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Re: Die Strasse Richtung Nowigrad

Verfasst: Mittwoch 4. Mai 2022, 20:29
von Jakob von Nagall
Als er das nächste Mal an den Rand des Traumschlafs aufstieg, tat sein Bewusstsein den kleinen Schritt und er war wach. Tief sitzende Konditionierung ließ ihn zunächst reglos bleiben, lauschen, in sich fühlen. Keine raschen Bewegungen, niemals etwas tun, was die Aufmerksamkeit eines Jägers weckte, die Atemfrequenz halten, auch wenn er einige bebende Herzschläge lang nicht wusste, wo er sich befand oder wieso er sich so seltsam fühlte. So ausgelaugt, als sei er zu schwach, auch nur den Arm zu heben, geschweigedenn den Kopf.
Prioritäten setzen.
Bestandsaufnahme.
Keine Kleidung. Kein Schwertgurt, entsprechend kein Schwert.
Etwas war um seine Beine geschlungen und eine Decke lag auf seinem Körper. Einem Körper, der sich bleischwer anfühlte, aber nicht mehr brennend heiß. Jakobs Finger zuckten und stießen gegen etwas.
Er schlug die Augen auf, doch er sah zunächst nichts als Dunkelheit, bis sich seine Pupillen angepasst hatten und Schemen aus den Schatten holten, beleuchtet vom schwachen Feuerschein. Dicht vor sich sah er Arias schlafendes Gesicht - nein, eigentlich sah er nicht wirklich viel davon, denn es war dunkel und sie halb vergraben unter einer Decke. Doch ihr Kupferhaar schimmerte aus dem Haufen und der dunkle Kranz ihrer Wimpern lag in starkem Kontrast auf ihrer blassen Haut. Und es war ihre Hand gewesen, gegen die seine Finger unter der Decke gestoßen waren, denn sie lag so, dass er seine Hand nur öffnen müsste, um sie unter die ihre zu schieben. So nah. Der Gedanke, dass er nur in Unterhosen und unter quasi der gleichen Decke mit ihr lag, so dicht, dass er sie mit einem Armstrecken berühren könnte, weckte seltsame Gefühle in ihm. Fremde Gefühle, die er nicht einsortieren konnte und die er daher störrisch ihrer Einflussnahme zuschrieb, der sich ja bekanntermaßen niemand hier wirklich zu erwehren wusste. Nicht einmal diese komische Katze.
Aria. Katze. Er war in ihrem Lager, in ihrer Gruppe, diesem wüst zusammen gewürfelten Haufen. Er war in einer Welt, die nicht seine war.
Puzzleteil für Puzzleteil fügte sich an seinen Platz.
Sein Blick kehrte wieder zu Arias friedlich entspannten Brauen zurück und er gab dem Impuls nach, streckte die Finger etwas, bis er ihre spürte, zuckte dann wie gebrannt zurück und schloss die Faust.
Er musste sich abzulenken, forschte in seiner Erinnerung danach, was geschehen war. Es brauchte nicht lang, aber es traf ihn wie einen Hammerschlag und war definitiv geeignet, ihn abzulenken. Einen grausigen Moment lang sah er sich wieder die Finger um ihren Hals legen und zudrücken, in dem festen Bestreben, das Licht in ihren Augen verlöschen zu sehen. Nach Luft schnappend rollte er sich auf den Rücken - und stieß gegen das nächste Hindernis. Als hätte man beschlossen, seine Freiheitsgrad maximal einzuschränken...
Er kniff die Augen zusammen, denn auf dieser Seite seiner begrenzten Welt brannte das Feuer und beleuchtete die neben ihm kniende Silhouette von hinten. Erst dachte er, es sei Slava, doch der Eindruck währte nicht lange. Jakobs Brauen zuckten zueinander, als sein Gehirn versuchte, die Züge des fremden Mannes irgendwo auf ein Bild zu legen, dass in seinen Erinnerungen hing - Fehlanzeige. Der Zug um seine Augen wechselte von nachdenklich über skeptisch zu misstrauisch. Immerhin hatte der Kerl ihn nicht gleich abgestochen und er trieb sich hier im Lager herum, ohne das jemand ihn behelligte. Wenn er also die anderen nicht bereits abgestochen hatte - was Thorbens Schnarchen weithin hörbar dementierte - so war er also hier geduldet. Und die Art wie sein Blick auf Jakob ruhte, sprach nicht von Mordlust. Eher von Sorge. Er kannte diesen Blick und er spürte wie sich altbekannter Widerstand dagegen regte. So wechselte sein Ausdruck letztlich von Misstrauen zu jener wie lidlosen Kälte, die seine Augen manchmal wie Reptilienaugen wirken ließen.
Und dann sagte der Fremde etwas in jener Mischung aus Latein und Plattdeutsch, die Jakob irgendwie zu verstehen im Stande war. Wie es ihm ginge. Eine dieser Fragen... Er gab sich taub und stumm, versuchte statt einer Antwort, sich aufzusetzen, wobei der Mann ihm sogleich helfen wollten. Der erste Impuls war, ihn fort zu stoßen, denn ihm war nichts mehr zuwider als dieses Gefühl der Hilfsbedürftigkeit und Schwäche. Das hatte er während seiner Genesung lange genug ertragen müssen, genauso wie all diese sorgenvollen Blicke. Doch mit der Anstrengung kam der Schwindel und der Druck in seinen Schläfen, sodass die Hand, die Jarel eigentlich auf Abstand hatte zwingen wollen, sich doch unwillkürlich Halt suchend um dessen Arm schloss.
Die Decke rutschte von seiner Brust in seinen Schoß. Jakobs andere Hand fuhr erst zu einem Verband an seiner Schulter - neu, keine Orthese - und dann zu seiner Stirn. Es war seltsam dumpf dahinter. Er konnte sich nicht erinnern, verletzt worden zu sein. Genaugenommen konnte er sich nur noch an wenig seit dem Moment erinnern, da er von Aria Absolution erbeten hatte. War sie ihm erteilt worden? Undwillkürlich glitt sein Blick wieder zu ihrer schlafenden Gestalt.
Während der ganzen Zeit spannte sich die narbige Rechte um Jarels Arm, als habe er vergessen, dass er sie auch wieder öffnen sollte.

Re: Die Strasse Richtung Nowigrad

Verfasst: Donnerstag 5. Mai 2022, 21:56
von Jarel Moore
„Lass deine Kleine noch schlafen.“, Jarel wählte instinktiv die ältere Rede, schien das den Jungen doch irgendwie zu beruhigen. Jarel musterte den jungen Mann. Er wirkte furchtbar desorientiert. Kein Wunder. Erst quirlte ihm ein Him das Hirn, dass das Fieber. Wäre ein Wunder, wenn er sich schnell wieder fangen würde. Immerhin hatte die Medizin des Söldners allem Anschein nach geholfen. „Weißt du, wer ich bin?“, fragte der Ritter leise und bemühte sich um einen ruhigen Ton.

Jakes Blick kehrte zu dem Mann zurück, als dieser leise sprach. Erst zu seinem Gesicht, dann zu seiner eigenen Hand, die noch immer um den Arm des anderen gespannt war. Als müsste er dieser Hand ein bewusstes Signal geben und alles war so langsam. Er ließ los, schüttelte den Kopf. "Nicht mein." So matschig wie er sich im Kopf fühlte, bekam er die Sprache nur unsauber zusammen. Seine Brauen furchten sich wieder, dann schüttelte er noch einmal den Kopf. Alles sehr langsam, denn seine Gedanken wateten wie durch Schlamm.

„Mein Name ist Jarel Moore.“, begann Jarel leise. „Ritter der Flammenrose.“ Er betrachtete die Reaktion des Jungen genau, rechnete mit der üblichen Abscheu und dem ihm ständig entgegenschlagenden Misstrauen. „Ich habe Aria mein Schwert angeschworen als Geleit.“ Der Mensch wartete einen Moment bevor er schief grinsend fragte: „Möchtest du versuchen aufzustehen? Du musst doch sicher pissen wie ein Elch.“

Jarel Moore - nein, da klingelte bei jake nichts und das stand wohl auch deutlich in den ausdruckslosen, hellen Augen. Das Wort für Ritter war ihm sofort eingängig, das folgende konnte er allerdings nicht zuordnen. Die Rädchen in seinem Kopf begannen sich allmählich reibungsfreier zu drehen, je länger er wach war und hier saß. Ritter waren in seiner Welt nicht mehr existent, außer eben in jenen geheimen Bünden, wie er ihm selbst angehörte. Hier aber mochten sie normal sein. Oder zumindest so normal, wie es in einer eher mittelalterlichen Welt eben war. So war seine Reaktion auf die Vorstellung Jarels gleichbleibend nichtssagend. Bis Arias Name wieder fiel, dazu das Wort 'Schwert' und wieder schwierig zu verstehende Zusammenhänge - dann eine Frage, gestellt mit einem Grinsen, dass keine Spiegelung auf seinen Zügen fand. Er konnte nicht einmal raten, worum es ging. Zu viele Worte, die für ihn keinerlei Bedeutung hatten. Verdammt, er war es langsam leid, nur die Hälfte von dem zu verstehen, was man um ihn herum oder auch direkt an ihn gewandt sprach. Er leckte sich über die spröden Lippen, schob die Decke von sich und zupfte sie für Aria zurecht, damit sie es weiter warm hatte. Dann nestelte er an den Umschlägen herum, die seine Waden umschlangen. Sie waren unangenehm feuchtwarm und es drängte ihn, sie los zu werden.

Der Ritter atmete durch. „Möchtest du aufstehen?“, fragte Jarel und entfernte die Wadenwickeln, um sie in den bereitstehenden Topf zu werfen. Dieses Mal hatte er die Gemeinsprache gewählt. Hoffentlich hatte das Fieber den Jungen nicht endgültig den Verstand gekostet. Zumindest macht er gerade den Eindruck, als wären nicht alle Lampen an.

Er versuchte es nochmal, diesmal in jener Sprache, die Slava besser zu liegen schien und deren Bedeutung sich Jakob ganz verschloss. Auch wenn man sie langsam sprach. Er presste die Lippen aufeinander, schon wieder auf dem besten Weg in diese abweisende Gleichgültigkeit zu verfallen, die er allem und jedem gegenüber zur Schau trug. Dann half der Mann - Jarel, erinnerte er sich - ihm dabei die Wadenwickel zu entfernen, ließ ihn einfach nicht in Ruhe, sondern drängte sich immer wieder in den Fokus.
Jake hatte Durst, brennenden sogar, und wenn dieser Ritter sich nicht vertreiben ließ, dann wäre er vielleicht wenigstens nützlich. "Wasser?", fragte er also, dabei auf den Topf weisend, ahnungslos, ob es das richtige Wort war.

Jarel nickte, stand auf, ging zwei Schritt zu einem riesigen Sattel, an dessen Knauf ein Schlauch hing. Er kehrte zurück und hielt ihm den Schlauch hin. "Langsam.", versuchte er es wieder in der alten Rede.

Er nahm den Schlauch entgegen, trank gierig, so dass ihm ein Teil des Wassers aus den Mundwinkeln lief und kalt auf die blanke Brust tropfte. Sein Magen meldete an, dass ihm diese plötzliche kalte Dusche missfiel und gleich drehte sich ihm wieder alles vor Augen. Jakob zog die Beine an, ließ den Schlauch sinken und stützte den Kopf in eine Hand, seine Knie dabei wiederum als Stütze für die Arme nutzend. Verschloss die Augen vor der wankenden Welt, um dem Ritter das Wasser nicht gleich wieder vor die Füße zu kotzen.
"Danke.", murmelte er. Ein bisschen Erziehung hatte er dann doch genossen.

Der Ritter wartete mit Engelsgeduld. Als Jake wieder aufsah, fragte er Langsam und betont - wieder in der älteren Rede: "Möchtest du...." - er deutete auf Jake - "aufstehen?" Er streckte Zeige und Mittelfinger zu einem V aus, das auf den Boden deutete und machte kleine 'gehende' Bewegungen. "Austreten?", fragte er im Anschluss, sparte sich aber eine dazu passende Geste.

Die hellen Augen folgten den Gesten, der Verstand dahinter kam allmählich in Wallung. Jakob lauschte in sich hinein. Pissen gehen konnte man sich in der Wüste tatsächlich fast abgewöhnen, wenn man mehr schwitzte, als man trinken konnte. Aber seit seiner Ankunft hier hatte er kaum gegessen oder getrunken, was ihm sein Körper sicher zusätzlich übel nahm. Abgesehen also von einer jugendlich stabilen Blase, die noch keinen Notstand meldete, fühlte er sich auch nicht als wollte er testen, wie tief man von zwei Beinen fallen konnte. Er schüttelte den Kopf. Es gab wichtigere Dinge.
"Mein Schwert?"

Der Ritter lachte kurz trocken und deutete auf die Kutsche. Dann deutete er auf den Kessel mit dem duftenden Ragout. "Hunger?" Er vollführte mit der rechten Hand eine 'in den Mund schaufelnde' Bewegung und schaute fragend.

Wieder folgten seine Augen jeder Bewegung, während die ihm eigene fast schon penetrante Aufmerksamkeit mehr und mehr wieder aufwachte. Diese Art, ohne zu blinzeln alles und jeden zu mustern, bis an die Grenze des Unangenehmen und noch darüber hinaus. Die Kutsche - da waren seine Sachen - das Feuer, ein Topf. Essen. Wie zur Antwort grollte sein Magen, der sich noch immer über die rüde Behandlung mit kaltem Wasser beschwerte. Aber was da brodelte, roch gut und die Vernunft sagte, er sollte es versuchen. Er nickte. "Ja. Danke." Dann fiel ihm noch etwas ein. Er legte sich die Hand aufs Herz. "Jakob." Wieso er bei Jarel seinen wirklichen, seinen deutschen Namen verwendete, wusste er selbst nicht genau.

Jarel nickte. "Schön, dass du wach bist, Jakob." Es war egal, ob der Junge ihn verstand. Der Ton machte in diesem Fall die Musik. Er stand auf, holte eine Holzschüssel und einen Holzlöffel, dazu einen Zinnbecher. In den Becher goss er den Rest in der Zwischenzeit kalten und sicherlich leicht bitteren Kräutertee, die Schüssel füllte er zur Hälfte mit dampfend heißen Windfleisch, ertränkt in Sauce. "Heiß", sagte er und deutete ein pusten auf die Schüssel an, bevor er Jake diese hinhielt. Er behielt ihn im Auge. Sollte der Junge schwächeln, würde er die Schüssel schnell an sich nehmen. Auf dem halbnackten Schoß würde das heiße Fleisch nicht ganz so guttun wie im Magen.

Er nahm die Schüssel entgegen, nahm die Warnung ernst und pustete über den gefüllten Löffel. Er roch nicht daran, wie es viele wohltun würden. Wenn er eines in seinem jungen Leben gelernt hatte, dann dass man alles essen konnte. Wirklich alles, solange es einen nicht vergiftete. Vorsichtig schob er das, was er für ein Gulasch hielt, in seinen Mund, kaute, schluckte. "Gut." Ein kurzes Heben des Blicks, bevor er den nächsten Löffel füllte und verschwinden ließ. Fragend deutete er mit dem leeren Löffel in die Schüssel. "Was?" Für seine Verhältnisse redselig. Dann aß er weiter, mit jedem Bissen mehr feststellend, dass sein Körper ziemlich ausgehungert war.

"Wildschwein." Jarel grinste und quiekte zwei Mal erstaunlich naturnah. Dann deutete er auf die Bäume, die mit dem seltsamen Schmuck bestehend aus totem Tier bestückt waren.

Wildschwein. Er folgte mit den Augen einmal mehr dem Fingerzeig. Er hatte wirklich einiges verpasst. Löffel für Löffel verschwand aus der Schüssel und im Knappen, weckte seine Lebensgeister. Er war an wenig Schlaf gewöhnt und auch wenn sein Körper von Fieber und Medikamenten erschöpft war, verspürte er nicht den Drang, wieder schlafen zu wollen.

Wieder versuchte er Jake dazu zu bringen aufzustehen. "Gehen?", fragte er und machte wieder mit zwei Fingern die 'laufen' Geste. Dann kam er darauf, das der Junge nichts an hatte. Er holte die Lederkleidung und hielt sie Jake hin.

Er wollte ihn partout nicht einfach hier sitzen lassen. Einfach sitzen. Nicht gehen. Nirgendwo hin. Jakob stellte die Schüssel ab und sah Jarel wieder nach, als der zur Kutsche marschierte und mit Kombi und Funktionsshirt zurückkam. Richtig, er hatte nichts an und die Nächte waren nicht sonderlich warm. Er streifte sich das Shirt über und nun würde er doch aufstehen müssen, um in die Hosen zu steigen. Na fein. Erst auf ein Knie und dann hoch. Und natürlich wollten seine Beine ihn nicht tragen.

Mussten sie auch nicht. Der Ritter hatte damit gerechten und griff ihm vorsichtig um die Taille. Unter die Achseln kam nicht in Frage. Als der Junge stand, wartete er einfach nur ab, bis er nicht mehr ganz so schwankte. "Langsam.", sagte er und machte sich beriet, Jake auch beim Anziehen zu helfen. "Halt dich an mir fest." Er war gar nicht so ungeschickt darin, dem Menschen in die Kleidung zu helfen. Seinen Sohn hatte er schließlich auch allein großgezogen.

Er hasste es. Er hatte nie wieder auf Hilfe angewiesen sein wollen, hatte es so lange ertragen müssen, dass man ihn herum schubste, wusch und anzog. Wie ein verdammtes Kind! Widerwillen lag in der verkrampften Spannung seiner Muskeln - er wollte sich am liebsten los machen, aber er wusste, dass er dann einfach in sich zusammen fallen würde, wie knochenlos. Laut knirschten seine Zähne, als er sie aufeinander presste. In die Hose steigen. Knöpfe und Reißverschluss schließen. Dann machte er sich doch los, harscher, als die Dankbarkeit es wohl gebot. Wankend tat er die wenigen, unsicheren Schritte bis zur Kutsche, öffnete die Tür und klammerte sich daran, während er verbissen seinen Schwertgurt heraus zog. Dann ließ er sich auf das Trittbrett sinken. Die kurze Anstrengung hatte ihm bereits wieder den kalten Schweiß auf die Stirn getrieben. Mit zitternden Händen zog er die Klinge ein Stück heraus, prüfte, ob es wirklich seine war und ob der Hexer sie beschädigt hatte.

Jarel war stehen geblieben und sah ihm schmunzelnd nach. Kinder.. und ihre Hormone. Er betrachtete Aria einen Moment aufmerksam. Oder besser: Er beobachtete den Deckenberg. Nach einer kurzen Weile riss er sich von den Anblick los und nahm die Holzschüssel auf, schenkte sich selber die Schüssel randvoll, setzte sich vor seinen Sattel und aß in aller Seelenruhe.

Der Ritter nahm sich selbst etwas zu essen, während Jakob in noch halbwegs erträglicher Entfernung zum Feuer in der Kutschentür saß, die nackten Füße im taufeuchten Gras, das Schwert in der Scheide auf den Knien. Sein Blick ging in die Leere jenseits des Waldes und seine verbrannte Hand spielte mit dem Anhänger an seinem Hals.

Aus dem Augenwinkel beobachtete der Ritter den jungen Mann weiter, stellte den Kessel mittels eines Astes, den er durch den Henkel schob an den Rand des Feuers und reinigte Schussel und Löffel. Dann stand er auf, trat an den Rand des Lagers und begann mit langsamen, konzentriert ausgeführten Bewegungen etwas zu trainieren, was wie ein Tanz in Zeitlupe ähnelte.
Große, betont kontrollierte Schritte, Drehungen, dazu passende Armbewegungen. Schiebende Handbewegungen, ziehende, drehende, werfende, fangende. Teilweise wirkte es als würde er die Schwerkraft greifen und um die Zeit herum dehnen wie ein Schmied ein Hufeisen um den Amboss. Hypnotisierend.

Re: Die Strasse Richtung Nowigrad

Verfasst: Freitag 6. Mai 2022, 22:31
von Jakob von Nagall
Jakob hing seinen Erinnerungen nach. Der Hym war nicht so freundlich gewesen, ihm mit der Kontrolle auch das Bewusstsein während seiner Taten zu rauben, ganz im Gegegenteil. Er hatte sich aus seinem Entsetzen genährt, aus seiner Verzweiflung über das Gestern und dem, was Jetzt geschah. Je länger er auf der Schwelle der Kutsche saß und sich dem, was die letzten Stunden geschehen war, bewusst stellte, desto klarer traten die Erinnerungen hervor. Die Neuen, wie auch die Verdrängten aus früheren Zeiten. Jene, die der Geist benutzt hatte, um ihn unter seine Kontrolle zu bringen. Alte Schuldgefühle, die er eigentlich abgelegt zu haben geglaubt hatte. Taten, für die er gesühnt hatte. Ein feines Netzwerk von kaum sichtbaren Narben, das seinen Rücken überspannte, waren seine Zeugen - Narben, die keine Brandnarben waren. Und trotzdem waren die Flecken auf seiner Seele. Auf ewig dort eingebrannt.
Aber aus irgendeinem Grund wollte die Hölle ihn nicht haben, obwohl er dort draußen in diesem Anwesen zu gerne einfach aufgegeben hätte. Doch weder der Hym noch die Wunde, die sich unter dem neuen Verband versteckte und vermutlich das Fieber ausgelöst hatte - wenn es nicht Unterkühlung und Erschöpfung gewesen waren - hatten ihn vor seinen Schöpfer treten lassen. Am Ende hatte der Bastard doch noch Pläne mit ihm.
Jakobs Faust umschloss unlängst den Anhänger um seinen Hals, während seine Augen zum Nachthimmel wanderten, wo zwischen den Wolken des sich zerstreuenden Gewitters die Sterne zu sehen waren. Fremde Sterne, wenn man Slava glauben konnte, aber davon hatte er keine Ahnng. Er kannte den Großen Wagen und Ende. Wozu Sterne, wenn man GPS hatte? Betonung auf 'hatte' - nun würde er auch das lernen müssen, wie so vieles.
Was willst du eigentlich von mir?, fragte er stumm die Sterne, aber von dort kam wie immer nur Schweigen. Hätte ihn auch gewundert. Sein Vater hatte den Glaube immer mit einem Jonglierspiel verglichen: man musste sich nur aufs werfen konzentrieren, nicht aber aufs fangen. Das Fangen ging ganz von allein. Jakob schnaubte, ließ den Blick wieder auf das Schwert fallen und drehte es so, dass die Spitze zwischen seinen Füßen stand und die Parierstange mit Heft und Scheide ein Kreuz bildete, welches er nachdenklich betrachtete. Gab es seinen Gott in dieser Welt überhaupt? Oder gehörte diese Welt anderen Göttern - Geistern und Dämonen, wie diesem Hym? Machte es denn einen Unterschied?

Eine Bewegung am Rande seines Sichtfeldes weckte seine Aufmerksamkeit und er drehte den Kopf. Jarel hatte sein Mahl beendet und reinigte das Geschirr. Dann entfernte er sich etwas und begann mit etwas, dass ihn an eine langsame Version von Meister Yahuros waffenloser Kampfkunst erinnerte, die er jedem beibrachte, der Interesse über das obligatorische Meditationstraining hinaus hatte. Irgendwas mit do am Ende, wie fast alles, was man von dem Zen-Meister lernen konnte. Nicht Jakobs Welt, zumindest nicht ohne etwas in Händen. Selbst das Schwert war nicht seine bevorzugte Waffe, aber er führte es, weil man als Tempelritter eben ein Schwert führte. Wenn man ihn wählen ließ, war er immer auf dem Schießstand. Leider ließ man ihn selten wählen. Alexej hatte sogar versucht ihm den Kampf mit dem Stab näher zu bringen, aber das war völlig nach hinten los gegangen. Dann eher noch Jade und ihre Affinität zu den abgefahrendsten Bögen und Armbrüsten, die der Markt so her gab.
Er lehnte den Kopf an die Seitenwand des Wagens, drehte sich etwas und sah zu. Reglos, aus seinem schattigen Plätzchen heraus, in jener Reglosigkeit nur einmal zeigend, dass er nicht schlief, indem er Füße auf das Trittbrett zog und sich selbst auf den Kutschenboden setzte, da die Zehen langsam kalt wurden.
Ein seltsamer alter Mann. Ein Ritter von einem Orden, aber den Rest hatte er nicht verstanden. Vielleicht konnte Aria es ihm später erklären. Mit ihr hatte er einen Weg gefunden, halbwegs sicher zu kommunizieren. Vermutlich auch deswegen, weil er bei ihr tatsächlich den Wunsch hatte, zu kommunizieren, nicht wie bei den meisten anderen menschlichen Wesen. Doch sie schlief tief vergraben unter den Decken, also beobachtete er das Gehampel des Ritters, während die zugeführten Kalorien langsam dafür sorgten, dass seine Hände aufhörten zu zittern und sein Kopf sich zusehendes klärte.

Re: Die Strasse Richtung Nowigrad

Verfasst: Sonntag 8. Mai 2022, 12:18
von Vyacheslav Sokolov
Was ihn geweckt hatte wusste er nciht genau, die Stimmen, der Geruch nach Guasch? Ja, zweifellos letzteres.
Wie es seine Art war blieb er noch eine Weile liegen, lauscht und sortierte sich.
Er hatte in seiner vollständigen Kleidung geschlafen, die Kapuze des Parkas über den Kopf gezogen und die AK in der Hand. Auch die Stiefel ließ er immer an. kam ein Blutsauger ins Lager wartete der nicht brav draußen bis er sich vollständig angezogen hatte und rauskam zum Spielen. Hier zählte jeder Augenblick der über Leben und Tod entschied.
Und diese Welt war nicht minder gefährlich, er würde diese Angewohnheit definitiv beibehalten.
Als er sich dann aufsetzte konnte er den Alten Mann vom Vortag beobachten, wie der etwas wie Tai-Chi praktizierte. Eine der asiatischen Kampfübungen, von denen er persönlich wenig hielt. All diese Kampfsportarten waren darauf ausgerichtet schön zu sein, eben ein Sport und dazu da, die innere Mitte zu finden, die Philosophie zu transportieren, ehrenvoll zu kämpfen. Etwas, dass ihm immer zu affektiert vorkam. Was er trainiert hatte war hässlich, unehrenhaft aber effizient.
Er hatte einmal mit deutschen Spezialkräften trainiert, bei einem freundschaftlichen Austausch.
Die Deutschen standen damals in schicken Trainingsanzügen vor ihnen, mit den bekannten drei Streifen, alle wunderbar einheitlich ausgestattet und mit deutschen Adler gebrandet, und sie rochen alle frisch nach Deo.
Seine Truppe wirkte dagegen abgerissen, jeder in schlapperigen alten Trainingshosen aus China und ausgeleierten Armeetshirts oder abgewetzten Telnjaschkas, Schlecht rasiert und man konnte ihnen die letzte Nacht zu deutlich an den Augen ablesen. Kaum einer, der nciht verkatert zum Training erschienen war, ihn selbst eingeschlossen. Sicher, sie hätten mehr leisten können, aber manchmal war es noch besser, unterschätzt zu werden.
Die Deutschen wurden mit Jiu-Jitsu Techniken trainiert. Und dagegen gab es einen Befreiungsmove, der ihn immer und aus jedem Griff befreite. Man klopfte zweimal schnell auf dessen Oberschenkel und der andere ließ sofort los.
Auch im Ernstfall. Ein fataler Trainingsfehler.
Denn einmal antrainiert wurde man die Angewohnheit nur schwer wieder los. Und der Moment reichte ihm, um dem anderen das Genick zu brechen. In dem Fall natürlich nur angedeutet. Er hatte damals den Anstand besessen, das dem Trainingsleiter der Bundeswehrtruppe auch zu sagen, man war ja befreundet, irgendwie, Aber der hatte nur gelacht, fand es einen guten Witz, dachte nicht im entferntesten daran, dass so ein Ernstfall kommen konnte und überhaupt. Slava war klar, dass die deutschen die russische Einheit nicht ernst nahmen.
Und trotzdem schlugen sie sich mit ihrem und in ihrem desolaten Zustand etwas besser, das allein reichte ihm damals als Erkenntnis. Banal, dreckig aber effizient. keine Bewegung zu viel. Dass die im Westen über sie lachten sah er immer nur als Vorteil.
So beobachtete er den Ritter eine Weile um einzuordnen, wie der kämpfte, und bildete sich ein Urteil.
Vielleicht vorschnell.

Jake war ebenfalls wach, auch das bemerkte er schnell. Ihm hatte die zweite Stimme gehört, die er noch gehört hatte.
Er saß auf im Einstieg der Kutsche und die Prinzessin schlief noch. Der Zwerg schnarchte. Vielleicht hatte er recht behalten, denn kein Monster hatte Nachts das Lager angegriffen.
Er richtete sich ganz auf, sortierte die alten Knochen, manche Gelenke knackten, irgendetwas in seiner Schulter, sein Nacken knirschte ein wenig, aber er fühlte sich ausgeruht. Nur was hätte er jetzt für einen Kaffee gegeben. Eine heiße dampfende Tasse Kaffee, sogar in der Zone hatte er in Pripyat für eine Maschine gesorgt und erst Spott geerntet und später größte Dankbarkeit.
Er musterte Jake eine Weile. die Frage wer Miriam war und was damals geschehen war sparte er sich noch für später auf. Man vergeudete einen Vorteil nicht, und derzeit bot ihm dieses Wissen keinerlei Nutzen.
Er musterte ihn aufmerksam. die Frage ob es ihm besser ging war schon damit beantwortet, dass er nicht fiebernd unter der Decke lag.
Den Ritter wollte er derzeit nicht stören, doch er hatte nicht vergessen, dass sie zum Training verabredet waren.
Er trat also doch zu Jake.
"Die Elfe und die Katze sind weg. Haben sich gestern Abend verabschiedet von Aria vor allem." Teilte er ihm auf englisch mit.
"Wenn du noch Ibuprofen brauchst, ich hab noch was. Und du bekommst später noch ne Spritze mit Breitbandantibiotikum, dein Biss war ordentlich entzündet." eine Mitteilung, keine Frage.

Re: Die Strasse Richtung Nowigrad

Verfasst: Sonntag 8. Mai 2022, 20:36
von ERZÄHLER
Während Slava sich mit Jake unterhielt, beendete Jarel seine Übungen. Eine Weile blieb er in Grundstellung stehen, dann ließ er die Arme sinken.
Ohne ein Wort zu sagen drehte er sich in Richtung der beiden Männer, nahm Haltung an, verschränkte die Arme hinter den Rücken und blickte zu Slava.
So wartete er einfach nur ab.

Jakob hatte die Schmerzmittel abgelehnt und die Information, dass er eine weitere Dosis Antibiotika bekommen würde, schweigend hingenommen. Irgendwas hatte ihn erwischt, gestern oder am Tag zuvor und er hatte eine Infektion. Keine Diskussion. Er hatte ein 'Danke' gemurmelt, auch diesem Mann sollte man danken, wenn er nun schon so freundlich war, ihm nicht beim Sterben zuzusehen. Auch wenn sterben in letzter Zeit öfter wirklich verlockend gewesen war. Jetzt wo er hier saß, war leben auch nicht so übel.

Jarel blickte ihn einfach nur an, doch der russische Offizier und Agent verstand. Jetzt kam er nicht mehr aus, und er würde eine neue Herausforderung sein, denn diesen Mann konnte er nu schwer einschätzen. Zumindest war ihm klar, dass er ihn mit dem Klischee des ungepflegten und immer besoffenen Russen nicht ködern konnte. Er würde improvisieren müssen. Als ging er direkt auf ihn zu. "Hast du denn Übungsschwerter?"

Jarel schüttelte den Kopf. "Brauchen wir Übungsschwerter?", fragte er ruhig und ohne Spott.

Slava zuckte mit den Schultern. "Ich habe auch kein echtes Schwert, hast du ein zweites? So etwas gibt es bei uns nur im Museum... mit Schwertern kämpft man in meiner Welt wohl schon seit 400 Jahren nicht mehr." und seine persönlichen Erfahrungen beschränkten sich auf ein Holzschwert, dass er sich als 8jähriger aus zwei Zaunlatten zusammengehämmert hatte und es wie einen Prügel seinem besten Freund damals, Dima, auf den Kopf gehauen hatte.

Der Ritter nickte. Schließlich war er geschickt worden einen Knappen zu finden ging zum Sattel und band ein längliches Bündel los.

Slava nahm das Schwert entgegen, es glich jenem des Ritters und er wog es in der Hand. Es war schwer. Er hatte, anders als manche seiner Kollegen, auch nie Fechtunterricht gehabt. Für manche aus der Oberschicht galt das immer noch als zum guten Ton gehören, aber er schöpfte sein ganzes Wissen über den Schwertkampf aus Filmen, und sein Filmgeschmack hatte mit historischer Korrektheit kaum Überschneidungsbereiche.
Der Griff war etwas länger, Anderthalbhänder nannte man das, soviel wusste er immerhin, und kann konnte es mit ein bis zwei Händen halten... und weiter? Gute Frage.
Immerhin waren beide Schwerter gleich gebaut, und auch wenn es Slava schwer erschien war es für ein Ritterschwert ungewöhnlich leicht.
Keines der panzerbrechenden, wuchtigen Waffen wie üblich. Schmaler, eleganter und leichter. Und schärfer.
"Wie ist dein Trainingsstand?", fragte Jarel, der sein eigenes Schwert gerade erst gezogen hatte.
Slava grinste.
"Sagen wir's so... ich weiß dass es ein Schwert ist und auch wie rum man es hält. Ich hab dazu schon mal einen... 'Film' gesehen." Er hatte keine Ahnung, ob das Wort 'Film' in dieser Sprache existierte und wenn, ob es die gleiche Bedeutung hatte, aber er konnte nicht anders als sich darüber lustig zu machen
Beim Wort 'Film' zog Jarel nur die Stirn kraus.
„Parieren.“ Jarels Ton wurde präzise, trocken, knapp und befehlsgewohnt.
Er begann, das Schwert gegen den Söldner zu schwingen, jedoch so langsam, dass es ihm durchaus möglich war, jeden ‚Hieb‘ mit der entsprechenden Bewegung mit seinem Schwert zu stoppen.
Die dunklen Augen des Ritters beobachtete ihn genau. Ganz genau. Eine gewisse Anzahl von Hieben später spürte der Söldner schon, das Gewicht des Schwertes, Jarel zuckte nicht mit der Wimper.
Er begann die gerade fertig gewordene Abfolge von Angriffen noch einmal. Dieselben Hiebe, dieselbe Reihenfolge. Jetzt sogar noch langsamer. Und dieses Mal begann er Slava bei jeder der Abwehrbewegungen zu korrigieren. „Linkes Bein weiter vor.“ Oder „Rechte Schulter Hoch.“ Oder „achte auf deinen Schwerpunkt“ oder „Füße weiter auseinander“ oder einfach nur „Höher“. Nur ganz selten bekam er ein schlichtes „gut“ zu hören.
Es wurde anstrengend.

Es machte Slava nichts aus, korrigiert zu werden, der Ritter war höflich, da war er andres gewöhnt. In den Kasernen, bei der Spezialeinheit herrschte ein rauer Umgangston, den westliche Beobachter nicht umsonst oft als Misshandlung der Rekruten sahen. Vermutlich hatten sie recht, ihn hatte er abgehärtet, andere waren daran zerbrochen. Aber noch war dieser Schwertunterricht ein Spiel für ihn. Allerdings waren seine Muskeln tatsächlich eingerostet. Die Langen Monate im Krankenhaus mit den Schusswunden im Bauch hatten verhindert, dass er regelmäßig trainierte. Wenn er eine Verletzung am Bein gehabt hatte hatte er wenigstens die Arme einsetzen könne und umgekehrt, aber der Torso stoppte alles. Deshalb spürte er das ungewohnte Gesicht des Schwertes tatsächlich. Vielleicht hätten ihm seine Fähigkeiten im Nahkampf eine Hild sein können, hätte er es ein wenig ernster genommen.
Hinzu kam, dass der Ritter immer die gleichen Angriffe in immer dergleichen Reihenfolge durchführte und statt schneller, langsamer wurde. Den Nahkampf hatten sie anders trainiert. Es war lange her... Der Trainer machte die Übung vor, langsam, zwei bis dreimal, damit sich jeder die Bewegung beider Parteien einprägen konnte, dann schnell damit man die reale Geschwindigkeit und die realen Auswirkungen sehen konnte und dann griff der Trainer jeden Schüler an. Wer es nicht kapiert hatte lernte es unter Schmerzen, Rücksicht gab es keine. Ei wenig hatte er das Gefühl, der alte Mann wolle sich über ihn lustig machen.

Jarel begann eine neue Runde. Dieselben Angriffe, dieselben Verteidigungen, ähnliche Korrekturen.
"Braucht ihr eine Pause?", fragte Jarel, ohne den Söldner eine Sekunde aus den Augen zu lassen.

Vielleicht hatte er darauf gewartet, ein wenig hatte er das spiel satt. Er senkte nur kurz das Schwert, der andere schien unaufmerksam, Slava ließ seine Waffe fallen, war in weniger als einem Blinzeln bei seinem Gegner und griff nach dessen Schwerthand, ein harter Schlag, dass er die Waffe fallen lassen musste. Bei einem menschlichen Gegner hätte das wohl auch genau so funktioniert. Was man gegen Pistolen einsetzen konnte klappte seiner Ansicht nach auch gegen die viel wuchtigeren und unhandlicheren Schwerter. Er hatte genug Zeit gehabt das zu beobachten. Ein tritt gegen das Knie würde ihn gleichzeitig aus dem Gleichgewicht bringen, es vielleicht sogar brechen, sperrte er sich zu sehr dagegen, dann würde er sich und seinen Arm in einem schmerzhaften Hebel befinden der ihm das Handgelenk so auf dem Rücken fixierte, dass er nur auskam, wenn er zu Boden ging, dorthin, wo er ihn haben wollte. Hätte Slava nur am Vortag aufmerksamer zugehört...

Er überlegte gerade, ob er Slava fragen sollte, was das für eine seltsame Type war, da beendete diese Type ihr Training und wandte sich um. Slava schien sich angesprochen zu fühlen und die beiden tauschten ein paar Worte in dieser kruden Russischversion, die man die Gemeinsprache nannte.
Daraufhin packte Jarel ein zweites Schwert aus und reichte es dem Soldaten. Na das wurde ja wirklich spannend!
Die zwei Männer gingen ein paar grundlegende Formen von Angriff und Parade durch, während denen Jarel sich mit Korrekturen durchaus zurück hielt. Jakob sah den beiden zu und musste unwillkürlich an seinen ersten Schwertmeister denken. An Slavas Stelle hätte er jetzt schon dermaßen viele angehende blaue Flecke von der Breitseite der Klinge, dass jeder Schritt eine wahre Freude wäre.
"He Slava, wer ist der Kerl und warum versucht er dir auf deine alten Tage noch neue Kunststücke beizubringen?", rief er auf Englisch. Eine Angewohnheit der Knappen, sich untereinander in der Konzentration zu stören, indem man einfach mehr oder weniger blöde Fragen stellte, wenn man grad Pause hatte, während ein anderer vom Schwertmeister eine Lektion in Demut bekam.
Doch der Russe hatte mit vielen Worten und Taten schon klar gemacht, dass er kein Anfänger war und so blieb er ganz auf Jarel fokussiert. Der wurde langsamer, je länger sie übten...
Er will ihn provozieren..., ging es Jakob durch den Kopf.
Kaum zu Ende gedacht, fiel schon Slavas Schwert und er versuchte Jarel anzugehen, wie er den Hexer angegangen hatte.
Jakob richtete sich auf. JETZT wurde es spannend, denn jetzt kam ins Spiel, was Ritter wie er lernen mussten und was er gegen Lydias Schatten teilweise angewendet hatte. Denn Vampire taten einem selten den Gefallen, mit dem Ritter zu fechten, sondern kämpften mit bloßen Händen.

...von Jake hatte er sich nicht ablenken lassen. Aber er begriff, dass die Trainingssituation für den jungen nichts neues war, genauso hatten sie sich im Training gegenseitig abgelenkt. Allerdings nicht nur mit Worten, sie hatten auch Dinge geworfen. Anfangs nur Bälle, später Dreck, Wasser, kleine Steine. Und später hatten sie Gasmasken mit verstopftem Filter aufgehabt und auch nciht die Sauerstoffzufuhr einzuschränken. Im Winter hatten sie sie nackt im Schnee kämpfen lassen, im Sommer in Pelzjacken. Er war jede Art der Ablenkung und des Psychoterrors gewöhnt. Das war es auch nciht...

Den Treffer auf Jarels Schwerthand landete der Söldner. Doch war nicht klar, ob der ehemalige Schattenläufer dies nicht einfach kassiert hatte um ihn in Sicherheit zu wiegen.
Das Schwert fiel krachend zu Boden, doch schon der nächste Zug funktionierte nicht mehr.
Der Ritter machte einen seltsamen kurzen Schritt nach hinten.
Und war nicht mehr zu sehen.
Ehe Slava sich versah schlug ihn etwas fest in den Nacken und sein Kopf flog zu einem Nicken nach vorn. Der Schmerz jedoch blieb aus.
Der Ritter hatte ihm mit der flachen Hand in den Nacken gedroschen wie einen Schuljungen.
Der Söldner fuhr herum, doch da war niemand.
Stattdessen eine Stimme von links.
"Lass niemals dein Schwert fallen."
Dann eine Stimme von rechts
"Unterschätzte nie deinen Gegner.
Noch während er sich drehte und den Gegner suchte schob ihn jemand mit einem Ruck seitwärts.
Kein Schlag, kein Tritt, ein einfacher kleiner Schubser gegen einen unsichtbaren Widerstand und Slava lag im Dreck. Ehe er begriff es geschehen war spürte er einen Druck an der Kehle.
Das nächste was Slava sah war ein paar pechschwarze Augen, dass verkehrt herum auf ihn herab starrte.
"Egal wie unfair du kämpfst, Söldner..."
Hatte Jarel die ganze Zeit da gestanden?
Es waren die Fingerknöchel des Ritters, die an seiner Kehle lagen und in seiner Faust... einer der Wurfdolche.
".. es gibt immer einen, der ist schlimmer als du."
Der alte Mann kniete am Kopfende des Söldners. Mit einer fließenden Bewegung verschwand der Doch in der Scheide und der Druck von der Kehle des Menschen.
Jarel umrundete ihn und bot ihm die Hand um ihm aufzuhelfen.
Das ganze war so schnell gegangen dass ein Zuschauer Probleme haben mochte dem ganzen zu folgen.

Erst einmal blieb Slava liegen. Früher einmal hätte er sich angespannt und wäre aus der Rückenlage hochgesprungen, heute würde er es wohl nicht einmal mehr aus dem Knien schaffen. Natürlich wurmte es ihn, dass sein Angriff nicht funktioniert hatte, dass er ausgerechnet in seiner Paradedisziplin versagte, doch er hatte seine Lektion vielleicht auch einfach gelernt, und es war besser, es jetzt in der Übung zu sehen, als später in einem echten Kampf. doch dann beging der Ritter einen Fehler, oder war es doch eine Falle? Probieren mußte er es. Er nahm die Hand, drehte sich aber sofort einmal um die eigene Achse und fegte mit seinen Beinen die des Ritters weg, benutzte dabei dessen Hand als Anker um dagegen zu drehen und zog gleichzeitig um ihn doch noch zu Boden zu bekommen. sollte er seine eigene Lektion lernen.

Mit einem "Ouff! !" krachte der Ritter auf den Rücken.
Und lachte. ".. immer einen der schlimmer ist...", wiederholte er und rappelte sich hoch, den Staub aus der Lederkleidung klopfend.
Der alte Ritter drückte die linke und Kreuz und bot Slava abermals die Hand.

Und dieses mal ließ er sie aufhelfen, ohne weitere Tricks. Er war zufrieden, hatte immerhin auch einen guten Treffer gelandet, er war nicht vollkommen hilflos in dieser Welt, er würde nur lernen müssen, auch mit den magischen Tricks zu rechnen. "Das war irgendetwas magisches, das verschwinden, oder?"

Jarel wog den Kopf hin und her.
"Im Grunde genommen keine natürliche Magie. Eher ein Nutzen der Umgebungsenergien. Auf freien Feld oder zur Mittagsstunde hätte es nicht funktioniert.", gab er zu.
Er musterte Slava und etwas schlich sich in seinen Blick, was Jake auch schon gesehen hatte. Sorge.
" Sind die Verletzungen vollständig verheilt?", fragte er so leise dass nur Slava es mitbekommen sollte.

Als Jarel in den Schatten trat, schnellte Jakob in die Höhe, die Scheide in der einen, das Schwertheft in der anderen Hand. Und gerade dachte er noch an diese Biester!
Doch zuerst erinnerte ihn seine Schulter daran, dass unter der Bandage eine Wunde pochte, dann sein Kreislauf, dass schnelles Erheben eine Scheißidee war und zum Schluss sein Verstand, dass die Zwei doch bisher nur hatten üben wollen. Aber der Teufel war ein Eichörnchen oder eben ein Fremder.
Natürlich wäre er sowieso zu langsam für jede Art von Eingriff. Er machte genau einen Schritt und das Schwert klemmte wie angeleimt in der Scheide... da war es schon wieder vorbei und Jarel bot Slava die Hand.
Innerlich schlug sich die Knappe die Hand vor die Stirn. SO einem reichte man doch nicht die Hand zum... Es rummste und Jarel lag auf dem Rücken wie ein Maikäfer. Jakob entspannte sich etwas, ging aber noch zwei Schritte näher, auch wenn er die Worte weiterhin nicht verstand.

Intermission.

Verfasst: Montag 9. Mai 2022, 01:24
von Thorben Denger
Bei all der Aufmerksamkeit, die die Anwesenden dem Übungskampf gewidmet hatten, war niemandem aufgefallen, wie das Schnarchen des Zwerges urplötzlich aufgehört hatte. Die Plane am Kopfende des Zeltes schwang auf und zuerst strömte ein Schwall Qualm aus der Öffnung heraus. Dann schälte sich auch der Kopf des Zwerges hinterher.

Noch immer hatte er seinen Hut auf! Eine Seite der Krempe sah ein wenig zerknautscht aus, was wohl darauf schließen ließ, dass Thorben sogar mit der verdammten Kopfbedeckung schlief!
Immerhin trug er nicht auch noch seinen Mantel. Ein aufgeknöpftes, fleckiges Leinenhemd wurde nahezu von einem immensen Knäuel Brustbehaarung gesprengt. Die schweren, metallbeschlagenen Stiefel waren ungeschnürt und schlappten bei jedem Schritt lose an seinen Füßen mit.

Thorben ging schnurstracks auf die Gruppe der wachenden Kämpfer zu, die immense, qualmende Pfeife im Mund und eine angebrochene Flasche Vodka in einer Hand. Anstatt anzuhalten, um mit den Kameraden zu sprechen, schlängelte er sich einfach durch ihre Bewegungen hindurch, rülpste für seine Verhältnisse leise und blieb erst am Rand des Lagers und äußerstem Feuerscheins stehen, um sich an einem Baum zu erleichtern.

Als er sich auf seinem Rückweg zu seinem Zelt wieder durch die Anwesenden schlängelte, würdigte er sie und ihren Bewegungen erneut keinerlei Beachtung. Er murmelte nur leise und undeutlich am Stiel seiner Pfeife vorbei.
"Euer Gekäbbel kann sogar noch die Toten wecken!"

Mit den Worten war er wieder in seinem Zelt verschwunden. Die Plane schloss sich hinter ihm und nur wenige Augenblicke später drang erneut das laute Schnarchen über den Lagerplatz, als wenn jemand dabei wäre, den halben Wald abzuholzen.

Re: Die Strasse Richtung Nowigrad

Verfasst: Montag 9. Mai 2022, 20:28
von Vyacheslav Sokolov
Slava runzelte die Stirn. Konnte der Mann neben sich unsichtbar machen auch Gedanken lesen. Er blieb ihm die Antwort schuldig, denn Jake stand auf, wollte schon eingreifen. Er hob die Hände um zu zeigen, dass er waffenlos war - wobei das nicht stimmte, er zeigte nur seine beiden wirksamsten Waffen, aber es war schließlich die Geste, die zählte.
Dass Jake deutlich mehr gesprochen hatte schrieb er der bekannten Situation eines Trainings zu, das mußte für den jungen eine gewohnte Situation sein. für ihn zumindest was die Schwerter anging eine eher ungewohnte. Aber der Ritter verblüffte ihn.
Riet er nur gut, oder sah er etwas, was den anderen nicht auffiel.
"Ich bin Diensttauglich." gab er dem Ritter etwas mürrisch zur Antwort. Wie mies es um seine Gesundheit stand musst er nicht jedem auf die Nase binden. Und dann beantwortet er auch noch Jakes Frage von vorhin und bewies damit, dass er nicht nur konzentriert kämpfen konnte sondern auch ein gutes Gedächtnis besaß: "Er ist wohl ein Ritter und hat uns seine Dienste angeboten, Jetzt begleitet er uns zurück nach Nowigrad."

Der Zwerg stampfte da durch's Lager, an ihnen vorbei, pisste an einen Baum, ungeachtet der Tatsache dass sie dort noch standen.
Es war auch halbwegs verblüffend, wie er das mit einer Flasche Vodka in der Hand schaffte.
Er konnte auch zweifellos einer seiner Kameraden in der Zone sein, unverändert. Auch das Rülpsen.
Ulad war etwa vom gleichen Format, ein wenig größer zwar, aber ähnlich viereckig. Und er trug seltener Hüte und die Haare kürzer... alle, die er bisher gesehen hatte.
Je nachdem in welcher Stimmung er darüber nachdachte konnte er es sich ganz gut vorstellen zu bleiben oder verzweifelte schier an dem Gedanken.
Der Zwerg legte sich wieder schlafen, schenkte ihnen kaum Beachtung.

Re: Die Strasse Richtung Nowigrad

Verfasst: Montag 9. Mai 2022, 21:37
von Jakob von Nagall
Jakob musterte Jarel, der Slava etwas zu erklären schien, wieder auf diese eindringlich sezierende Art, ganz als wolle er ihm unter die Haut blicken oder den Mechanismus seiner Existenz ergründen. Und genaugenommen war es auch so, denn etwas hatte Jakobs Misstrauen sogleich wieder aufflammen lassen. Nur Thorben brachte ihn kurz ab davon und er folgte wie wohl alle drei dem Zwerg mit den Augen. Dieser zu kurz geratende John Wayne gehörte wirklich in irgendeinen Film, zur Auflockerung und den ein oder anderen Gag. Er verschwand wieder auf dem gleichen Weg, wie er gekommen war und kroch zurück ins Zelt, um demonstrativ das Schnarchen wieder aufzunehmen. Eine von Jakobs dunklen Brauen zuckte leicht nach oben. Faszinierend der Typ.
Dann zog Slava seine Aufmerksamkeit wieder auf sich. Ein Ritter - so weit war er auch schon gewesen. Und einer, der Slava auf die Bretter geschickt hatte. Gut, das war ihm auch einmal gelungen, aber eher aus purem Zufall. Er hatte die Faust einfach in die richtige Stelle versenkt. Pech für den Soldaten, Glück für Jakob, denn sonst hätte es wohl ein ähnlich unrühmliches Ende genommen wie bei Reuven. Wobei - hatte es. Fresse voll Dreck und wenig bis gar keine Möglichkeiten, sich aus dieser Lage zu befreien. Ein wenig freute es Jakob innerlich daher schon, dass es bei diesem Sparring Slava gewesen war, der am Ende im Dreck gelegen hatte. Bis der Ritter einen blöden Fehler gemacht hatte. Aber das waren einfach so Dinge - wie die Übergabe eines Schwertes. Man reichte seinem Trainingspartner während des Kampfes nicht das Schwert zurück, sondern legte es am Boden ab oder warf es ihm zu. Miese Tricks gab es wohl bei allen und jedem.
"Kam er noch bei Tageslicht oder schon nach Einbruch der Dunkelheit zu euch?" Jakobs Blick war nach Thorbens Verschwinden wieder zu Jarel zurück gekehrt, obwohl seine Frage sich an Slava richtete, war sie doch auf Englisch gestellt. Er blieb misstrauisch, denn die Geschwindigkeit, mit der der ältere Mann sich bewegt und wie er dabei die Dunkelheit um sich gezogen hatte, erinnerte viel zu sehr an Marillions. Auf der anderen Seite hatte er sich in den Minuten nach Jakobs Erwachen ein paar Punkte Vertrauensvorschuss erarbeitet, sodass das Schwert des Knappen noch immer in der Scheide ruhte - mochte bei der Schnelligkeit des Anderen ein fataler Fehler sein, aber in seinem derzeitigen Zustand wäre er sowieso nur Frühstück. Sein Herz schlug ihm nur nach den wenigen Schritten bis hier her schon wieder im Hals und es rauschte ihm in den Ohren.
Ritter. Unter dem Templern hatte es Vampire gegeben. Einer ihrer besten Ärzt war ein Vampir - man lernte in ein paar hundert Jahren einfach mehr als in einem Menschenleben. Trotzdem hatte Jakob sich nie mit dem Gedanken anfreunden können und ging ihnen aus dem Weg. Der Großmeister mochte da liberal sein, aber er war es nicht.

Re: Die Strasse Richtung Nowigrad

Verfasst: Montag 9. Mai 2022, 22:17
von Jarel Moore
Der Junge hatte den Söldner etwas gefragt, doch Jarel verstand kein Wort.
Die Verständigung war ohnehin ein Problem. Nur…nicht seines.
Zumindest zu diesem Zeitpunkt, denn dass der Junge einen Lehrmeister suchte ahnte er nicht.
Der Ritter ging zurück zum Feuer, schob Holz nach und rührte den noch halbvollen Kessel.
„Hat hier denn niemand Hunger?“, fragte er in Richtung des Söldners und linste in die Richtung des Widderfells.
Die Kleine schlief immer noch. Vielleicht gut so. Der kleine Trupp hatte einiges mitgemacht.
Noch einmal musterte Jarel Slava. Er war flink, wehrhaft, gut trainiert und hatte bessere Reflexe als eine Klapperschlange. Wäre er nicht in der Körpermitte steif als hätte er ein Schwert geschluckt und hätte Jarel nicht so tief in die magische Trickkiste gegriffen… Er presste die Zähne aufeinander.
Sollte der Söldner ihm einmal grollen, er würde sich in Acht nehmen müssen. Mehr als nur in Acht.
Aber zugeben würde der Ritter das niemals. Das verbat ihm sein Stolz.

Re: Die Strasse Richtung Nowigrad

Verfasst: Dienstag 10. Mai 2022, 09:09
von Vyacheslav Sokolov
Er musterte auch noch eine Weile den Ritter. Er war älter als er, kein Zweifel, aber gut in Form. Und er hatte unfair gekämpft. Er würde Schwertkampf lernen müssen, aber er hatte es vielmehr darauf angelegt, alles zu zeigen, dass ein Schwert überflüssig war. Er musste wirklich ein wenig von seinem Hohen Ross runter, wenn er hier überleben wollte. Dass er aus etwas wie der Zukunft stammte würde ihn nicht automatisch überlegen machen, nicht hier.
Deshalb sammelte er das Schwert auf, dass er zuvor hatte fallen lassen und sah es sich genauer an. Es war... nun, ein Schwert. Er verstand wenig davon. Wirklich wenig. Griff, Klinge und das Ding dazwischen das vermutlich verhinderte, dass es in der Schwertschied zu weit nach unten rutschte. Er nahm es mit, legte es neben dem Fell ab, dann setzte er sich ans Feuer, und ließ sich dankend einen Becher mit dem Gulasch vollmachen.
Er hatte noch immer wenig Appetit, aber er musste etwas essen, das war ihm klar.
Und Jake wollte wissen, ob der Ritter bei Tageslicht angekommen war.
Dass Slava mit den Augen rollte sah vermutlich keiner. Der Junge nahm wohl tatsächlich an, dass dieser Mensch ein Vampir sein konnte. Er war ja selbst von Berufs wegen Paranoid, aber der Junge...
"Er kam bei Tageslicht zu uns und ist auch die ganze Zeit nicht zu Staub zerfallen... und er ißt Suppe aus Schlangen und kocht Gulasch. Das würde er wohl nicht wenn er Blut trinken würde." erklärte er wieder auf englisch, der Sprache, die wohl von den hier gebräuchlichen am weitesten entfernt war.
Und er rief sich ins Gedächtnis, was er über seine Magie gesagt hatte.
Ein Nutzen der Umgebungsenergien.
Er verstand es nicht, deshalb fiel es ihm schwer das gehörte wiederzugeben. Lediglich, dass er bei Sonne und guter Sicht nicht dazu in der Lage war.
"Er kann sich wohl irgendwie im Schatten verstecken. Irgendeine Magie dieser Welt... aber was dich interessieren dürfte. Er ist auch nicht von hier. Macht also also schon Fünf Welten."
Er würde niemals hinzufügen, dass er ihn für vertrauenswürdig hielt, und darüber hätte er fast selbst lachen müssen. Er hielt von Berufs wegen niemanden für vertrauenswürdig, ja, noch nicht mal sich selbst.
Da musterte er wieder den Ritter.
"Du hast vorher gefragt..."
Und eigentlich war es auch nicht wirklich ein Geheimnis, Jake wusste schließlich auch, hatte die Narben gesehen, ebenso Aria. Er war einfach nur stur gewesen, hatte sich ertappt gefühlt. Er hob also kurz das rotweiß gestreifte und mittlerweile recht dreckige Shirt so weit, dass man die vier Narben sah.
"Ich wurde angeschossen. Ein Scharfschütze wollte mich erledigen und hätte es auch fast geschafft. Vor fast einem Jahr." Mehr Erklärung gab es nicht.
"Ich werde wirklich einen Lehrer brauchen, wenn Schwerter hier die bevorzugte Waffe sind."

Re: Die Strasse Richtung Nowigrad

Verfasst: Dienstag 10. Mai 2022, 10:34
von Jakob von Nagall
Sein Kopf hatte wohl wirklich durch das Fieber gelitten - ungewöhnlich gestenreich rieb sich Jakob den Nacken, tatsächlich etwas verlegen. Er hatte Jarel selbst essen sehen - Gulasch, das er ebenfalls probiert hatte. Ganz gewöhnliche Nahrung, die jeden Vampir zum Kotzen gebracht hätte. Einen Moment lang stand er in der Gegend rum wie bestellt und nicht abgeholt, während die zwei Älteren am Feuer Platz nahmen, und wirkte genau wie das, was er eben war: ein junger Kerl auf der Suche nach seinem Platz in der Welt. Er überlegte, blickte zurück zur Kutsche, dann zum Widderfell, dann zum Lichtkreis des Feuers - sichtlich unschlüssig. Die Kutsche war plötzlich sehr weit weg, das Feuer war eben das Feuer und auf dem Fell lag Aria - das andere Feuer. Kurz sah es so aus, als würde er sich einfach an Ort und Stelle auf den Hosenboden fallen lassen, dann schüttelte er den Kopf und schlurfte doch wieder zur Kutsche zurück. Seine Beine zitterten und seine nackten Füße waren kalt, also machte er sich auf die Suche nach seinen Stiefeln. Es rumorte im Inneren der Reisekutsche, als er im Dunkeln räumte und rückte. Das Schwert schob er wieder unter einen der Sitze, die Stiefel fand er gleich, aber es fehlte ein Socke. Jakob zückte die Taschenlampe und suchte im schmalen Lichtkegel weiter, bis er die zweite Socke zwischen Kissen und dem Papier fand, das noch mit seinen und Arias Schreibübungen bedeckt war. Kurz war es still in der Kutsche, während er auf dem Bauch liegend das Papier betrachtete. Sein Name, ihr Name, seine fast schon an Normschrift grenzende Hand und ihre fein geschwungenen Buchstaben. Darunter Worte wie 'Kutsche', 'Pferd', 'Hand' und so weiter.
Er schüttelte wieder leicht den Kopf, ließ das Geschreibsel fallen und setzte sich wieder in die Tür der Kutsche, um sich erst die Socken und dann die Stiefel über die Füße zu streifen. Der Kunststoff klapperte leise, als er die Füße wieder auf das Trittbrett setzte. Der Platz gefiel ihm. Er hatte die Kutsche im Rücken, das Feuer war weit genug weg und er konnte das Lager überblicken. Was am Feuer gesprochen wurde, konnte er sowieso nicht verstehen. Er zog das Papier wieder heran - die Buchstaben waren so fremdartig. Wie sollte er das jemals lernen? Am Tag zuvor hatte er Slava eigentlich fragen wollen, ob das Kyrillisch war, aber nun war ihm der Weg zurück zu den beiden Männern eindeutig zu weit. Seine Beine fühlten sich an wie Blei und er war einfach nur erschöpft. Nicht wirklich müde, aber fertig wie nach einem langen Trainingstag.
Irgendwann ließ er sich einfach rückwärts umfallen - der Boden der Kutsche war voll genug mit Fellen und Kissen, die Aria während der Reise Bequemlichkeit boten - und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Erst betrachtete er noch den Himmel der Kutsche, aber dann mussten ihm wohl doch die Augen wieder zugefallen sein, denn als er sich seiner selbst wieder bewusst wurde, war die Dunkelheit einem blassen Morgenlicht gewichen. Über ihm spannte sich noch immer der Himmel der Kutsche, aber er lag ganz darin und war in eine Decke gewickelt. Und er fühlte sich erstaunlich gut. Weit besser als noch in der Nacht und JETZT musste er wirklich pissen, auch wenn ihn die Faulheit noch einen Moment lang in der behaglichen Wärme gefangen hielt. Doch die Natur brüllte irgendwann so laut, dass er sie nicht mehr ignorieren konnte, also wühlte er sich aus der Decke, kletterte aus der Kutsche und schlurfte mit offenen Stiefeln Richtung Waldrand, wobei er an den Pferden vorbei kam. Eines war hinzu gekommen: ein riesiges, schwarzes Pferd, wie er es von daheim von Brauerreigespannen kannte. Wohl das des Ritters. Das Tier betrachtete ihn kurz aus ruhigen, schwarzen Augen und graste dann friedlich weiter.

Re: Die Strasse Richtung Nowigrad

Verfasst: Dienstag 10. Mai 2022, 12:34
von Jarel Moore
Als der Junge nicht aus der Kutsche kam hatte Jarel – wie sollte es anders sein – nach dem Kurzen gesehen und ihn zugedeckt, danach den Kessel wieder ein Stück weggestellt, damit die letzte Portion darin nicht anbrannte.
Irgendwann würde das Mädchen aufwachen und hatte dann hoffentlich Hunger. Essen sollte sie auf jeden Fall. Die hatte ja gar nichts auf den Rippen. Zum Glück konnte Ragout nicht verkochen. Wurde nur weicher.
Es sah nicht so aus, als würden sie bald aufbrechen, so kümmerte sich der Ritter erst um seine Stute, sprach leise mit ihr, als würde er sich unterhalten. Ganz offensichtlich hatte dem Menschenmann die lange Einsamkeit nicht besonders gutgetan, wenn er sich schon mit Tieren unterhielt.
Das Pferd war schnell versorgt und immer noch sah es nicht a aus, als würde die Gruppe bald aufbrechen.
Seufzend warf er einen Blick zum Söldler. "Ist es in Ordnung, wenn ich mich für einen Moment zurückziehe? Passt ihr ...passt du auf die Kinder auf, Slava?"

Der Söldner nickte ihm nur zu. Nur mit den Dolchen bewaffnet, mit einem kleinen Leder- und dem Wasserbeutel am Arm schlug sich Jarel ins Unterholz. Der Fluss war nicht weit. Wenig später stieg der Ritter fast nackt ins Wasser. Den Elfendolch und drei seiner Wurfsolche trug er jedoch auch jetzt an den rechten Oberschenkel geschnallt. Sicher war sicher.
Das frische kalte Wasser tat gut. Ein Bad war nötig, wenngleich nicht so nötig wie nach dem Überfall der Nekka vor einigen Tagen. Der Ritter verlor sich in Erinnerungen, während er sich ausgiebig mit der Seife schrubbte. Ljerka. Seltsam, dass er an sie denken musste. Sehr seltsam.
Immer noch in Gedanken ging er – sauber und angezogen - zurück zum Lager. Oder besser: Er schlich durch Unterholz. Völlig unbewusst, weil es seit seiner Ausbildung zu seiner Natur geworden war.
Gerade wollte der große Jakob den kleinen Jakob auspacken, als leicht links vor ihm der Ritter im Unterholz erschien, als wäre er durch irgendein Portal getreten. Oder vom Baum gefallen.
Nicht nur Jakob erschrak, Jarel auch, der in Gedanken bei einem Weibchen – und das musste er sich einmal mehr klar machen – einem WEIBCHEN verweilte.
„Entschuldige.“ Ach ja, die Sprachbarriere. Der Ritter deutete eine Verbeugung an und ging dann weiter, zurück zum Lager um erst einmal nach Aria zu sehen.

Re: Die Strasse Richtung Nowigrad

Verfasst: Dienstag 10. Mai 2022, 16:13
von Vyacheslav Sokolov
Der Ritter ging nicht mehr darauf ein, auch gut. Was hatte er erwartet.
Er blieb alleine am Feuer zurück und der Ritter verschwand. Aufpassen.
Ja natürlich, er würde drauf achten, dass keiner weglief und sie nicht ungesehen kopulierten.
Aber er nickte, dann stocherte er im Feuer herum, als der alte Mann nach einer Weile nicht mehr zurück kam und Jake tatsächlich weiterschlief wie die anderen auch begann er mit einer Bestandsaufnahme, zuerst sein Rucksack, und er begann seine Sachen einzuräumen.
Gerade war seine Laune wieder im Keller. In der Zone hätte er sich Kaffee gemacht, wäre eine weile am Fenster gestanden und hätte sich vom Riesenrand hypnotisieren lassen, hätten den Entladungen der Anomalien zugesehen, sich vielleicht mit Schura oder Viktor gestritten und wäre dann spazieren gegangen und hätte einfach darauf gewartet, welche Erinnerungen ihm die Zone präsentierte oder auch an alten eingehakt.
Seine Gesundheit wäre nicht so wichtig gewesen, denn er wußte ja vorher was geschehen würde, wo Gefahr drohte und wer angriff.
Hier war sie wieder von belang und er merkte, dass sich seine Stimmung fast stündlich änderte, und er wußte auch was das bedeutete.

Kaffee! Elixir des Lebens!

Verfasst: Dienstag 10. Mai 2022, 17:38
von Thorben Denger
Die Sonne war schon ein gutes Stück über den Horizont gewandert und ihre Strahlen fielen bereits blitzend und blinkend durch die sich bewegenden Blätterdächer der Bäume. Auch die meisten Vögel waren bereits erwacht und zirpten ihre Lieder. Die Luft war bereits von spätsommerlicher Wärme erfüllt und lockte die ersten Insekten an. Zeit für Thorben Denger aufzuwachen und die Welt zu seiner Bitch zu machen, entschied der Zwerg, als er aufwachte und in der stickigen Wärme seines Zeltes bereits schwitzte, wie ein Schwein.
Und ab hier mochte ein Beobachter sich ganz stark eines Déjà Vu Gefühls bemächtigt fühlen, denn im Grunde verantstaltete Thorben genau die gleichen Bewegungsabfolgen, wie am Morgen zuvor. Ein Beben des Zeltes, als er darin herum sprang, um seine Kleidung anzuziehen. Der gleiche Auftritt vor dem Zelt, wie er sich streckte, schmatzte und seinen Schritt kratzend bearbeitete. Es glich beinahe einem Ritual. Interessiert schaute er sich um. Die Prinzessin schlief noch. Armes Ding. Die Sache mit dem Geist hatte sie wohl noch mehr mitgenommen, als alle anderen seiner illustren Gruppe. Ansonsten saß nur noch Slava an den letzten Resten der glimmenden Asche und kramte in seinem Rucksack herum. Die bemerkenswerteste Eigenschaft von Aenye, Jake, Jarel und Rey, war ihre Nicht-Existenz.

"Verdammt, Slava! Hast Du sie alle im Schwertkampf besiegt und vor Scham verscharrt?"
Er mochte sich in der Nacht wie ein Schlafwandler bewegt haben, aber er hatte alles um sich herum mitbekommen. Zumindest, was er mitbekommen wollte. Eine seiner Stärken, die sich schon nahe an der Grenze zur Narcolepsie befand. Auf Knopfdruck einfach einschlafen und aufwachen zu können. Auch wenn das Aufwachen schon ordentliches Gehämmer auf diesen Knopf nötig machte. Wenn man jahrelang allein in der Wildnis unterwegs war, kam es auf jede sichere Sekunde an, die man schlafend verbringen konnte. Da war es recht unpraktisch, sich erst stundenlang unruhig herumzuwälzen.

Mit zusammengezogenen Augenbrauen und in die Hüften gestemmten Händen starrte Thorben auf sein Zelt, als wenn seine aufgebaute Existenz ein persönlicher Affront gegen seine eigene persönliche Existenz darstellte. Er sollte es wohl abbauen und Bessie mit dem Karren zum Aufbruch bereit machen. Aber verdammt,... er hatte tatsächlich sowas, wie einen Kater!
Das passierte in der Wildnis wirklich nicht häufig. Hier trank er in der Regel nur wenig, da man ständig auf der Hut vor all den Gefahren dort draußen sein musste. Jetzt, mit seiner seltsamen Schausteller-Truppe allerdings, hatte er ein gewisses Gefühl der Geborgenheit empfunden, was ihn doch tiefer in die Flasche hatte schauen lassen, als es eigentlich ratsam gewesen war.
Der Zwerg puhlte mit der Zunge in einem Backenzahn herum und überlegte. Dann kam er zu dem Entschluss, dass Zelt, Karren und überhaupt das ganze Lager sich ficken konnten. Er ging zu seinen Vorräten auf dem Wagen herüber und kramte darin herum, bis er einen Beutel und eine alte, blecherne Kanne fand. Phuu, das Zeug hatte er schon lange nicht mehr benötigt. Thorben war kein Morgenmuffel und so stellte Kaffee, im Gegensatz zu einigen seiner Kameraden, nicht gerade essentielles Nectar und Ambrosia des Morgens dar. Kaffee war für ihn wie Medizin, wenn seine eigentliche Medizin,... der Alkohol,... seine seltenen Nebenwirkungen erzeugte. Mit hochgezogener Augenbraue betrachtete er auf dem Rückweg die seltsame Fleischkunst, die Jarel um das Lager herum in die Bäume gesteckt hatte, als seien es Traumfänger einer im Wald hausenden Hexe.
"Schutz vor bösen Geistern, hm?" murmelte er nachdenklich vor sich hin, zuckte dann aber mit den Schultern und ließ das Thema hinter sich. Nach dem gestrigen Erlebnis hätte er auch nichts gegen Netze aus Rindergedärmen oder aufgehängten Stier-Phalli gehabt, solange sie Geister von seinem hübschen Kopf fern hielten.

"Entfach' mal das Feuer wieder, Kumpel. Hab' hier was, was dir gefallen könnte. Medizin, der anderen Art!"
Langsam schlurfte er um das Feuer herum und fand in einem von Jarels Kesseln noch etwas Frischwasser. Nach einem professionellen Schnüffler, kippte er etwas davon in die Kanne und ließ sich neben Slava vor der provisorischen Kochstelle nieder. Aus dem Beutel schüttete er etwas arg grobkörniges Kaffeepulver in die Kanne. Bei Thorben gab es natürlich Prüttkaffee. Was auch sonst? Siebe und Filter waren was für Pussies!
"Kennt ihr bei euch Kaffee?"
Er nickte in Richtung des Himmels, um noch einmal die völlig abgefahrene Tatsache hervorzuheben, dass Slava sowas wie ein Sternenreisender war.
"Von dem Zeug wächst dir auch so ein hübscher Büschel Haare auf der Brust, wie mir!"
Schallend hallte sein Gelächter über den Platz. Schließlich war Thorben Denger von seinen eigenen Witzen total überzeugt.
Die Kanne hakte er mit dem Griff an die Stange über dem Feuer, die zuvor noch Jarels Kessel gehalten hatte.
"So! Irgendwas Spannendes passiert, heut' Nacht? Außer, dass du mit den beiden Rittern geflirtet und Hintern versohlt hast? Aenye und Rey sind noch nicht wieder aufgetaucht?"

Re: Die Strasse Richtung Nowigrad

Verfasst: Mittwoch 11. Mai 2022, 21:08
von Jakob von Nagall
Genaugenommen war er beim ein- und nicht beim auspacken, als Jarel so unvermittelt aus dem Wald auftauchte, dass Jakob der Schrecken durch Mark und Bein ging. Er verhaspelte sich und fluchte - auf Deutsch -, als er sein bestes Stück eilig wieder einpackte und seine Hosen sortierte. Nicht das es ihm viel ausmachte, vor anderen Männern nackt zu sein - im Kloster duschte man oft genug gemeinsam und zog sich gemeinsam um - der Kerl hatte ihn einfach auf dem komplett falschen Fuß erwischt. Hatte sich einfach materialisiert, wie aus dem Boden gewachsen, was zusammen mit der Aktion gestern abend nicht gerade dafür sorgte, dass Jakob ihm mehr über den Weg traute. Mal davon abgesehen, dass es wohl nichts erniedrigenderes gab, als die Vorstellung, mit herunter gelassenen Hosen einem Monster oder Meuchler zum Opfer zu fallen. Aber immerhin hatte Jarel den Anstand, sich ebenfalls zu erschrecken.
Der Knappe beruhigte sein galoppierendes Herz mit zwei kontrollierten Atemzügen und nickte dann zum Zeichen, dass er die Entschuldigung verstanden hatte. Langsam kamen ihm die ersten Momente nach seinem Erwachen zu Bewusstsein und damit die Tatsache, dass er mit diesem Ritter in jener Sprache sprechen - oder es zumindest versuchen konnte - in der er auch mit Aria und Aenye kommunizierte. Heute Nacht war er nur nicht besonders gut beisammen gewesen, was die Eloquenz noch mehr einschränkte, als diese fremde Version von Latein und Niederdeutsch ohnehin. Doch ausgeschlafen und wieder halbwegs klar im Kopf würde es ihm leichter fallen, zuzuhören und zu antworten. Vorausgesetzt er wollte... meistens wollte er nicht.
Jakob sortierte seine Kleidung, schloss die Stiefel denn doch und folgte Jarel zurück zu den anderen. Der fremde Ritter sah nach Aria und der junge Mann wagte sich vorerst nicht wieder in ihre Nähe, so lange er nicht wusste, wie sie dazu stand, ihn auch nur sehen zu müssen. Der Gedanke stimmte ihn trübsinnig, auch wenn er eigentlich froh sein sollte, dass das, was da auch immer zu wachsen begonnen hatte, von allein wieder starb. Erfolgreich nieder getrampelt unter seinen Stiefeln.
Also ließ er sich auf Thorbens anderer Seite an den Resten des Feuers nieder und sah dem Zwerg dabei zu, wie er Wasser und Pulver zusammen rührte. Und er benutzte ein Wort, dass sogar Jakob verstand: Kafje. Kaffee. Dennoch wies er mit dem Daumen auf Thorben und beugte sich etwas vor, um an diesem vorbei Slava anzusehen.
"Hat er gerade wirklich Kaffee gesagt?" Als Slava nur nickte, selbst sichtlich verblüfft und positiv gestimmt, ging eine sichtbare Veränderung durch den jungen Mann. Seine sonst eher stoische Miene schien sich etwas aufzuhellen, als wollte er gleich lächeln, doch dann sah er kurz zum Himmel und öffnete die Hände in einer dankenden Geste. "Der Herr sei gepriesen. Wenn es hier Kaffee gibt, kann man hier überleben." Vielleicht lag es an den Medikamenten oder an dem, was sie alle zusammen durchgemacht hatten - vielleicht auch an der Kombination. Mit Sicherheit aber hatte die Aussicht auf Kaffee ihren Anteil daran, dass der Knappe Temperatur annahm. Und einmal im Schwung wurde er fast schon zutraulich. Er zog das von ihm und Aria dicht beschriebene Papier heraus, das er irgendwann in der Jacke verstaut hatte und reichte es hinter Thorben an Slava weiter.
"Sind das kyrillische Buchstaben?", wollte er wissen.

Re: Die Strasse Richtung Nowigrad

Verfasst: Mittwoch 11. Mai 2022, 21:24
von Jarel Moore
Jarel kehrte zu seinem Sitzplatz zurück und betrachtete den Gegenstand, den er vom Waschen mitgebracht hatte. Es war ein Stück Horn. Ein Stück einer Schaufel.
Nachdenklich drehte er es in den Händen.
Er war so konzentriert darauf, dass er erst bemerkte, dass jemand Kaffee kochte als der Duft ihn regelrecht in die Nase zwickte.
Schnuppernd sah er auf. Tatsächlich. Kaffee.
Die drei schienen jedoch beschäftigt, und aufdrängen wollte Jarel sich nicht.

So hing er seinen Gedanken nach und holte ein sehr kurzes, sehr spitzes Messer aus einer der unendlichen Taschen an seinem Sattel und begann am Horn herumzuschnitzen.
Das erste Mal seitdem er hier war dachte er an die Zukunft und hing nicht der Vergangenheit nach.
Fast konnte man ein Lächeln auf seinen Lippen sehen. Fast.

Re: Die Strasse Richtung Nowigrad

Verfasst: Donnerstag 12. Mai 2022, 12:16
von Vyacheslav Sokolov
Wieder ging der Zwerg pissen und kommentierte dieses mal die Dekoration, die Jarel angebracht hat.
Er zuckte nur mit den Schultern. "Womöglich steht er drauf." Es hatte ihn nicht weiter gekümmert, erst jetzt kam es ihm doch reichlich seltsam vor, aber seltsam war schließlich alles hier. Doch das alles rückte merklich in den Hintergrund, denn Thorben setzte allen ernstes Kaffee auf.
Wenn Slava jemals echte Freude gezeigt hatte dann jetzt und erst recht, als der Geruch der gemahlenen Bohnen sich breit machte. Es ging nichts über den Duft von frischem Kaffee am morgen. Eine Welt in der es Kaffee gab konnte nicht so falsch sein. Wie es doch oft an Kleinigkeiten hing.
Und so wie er auch stinksauer werden konnte und Leute nach Strich und Faden klein falten, dass man sie unter der geschlossenen Türe hindurchschieben konnte, so konnte er auch herzlichst lachen.
"Thorben, du bist der beste. Ich hatte ja schon alle Hoffnung aufgegeben, dass diese Welt zivilisiert ist. Aber du rettest sie. Und, ja, es gibt Kaffee bei uns, und meiner persönlichen Theorie zufolge ist intelligentes Leben ohne das Zeug gar nicht möglich."
Er spülte seinen Emaillebecher erst mit Wasser aus, wischte dann mit seinem Hemd nach. Ganz sauber wurde er nach dem Gulasch nicht, allerdings wollte er keine Fettaugen auf den göttlichen Gebräu sehen.
Er nahm gerne eine Tasse voll an, er kannte die Zubereitung, das Zeug war bitter und stark, von Arabica hatte man hier wohl noch nichts gehört, aber im Moment war es egal, er hätte auch die Bohnen gekaut, notfalls.
"Aber mehr Haare wachsen mir trotzdem nicht, aus dem Alter bin ich leider raus, eher noch fangen sie an auszufallen."
Seine Stimmung hatte sich schlagartig gebessert. Überhaupt war er in der Lage innerhalb von Augenblicken umzuschalten. Ein Psychologe wäre gewarnt gewesen.
Der Kaffee zeicgte auch bei anderen ihre Wirkung, auch Jake schien etwas aufzutauen - Auch wenn es ihm das Stoßgebet fast übertrieben vorkam, das Stoßgebet des Jungen, ähnlich dachte er doch selbst auch, aber er würde nie auf die Idee kommen, zu beten schließlich war er in bester Soviet Tradition Atheist.

Die Hände um die viel zu heiße Blechtasse geschlossen genoss er einen Moment lang den Geruch und bitteren Geschmack.
Aus den Augenwinkeln sah er wie Jarel etwas schnitzte, aus einem Stück Geweih oder Horn, es gab einen Unterschied, aber der interessierte ihn nicht wirklich.
Dann gab Jake ihm einen Zettel. Der Kaffee hatte ihn ja wirklich im Handumdrehen aufgetaut. Das würde er sich merken müssen, der Bursche war offenbar genauso Coffeinabhängig wie er selbst, was ihm wieder ein Grinsen abnötigte.
Er nahm den Zettel von Jake entgegen. Das sah nach dem Zeichensatz dieser Gemeinsprache aus, den er schon auf einem Wegweiser gesehen hatte.
"Es ähnelt dem alten Kirchenslavisch... was man noch auf alten Ikonen sieht, noch vor dem Alphabet von Kyrill... aber ich kann es auch nicht lesen. Würde aber passen."
Und fast hätte er es vergessen. An Thorben gewandte:
"Übrigens... der Kater und die Elfe sind weg gestern Nacht dafür haben die die Hälfte von nem Wildschwein dagelassen... Das war womit Jarel die Bäume dekoriert hat und er hat Gulasch gemacht und wenn du Hunger hast, da im Topf ist sicher noch was..."

Kaffee macht die besten Freunde.

Verfasst: Donnerstag 12. Mai 2022, 16:29
von Thorben Denger
Thorbens Laune verbesserte sich sofort, als er die frohen Gesichter und Kommentare seiner Kameraden erblickte. Auch wenn er des elfischen nicht mächtig genug war, um Jakes Worte zu verstehen, so bemerkte er doch seine Wandlung, die wohl der Aussicht auf Kaffee zuzuschreiben war. Bei den Göttern, - an die der Zwerg allerdings nicht glaubte - die Typen waren ja regelrecht abhängig von dem Zeug.
"Is' 'ne recht neue Entdeckung hier in den nördlichen Königreichen. Handelsschiffe aus Ofir oder Zangvebar bringen die Bohnen zu uns und die Dinger sind schweineteuer!"
Mit einem um die Hand gewickelten Tuch löste er die blecherne Kanne von der Halterung über dem Feuer und begann die krümelige, teerartige Flüssigkeit in Becher zu verteilen. Slava hatte seinen eigenen, Thorben ebenfalls und Jake bekam eine recht teuer aussehende Porzellantasse aus der Mitgift der Prinzessin.
"Ich finde ja, dass Vodka das Maß der Zivilisation ist. Ansonsten müssten die Herrscher dieser Königreiche sich ja den Südländern beugen. Und das kann ich mir bei den stocksteifen Adeligen einfach nicht vorstellen. Zudem sehe ich Kaffee eher wie die Pfeife danach an. Wenn man mal zu tief in die Flasche geschaut hatte."

Er hob die noch halb volle Kanne in die Höhe und drehte den Kopf zu Jarel herüber.
"Hey, Jarel! Auch einen Schluck schwarzen Goldes? Oder verbietet deine Religion das auch noch?"
Mit verschwörerisch vorgehaltener Hand beugte er sich zu Jake und Slava herüber und flüsterte.
"Zuviel Aufopferung in Religion macht doch überhaupt keinen Sinn, oder? Wofür dann überhaupt leben?"

Mit normaler Stimme sprach er weiter, als er sich noch einmal die seltsame Fleischkunst in den Bäumen anschaute. Endlich mal wieder richtiger Proviant. Wer konnte schon ewig von Dörrobst und Trockenfleisch leben? Noch ein wenig motivierter stand er auf und hob den Deckel des von Slava genannten Topfes an und schnüffelte daran. Roch richtig gut! Mit der im Topf steckenden Kelle füllte er sich davon etwas in eine Holzschüssel, ohne sie zuvor von den Resten des vorigen Mahls zu säubern. Auf die Weise hatte er schon die bemerkenswertesten Geschmackskombinationen entdeckt. Sein Favorit war da noch immer der drei Tage alte, bröckelige Rest eines Kartoffelpürees mit selbstgemachter, vodka-gestreckter Bouillabaisse.
Er ließ sich einfach auf den Platz vor dem Topf fallen und begann, sich den zähen, kalten Gulasch in den Mund zu stopfen. Fettige Soße sammelte sich sogleich in seinem Bart und troff zurück in die Schüssel hinein, was wohl noch zu weiteren Geschmacksentdeckungen führen sollte. Erneut richtete er das Wort an Jarel, diesmal mit erhobenem Löffel und vollem Mund.
"Nich' schlecht, Herr Ritter! Erst die Suppe, dann der Gulasch. An dir ist 'n Koch verloren gegangen."
Zufrieden schaufelte er weiter sein kaltes Katerfrühstück in sich hinein und schaute den beiden Menschen zu, wie sie versuchten die Schrift auf einem Blatt Papier zu entziffern.

Kater,...!
"Hmm,... schade um das Spitzohr und den Bettvorleger. Haben unserer Menagerie erst das richtige Etwas gegeben."
Dann zuckte er beinahe gleichgültig mit den Schultern.
"Aber wohl besser, dass sie fort sind. Die waren echt auf Krawall getrimmt. Früher oder später hätten sie uns mit in irgendwelche Gewalttaten reingezogen."

Er ließ seinen Blick durch das Lager schweifen, bis er sich wieder auf die schlafende Prinzessin legte. Trotzt dessen, dass die Gruppe laut über den Platz rief, mit Töfpen und Kannen klimperte und sich auch sonst keine Mühe gab, leise zu sein, wachte sie nicht auf. Aber es schien ihr gut zu gehen, denn sie hatte sich, durch die Wärme des späten Morgens dazu verleitet, etwas aus ihren Decken befreit, so dass erneut ihr hübsches Gesicht und die markant, leuchtend roten Haare zu sehen war. So, wie sie da lag, konnte Thorben es durchaus verstehen, dass der Junge und sogar der alte Soldat mit ihren Schwänzen dachten. Verdammt, er selbst hatte so manche Idee, was er mit dem Mädchen alles anstellen wollte.
Aber Menschenfrauen waren so viel stressiger, als eine gute, stabile Zwergin. Immerhin kamen viele von ihnen mit ausreichend Behaarung daher, gerade wenn man noch weiter nach Norden reiste. Wenn sie doch nur nicht so furchtbar groß wären. Wollte man mit ihnen schmusen, so musste ein Zwerg entweder ständig eine Trittleiter mit sich herum schleppen, oder sie in eine erreichbare Position bringen. Liegend, vorn über gebeugt, kniend. Und mal ehrlich! Wenn man sie schon in einer dieser Positionen hatte, dann konnte man auch gleich die Schmuserei überspringen und direkt ans Eingemachte gehen, oder?

Er löste seine Gedanken von der Prinzessin, als er merkte, dass er sie dermaßen verträumt angestarrt hatte, dass er sich beinahe schon einen Löffel Gulasch in ein Nasenloch geschoben hatte. Schniefend wendete er den Blick ab und erinnerte sich daran, dass sie ja nun vergeben war. An den Jungen. Er lächelte Jake zu und versuchte es mit seinem völlig zusammenhanglosen Elifsch bei ihm.
"Oy Jake! Du und Aria."
Mit einem fleischigen, gulaschbedeckten Finger deutete er vom Knappen zu Aria und zurück.
"Vereinigt? Sagte sie ja zu dich als Männlichkeit? Nix Ring? Nix Bindetuch?"
Grummelnd bemerkte er, vor allem wohl an Jakes Gesichtsausdruck, dass sein Elfisch doch eingerosteter war, als er gedacht hatte. Wieder in der Gemeinsprache wendete er sich dem alten Soldaten zu.
"Oy Slava! Frag ihn mal, ob sie 'Ja' zu seinem Antrag gesagt hat. Wenn ja, müssen wir das heut Abend gebührend feiern. Habt ihr auch den Brauch, Beischlafvollzug zu bezeugen?"
Er grinste breit und wölfisch. Diesen Brauch gab es auch auf dem Kontinent nur nach Gerüchten und das auch nur in hohen Adelshäusern. Aber es würde Spaß machen, den Jungen ein wenig aus der Reserve zu locken.

Re: Die Strasse Richtung Nowigrad

Verfasst: Sonntag 15. Mai 2022, 21:42
von Jakob von Nagall
Kirchenslawisch… Er krauste die Stirn. Dafür wusste er einfach zu wenig von allem, was jenseits des Vorhangs war, der offiziell nicht mehr existierte, aber für ihn als Kind des Westens trotzdem noch irgenwie da war. Fakt war, Slava konnte es auch nicht lesen – etwas enttäuscht nickte er. Sie waren also wirklich irgendwo, wo nicht ihre oder zumindest seine Erde war. Wenn er das bis jetzt noch angezweifelt hatte, dann musste er es wohl so langsam eingestehen. Er atmete einmal tief durch und warf dann kurz einen Blick über die Schulter zu Jarel, weil der dort herum schurte und in seinen Taschen kramte.
Zum Vorschein kam ein kleines Messer, dass er zunächst über einen Schleifstein zog, um dann damit an einem Stück weißliche Materials herum zu schnitzen. Wobei Jakob sich eher für den Stein interessierte, als für das Schnitzwerk oder das Messer...
Doch dann zog Thorben vorerst seine Aufmerksamkeit wieder auf sich, dann er holte den Kessel vom Feuer. Jakob nahm eine Porzellantasse entgegen, die er aus Arias Kutsche entwendet haben musste, und nippte vorsichtig an dem heißen, bitteren Gebräu. Mit einer ordentlichen Ladung Zucker wäre das Zeug als eine Art Mokka durchgegangen – das griechische Höllenzeug, das laut Noah mit Maximilian in Flagstaff eingezogen war. Aber genau genommen war es ihm gerade wirklich egal – er hätte auch das Pulver gelöffelt und mit Wasser nachgespült. Er genoss es einfach und das Gespräch plätscherte in der Gemeinsprache an ihm vorbei.
Seine Augen folgten allerdings jeder Bewegung, was bedeutete, dass sie Thorben folgten, denn Slava saß am Feuer, als sei auch für ihn der Becher Kaffee das allein Seligmachende. Der Zwerg hingegen kratzte sich die Reste des Gulasch aus dem Topf und starrte dann eine Weile zu dem Haufen aus Decken und roten Locken, den Jakob wiederum vermied allzu lange anzusehen, aus Furcht, von dort könnten grüne Augen zurück blicken.
Als der Zwerg dann das Wort an ihn richtete, reagierte er verspätet, denn er brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass da tatsächlich Worte gewesen waren, die er verstehen konnte. Auch wenn sie ihm zusammenhanglos erschienen. Er wandte den Kopf Slava zu und fragte: „Sag mal, klingt er nur für mich, als bekommt ihm die Kombi aus Pfeife und Wodka nicht?“
Der Soldat zuckte nur mit den Schultern und erwiderte: „Zwerge.“, als sei damit alles gesagt. Als Thorben dann allerdings das Wort wieder an ihn richtete, kämpfte er sichtlich damit, sich nicht am heißen Kaffee zu verschlucken und grinste dann auf diese Art, die Jakob bereits kannte. Die Übersetzung machte dann klar, wieso. Thorben meinte allen ernstes, er hätte Aria einen Antrag gemacht und Jakob war über dieses Missverständnis so überrascht, dass er sogar vergaß rot zu werden. Wobei er ohnehin nicht dazu neigte, dafür war ihm meistens zu egal, was andere von ihm und seinen Handlungen hielten.
Die hellen Augen kehrten mit jenem stechenden Blick zu Thorbens erwartungsvoller Miene zurück und einige Herzschläge lang starrte er ihn einfach mal wieder an ohne zu blinzeln. Dann nippte er am Kaffee, sich erinnernd, dass der nette kleine Mann diesen gezaubert hatte und sortierte eine Antwort für ihn, obwohl er bezweifelte, dass die für den Zwerg mehr Sinn machte, als dessen Worte für ihn.
„Keine Frage an ihr Herz, eine Bitte um Vergebung.“, baute er sehr langsam das zusammen, was er für die richtigen Vokabeln und Grammatik hielt. Seine Brauen zuckten kurz zueinander – allein der Gedanke! Er strafte sich schon selbst genug für seine schlechten Gedanken – umso schlimmer, wenn sie auch nach außen sichtbar waren. „Ich bin Schüler… von…“ Es ging ihm aus, daher stockte er und krauste die Stirn. „Schüler für Ritter, nur Schwert und…“ Er kam nicht weiter. Etwas entnervt wandte er sich wieder auf Englisch an den Soldaten: „Sag ihm, dass ich einem religiösen Ritterorden angehöre und es mir nicht erlaubt ist, eine Frau zu haben.“ Davon abgesehen, dass er sie – einen Menschen! - versucht hatte, zu ermorden! Dann besann er sich und schüttelte den Kopf. „Nein, vergiss es. Das versteht eh niemand.“ Slava vermutlich auch nicht. Er erhob sich und stellte die Tasse bei Thorben ab. „Danke dafür.“, sagte er in der Älteren Rede und ließ die beiden ohne weiteren Kommentar zu dem Thema sitzen, um zur Kutsche zu gehen und sein Schwert unter der Sitzbank hervor zu ziehen.
Mit dem Schwert kehrte er zurück, steuerte allerdings nun auf Jarel zu und ging vor diesem in die Hocke, Schwertscheide über den Knien. Er wies auf die Tasche, in der der Stein wieder verschwunden war und dann auf seine Waffe.
„Kann ich entleihen? Das Gut für das Schwert?“ Er stellte fest, dass ihm gerade hierfür fast alle Worte fehlten und wirkte einen Moment lang ratlos. Dann zog er die Klinge ein Stück – nicht hektisch – und wies auf die bloßgelegte Schneide. „Ist Metall und Silber. Weich. Hat … mh… Schaden?“ Wieder deutete er, diesmal auf das kleine Messer, dass Jarel eben noch selbst über den Stein gezogen hatte.
„Bitte.“

Re: Die Strasse Richtung Nowigrad

Verfasst: Sonntag 15. Mai 2022, 23:10
von Jarel Moore
Der Zwerg bot ihm Kaffee an.
„Wenn mein Glaube mir Kaffee verbieten würde…“ Den Rest des Satzes verschluckte Jarel mit einem Grinsen und ging zurück zu seinem Sattel, kramte in einem der Beutel, holte eine Tontasse heraus und goss einen Schwung weißen, körnigem Zeugs in die Tasse, bevor er sie Thorben reichte.
Zucker! Der Kerl hatte sogar Zucker dabei!
Mit der Tasse ging er zum Zwerg zurück und ließ sich von dem Zeug eingießen. Der Duft brachte augenblicklich etwas im ehemaligen Schattenläufer zum Klingen. Erinnerungen.
Frische Erinnerungen. Die wiederum verwirrende Gefühle auslösten.
Fast hätte er das Kompliment des Zwerges überhört, so sehr hielten ihn seine Gedanken gefangen.
Jarel schmunzelte. In seinem letzten Leben hatte er eine Taverne geführt. Das wusste hier niemand.
„Danke.“, kommentierte Jarel das Kompliment und bedankte sich damit gleichzeitig für den Kaffee. Er folgte dem Blick des Zwerges.
Der Söldner und Jakob berieten über irgendein Schriftstück in der seltsamen Sprache, die die Menschen aus der Welt des Söldners – und wohl auch Jakobs Welt – stammten.
Mit seinem Kaffee kehrte er an seinen Platz zurück und lauschte schmunzelnd den radebrechenden Ausführungen des Zwerges.
Lange folgte er den Worten nicht. Der Kaffee verzauberte ihn regelrecht.
Mit untergeschlagenen Beinen hockte er vor dem Sattel und starrte in die schwarze Brühe.
Er genoss das Gebräu und nahm seine Beschäftigung mit Messer und Horn erst dann wieder auf, als er auch den letzten Tropfen aus dem Becher gewrungen hatte und hing dabei noch immer seinen Gedanken nach.

Als Jake ihn nun ansprach, hätte er sich beinahe erschreckt. Das durfte nicht passieren. Er war viel zu oft abgelenkt im Moment.
Aufmerksam sah er den Jungen an. „Jakob Schwert?“ versuchte er zu fragen. „Jakob Ritter?“
Noch bevor der Junge antwortete, kramte Jarel den Schleifstein hervor.
„Wetzstein.“, erklärte er und hielt ihn den Jungen Mann hin. Er lächelte sogar ein wenig dabei.