Sphärenkonjunktion

„Auf die Gemeinschaft!“, Sarray nahm Platz prostete der Gruppe zu und betrachtete jeden noch einmal. Wirklich bunt gewürfelt.
Sie würde aufpassen müssen, hier nicht zu versumpfen. Zu viel Trinken durfte sie nicht, denn es konnte immer noch etwas mit Jorn sein.
Aber zwei- drei Humpen!
Sie nahm den ersten Schluck und leckte sich den Schaum von der Oberlippe. „Großartig.“

"Auf uns!" - "Auf die Gesundheit" - "Auf das Saufen!"

Die Zwillinge begannen damit, elfische Balladen in der älteren Rede zu schmettern, Severin nippte an seinem Met und hatte schon nach dem halben Humpen, eine rote Nase. Rulfo ließ sich zulaufen und versuchte, die Lieder mit zuschmettern. Blindschleiche trank bereits den 3 Humpen. "Anfänger..." Sie trank weiter und schien alles im Blick zu haben, obwohl sie nichts sehen konnte. "Na Sarray... Wie gefällt es euch hier? Abgesehen vom Angriff und Milva? Euch ist sicher aufgefallen, dass wir hier viel miteinander sprechen und deshalb vieles wissen, nicht wahr?" Die Blinde war sehr spitzfindig und wirkte alles andere als hilflos.

„Ja. Ihr wirkt wie ein einziger Organismus hier. Ist schon ein bisschen unheimlich.“, gab Sarray offen zu.
Von der älteren Rede verstand sie nicht alles und gesungen noch weniger.
„Aber Spaß kann man mit euch haben!“ Sie hatte den ersten Humpen geleert und hielt ihn Rulfo hin, damit er ihn wieder füllen konnte.

"Unheimlich also" Pampeliska schmunzelte und leerte ihren Humpen, sie nahm Sarray ihren ab "Wenn du wartest, bis der reagiert, wartest du bis übermorgen - Wenn er gesoffen hat, wird er so schlau wie diese Ertrunkenen, da geht's nur noch um's Saufen und sich irgendwas zwischen die Kiemen zu schieben." Sie begab sich elegant und ohne jegliches Wanken zum Fass.

Als sie zurück kam, hörte sie Rulfo der sich zu Sarray setzte und versuchte, mit ihr zu schunkeln. "Ma doch mid Sarray!" Giggelte er, scheinbar hatte er sich neben dem Met, auch ein paar Kurze genehmigt.
"Immer dasselbe mit dir... Du alter Säufer" Blaffte die Blindschleiche.
"Hier dein Met... Nimm's ihm nicht krumm" Sie reichte Sarray den Humpen und lächelte. Irgendetwas warmes und mütterliches ging von ihr aus, obwohl sie so raue Töne anschlug. "Wie sieht's eigentlich mit der Suppe aus? Wollte der Suffkopp da nicht noch zum Haupthaus? Ich glaube das können wir uns abschminken" Die kleine Frau blieb stehen und schlürfte einen Schluck Beerenmet, aus ihrem Humpen.

„Nicht schlimm. Das was ich esse kann ich auch trinken.“
Sarray stieß mit der blinden Dame an.
Es wurden doch mehr als zwei Humpen. Sie feierte mit ihren Gastgebern, sang – oder besser grölte – erzählte zotige Witze und lachte mit den anderen.
Als sie am Morgen erwachte, piekste sie etwas in den Hintern. Ein Strohhalm.
Mit dröhnendem Schädel richtete sie sich auf.
„Hmrrrr……“, brummte sie und sah sich suchend um. Sie hatte es immerhin in die Scheune geschafft.
Wackelig stand sie auf und räumte ihre Sachen zusammen. Bevor sie nach Hause ging, wollte sie noch nach Jorn sehen. Vergeblich versuchte sie ihre Haare mit den Fingern in den Griff zu bekommen, wobei sie nachher noch schlimmer aussah als zuvor.
In leichten Schlangenlinien stolperte sie zurück zum Haus und klopfte gähnend an.

Langsam öffnete sich die Tür. Doch nicht Milva, oder Sólvey öffneten die Tür, sondern Blindschleiche. "Guten Morgen... Bist du das Sarray?" Sie wirkte gar nicht mehr ganz so klein und gedrungen, wie noch gestern Abend, wahrscheinlich lag es einfach nur daran, dass sie nicht mehr irgendwo in die Ecke gedrängt saß. "Ich bin sicher, dass du es bist. Ich rieche die Fahne und das Stroh, in dem du gelegen hast... Und die Schritte klangen genauso wirr und unkoordiniert, wie heute in der Früh"... Sie lachte.

Sarray gähnte herzhaft und kratze sich ausgiebig durch die Hose am vom Stroh zerstochenem Hintern. „Ja, ich bins. Wollte nach Jorn sehen und vielleicht ein Glas Milch abstauben. Oder einen Tee. Ich hoffe, es geht ihm etwas besser?“
Sie grinste frech, was die Blinde eher hörte als sah. „Und ich bin nicht unkoordiniert, ich verwirre so nur die Gegner.“

"So könnte man es auch ausdrücken... Kommt rein" Lachte Blindschleiche und lotste Sarray hinein. Sie führte sie in die Küche. "Jorn war heute morgen auf, er hat auch mit Hilfe des Burschen die Latrine besucht. Jetzt schläft er wieder, Sólvey schläft auch, sie war kurz nachdem du in die Scheune getorkelt bist, aufgetaucht weil sie nach dir gesucht hat - Ich habe ihr aber gesagt, dass du lieber allein sein wolltest." Die kleine Frau ging zum Herd, auf der bereits ein Kessel mit heißem Wasser stand. "Du wolltest Tee? Den kann ich dir anbieten... die Kleine hat vor allem Blütentees hier..." Sie deutete auf Behältnisse, die dort am Fensterbrett standen. "Such dir einen aus. Konntest du deinen Rausch ausschlafen?" Sie selbst, nahm sich Rosentee und goss ihn mit dem heißen Wasser auf. "Du hast Aufsehen erregt, als du mit Jorn den Ertrunkenen gegenüber gestanden hast.. Die Zwillinge waren ganz deiner Meinung, dass die Kleine schon vorher hätte weglaufen sollen."

Es war ein seltsames Gefühl, sich von einer Blinden führen zu lassen, aber der kleine Dame war ihr ‚Nachteil‘ nicht anzumerken.
Sarray griff nach einem der Behälter, in dem sie Minztee vermutete und kippte sich einen großen Löffel direkt in die Tasse um ihn mit heißem Wasser aufzugießen.
Gähnend stellte sie das dampfende Gebräu auf den Tisch und kletterte auf einen Stuhl.
Die Zwergin ging sich mit den Fingern durch den blonden Bohnerbesen, der sich in der Nacht auf ihren Kopf angesiedelt hatte, was es nur noch schlimmer machte.
„Ich weiß gar nicht, wofür die Götter mich so strafen, wo ich sie gestern doch so geehrt habe.“, brummte sie grinsend.
Aufsehen erregt. Das klang seltsam.
„Was auch immer richtig gewesen wäre, jemand hat ganz gewaltig seine Hand über uns gehalten.“
Sarray starrte in ihre Tasse und zog die beine mit auf den Stuhl.
„Wie lange kennt ihr Solvey schon?“, fragte sie nachdenklich.
„Und hat sich früher schon einmal ihre Berufung gezeigt?“

Pampeliska, strich sich einige Locken aus der Stirn und hing mit der Nase, über ihrem Tee. "Minze" Murmelte sie und atmete dann den Geruch ihres eigenen Tees ein.
"Was tut ihr denn da die ganze Zeit? Habt ihr Stroh in den Haaren? Daran können selbst die Götter nichts ändern" Da sie so gut hören konnte und einen ausgezeichneten Geruchssinn gatte, machten sie solche Dinge manchmal verrückt.
"Es ist jedenfalls jetzt alles gut - Denn ihr seid alle 3 am Leben. Wer weiß, welchen Sinn das alles hatte." Es wirkte so als wüsste sie, wovon sie da sprach. "Rulfo und ich, waren schon vor Birke und Jorn hier, deshalb kennen wir sie sozusagen schon, als Birke sie noch unter ihrem Herz trug" Blindschleiche tastete nach dem Honig und gab davon in ihren Rosentee. Es dauerte ewig, bis der Honig vom Löffel wanderte, also tauchte sie ihn einfach in den Tee und rührte.
"Jein. Es war so, dass sie oft auf den Feldern herumgelaufen war und versucht hat Gemüse aufzupeppeln, bei dem es schon zu spät schien - Aber dann nach ein zwei Tagen, sah es wieder gut aus und wuchs prächtig weiter... Einmal hat sie sich auch um einen Frosch gekümmert der nichts mehr fraß, aber nachdem sie sich ein paar Tage um ihn gekümmert hat, fraß er wieder und hüpfte davon." Sie trank hurtig vom Tee und seufzte. "Man hätte es also ahnen können, sie hat sich in letzter Zeit, sowieso sehr verändert"

Sarray schielte nach Oben.
„Ich glaube, das Stroh SIND meine Haare.“, kicherte sie.
Dann wurde sie nachdenklich.
„Ja, wer weiß, wofür es gut war. Ich versuche den Willen der Göttin darin zu verstehen. Es gibt mir ein Rätsel auf. Ausgerechnet ich, die keine Schüler ausbilden kann, bekommt so ein begabtes Kind vor sie Nase gesetzt.“
Sie suchte kurz, fand dann aber ein Sieb und eine weitere Tasse. Sie goss ihren Tee von einer Tasse in die andere und fing die Blätter dabei in dem Sieb ab.
Mit beiden Händen nahm sie die Tasse und hielt sie unter ihre Nase. Wie gut das tat…
„Solvey muss ausgebildet werden. Und das bald. Ich habe aber das Gefühl, dass Jorn das nicht gerne sehen würde, wenn sein kleines Mädchen weggeht.“
Sie nahm einen Schluck. „Unausgebildet kann die Sache extrem gefährlich werden. Für alle Beteiligten.“

Blindschleiche kaute auf den Rosenblättern, die in ihrem Tee schwammen. "Ich mache mir ganz andere Sorgen, was die Kleine angeht. Sie hilft ihrem Vater und allen anderen zwar gerne, aber sie sucht insgeheim, schon lange nach ihren elfischen Wurzeln und möchte gar nicht mehr hier bleiben..." Während sie mit den Händen, durch ihre Locken fuhr, wirkte ihr sonst so fröhliches rundes Gesicht, besorgt und ein wenig traurig. "Ob sie sich überhaupt, mit ihrer Fähigkeit auseinander setzen wird, weiß ich nicht genau. Falls doch, muss man ihr helfen, ganz klar."

"Es wird ihr auf Dauer nichts anderes übrig bleiben. Auch wenn sie die Ausbildung zur Heilerin nicht machen möchte. Unausgebildet ist und beliebt es gefährlich."
Sarray nahm einens Schluck.
"Vielleicht kann sie sich einer Wanderheilerin anschließen für eine Ausbildung.", sinnierte sie .
"Dann könnte sie auch gleich ihre Wurzeln suchen."

"Wenn sie sich nicht darum kümmert und es nicht mehr nutzt - Wäre das eine Sache, aber irgendwann kommt wahrscheinlich eine Situation, in der sie helfen möchte. Anlernen könnte ich sie, aber ich bin keine ausgebildete Heilerin." Blindschleiche drehte sich zum einfallenden Licht, am Fenster um und dachte laut nach. "Sie ist wie ihre Mutter und dazu kommen auch noch, die eine oder andere Eigenart ihres Vaters... Das ist nicht unbedingt eine ungefährliche Mischung..."

Sarray hing einige Minuten ihren Gedanken nach. Sollte sie hier anbringen, dass sie eigentlich eine fertig ausgebildete Heilerin war und sogar zwei Mädchen ausgebildet hatte, bevor sie ihre Kräfte verlor?
„Ihr könnt sie anlernen? Das wäre doch ein Anfang. Wo wurdet ihr ausgebildet?“

"Ich wurde im Tempel der Melitele ausgebildet - Ich wollte einst eine Priesterin werden". Sie leerte ihren Tee und kaute erneut auf den Rosenblüten herum, die durch den Honig schön süß schmeckten.
Tatsächlich wirkte Pampeliska, in diesem Moment plötzlich wieder ganz anders als zuvor, stark aber nicht mehr so forsch, wie am Abend zuvor. "Jedenfalls denke ich, dass bald etwas geschehen wird." Sie lehnte sich an das Fensterbrett, dass sie nicht besonders weit überragte und schien hinaus zu starren.

"Was hat euch von euren Vorhaben abgebracht?", fragte Sarray und beobachtete die kleine Dame genau.
"Zu viel, um es euch jetzt in kurzer Zeit zu erklären" Die Stimme von Blindschleiche, klang nicht schroff oder bitter. "Es war ein anderes Leben" Sie wandte sich Sarray zu und lächelte. "Ich glaube, ich wäre auch zu unkonventionell gewesen. Ich hätte mich bestimmt irgendwann gelangweilt" Witzelte sie. Es schien, als wolle sie nicht weiter darüber sprechen.
Sarray verstand den Wink mit dem Zaunpfahl und stellte ihren leeren Becher ab. "Soll ich nochmal nach Jorn sehen, bevor ich gehe?"
"Wenn es dein kleines Zwergenherz beruhigt" Pampeliska lächelte und ging auf die Zwergin zu. "Es ehrt dich, dass du dir Sorgen machst. Dabei hat er dir bestimmt einen Spruch über Heiler gedrückt. Da musste ich auch durch" Sagte sie lachend und tätschelte Sarray's Schulter. Sarray erhob sich. Einer Eingebung folgend ging sie zur Blindschleiche und drückte sie kurz.
"Bis bald.", sagte sie und ging zu Jorns Zimmer. Vor der Tür bleib sie stehen und klopfte an.

Die Tür zum Schlafzimmer öffnete sich und Jorn stand in einem Nachthemd da, er blickte hinter sich in den Raum. "Nicht so laut" Flüsterte er und lehnte sich an den Türrahmen. "Oh ihr seid es" Bemerkte er als er Sarray erblickte. "Sólvey schläft." Er trat einen Schritt vor die Tür und lehnte die Tür an. Er wirkte noch etwas kränklich, aber nicht so als wäre er am Vortag dem Tode nahe gewesen. "Ihr habt euch wohl gut um mich gekümmert, habt Dank" Seine stimme klang kratzig und belegt. Ganz unverhofft, legte er seine große Hand, auf ihre kleine Schulter und lächelte verschmitzt.
"Ihr seid also keiner dieser Quacksalber. Da muss ich mich für mein voreiliges Urteil entschuldigen."

Sarray stotterte. Seine Offenheit hatte sie aus der Spur geworfen.
„I…äh…also.“ Sie riss sich zusammen und fuhr leise fort.
„Wenn ihr noch etwas braucht, könnt ihr nach mir schicken lassen.“ Sie beschrieb die gemeinsame Adresse mit Ljerka.
„Oder wenn ihr über die Möglichkeiten reden wollt, die Solvey offen stehen.“
Sie lächelte schief. Gern hätte sie über Pampeliskas Ahnungen geredet, aber das stand ihr nicht zu.
Das waren Familienangelegenheiten.
„Ich geh dann mal Heim. Wenn Ljerka mich denn rein läßt.“

"Jetzt stammelt doch nicht so, macht euch mein Nachthemd so nervös?" Natürlich konnte er es nicht lassen.
"Wenn alle Stricke reißen, haben wir hier noch Pampeliska. Aber klar, wir melden uns, falls etwas sein sollte" Er nickte und rieb sich über sein bärtiges Kinn. "Sólvey's Möglichkeiten?" Scheinbar hatte ihm noch niemand erklärt, dass Sólvey den größten Teil, zu seiner Heilung beitrug. Er kratzte sich am Kopf. "Meint ihr, weil sie euch assistiert und mit den Kräutern geholfen hat?" Er war wirklich ahnungslos.

Sarray starrte ihn einen Moment mit geistlosem Gesichtsausdruck an. Er wusste es nicht!
Der Ganze Hof handelte und dachte wie ein einziger Organismus. Sie konnten sogar erspüren, was der andere dachte und außerdem bei ihrem Herrn schwiegen sie?
Das war…un-glaub-lich.
Erst Sekunden später klappte sie den Mund wieder zu und linste an Jorn vorbei ins Zimmer.
Das Kürbisbonbon schlief noch.
Sie griff nach Jorns Ellenbogen, zog ihn vor die Tür und zog diese leise zu, um Solvey nicht zu wecken.
„Das war nicht ich, die euch gerettet hat. Das war deine Tochter.“, erklärte sie und beschrieb in knappen Worten, was an seinem Bett während des gemeinsamen Gebetes geschehen war.
Ihr Gefühl, dass sie überschwemmt hatte, weil sie dachte ihre Kräfte wären zurückgekehrt und ihre Enttäuschung, als dem nicht so gewesen war, verschwieg sie.
„Die Kleine muss ausgebildet werden…“, flehte sie regelrecht.
Sie war ihre eigenen Predigten leid. Wie oft hatte sie diesen Satz jetzt gesagt?