfacher kleiner Schubser gegen einen unsichtbaren Widerstand und Slava lag im Dreck. Ehe er begriff es geschehen war spürte er einen Druck an der Kehle.
Das nächste was Slava sah war ein paar pechschwarze Augen, dass verkehrt herum auf ihn herab starrte.
"Egal wie unfair du kämpfst, Söldner..."
Hatte Jarel die ganze Zeit da gestanden?
Es waren die Fingerknöchel des Ritters, die an seiner Kehle lagen und in seiner Faust... einer der Wurfdolche.
".. es gibt immer einen, der ist schlimmer als du."
Der alte Mann kniete am Kopfende des Söldners. Mit einer fließenden Bewegung verschwand der Doch in der Scheide und der Druck von der Kehle des Menschen.
Jarel umrundete ihn und bot ihm die Hand um ihm aufzuhelfen.
Das ganze war so schnell gegangen dass ein Zuschauer Probleme haben mochte dem ganzen zu folgen.

Erst einmal blieb Slava liegen. Früher einmal hätte er sich angespannt und wäre aus der Rückenlage hochgesprungen, heute würde er es wohl nicht einmal mehr aus dem Knien schaffen. Natürlich wurmte es ihn, dass sein Angriff nicht funktioniert hatte, dass er ausgerechnet in seiner Paradedisziplin versagte, doch er hatte seine Lektion vielleicht auch einfach gelernt, und es war besser, es jetzt in der Übung zu sehen, als später in einem echten Kampf. doch dann beging der Ritter einen Fehler, oder war es doch eine Falle? Probieren mußte er es. Er nahm die Hand, drehte sich aber sofort einmal um die eigene Achse und fegte mit seinen Beinen die des Ritters weg, benutzte dabei dessen Hand als Anker um dagegen zu drehen und zog gleichzeitig um ihn doch noch zu Boden zu bekommen. sollte er seine eigene Lektion lernen.

Mit einem "Ouff! !" krachte der Ritter auf den Rücken.
Und lachte. ".. immer einen der schlimmer ist...", wiederholte er und rappelte sich hoch, den Staub aus der Lederkleidung klopfend.
Der alte Ritter drückte die linke und Kreuz und bot Slava abermals die Hand.

Und dieses mal ließ er sie aufhelfen, ohne weitere Tricks. Er war zufrieden, hatte immerhin auch einen guten Treffer gelandet, er war nicht vollkommen hilflos in dieser Welt, er würde nur lernen müssen, auch mit den magischen Tricks zu rechnen. "Das war irgendetwas magisches, das verschwinden, oder?"

Jarel wog den Kopf hin und her.
"Im Grunde genommen keine natürliche Magie. Eher ein Nutzen der Umgebungsenergien. Auf freien Feld oder zur Mittagsstunde hätte es nicht funktioniert.", gab er zu.
Er musterte Slava und etwas schlich sich in seinen Blick, was Jake auch schon gesehen hatte. Sorge.
" Sind die Verletzungen vollständig verheilt?", fragte er so leise dass nur Slava es mitbekommen sollte.

Als Jarel in den Schatten trat, schnellte Jakob in die Höhe, die Scheide in der einen, das Schwertheft in der anderen Hand. Und gerade dachte er noch an diese Biester!
Doch zuerst erinnerte ihn seine Schulter daran, dass unter der Bandage eine Wunde pochte, dann sein Kreislauf, dass schnelles Erheben eine Scheißidee war und zum Schluss sein Verstand, dass die Zwei doch bisher nur hatten üben wollen. Aber der Teufel war ein Eichörnchen oder eben ein Fremder.
Natürlich wäre er sowieso zu langsam für jede Art von Eingriff. Er machte genau einen Schritt und das Schwert klemmte wie angeleimt in der Scheide... da war es schon wieder vorbei und Jarel bot Slava die Hand.
Innerlich schlug sich die Knappe die Hand vor die Stirn. SO einem reichte man doch nicht die Hand zum... Es rummste und Jarel lag auf dem Rücken wie ein Maikäfer. Jakob entspannte sich etwas, ging aber noch zwei Schritte näher, auch wenn er die Worte weiterhin nicht verstand.
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Thorben Denger
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Registriert: Mittwoch 3. November 2021, 16:02
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Bei all der Aufmerksamkeit, die die Anwesenden dem Übungskampf gewidmet hatten, war niemandem aufgefallen, wie das Schnarchen des Zwerges urplötzlich aufgehört hatte. Die Plane am Kopfende des Zeltes schwang auf und zuerst strömte ein Schwall Qualm aus der Öffnung heraus. Dann schälte sich auch der Kopf des Zwerges hinterher.

Noch immer hatte er seinen Hut auf! Eine Seite der Krempe sah ein wenig zerknautscht aus, was wohl darauf schließen ließ, dass Thorben sogar mit der verdammten Kopfbedeckung schlief!
Immerhin trug er nicht auch noch seinen Mantel. Ein aufgeknöpftes, fleckiges Leinenhemd wurde nahezu von einem immensen Knäuel Brustbehaarung gesprengt. Die schweren, metallbeschlagenen Stiefel waren ungeschnürt und schlappten bei jedem Schritt lose an seinen Füßen mit.

Thorben ging schnurstracks auf die Gruppe der wachenden Kämpfer zu, die immense, qualmende Pfeife im Mund und eine angebrochene Flasche Vodka in einer Hand. Anstatt anzuhalten, um mit den Kameraden zu sprechen, schlängelte er sich einfach durch ihre Bewegungen hindurch, rülpste für seine Verhältnisse leise und blieb erst am Rand des Lagers und äußerstem Feuerscheins stehen, um sich an einem Baum zu erleichtern.

Als er sich auf seinem Rückweg zu seinem Zelt wieder durch die Anwesenden schlängelte, würdigte er sie und ihren Bewegungen erneut keinerlei Beachtung. Er murmelte nur leise und undeutlich am Stiel seiner Pfeife vorbei.
"Euer Gekäbbel kann sogar noch die Toten wecken!"

Mit den Worten war er wieder in seinem Zelt verschwunden. Die Plane schloss sich hinter ihm und nur wenige Augenblicke später drang erneut das laute Schnarchen über den Lagerplatz, als wenn jemand dabei wäre, den halben Wald abzuholzen.
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