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von:
Slavas Wohnung --> Strasse --> Dienstgebäude des Regenten
Datum: Morgen des 5. August 1278
betrifft: Slava, Dijkstra, ww
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Wo suchte man einen Hexer, wenn man ihn nicht finden konnte?
Slava war zwar mit den grundlegenden Verhaltensweisen von Hexern nicht vertraute, aber was er bisher kennengelernt hatte ließ ihn vermuten, man konnte den Begriff einfach durch 'Herumtreiber' oder auch in seinen Begriffen 'Stalker' ersetzen und kam zu einem veritablen Ergebnis.
Die Liste war kurz.
Kneipen, Huren- & Badehäuser, Gefängnis.
Von den ersten beiden gab es eine Menge in Nowigrad, aber die konnten seine Leute schnell absuchen. So lange würde er zu einer Unterredung mit dem Regenten gehen, je nach Ergebnis würde er sich um letzteres dann selbst kümmern.
Wie sich zeigte hatte ihn Dijkstra bereits erwartet, dieses Mal in seinem Amtszimmer und nicht im Bad. Vielleicht nahm er an, Slava wäre dies unangenehm, sicher war dem Regenten bekannt, das sein Rücken ihm zuweilen Probleme bereitet, aber wie es der Zufall wollte hielt Cyrons Behandlung noch an.
Dijkstra empfing ihn und gerade eben als er eintrat ging einer der Handelsräte wutschnaubend hinaus und es fehlte nicht viel, dass der ihn angerempelt hätte. Erkannt hatte er ihn auf jeden Fall.
Ja, richtig, sie waren gerade nicht beschlussfähig. Ein weiteres Problem.
Doch zuvor gab es einen Erfolg zu vermelden.
Slava setze sich eher unaufgefordert.
Sicher, der Regent war der Regent, aber es brauchte eine Spur Unverschämtheit für ihn, um seinen Posten zu behaupten, und diese spielte er gerade aus. Dijkstra überging die Respektlosigkeit jedoch einfach. Er mochte zwar einen adeligen Titel haben, er verfügte über eine Grafschaft... irgendwo, aber er benahm sich ganz und gar nicht wie von Adel, war also vermutlich nicht in den Stand geboren sondern erhoben worden.
"Ich halte es für unwahrscheinlich, dass ihr es schon gehört habt, aber die Nilfgarder sind beseitigt. Außerdem habe ich deren Kommandanten in meiner Gewalt."
Er würde ihn noch etwas zappeln lassen und erst heute spät am Abend oder morgen verhören.
Dijkstra hob auf seine unnachahmliche Weise erst die eine dann die andere Braue.
"Tatsächlich. Ihr alleine habt... wie viele? ...ein Duzend Nilfgarder? ...beseitig?"
"Es waren 15 und 4 Elfenspäher. Und ich war es nicht alleine, ich hatte noch Hilfe. Die Reste des Lagers sind ein Raub der Flammen geworden. Die wenige Korrespondenz habe ich gesichert, allerdings enthält es nichts was wir nicht auch zuvor schon wussten."
"Zu zweit fast 20 Nilfgarder erledigt? Waren das nur Bauern?"
"Nein, eine Spezialeinheit. Ich sagte doch, die Ausbildung in meiner Heimat ist gut. Ich kann es euch bei Gelegenheit demonstrieren. Aber egal wie ich es angestellt habe, dieses Problem ist zunächst gelöst, was uns dazu bringt, nun das zweite anzugehen."
"Und ihr habt einen Gefangenen?"
"Ja, Major DeLewellin. Mehr werde ich erfahren wenn ich mich mit ihm unterhalten haben. Nun aber zum Rat."
"Ihr habt eine Lösung, wie ich hoffe? Ich bin gespannt, wie ihr das anstellen wollt."
"Ihr könnt diese bedauerlichen Verluste ganz einfach für euch nutzen."
"Und bitte wie?"
"Wartet nciht, bis der Rat sich selbst auffüllt, Ersetzt die getöteten Räte durch Deputierte der Zünfte und Repräsentanten aus den größeren Provinzen Redaniens zu gleichen Teilen. Den Rückhalt der Zünfte habt ihr dann sicher und die Händler werden kaum wagen zu widersprechen wenn sie sich nciht mit der ganzen Stadt anlegen wollen. Allerding wären sie dann nur noch ein kleines Rad im Getriebe...."
"Im... Bitte was?"
Slava musste grinsen als er zu glaubte erraten zu haben, was der Regent verstanden hatte.
"Sie wären nur noch ein sehr kleiner Teil vom Ganzen."
"Lokale Vertreter und Zünfte...Interessanter Vorschlag..." Und man konnte förmlich sehen, wie er die Konsequenzen abwog.
"Aber damit entmachte ich mich doch selbst."
"Nicht unbedingt. Natürlich bleiben die Männer handverlesen."
Die Art wie er handverlesen betonte machte klar, in wessen Hand sie lagen.
Der Regent nickte und sein Gesicht erhellte sich.
"Was wiederum den Anspruch Nowigrads auf die Hauptstadt sicher würde und mir damit... Für Redanien und Temerien wird es so aussehen... Nicht schlecht, Herr Sokolov. Nicht schlecht."
"Dazu die einflussreicheren Adeligen und Spezialisten als nicht stimmberechtigte Berater. Darunter fallen auch einige der Händler. Sie haben ein Mitspracherecht aber kein Stimmrecht. Aber außen vor lassen kann man sie nicht, sie vertreten Geld und Hebel in Personalunion. Aber so sind sie aufgeteilt. die stärksten und mächtigsten als Vertreter ihrer Zunft, die Anderen anwesend aber machtlos. Sie haben so auch nicht die Einheit sich geschlossen dagegen zu stellen. Dafür hat Nilfgard für uns gesorgt."
Wieder nickte Dijkstra. "Ich mag eure Art zu denken. Wo habt ihr das nur gelernt?"
"Von den besten, mein Lieber, von den besten."
Wieder ignorierte der Regent die Respektlosigkeit.
"Es gibt noch ein weiteres Problem, das wisst ihr."
"Dieses Problem könnt ihr lösen. Ihr seid doch Inhaber einer Grafschaft."
"Ich weiß worauf ihr hinaus wollt. Und ihr denkt, wenn ich euch in den Adelsstand erhebe akzeptieren sie euch? Ihr habt immer noch keine Familie und keine Geschichte."
"Auch dafür gibt es eine Lösung. Man lässt Gerüchte verbreiten. Ein lange verschollener Erbe, ihr habt mich versteckt um mich zu schützen... da wird euch sicher etwas einfallen. Und das lasse ich durchsickern. Ich habe da meine Methoden."
Dijkstras Mundwinkel zuckten. Wenn er dem blasierten Adel eins auswischen konnte, dann war er wohl dafür zu gewinnen und die Idee schien ihm zu gefallen.
"Gut, überlasst es mir, aber ich werde sehen was ich tun kann."
Mehr wiederum hatte Slava nciht hören wollen.
Und Dijkstra beantwortete sich im Folgenden alle weiteren Fragen beinahe selbst, er war wirklich erstaunlich schnell im Kopf und hatte offenbar die Adelsbücher, die er in den letzten Tagen mühsam recherchiert hatte alle im Kopf.
"Ein männlicher Erbe, der Verschwiegen wurde und sich nun wieder meldet. Das lässt sich einrichten, sogar die Adelsbriefe. Freiherr ist wohl auch nicht zu anmaßend. Dazu würden allerdings auch Ländereien gehören... Auch das lässt sich einrichten."
Die Idee schien den Regenten mehr zu begeistern je länger er sich damit beschäftigte und je mehr er sie zu seiner machte.
Slava schwieg dazu.
"Gut, gesetzt den Fall ich stimme der Idee mit dem neuen Rat zu, wo ist eure Rolle in dem folgenden Spiel?"
"Die gleiche wie jetzt. Ich will kein Stimmrecht, ich höre nur zu und berate euch."
"Und eines würde mich noch interessieren... Wie wollt ihr verhindern, dass die Leute nun denken wir selbst hätten die Räte beseitigt?"
"Was die Leute denken werde ich ihnen schon sagen. Überlasst das mir."
"Gut. Und ihr wollt nichts dafür? Einfluss? Macht? Wen soll ich aus dem Weg räumen?"
"Nichts weiter. Nur freie Hand bei dem was ich mache und wie ich es anstelle und vollen Zugang zu allen Informationen."
"Ihr seid mir keine Rechenschaft mehr schuldig?"
"Ich werde euch berichten, Euch beraten und wir besprechen die Ziele, aber die Art und Weise wie ich sie umsetze bleibt mir überlassen." auch das verfolgte einen langfristigen Zweck.
"Die Archive der Magier kann ich euch nciht öffnen... aber der Rest sollte machbar sein. Aber warum sollte ich mich darauf einlassen?"
"Weil ich so effizienter arbeite und je weniger ihr wisst umso weniger kann man euch belangen. Und ich werde nichts tun was ihr nicht auch tun würdet."
"Genau das ist ja meine Befürchtung."
"Ich sehe, wir verstehen uns?"
"Im Grunde ändert sich fast nichts... ihr kommt weiter ins Bad?"
"Natürlich."
"Gut. Ich denke darüber nach. Cognac?"
"Gern."
Sie tranken noch, lachten über die eine oder andere Absurdität. Slava unterhielt sich eigentlich gerne mit dem Regenten, hin und wieder konnte auch er noch von ihm lernen. In diesem Fall aber kostete es ihn mehr Zeit als veranschlagt, so dass es schon Mittag vorbei war als er wieder auf den Platz des Hierarchen trat - allerdings siegessicher.
Nun würde er nach dem Hexer suchen. Wo das wäre erfuhr er auch schon bald.
Es sah aus als wollte der Junge ihn um seine Geldbörse erleichtern, tatsächlich aber steckte er ihm einen Zettel zu.
Nichts in den Hurenhäusern, den Bädern und den Kneipen, aber vor einigen Tagen hatte es wieder einen Aufruhr gegeben bei dem ein Hexer verhaftet worden war.
Slava seufzte, der Junge Taschendieb, der nun für ihn arbeitete würde später seinen Lohn bekommen, er hatte dafür einen kurzen Weg, sein Gefangener saß auch im Kerker wo er wohl den Hexer finden würde.
<weiter dann hier>