Der Ritter hatte eine ganz eigene Art, mit persönlichem Elend umzugehen. Eine sehr eigene. Nachdem er sich bei seiner besten Freundin den Schmerz von der Seele geredet hatte, schulterte er seinen Quersack und machte sich daran, den Ort aufzusuchen, an dem er schon so oft die Vollmondnächte verbracht hatte. In dieser Nacht war kein Vollmond. Es war kalt, dunkel und verhangen. Immerhin hatte der Eisregen aufgehört.
Wie in Trance stieg er auf den Berg. Immer ein Schritt nach dem anderen. Ohne das Tempo zu drosseln, ohne Pause. Seine gute Sicht in der Dunkelheit ließ ihn sicher ankommen. Den Verfolger – von dem er nicht einmal im Ansatz etwas bemerkt hatte (04/100), hängte er bereits am Fuße des Berges ab.
Zu düster für einen Menschen, der den Weg nicht kannte. Die Höhle die er ansteuerte war dem ehemaligen Schattenläufer wohl bekannt. Dort angekommen sah er den Berg hinab und atmete durch. Bald würde die Sonne aufgehen. Genau der Moment, den er angestrebt hatte. Die Höhle war tief, verwinkelt und für das menschliche Auge stockdunkel. Einst hatte hier irgendein Monster gelebt. Der an den Steinen haftende, nur von guten Spürnasen wahrzunehmende, Geruch hielt Wildtiere davon fern sich hier einzunisten. Den ehemaligen Schattenläufer jedoch nicht. Er betrat die Höhle und bog um eine Ecke. Dort stand etwas auf einem flachen natürlich entstandenen Absatz, das in diesem Hintergrund bizarr wirkte. Eine sorgsam gerade aufgestellte Reihe leerer Alkoholflaschen in verschiedensten Ausführungen. Bauchige, Längliche, ovale, die Formen waren bunt gemischt. Auf den zweiten Blick alles sehr hochprozentiger Rum. Und alle leer bis auf den Letzen Tropfen.
Vor diesem „Schrein“ setzte er den Quersack ab und entledigte sich mit eingeübten Griffen der Gurte, die die Scheiden seines Langdolches und der Wurfdolche hielt. Mit ausdruckslosem Blick atmete er durch und kramte in dem Quersack. Er holte – wie sollte es anders sein – eine weitere Rumflasche hervor. Mit dieser in der Hand verließ er mit hängenden Schultern die Höhle wieder und kletterte das letzte Stück bis zur Spitze des Berges nach oben. Dieser Teil war am gefährlichsten. Steil, unwegsam, viele lose Steine.
Eigentlich hätte er frieren müssen, doch er spürte nichts. Nur Leere. Auf einer Klippe, unter ihm ein Steilhang von duzenden senkrecht abfallenden Metern, nahm er Platz und stellte die volle Flasche neben sich. Ein paar kleine Steinchen rollten über die Kante und in die Tiefe. Der Blick entlohnte die Mühen. Er kam genau rechtzeitig. Vor ihm verdämmerten die Sterne, der Himmel färbte sich rot, ließ den Morgennebel der Täler orange leuchten und illuminierte die Streifen von Wolken, die über die Spitzen der Baumwipfel zogen. Immer noch saß er da, starrte, atmete durch, sammelte sich. Gestern ist gestern. Vorbei ist vorbei. Sie Sonne kletterte höher und das Orange färbte sich in warmes Gold. Auch die Sonnenstrahlen begannen zu wärmen. Ein neuer Tag. Er hatte einen ganz wundervollen Jungen unter seinen Fittichen. Seine Gefühle für den Knappen standen denen für seinen Sohn um nichts nach.
Heute ist heute.
Und er hatte Freunde. Nicht viele. Dafür gute. Sehr gute.
Das Morgen kennt niemand. Er erhob sich mit schmerzenden Knochen. Es war doch verdammt kalt und langsam spürte er das auch. Nun…eher schneller. Er streckte sich, dehnte den Nacken, bewegte die Schultern. Steif bückte sich und nahm die Fasche zur Hand. Wegen der kalten Hände etwas linkisch öffnete er das Gefäß. Der Geruch des Alkohols breitete sich scharf in der kalten Morgenluft aus.
Verführerischer Duft.
Vergessen.
Vergehen.
Er räusperte sich und begann etwas ins Nichts zu sprechen. melodische, fremde Worte, die hier niemand verstehen würde, obwohl sehr laut und sehr weit zu hören. Während er sprach streckte er die Flasche am langen Arm von sich. Es war ein Gebet. Er dankte für einen neuen Morgen und bat die Schatten um Beistand und Schutz für die seinen. Er verbeugte sich der Morgensonne Entgegen, drehte die Flasche um und ließ das scharf riechende nass den Abhang hinabstürzen. Sein Triumpf über die Sucht, gleichzeitig ein Opfer für die Götter. Oder eher gesagt für die Schatten. Denn der Ritter glaubte vor allem an seine Fähigkeiten und erst dann an das Verwoben sein von allem und jedem. Er nahm die Flasche vor seinem Bauch, starrte in die Ferne. Diese Flasche würde den Weg zu seinem „Schrein“ jedoch niemals finden. etwas baute sich in ihm auf, was zumindest für eine kleine Weile das Selbstmitleid verdrängen wurde. Wut. Unbändige Wut auf sich, das Schicksal. Und Slava. Er hatte ihn verlassen. Weil er war, was er war.
Ein Grollen stieg in ihm auf, welches sich langsam in seinem Gesicht abbildete. Verzogene Lippen, gefletschte Zähne, böse funkelnde pechschwarze Augen. Mit einem grollenden Brüllen holte er aus und warf die leere Flasche weit, weit in den Abgrund hinaus.
Während die Flasche noch fiel, hielt der wütende, verzweifelte Schrei an. Bis dem Ritter die Luft ausging und er einen Moment auf die Knie sank. Weitere Minuten blieb er dort, dann Stand er auf, streckte sich, richtete seine Kleidung, nahm Haltung an. Wurde Zeit zurückzukehren.
Der Großkomtur würde ihm die Ohren langziehen für sein unangemeldetes Fehlen und viel schlimmer: Jakob machte sich vielleicht sorgen. Der Abstieg würde bis zum Abend dauern. Eilig legte er seine Waffen wieder an und schulterte den Quersack. Was hatte er sich gedacht, nur den dünnen Umhang mitzunehmen, in dem er sonst seinen Medikamentenrausch verbarg? Nichts hatte er gedacht. Den ersten klaren Gedanken fand er jetzt gerade wieder.
Er beeilte sich mit dem Abstieg, fand trittsicher den Weg, den er schon so oft gegangen war. Zumindest so lange, bis sich am Nachmittag etwas zusammenbraute.
Etwas Böses. Dichte Wolken. Und scharfer Wind. Etwas, dass sich eigentlich gegenseitig ausschloss, aber am Berg war alles möglich. Der Ritter sah missmutig nach oben. Schwarze Wolken, die begannen sich aufzutürmen, als wollten. sie ihm drohen.
Schnaufend sah er sich um. Hier war keine Möglichkeit sich zu schützen. Kein Unterschlupf. Er musste sich beeilen. Aber egal wie sehr er sich beeilte, das Wetter holte ihn ein. Binnen Minuten fand er sich in fast senkrecht ihm ins Gesicht schlagenden, messerscharfen Hagel wieder. „Kacke…“ In Sachen Fluchen war der Ritter nur halb so einfallsreich wie die Zwergin. Und er wäre das, was Jarel geschah, vielleicht auch nicht passiert.
Ein Grollen in der Luft. Ein grelles aufleuchten Hinter ihm, ein ohrenbetäubender Schlag, der den Boden erbeben ließ. Der ehemalige Schattenläufer fuhr herum. Kiefer hinter ihm brannte lichterloh, wurde nur mühsam von Hagel gelöscht.
Ein bizarres Bild. Den Ritter war schwindlig und seine Ohren klingelten nervenzerreißend. Er wusste nicht warum, nur dass die Haare auf seinen Armen zu Berge standen und er weg musste. Etwas weit hinten in seinem Verstand hob den schwarz befellten Schädel und witterte nach langer Zeit wieder eine Chance, stand auf, spannte sich.
Er versuchte den Schwindel wegzublinzeln und machte den ersten Schritt des letzten Wegstückes. Und dann… …kippte die Welt um. (1/100) Begann sich um ihn zu drehen, im zunehmend irrwitzigen Tempo an ihm vorbei zu rauschen. Oben, unten, links rechts...Wo war was? Nur mühsam begriff er, dass er gestürzt war. Er musste bremsen. Irgendwie. Desorientierung. Schmerz. Er durfte nicht… Ein Schlag in die Seite. Jarel sah Sterne. Und der Schwarze sprang.
Ohnehin schon gebrochene Knochen streckte sich, Fell spross, Zähne verwandelten sich in Reißzähne. Fast hätte er es geschafft, doch dann ein weiterer, harter Schlag in die Seite. Und das Licht ging aus. Und unten, fast am Fuß des Berges lag reglos das, was ein Hexer zwangsläufig für einen Werwolf halten musste. Zweibeinig, Wolfsschnauze, Klauen, fellbedeckt, teilweise in zerrissenes Leder gekleidet.
Und ein eben solcher Hexer war in eben dem Wald unterwegs. Er hatte den Auftrag übernommen, sich um einen Tschort oder einen Bies zu kümmern, so genau war das nicht herauszuhören gewesen, denn die Größenangaben wichen erheblich ab. Klar war, dass es sich um ein großes Tier handeln musste, mit einem Geweih wie ein Hirsch aber Zähnen wie ein Bär... oder doch ein Werwolf. Es hatte eine Händlerkarawane angegriffen, die Hälfte getötet und die Waren beschädigt und die andere Hälfte verjagt. Diese nun hatten sich zusammengetan um ihn u bezahlen damit er das Vieh erledigt damit die bergen konnten was von ihrer und deren Fracht der anderen noch brauchbar war. Egal ob der etwas größerer Bies oder in kleinerer und dafür wendigerer Tschort, diese Biester waren extrem schnell und nicht ungefährlich, sie konnte mit unglaublicher Kraft angreifen und einen einfach in die nächste Höhlenwand einarbeiten. zudem waren sie in der Lage schwache Bannmagien zu wirken und einen die Sicht zu vernebeln. Also ein würdiger und vor allem Lukrativer Gegner. Reuven hatte keinen Augenblick gezögert. Die 1600 Kronen konnte er mehr als gut brauchen.
• Und so kam es, dass ein Hexer zu eben jener Höhle unterwegs war, die er kannte und von der er wusste, dass sie sich für das was er jagte durchaus als Versteck eignete. Er war in Begleitung eines eleganten hellbraun gemusterten Pferdes und eines großen Wolfshundes. Das Pferd führte er, der Hund lief voraus, schnupperte.
Das Tier machte sogar nach außen den Eindruck recht jung zu sein. Trotz seiner hochbeinigen Gestalt und dem zotteligen mausgrauem Fell sprang es einmal hier hin, einmal dort hin, hielt recht mühelos mit dem Pferd schritt. Erst als Reuven abgestiegen war wurde auch das Tier "ernst". Es lief geradlinig vor dem Hexer her, führte ihn weiter in die Nähe des Berges, die Nase immer an den Boden geheftet. Und dann, kaum zwei dutzend Schritt weit gekommen, hielt es inne, erstarrte, gab einen winselnden Laut von sich. Ehe Reuven etwas sagen konnte, preschte die Hündin voran und verschwand im Unterholz. So war das eigentlich nicht gedacht. Schließlich gab es hier ein Ungeheuer und Sindra sollte diesem bitte schön nicht allein gegenüberstehen. Bereits Sekunden später sprang sie mit einem gewaltigen Satz aus den Büschen, verhedderte sich aber in etwas und schlug lang hin, direkt vor Reuven. Das Tier richtete sich auf, schnaubte und nieste mit wippendem Kopf. Vor den Füßen des Hexers lag etwas aus Leder. Riemen, Scheiden. Schnallen. Alt. Gut eingetragen und noch besser gepflegt. In den Scheiden steckten: Ein aufwendiger silberner Dolch der seltsam schimmerte, darunter schräg angeordnet drei Wurfdolche. Zwei aus ungewöhnlichem, geschwärzten Stahl und einer in hellem polierten Silber, was im krassen Gegensatz zu den anderen Wurfdolchen stand, Reuvens Medaillon zappelte ganz leicht. Irgendetwas magisches. Hatte sich schon jemand auf den Weg gemacht das Untier zu erlegen und war dabei umgekommen?
Das genau waren die Gedanken des Hexers. Ein Kollege... die Ausrüstung war zu gut und zu spezialisiert um einem einfachen Kämpfer zu gehören. "Wo hast du das gefunden? Kannst du mich hinbringen?" Er hatte kaum ausgesprochen, da setzte sich der Wolfshund in Bewegung. Reuven band noch Vanja fest, dann folgte er ihr. Mittlerweile war auch er wieder ausgerüstet wie ein richtiger Hexer, leichte Lederrüstung, an Armen und Beinen wie Schultern mit Stahl und Kette verstärkt, Handschuhe mit Silber beschlagen.
Sindra machte lange Sätze, sah sich aber immer um, ob Reu mitkam. Unter einem Felsvorsprung, umgeben von Büschen, meldete sie sich dann mit einem Laut, einer Mischung aus Winseln und Jaulen. Dort lag etwas. Eine gut zwei Meter große, dunkle Gestalt, gehüllt in einen dünnen Umhang und die Reste von Lederkleidung. Und die Gestalt...trug Fell. als wäre der Anblick des Wesens nicht alarmierend genug gewesen war Sindras Reaktion noch seltsamer. Statt ihn hin zu frühen, wollte sie ihn nun, nachdem sie an ihm geschnuppert hatte, von ihm weg drängen. Die Hündin lamentierte und machte einen völlig verstörten Eindruck.
Die Ausrüstung hatte Reuven bei Vanja liegen gelassen, wo Sindra sie abgelegt gehabt hatte, doch nun wunderte er sich. Er hatte das Silberschwert gezogen, man konnte ja nie wissen... zuerst schnupperte sein Wolfshund, dann machte sie den Eindruck, als wolle sie ihn nun weglocken. Was war das denn nun? Er schob sie beiseite, natürlich wollte er sich ansehen, was da für eine Gestalt lag.
Eingehüllt in einen leichten Mantel, aber das war fast alles was menschlich war an ihm. Fell, ein Medaillon um den Hals, silber. Und das war nun wirklich merkwürdig. Silber hätte einen Werwolf schaden müssen. Irgendwie reichte es dem Hexer allmählich von all den seltsamen Vorkommnissen der letzten Jahre. Er wollte einfach nur Monster töten, keine seltsamen Rätsel lösen. Einfach einem Tschort den Kopf abschlagen und die Kohle kassieren. Statt dessen war schon wieder ein Werwolf der Täter.
Er drehte ihn herum, nahm das Medaillon in die Hand, öffnete es. Die meisten Wölfe waren im Grunde Menschen, hatten Familie... Freunde... vielleicht Kinder. Der hier trug das Bild eines Elfen um den Hals. eigentlich egal, aber irgendetwas war trotzdem merkwürdig daran. Vor allem weil sich das silber nicht sin seine Haut brannte und sein Medaillon dafür stärker vibrierte als für einen normalen Werwolf üblich.
War das also der Täter, oder war das ein weiteres Opfer des Tschorts?
Er richtete sich auf und blickte sich suchend um. Von dem anderen Monster keine Spur... vorsichtig drückte er ihm nun die silberklinge auf die Haut... auch da keine Reaktion. DAS war nun kein gewöhnlicher Wolf.
Reuven seufzte, steckte das Schwert weg, fühlte Puls und Atmen, natürlich lebte der Mistkerl noch... sollte er nun einen Wolfsmenschen hier liegen und sterben lassen? Sindra hatte er gerettet, die Ausrüstung gehörte ganz ohne Zweifel ihm, die restlichen Fetzen im Fell zeugten davon.
"Scheisse... ich kann den hier nicht so liegen lassen... Dir hab ich auch geholfen..."
Und er packte den großen Kerl und schulterte ihn. Was einem Menschen wohl nicht gelungen wäre, denn er war ein gutes Stück größer als ein gewöhnlicher Mann und auch ein gutes Stück schwerer.
So schleppte er ihn zurück zu Vanja, legte ihn ihr auf den Rücken. Sie sträubte sich etwas, aber Axii half. Er wollte sich jetzt nicht mit einem scheuen Pferd herumärgern.
Sindra hatte mit eingezogenem Schwanz und abgeknickten Ohren neben dem rechten Vorderlauf des Pferdes gestanden, während Reuven den Halbwolf untersuchte. Die Stute störte das nicht. Ganz im Gegenteil. Sie senkte den Kopf und rieb die Nüstern an der Seite der Hündin. Sindra musste einen Ausfallschritt machen, um nicht umzufallen und beantwortete die Zuneigungsbekundung des Pferdes mit drei eiligen Zügen ihrer Zunge über die Schnauze des treuen Tieres. Als Reuven in dem Moment zu ihnen sah, hörten beide auf und sahen ihren Herrn mit entgeistertem Blick an, als wären sie bei etwas erwischt worden. Reuven kam mit dem geschulterten Tier auf sie zu und der Hund ging drei Schritte rückwärts, senkte den Kopf und jaulte.
Er lud den Bewusstlosen auf und führte Vanja weiter. Er war nicht sehr weit von Nowigrad entfernt, es waren nur wenige Stunden zu Fuß, dann würde er Ferneck erreicht haben. "Kannst du mir erklären, was dich an dem Wolf so stört, hm? Du bist selbst einer..." redete Reuven einfach weiter. Er wußte, Sindra antwortete nicht wenn sie als Wolfshund neben ihm her rannte, aber er musste schließlich mit irgendwem reden, und bei Vanja fühlte er sich noch merkwürdiger.
Sindra antwortete tatsächlich. "Jauhuurmwuff." Jetzt war er auch nicht weiter. Das Tier war zumindest hochgradig eingeschüchtert. Der Körper auf dem Pferd dampfte in der Kälte. Gutes Zeichen. Tote taten das nicht. Als sie in Nowigrad ankamen, wurde es bereits wieder dunkel. Trotzdem glotzen die Leute, lästerten, spien aus. Aber immerhin, der Hexer hatte einen Werwolf erlegt. Wahrscheinlich war er gerade auf dem Weg das Kopfgeld einzustreichen. So stellte sich Reuven wenigstens niemand in den Weg. Am Haus der beiden Damen angekommen versteckte sich Sindra hinter einer Hausecke, legte sich flach hin und versuchte im Erdboden zu verschwinden. Was nicht klappte.
Reuven klopfte an, es war schon spät, wenn er Pech hatte, dann waren die beiden Frauen unterwegs etwas trinken oder sogar noch bei Patienten. Dennoch, er musste es versuchen, wenn jemand helfen konnte dann sie. Die beiden nahmen auch sie seltsamsten Patienten auf. Nur Sindras Verhalten wunderte ihn sehr. Sonst hatte sie doch keine solchen Vorbehalte gegen andere Wesen gehabt. Gut, sie hatten nicht mehr mit Werwölfen zu tun gehabt, Seren hatte er alleine erschlagen... Ach ja, richtig. Seren. Er erinnerte sich noch gut daran, wie Dahlia ihm das Messer in die Schulter gerammt hatte... Die Alchemistin war dabei gewesen, sie hatte ihm vorgeworfen, ihn vorsätzlich umgebracht zu haben, obwohl es Heilung gegeben hätte. Er dachte jetzt erst wieder daran. Fast wollte er schon wieder umdrehen, andererseits... so konnte er beweisen, dass er durchaus den Unterschied zwischen gefährlichen und ungefährlichen Wölfen kannte.
Die Tür öffnete sich und da stand...niemand! Doch halt, als er herunter sah stand da die Zwergin. In einem wollendem Nachthemd, das jemand anderem wohl als normales Hemd gedient hatte sah sie aus, als würden ihr die Beine fehlen. Die Haare wie üblich struppig wie ein explodiertes Eichhörnchen, die Augen nur halb geöffnet. Und schlecht gelaunt. Zumindest DAS war mal was neues. "Sach, mal, haben sie dir ins Hirn geschissen? Du kannst deine Beute hier nicht zerlegen. Ich hab vorhin erst geputzt. Den Flohzirkus nehm draußen auseinander. Du spinnst wohl. Willst du dir aus dem einen Pelz machen?! Wie kommst du auf die Idee..." Sie wollte die Tür schon zuschieben, als der Wolf sich regte. Er stöhnte laut. Sarra klappte der Unterkiefer runter. "Heeeeee...pass auf! Der lebt noch!", quietschte die Heilerin warnend und war plötzlich hellwach.
"Deshalb bin ich ja hier. Ich hab ihn nur gefunden, nicht erlegt. Und das ist kein normaler Werwolf... deshalb bringe ich ihn her. Kannst du ihn dir ansehen?" Er wartete gar nicht auf eine Antwort, ehe die Zwergin, die aussah als hätte er sie aus dem Schlaf gerissen - wer schlief denn um diese Zeit schon? Es war doch erst kurz vor Mitternacht, die beste Zeit zum Jagen! - ehe sie widersprechen konnte, hatte er den verletzten Wolf vom Pferd gehoben und nach drinnen getragen. Er wollte so wenig Aufsehen wie möglich, sollten die Leute ruhig glauben, er bringe der Alchemistin frischen Werwolf für einen Trank. nicht einmal abwegig... sollte er doch verrecken... aber vorerst lebte er ja noch.
"Ljerkaaaaaa!", brüllte Sarray, streifte die Ärmel hoch und fing aber tatsächlich murmelnd und fluchend an, ihre Hände zu reinigen. Sie legte sogar ein Mundtuch vor und begann den Wolf zu untersuchen. "Wenn der in meine Richtung nur zuckt..." Sie sah Reuven aufgebracht an. Und dann veränderte sich die Zwergin. Das kannte der Hexer auch bereits. Sie atmete tief durch und tastete den Körper des Wolfes ab, klopfte horchte. Ruhig. Konzentriert. Professionell. "Platzwunde am Hinterkopf, vermutlich Gehirnerschütterung, luxierte linke Schulter, Bruch von Elle und Speiche links. zwei gebrochene..." Sie hielt inne und sah zu Reuven. "Was hat den den niedergerannt? Da ist ja nichts mehr am Stück. Und warum beim runzligen Arsch von Voleth Meir lebt der noch?"
Reuven hielt nur den Wolf fest, einfach zur Sicherheit. "Ich hab einen Tschort gejagt... vielleicht hat er ihn vorher erwischt. aber wenn dann hat wohl der Tschort gewonnen." mutmaßte er.
In der Zwischenzeit war Ljerka herangekommen. "Was ist lo... oh..."
Sie war nicht halb so überrascht, wie sie hätte sein sollen, statt dessen wandelte sich ihre Gesichtsfarbe hin zu gekalkte Wand. Auch sie trug nur ein weites Hemd und krempelte dieses nun hoch. Und auch sie griff gezielt nach dem Amulett... sie hatte es fast befürchtet, aber der Anhänger gab ihr Gewissheit.
Verdammt... das ist Jarel... Scheisse... Jarel, kannst du mich hören?"
Sarray erstarrte. "WILLST DU MICH VERARSCHEN?!"
Vielleicht auch ein wenig unbedacht, denn Reuven musterte sie aufmerksam. "Jarel? Dieser Ritter von der Flammenrose?" Und er setzte sich zurück und ließ den Wolf los. "Jetzt fress ich aber nen ganzen Alghoul rückwärts..."
Ljerka nickte nur. "Ja, ich verarsche niemanden." Reuven bedachte sie nur mit einem missmutigen Blick. Er war also nun auch ein Mitwisser. Aber immerhin hatte er ihn nciht gleich erschlagen sondern hergebracht.
Und der Hexer lachte nur noch. "Bei Meliteles Titten... dass glaubt mir echt keiner. Ein Ritter der Flammenrose ist ein Werwolf. Verfickte Drachenscheisse..."
Und er kassierte noch einen vernichtenden Blick, der Schmähungen Meliteles wegen aber auch für die meisten anderen Worte. "Kein Wort zu irgendwem! Sonst... sonst..." Aber ihr fiel gerade nichts ein. Sie sorgte sich viel mehr um Jarel.
Reuven lachte aber immer noch. DAS war tatsächlich der Höhepunkt eines Tages.
"...nicht der Göttin....", hauchte jemand. Eine erstaunlich menschliche Stimme. Jarels Stimme. Kaum hörbar. "Wir müssen seinen Kreislauf stabilisieren. ",war das einzige, was Sarray heraus bekam. "Hat er gerade...gesprochen?"
"Hey..." Sarray kroch wieselflink zum Kopf des Verletzen und sah Jarel in die Augen, schnippste vor seiner Nase mit den Fingern. "Jemand zuhause?" "Aye. Mylady..." Und - wie sollte es anders sein - er versuchte aufzustehen.
Reuven war schnell wieder bei der Sache und drückte den Wolf zurück auf den Boden.
"Du gehst nirgends hin!" und er blickte Ljerka und Sarray an. "Könnt ihr das verarzten? Schienen? Oder so...? Ich kann ihm auch Schwalbe geben, als Wolf verträgt er es wahrscheinlich." Doch Ljerka schüttelte sehr schnell den Kopf. "Nein, auf keinen Fall. Er ist kein normaler Werwolf." Vor allem aber wußte sie, dass die meisten Hexertränke, so auch die Schwalbe auf Alkoholbasis hergestellt wurden.
"DAS hab ich auch bemerkt... ist unempfindlich gegen silber." Reuven zwinkerte.
Sarray fuhr mit dem Finger vor den Augen des Wolfes hin und her, aber Jarel folgte nicht. Er dämmert bereits wieder weg. "Hey! Hierbleiben!", rief Sarray und gab ihm eine sanfte Ohrfeige. "DAS ist also dein Freund, ja?" die Zwergin war verwirrt. "Und das sagst du mir nicht?" Sie schnippste nochmal vor Jarels Augen, rieb mit den Fingerknöcheln hart über seine Brust. "Uuuund weg ist er. Ist vielleicht besser." Sie stand auf und nahm die linke Hand des Bewusstlosen. "Festhalten bitte."
"Ich kann ihn jederzeit wieder zurückholen..." bot Reuven an. Es war ihm nicht entgangen, dass auch den Wolf die Lästerung der Melitele gestört hatte. "Ich kann ihn auch betäuben... Je nach dem." aber er hielt ihn fest. In alles andere mischte er sich nicht ein. Die Alchemistin kannte ihn also... hatte sie dafür den Trank haben wollen? Er vermutete aber, dass er auch hier nicht wirken würde, immerhin war das eine besondere Art Wolf.
Lejrka zuckte mit den Schultern. "Er ist mein Kumpel. Nicht mehr. Und ja, er ist ein Wolf, aber kein Werwolf, er ist... anders. Und ich habe nichts gesagt, weil... weil..." sie blickte zu dem Hexer, Verzweiflung stand in ihren Augen.
"...weil ich Werwölfe erschlage... wie Seren." beendete er bitter den Satz.
Er konnte sie nicht einmal beruhigen, hätte er ihn nicht verletzt gefunden, er hätte ihn vermutlich wirklich einfach mit silber durchlöchert, und auch wenn er vielleicht gegen Silber immun war, gegen durchlöchern sicher nicht.
Sarray achtete nicht auf das Geplänkel der beiden. Sie warf sich nach hinten und zog. Mit einem widerlichen Geräusch sprang die Schultern zurück ins Gelenk. Und auch die gebrochenen Knochen landeten da, wo sie hin gehörten. "Hilfst du mir?", fragte sie in Ljerkas Richtung. "Schaffst du das? Er verreckt uns noch."
Ljerka nickte nur. Viele Möglichkeiten gab es nicht, aber sie begann bereits nach Salbe zu suchen, Stimulanzien anzurühren und etwas gegen Fieber und was sie sonst noch für Nützlich befand. Sie verband die Wunde mit einer antiseptischen Salbe, und auf die Reponierten und geschienten Brücke gab sie ebenfalls Salben, die Entzündungen eindämmten und die Heilung beschleunigten. Irgendwann war er fertig verbunden und verarztet.
• Ljerka wandte sich nun an den Hexer. "Danke, dass du ihn nicht erschlagen hast."
• Reuven schnaubte nur. "Du hältst mich immer noch für den gewissenlosen Killer. Ich bringe nciht alles um was anders ist. Nur wenn ich einen Auftrag habe."
"Ich hab hier noch was....", murmelte Sarras. "Gib mir mal die Zange."
Ljerka gehorchte und Reuven blickte wieder nur zwischen beiden hin und her.
Die Zwergin werkelte an Jarels Hüfte herum und zog die Spitze eines Astes aus dem geschundenen Fleisch. "Desinfektionsmittel.", kommandierte sie, reinige und verband die letzte Wunde. Mit einem Seufzer plumpste sie auf den Hintern. Der Raum der Hütte glich einem Schlachtfeld. Lange betrachtete sie Reuven. Dann Ljerka. "Er ist ein guter.", versuchte sie ihrer Freundin zu erklären. "Versucht er zumindest zu sein."
Ljerka reichte der Zwergin den Alkohol.
"Und Seren hat auch verrsucht gut zu sein... Und Jarel ist auch einer von den Guten." blieb sie trotzig.
"Ich werde das nicht nochmal aufwärmen. Und ich werde mich nicht rechtfertigen. Denk was du willst." Er würde nicht mit Sindra argumentieren, aber er hatte diesen Wolf hergebracht, das musste reichen.
"Wie wäre es, wenn wir nen Waffenstillstand schließen? Ihr zwei müsst nicht heiraten, aber der hier braucht jetzt Ruhe." Sie sah schief lächelnd von einem zum anderen und zog die Knie unters Kinn. "Was machen wir mit ihm? Bewegen wäre Scheiße..."
"Ich kann ihn hochheben, ohne das sich zu viel bewegt, haltet ihr Schulter und Kopf fest, ich trag ihn in'#s Bett." Reuven nickte Sarry nur zu, er war ihr durchaus dankbar, dass sei für ihn Partei ergriff, aber manchen Menschen war nicht beizukommen.
Die Zwergin nickte und legte die kleinen Hände an Jarels Kopf. "Auf drei?" Der Hexer war erstaunlich. Präzise Bewegungen, eine unglaubliche Kraft. Sarray seufzte neidisch. Das würde sie auch gern können. Als Jarel - oder der Werwolf - im Bett lag wurde es draußen schon wieder hell. "Wollt ihr ne Runde pennen? Ich räum auf und nehm die erste Wache." Dann vielen ihr zwei Dinge ein. Bleibst du denn überhaupt? Und wo ist das seltsame Mädchen?"
Reuven überlegte. Er wollte Sindra auch nicht alleine draußen lassen, auch nicht als Hund und er wollte auch das Ende dieser Geschichte nicht verpassen. Er grinste.
Dann öffnete er die Türe, "Sindra, komm mal rein... und du kannst dich hier verwandeln." Er holte sie rein. Sie beherbergten einen Halbtoten und eine Nekromantin und einen Ritter der Flammenrose, der in Wirklichkeit ein Werwolf war... sie konnte auch einem Doppler nichts tun wollen. "Ausserdem wird dir der Ritter garantiert nichts tun. Im Gegenteil."
Ein großer, zotteliger, mausgrauer Wolfhund steckte den Kopf durch die Tür und guckte fragend von einem zum anderen. "Was hast du gesagt? Doppler? Es gibt keine Doppler..." Weiter kam sie nicht. Der Hund trottete herein und drehte ihnen den Rücken zu, während Reuven die Tür schloss, setze sich und.... ...verlor das Fell. Nein. Er absorbierte das Fell, veränderte seine Proportionen. Aus einer Schnauze wurde ein Gesicht, aus Tatzen Hände. Aus befellten Läufen Arme und Beine. Einen Moment war die nackte Rückseite eines bezaubernden jungen Mädchens zu sehen, dann wuchs Ihr Kleidung. Hautenge Lederhose, überkniehohe Stiefel, bordeauxfarbenes Hemd, unter der Brust geknotet. Sindra öffnete den Knoten und zupfte ihr Oberteil über den nackten Bauch. Verschüchtert drückte sie sich an Reuvens Seite und raunte leise. "Ich hab Hunger." Sarray starrte mit offenem Mund. DAS war jetzt zu viel. Was waren sie? Ein Kuriositätenzirkus?!
Die Kleine sah zum Wolf. "Isser tot?"
"Nein, er lebt. Aber ein Werwolf hat bei der Flammenrose genauso wenig zu suchen... du weißt schon. Sollte er dir wirklich mit dem Scheiterhaufen drohen, dann steht er neben dir. Verstehst du. Das bedeutet, dass er dich beschützen wird, wie ich... Und die beiden auch. Wenn also etwas ist, mit mir, dann kannst du jederzeit hierher kommen." Er hielt das gerade für eine sehr gute Idee.
Ljerka blickte ihn nur groß an, dann das Mädchen. "Doppler gibt es doch nicht mehr... Ist sie wirklich?"
"Ja, ist sie. Vielleicht der letzte ihrer Art. Vor zwei Jahren haben sie einen verbrannt, und damals dachte ich schon es wäre der letzte gewesen... und DESHALB jage ich die Monster, die den Menschen wirklich schaden, damit die friedlichen in Frieden leben können. Wie Sindra."
Sindra betrachtete Jarel lange. Sie löste sich sogar von Reuven um näher zu gehen. "Darf ich ihn anfassen? Er ist so groß. Darf ich ihn kopieren?" "Ein Doppler. Wir haben den gottverdammten letzten Doppler der Welt im Haus..." Sarray sah hektisch zu Reuven. "Ich möchte sie untersuchen..." Viel möchten und wollen. Und der Hexer war der, der gefragt wurde.
Reuven musterte Sindra, folgte ihr. "Ich glaub, am besten wäre es, wenn du eine Person immer direkt selbst fragen würdest, ob die sie kopieren darfst. Ich wäre nicht sehr froh, wenn ich mir selbst gegenüberstünde." und er zwinkerte ihr zu. "Aber anfassen denke ich darfst du ihn, er hätte sicher nichts dagegen."
Dann wandte er sich Sarray zu. "Das gleiche gilt für euch beide. Wenn ihr sie untersuchen wollt, dann nur mit ihrem Einverständnis."
Ljerka kam ebenfalls näher, setzte sich neben Jarel, einfach um sicher zu gehen, dass er keinen Schreck bekam wenn er aufwachte.
"Er ist kein böser Mensch... er wird dich nicht auf den Scheiterhaufen bringen, egal was geschieht. Selbst wenn du sein Geheimnis nicht kennen würdest... so einer ist er nicht. Auch er versucht nur die Unschuldigen zu beschützen."
"Beschützen....", echote Sarray und streichelte vorsichtig über Jarels heilen rechten Unterarm. "Weiches Fell..." Sie sah Ljerka lange an. "Du hast ihn gern.", stellte sie fest und kehrte zu Reuven zurück. "Ist morgen untersuchen in Ordnung?", fragte sie nach einem Moment des Überlegens Sarray. "Ich hab schrecklichen Hunger." Sarray nickte heftig. Sie würde einen Doppler untersuchen können. Einen verfickten Doppler. "Was isst du denn so?", fragte die Zwergin und sah abwechselnd zu Reu und Sindra. "Hast du Kekse?"
Reuven zuckte mit den Schultern, er hatte selbst keine Ahnung, was Doppler alles vertrugen, aber seiner Theorie zufolge hatten sie den strapazierfähigsten Magen, denn getarnt mussten sie ja im Grunde alles essen können was sie kopierten.
Kekse anscheinend.
Ljerka blieb bei Jarel, sie hatte keinen Hunger, sie würde bei ihm bleiben bis er aufwachte.
"Hexer brauchen übrigens vor allem Schnaps und etwas gebratenes." witzelte er. "Aber Nüsse wären auch perfekt... was ihr da habt."
Ein leises Stöhnen unterbrach sämtliche Gespräche. Der Ritter war erwacht und versuchte sich zu orientieren, wollte sich aufrichten.
Ljerka hielt ihn dieses mal fest. "Jarel, alles ist gut, du bist in Sicherheit."
Er sah sie aus erstaunten Augen an, lächelte. Oder war auch immer dieses hochziehen der Lefzen zu sagen hatte. "Ich fühl mich ...nicht gut...was ist passiert?" Immerhin bleib er jetzt ruhig liegen, denn die Bewegung hatte seinen geschundenen Körper gefühlt in Flammen aufgehen lassen.
"Was passiert ist weiß ich nicht. Der Hexer... Reuven, er hat dich gefunden und hergebracht, wir haben deine Wunden versorgt. Er meinte, du könntest irgendeinem Monster begegnet sein, dass er gerade gejagt hatte... erinnerst du dich an etwas?" Sie hatte ihm die Hand auf den kräftigen Brustkorb gelegt, halten hätte sie ihn nicht können, aber die Geste war es vielleicht. "Und... du musst dich ganz zurückverwandeln... du bist noch zur Hälfte ein Wolf."
"Zur...Hälfte?", fragte er verwirrt und wollte die linke Hand heben, überlegte es sich und hob noch die Rechte. Er betrachtete seine Hand, spielte mit den Fingern. "Das....ist seit dreißig Jahren nicht mehr..." Er atmete durch und legte den Arm zurück. Er wollte noch etwas sagen, driftete aber schon wieder weg.
Seine Augen versuchten einen Punkt zu fixieren, irrten aber nur im Raum umher.
Hinter Ljerka erschien Reuven am Türrahnen, er hatte wohl seinen Namen gehört.
Ljerka blickte von dem Hexer zu dem Ritter. "Er weiß jetzt Bescheid, aber er wird dir nichts tun." Sie warf auch Reuven einen strengen Blick zu.
"Nein wird er nicht." wiederholte Reuven
"Ruh dich jetzt aus... kannst du schlafen? Wenn nicht, ich gebe dir etwas... etwas rein pflanzliches, nichts starkes. Baldriantee oder so?"
Er hustete trocken. "...hast du was gegen die Schmerzen...?", fragte er verlegen. Sindra ging zurück und nahm Reuvens Hand. Nach der Verwandlung dauerte es immer ein Wenig, sich zu Recht zu finden. Vor allem, wenn man vorher eine andere Spezies war.
Ljerka nickte. "Ja, ich habe einen Sud aus Birkenrinde... warte kurz." sie verschwand kurz und kam dann mit einer dunkeln Glasflasche zurück. "Hier... " und sie füllte ihm etwas auf einen Löffel ab.
Reuven nahm Sindra's Hand. Lächelte. Meist nach so einem anstrengenden Tag, wenn sie sich wieder in einen Menschen verwandelt hatte wurde wild gevögelt, aber das kam nun nicht in Frage.
Nur ganz kurz kam ihm der Gedanke, dass das auch dem Rest der anwesenden gut tun würde, so angespannt wie alle waren, aber dem verletzten Wolf gegenüber wäre es wohl unfair gewesen, also besser nicht.
Brav sperrte er den Mund...die Schnauze...den Rachen auf. Bei den Göttern. So viele Zähne. Er schluckte das Zeug und griff mit seiner Klaue Ljerkas Hand. Und schon war er eingeschlafen. "Ich halt das nicht aus.", Sarray hatte es irgendwie geschafft, sich anzuziehen. "Ich hol uns was zu Essen. Will nicht das mich ein hungriger Doppler beißt." Sie grinste und zwinkerte dem Mädchen zu, das verlegen kicherte. Das Wesen würde am liebsten drei Dinge tun. Essen...Baden...und sich Reuven nehmen. Wobei Punkt zwei und drei auch sehr gut gemeinsam funktionierten. Eins und drei auch? Verschmuste schmiegte sie sich an den Hexer. Seufze leise und sah ihn seltsam an.
Reuven's Blick wanderte zwischen den Anwesenden hin und her. "Das geht nicht. Menschen... also... Menschen tun es nicht wenn andere zusehen. also meistens."
Vielleicht ein Punkt weswegen die Lüsternheit der Hexer fast sprichwörtlich war, weil sie mitunter auch den Sex thematisierten wie das Wetter.
Und Reuven konnte nur schwer an sich halten um das Thema weiter breit zu treten. Er hätte noch einen sehr unsinnigen Vorschlag gehabt, den er aber schnell schluckte.
"Wir sollten uns alle ausruhen. War ein harter Tag" Seine Augen sagten allerdings etwas ganz anderes.
Sindra beugte sich vor und flüsterte dem Hexer etwas ins Ohr. "Kannst du auch mit mehr als einer Frau?"
Reuven ließ den Blick kurz wandern. "Könnte ich. Aber Menschen haben das eben nicht so gerne."
Sindra reizte ihn, sie kannte die Regeln nicht, nach denen die Menschen funktionierten und genau das machte ihren Reiz aus.
Sindra gähnte, schmiegte sich an ihren Hexer und dachte darüber nach, ob sie es als Männchen vielleicht geschafft hätte die Frau rumzubekommen. Vielleicht als der Vampir? Oder als der hübsche Junge. Den kannte der Ritter dann wenigstens, sollte er aufwachen.
Wenigstens einmal war der Hexer der vernünftige. "Versuch zu schlafen. Wir holen morgen alles nach."
"Ich hab Hunger.", moserte Sindra halblaut, rollte sich aber trotzdem ein und betrete ihren Kopf auf Reuvens Schoß. Es dauerte noch etwas, bis Sarray zurück kam. Die Sonne schien durch die kleinen Fenster. Es war ruhig geworden. Sogar der Worg schlief reg- und lautlos mit tiefen, regelmäßigen Atemzügen. Sie Zwergin begann ohne großes Federlesen Brote zu schmieren und stellte jeden ein Brettchen mit Broten und einen Becher Milch hin. Nur Sindra nicht. Die landete mit Sarray unter dem Tisch, wo sie eine Art Picknick veranstalteten, mit Brot, Marmelade, Käse, Keksen und Milch. Die Zwergin hatte verstanden, wie sie den Doppler locken konnte und die beiden saßen sich nun im Schneidersitz gegenüber und fragten sich gegenseitig Löcher in den Bauch. Beiden ging es hauptsächlich um Körperfunktionen, doch bei Sindra waren die Fragen etwas spezieller und brachten selbst die Zwergin gelegentlich zum erröten. Zumindest verstanden die beiden sich gut. Nach dem Frühstück krabbelte Sindra zurück zu Reuven, legte ihren Kopf auf seinen Schoß und schief sofort ein. Sie war satt und zufrieden wie ein Kätzchen, das von der Sahne genascht hatte. Auch Sarray klettete in ihr Bett, fand aber keinen Schlaf. Zu viel war da, worüber sie nachdenken musste. Und zu Mittag dann endlich war ein langgezogenes, gepresstes Stöhnen aus dem Rachen des Worges zu hören.
Reuven hatte sich nur eine ruhige Ecke gesucht, in der man nicht über ihn stolperte, sich eine Decke gefaltet und unter die Knie gelegt und meditiert. Waldboden war meist weicher als ein hölzerner Fußboden und auch einem Hexer taten sonst am morgen die Knie weh. Er bekam natürlich mit, wie Sindra sich erst ankuschelte, dann aufstand und mit der Zwergin plauderte. Manchmal drangen auch einzelne Worte bis in seinen Verstand durch, aber soweit, dass er beurteilen konnte, ob davon eine Gefahr ausging, darüber hinaus bekam er nichts mit. Erst am morgen wachte er auf und aß auch von den Broten, relativ wahllos von allem etwas.
Ljerka war früh wach und sah in regelmäßigen Abständen nach Jarel. Der blieb allerdings stabil, es schien fast als könne man den Wunden beim Heilen zusehen, trotzdem würde es wohl ein paar Tage dauern.
Es war Mittag, als sich der Worg regte. Sarray hatte aufgeräumt und döste. Sinda lag eingerollt wie eine Katze neben Reuven und verdaute die ungeheute Menge Nahrung, die sie verdrückt hatte. Jarels Augenlieder begannen zu flattern, bevor er sie erschrocken aufriss, scharf einatmete und sich aufsetzen wollte.
Ljerka war gerade dabei, verschiedene Bestellungen vorzubereiten, weitere Salben und Tinkturen, die bei ihre geordert worden waren - zum Teil von den Patienten selbst um Teil von anderen Heilern aus der Gegend. Ihrem derzeitigen Patienten näher war daher der Hexer, der genauso gut wußte, dass sich ein Verletzter nicht bewegen sollte. Er hielt ihn fest und hinderte ihn am aufstehen. "Liegenbleiben Herr Ritter."
"Herr....was?" Die braunen Augen des Wolfes starrten den Hexer an. "Reu-ven?", fragte er heiser und perplex. "Wo bin ich? Was ist passiert?" Die Stimme war menschlich, wenn auch mit einem seltsam kehlig- knurrendem Unterton. Jarel räusperte sich. Räusperte sich nochmal und hob die Hand. "Bei Sargeras schiefen Zähnen...", murmelte er und betrachtete seine Finger, wie schon in der Nacht zuvor. "Das ist mir jetzt dreißig Jahre nicht passiert..."
Reuven setzte ein schiefes Grinsen auf. Ljerka wollte schon dazukommen, aber der Hexer winkte ab. Sie sollte ihre Arbeit machen, mit dem Werwolf würde jetzt er reden. Sie akzeptierte es vorerst.
Was passiert ist weiß ich nicht. Ich habe einen Tschort gejagt... vielleicht bist du dem begegnet? Ein normaler Werwolf bist du jedenfalls nicht." Also ob Werwölfe auch nur ansatzweise normal wäre.
Seit dreißig Jahren... nur kurz ging das dem Hexer durch den Kopf. Was es auch immer wer, er schien schon eine ganze Weile mit diesem Fluch zu leben. Ober er nun meinte, dass ihn etwas überwältigt hatte oder etwas ganz anderes.
"Wo bin ich.", verlangte Jarel zu wissen. Noch hatte er nicht erkannt, wo er sich befand. Er schien unruhig und sogar ein wenig ängstlich. Auf jeden Fall aber verwirrt. Dass die beiden Frauen ihn zusamengeflickt hatten und auch die Gabe des Schmerzmittels schien aus seinen Erinnerungenverschwunden zu sein.
"Du bist im Haus von Ljerka und Sarray, erinnerst du dich an nichts? Sie haben sich zusammengeflickt."
Er sah sich nun den Wolf genauer an, inspizierte ungeniert den Schädel. Der schien aber ganz zu sein.
"Du weiß aber wer du bist, oder?" Und ja, an seinen Namen hatte er sich ja auch erinnert.
"Ljerka?!" Endlich fiel beim Ritter der Groschen. "Ich weiß, wer ich bin. Ich weiß, wer ihr seid, Herr Hexer." Er zog die Stirn kraus. Sah bei einem Wolf irgendwie witzig aus. "Ich weiß auch, dass ich gestern von hier aufgebrochen bin um....um...." Pause. Nachdenken. "Ich war am Berg." Pause, Nachdenken. "Wie kam ich her?" Ein silbergrauer Haarschopf schob sich ein seine Sicht und sah ihn neugierig aus großen wasserblauen Augen an. "Euer Mädchen.", stellte Jarel fest. "Grüßt euch, Miss Sindra." Die erkannte er also auch wieder. Vorsichtig drehte der Wolf den Kopf nach links und rechts. Sein Schädel dröhnte, aber ihm war weder schwindlig, noch sah er Sterne. So weit in Ordnung. Dann fiel ihm siedend heiß etwas ein. "Habe ich jemanden verletzt?!"
Auch Reuven sah sich zur Sicherheit nochmal um. "Nicht dass ich wüsste. Zumindest keinen den ich kenne."
Gestern zum Berg aufgebrochen. Nun war auch Ljerka da. "Das stimmt... er kam hier vorbei..."
Auch Reuven nickte. "Dann hat er zumindest die Karawane nicht überfallen. Das ist schon länger her... Ist dir ein Tschort begegnet? Fast so hoch wie ein Haus, sieht aus wie ne Kreuzung auch Wer-Bär und Hirsch? Klingelt da was?"
Jarel griff nach Ljerkas Hand. "Karawane überfallen? Ein Tschort..." Wieder Pause. Abermals nachdenken. "Ich erinnere mich wage, wie ich den berg besteigen habe. Der Sonnenaufgang ist von der Klippe ein echtes Erlebnis." Das er da oben beinahe Blödsinn gebaut hätte verschwieg er. "Ich wollte absteigen. Zurück zum Orden. Es kam...ich glaube da war ein Unwetter. " Unscharf wa da das Bild eines brennenden Baumes. Und danach. Er schüttelte langsam den Schädel. "Wie kam ich hierher?"
"Vielleicht bist du auch nur ein schlechterer Kletterer, als du dachtest. Ich hab dich am Fuß des Berges gefunden. Deine Ausrüstung liegt dort drüben, was wir gefunden haben." er deutete auf eine Ecke in der Messer und Gürtel und all das lagen, was Sindra gefunden hatte.
Und weil das immer noch keine Antwort war sprang Ljerka ein. "Reuven hat dich gefunden und hergebracht."
„Ich wußte, die flicken hier alles zusammen, sogar einen Werwolf." ergänzte der noch mal. Vorerst schien der Konflikt vertagt.
"Ich bin kein Werwolf." Jarel löste die Hand von Ljerkas. Begann die Beweglichkeit seiner Extremitäten zu prüfen. Rechte Hand...rechter Arm. Wunderbar. Linke Hand. Da stimmte etwas nicht. Als er den linken Arm heben wollte, stand seine Körperhälfte plötzlich in Flammen. Auch Wölfe konnten mit den Zähnen knirschen. Das bewieß er gerade bildhaft. "Diesen Berg hab ich schon dutzende Male bestiegen. Ich kann mir nicht vorstellen, gestürzt zu sein." Wieder zerbrach er sich den Kopf. "Was...für ein Wetter...wie lange ...es war doch gestern, oder?" Verdammt. Seine Gedanken wollten sich einfach nicht ordnen lassen. Er ärgerte sich. Regte sich auf. Den letzen Blackout hatte er damals im Drogenrausch erlebt. Da hatte er ihn einfach hingenommen. Jetzt brachte es ihn fast um den Verstand.
"Das war gestern." bestätigte Ljerka. "Beweg den Arm nicht, da war einiges gebrochen! Sarray hat die Knochen so positioniert, dass sie gut zusammenwachsen können, wenn du das wieder durcheinander bringst wächst alles schief zusammen!"
"Dann bist du vielleicht doch dem Tschort begegnet... die können einem den Verstand vernebeln. Man sieht und hört nichts mehr... Dann das Unwetter, da stürzt auch der beste Wolf mal ab." brachte Reuven noch an.
Kurz überlegte Ljerka ob sie fragen sollte ob er getrunken hatte, aber sie wollte nicht noch mehr an privaten Details über den Ritter auspacken. Es reichte schon, dass Sarray nun auch wußte, dass er ein Wolf war. Dass er ein ehemaliger Trinker und zudem ein Liebhaber von Männern war sollte tunlichst ein Geheimnis bleiben. Dass auch das in wenigen Monaten hinfällig war ahnte sie jetzt noch nicht.
Der beste Wolf. Ein wahrer Scherzbold. "Ich bin nicht freiwillig im Fell unterwegs.", murrte Jarel. "Wenn ich mich jetzt zurückverwandle...der Wolf heilt schneller als der Mensch...", dachte er laut nach. Es war ihm unglaublich unangenehm so hilflos zu sein und keinerlei Kontrolle zu haben. Wenn keine Kontrolle, dann nur deswegen, weil er sie jemandem schenkte. Er schloß die Augen. Jetzt.nicht.daran.denken. Durchatmen. Pause. "Es kann gut sein, das ich etwas begenete bin." Wieder fiel ihm siedend heiß etwas ein. "Ist der Langdolch bei den Sachen, die ihr Gefunden habt, Hexer?"
Reuven nickte einfach, er hatte sich so etwas schon fast gedacht. Werwölfe heilten deutlich schneller als Menschen und auch schneller als Hexer. so zugerichtet wie dieser Mann gewesen war wäre er als Mensch erst morgen wieder ansprechbar, wenn er überhaupt überlebt hätte.
"Ein Langdolch ist da, keine der Scheiden ist leer... sieht vollständig aus, nur das Gurtzeug ist zerfetzt." erklärte Reuven nachdem er kurz nachgesehen hatte.
Der Ritter im Fell atmete auf. Nun wurde er verlegen. "Wann kann ich aufstehen? Der Orden weiß nicht, wo ich bin." Sindra hatte sich wieder verkrümelt und machte sich über die Reste des Frühstücks her, sah sich neugierig die Aufbauten an. Das Mädchen wirkte zufrieden. So viel neues. So viel zu lernen. Und fast sogar satt.
"Sollen wir jemanden schicken, der beim Orden Bescheid sagt? Aufstehen kannst du nicht, wie lange du zum heilen brauchst kann ich dir aber auch nicht sagen... es scheint schnell zu gehen, aber wie schnell..." Ljerka seufzte. Sie ahnt mittlerweile ein wenig was sich wohl zugetragen haben musste, aber auch das würde sie nicht laut aussprechen. Die Verfassung in der er gestern aufgebrochen war... unglücklich ob dieser seltsamen Beziehung...
"Ein paar Tage wird es sicher dauern. Vor allem musst du wieder ganz menschlich werden, damit du überhaupt aus dem Haus gehen kannst."
Der Ritter schnaufte und verschraubte die Augen. So ein Mist. Während er sich noch den Kopf zerbrach, meldete sich Sarray. "Ich kann gehen. Mir fällt die Decke ohnehin auf den Kopf.", erklärte sie fest. Eigentlich wollte sie nur aus der Situation raus. Sie war immer noch sauer, weil Ljerka ihr SO ETWAS verschwiegen hatte. Andererseits...sie hätte es auch so gemacht. "Auf dem Rückweg besorge ich nen guten Schnapps. Auf das Chaos hier müssen wir anstoßen. Was soll ich wem ausrichten?" Jarel überlegte. "Bestellt dem Großkomtur bitte ich sei unpässlich, unter medizinischer Versorgung und käme bald zurück und würde alles erklären." Zum Teufel, war das alles anstrengend. "Und dem Knappen Jakon von Nagall richtet bitte aus, es geht mir gut und er solle sich um Mariposa kümmern, bis ich zurück bin." "Mari-posa? Ich dachte, ihr dürft keine Frauen haben?" Sarray hatte eindeutig etwas nicht mitbekommen.
"Das ist sein Pferd." erklärte Ljerka, die kurz den Kopf schüttelte bei der Vorstellung, Sarray könnte allen ernstes angenommen haben, sein Knappe solle sich um eine Frau 'kümmern'.
Auch Reuven stellte sich wohl etwas vor, allerdings etwas gänzlich anderes. Und er hob eine Augenbraue.
Sarray kicherte. "Achsoooo..." Sie begann sich dem Wetter entsprechend anzuziehen, guter Laune, vor die Tür und aus diesem Zirkus raus zu kommen. Wer weiß, vielleicht war der händler mit den Nüssen ja da. Außerdem roch es hier nach nassem Hund.
Sindra sah ihr zu, sah wieder zum Hexer, zu Ljerka, zum Wolf. Sie eilte neben Reuven und flüsterte ihm was ins Ohr. "Schlafen Menschenfrauen mit Werwolfmännchen?", fragte sie, recht nüchtern, aber neugierig. "Heben Werwölfe beim pissen das Bein?"
Ihr fehlten definitiv jegliche Grundlagen von Anstand und Moral. Zumindest die Grundlagen, die von einem Menschen erwartet wurden.
Was Reuven relativ egal war. Auch wenn er die Regeln kannte, er sah in Kultur und Moral ohnehin nur eine dünne Lackschicht, die sich schnell abkratzen ließ, also mehr Schein als Sein. So hielt er sich manchmal daran, manchmal aber auch einfach nicht.
"Gelegentlich, sicher. Werwölfe sind ja eigentlich Menschen, die nur durch Magie oder einen fluch verändert wurden... was letztlich auf das gleiche hinausläuft. Aber sie sind selten, vor allem solche, die es unter Kontrolle haben."
Ein Blick zu Ljerka, die sich daraufhin wieder ihrer Arbeit zuwandte.
"Die meisten drehen irgendwann durch und beginnen zu töten, dann muss ich sie erschlagen und dann hat sich das mit dem Sex auch erledigt. Aber bis dahin tun sie es wohl. Es gibt übrigens auch Werwolf-frauen. Aber seltener. Und es vererbt sich meist nicht in direkter Linie. Also theoretisch könnten Werwölfe und Menschen Nachkommen zeugen, die normale Menschen sind. Manchmal bleibt aber auch etwas von der Magie hängen, vor allem wenn beide Elternteile sie tragen, dann sind meist auch die Nachkommen Werwölfe, und die haben es meist gut unter Kontrolle, sie wachsen ja damit auf." Es hieß tatsächlich, dass es in manchen Gegenden Generationen von Werwolfsfamilien gab, die friedlich und unerkannt lebten.
"Wölfe heben beim Pissen wohl auch das Bein, also als Wölfe... als Menschen... nun ich denke eher nicht."
Reuven erklärte sehr geduldig, stand neben Jarel und mustere, wohl etwas unpassend, die Stelle an der die fraglichen anatomischen Komponenten lagen, allerdings war der Blick vollkommen sachlich und neutral. Nichts desto trotz starrte er ihm auf's Gemächt während er erklärte.
Sindra war mit ihren Fragen noch lange nicht fertig. "Also kann diese Frau mit diesem Wolf Kinder haben?" Unverschämt wie sie war zeigte sie sogar mit dem Finger. Im Falle vom Wolf sogar an die passende Stelle. Sarray kicherte halb irre und verschwand schleunigst aus der Tür. DAS war jetzt endgültig zu viel. Jarel räusperte sich. "Das ist nicht seine... meine eigentliche Wolfsgestalt.", erklärte er. Zum Glück erkannte niemand, dass er rot wurde. Da die Kleine immer noch neugierig schaute, fuhr er fort. "Und die zweite Gestalt ist mittels eine Fluches im Blut gebunden. Nicht in den Genen." Er blinzelte müde. So gerne wäre er jetzt mit Ljerka allein. Er musste ihr einiges erklären. der ehemalige Schattenläufer sah ihren Blick und ahnte, was in ihr vorging. "Ich kann es also nicht vererben. Und eine großvolumige Blutransfusion..." Ihm fiel ein, dass es so etwas hier nicht gab. "Ich kann es nicht vererben.", schloss er die Erklärung, atmete durch. "Ljerka, verzeih, darf ich etwas trinken?"
Irgendwie ahnte sie, dass Reuvens Erklärungen nervten... "Ihr beide, besprecht das bitte draußen!"
Reuven grinste nur und nickte, unterwegs schnappte er sich auch noch einmal Wurst und Käse, auch er zog Eiweißhaltige Nahrung den Kohlehydraten vor. Während er ging und zwischen Abbeißen und Schlucken erklärte er weiter: "Könnte er. Wenn er will, und wenn sie will... Ich denke sogar, dass er auch mit einer Zwergin Nachkommen haben kann. Menschen und Elfen sind kompatibel und mit den Zwergen auch, kommt nur seltener vor." Sie gingen nach draußen und setzten sich dort in die Sonne. Ein Wolfshund ging hinein und ein Mädchen kam heraus - wer auch immer die Hütte über die ganze Nacht beobachtet haben mochte, dem wäre dies aufgefallen, einem unauffälligen Mann zum Beispiel, der weit genug entfernt und in Lumpen gehüllt am Boden kniete und bettelte.
Als Beide draußen waren goß Ljerka einen Becher Wasser ein aus einer Karaffe die immer bereit stand.
"Hier, trink etwas... Alkohol hast du nicht zu dir genommen, oder? Oder war es das Medikament?" Wollte sie wissen, wer ahnte schon, wann sie wieder gestört wurden.
Sindra sah verunsichert zu Reuven, hatte sie was falsch gemacht? Verunsichert folge sie Reu nach draußen. In viel zu dünner Kleidung.
Jarel nahm den Becher in seine Rechte und versuchte das Wasser irgendwie in die Schnauze zu bekommen. Gar nicht so einfach.... Er zögerte. "Ljerka...es tut mir leid...ich...ich..." Ihm fehlten die Worte.
"Ich denke, es stört ihn, wenn wir über seine Fortpflanzungsfähigkeit reden... Das machen Menschen normalerweise nicht in Gesellschaft. Aber du kannst mich weiter fragen." Dem Hexer war selten zu kalt, und gerade kam er auch nicht darauf Sindra zu fragen. Als wolfshund trug sie Fell und es war auch kein Thema.
Drinnen half Ljerka Jarel beim trinke, was nicht leicht war, bei einer Wolfsschnauze. "Es muss dir nichts leid tun... oder... Was ist denn wirklich passiert?"
Der Wolf schluckte, hustete, verzog die Schnauze. Alles sehr eigentartig,aber erkennbar. Er zögerte, sah sie verlegen an. "Es ist eine Art...Ritual." Er schluckte. Er wollte ehrlich sein. Es tat so unglaublich gut sich ihr anzuvertrauen. Sie war sein Anker in der aufgewühlten See seiner Gefühlswelt. "Es ist ein Ritual.", verbesserte er sich. "Wenn es mir nicht gut geht, und ich eine Entscheidung treffen will, nehme ich mir eine Flasche scharfen Alkohols und gehe zu einer bestimmten Stelle. Ein Steilhang auf der Rückseite einer Höhle. Dort warte ich auf den Sonnenaufgang und versuche den Kopf klar zu bekommen, die Flasche an meiner Seite." Pause. War es gut, sie damit zu belasten? Nun, jetzt war es zu spät. Hoffentlich verstieß sie ihn nicht deswegen oder ging auf Abstand. Das wäre...furchtbar. "Die Flasche liegt am Grund der Schlucht. Getrunken habe ich nichts." Er verstummte. Warum tat er das eigentlich? Das musste sie doch verschrecken. Er schloss die Augen.
Sie nickte, sie verstand. Ein Ritual um sich selbst zu beweisen, dass man sein Leben unter Kontrolle hatte.
"Und? Ist es dir klar geworden?"
"Das ich dich und Jakob zu sehr vermissen würde." Er öffnete die Augen und grinste verlegen. "Das ich Grund habe zu bleiben. Guten Grund."
Seine Hand ruckte kurz aber er wagte nicht, nach der ihren zu greifen.
Sie lächelte, traurig. Kein Wort über diesen Mann. Was bedeutete das? Hatte er sich von ihm gelöst? Wollte er es nur ignorieren? Nur verstand sie nicht, warum er nicht einfach zu ihm ging und sprach.
"Es ist alles gut." Wiederholte sie nur. "Du musst dich jetzt ausruhen. Wir reden, wenn du wieder gesund bist."
Reuven und Sindra's Geschichte geht hier weiter.