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Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Donnerstag 15. August 2024, 06:40
von Liam von Alensbach
Liam sah Varelia verdutzt an. Es ging um ein rostiges Stück Stahl, das bereits so lange dort lag, dass es vermutlich vor seinem Einsatz in seiner Hand mit Spinnweben und Staub bedeckt gewesen war. Eine Klinge, die hier gar nichts zu suchen hatte und hier gar nicht hätte sein sollen. Eigentlich dürften die Schwestern ja froh sein, wenn sie fort war. Eine Altlast weniger. Innerlich atmete der Ordensbruder tief durch, äusserlich schien er gelassen. "Weil sie von einem Meister gefertigt wurde und keiner der Ordensschmiede besitzt die Fertigkeit eine Klinge so herzustellen. Mein Schwert ist im Vergleich zu ihr ein stumpfes Brotmesser." versuchte er es so einfach wie möglich zu erklären. Und das war die Wahrheit, er hatte noch nie ein Schwert mit solch einer Leichtigkeit geführt wie jenes. "Ausserdem - ich vermute das ist Euch ja nicht entgangen - gehöre ich zu den unliebsamen Brüder des Ordens, der Wille mir etwas zu überlassen ist von Unwilligkeit geprägt. Die Unabhängigkeit von meinem Orden hab ich früh genug gelernt, dies will ich beibehalten." Und das war nicht gelogen. Er folgte dem Orden Lothars wegen und weil sein Glaube an das Feuer stark war. Aber dafür - das hatte er sich auf seinen langen Jahren der Reisen immer wieder eingestehen müssen - dafür brauchte er den Orden nicht. Was ihn hielt, wusste er nicht. Vielleicht die Hoffnung, dass eines Tages Vernunft einziehen würde. Veränderungen benötigten Zeit und hier war das scheinbar ganz besonders der Fall. Den andere Grund, warum er die Klinge haben musste, verbarg er. Schliesslich verstand Liam ihn ja selbst noch nicht und bevor er für verrückt erklärt wurde, schwieg er sich hierzu aus. "Wer war der vorherige Besitzer?" Vielleicht war das ein Anhaltspunkt in seiner langen Liste an Fragen.
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Sonntag 18. August 2024, 22:24
von Erzpriesterin Varelia
Die klaren, hellen Augen der Erzpresterin ruhten in einer Weise auf Liam, die den Eindruck erweckten, sie wisse bereits, was in ihm vorging und warte nur noch darauf, dass er es formulierte. Augen, die einem durch Mark und Bein, direkt in Herz und Seele zu schauen vermochten. Vielleicht hatte die Erzpriesterin schon zu viel Zeit im Schatten der Göttin verbracht, vielleicht besaß sie durch ihre Jahre und ihr weltliches Leben auch einfach ein gewisses Gespür. Sie konnte sehen, dass Liam von Alensbach getrieben war und selbst noch zu verunsichert, um erklären zu können, was ihn trieb. Also wartete sie einfach, ließ einen Moment des Schweigens auf seine Erklärung und die nachgestellte Frage vergehen, ehe sie antwortete.
"in fahrender Ritter, der zur Heerschau vor der Schlacht von Brenna nach Wyzima kam. Damals war die Stadt ein Seuchenpfuhl und viele starben noch bevor sie Feindberührung hatten. Aber was erzähle ich Euch..." Sie lehnte sich seitlich auf die Armstütze ihres Stuhls, ohne den Blick von ihm zu wenden. "Er starb als einer der vielen hier im Tempel. Seltsamerweise blieb seine Waffe unangetastet hier, obwohl sicherlich jede Klinge gebrauch wurde. Niemand nahm sie mit." Als umgebe sie ein finsterer Hauch. Sinnend betrachtete sie Ritter von Alensbach und es kam ihr so vor, als spanne sie seine Geduld wie eine Garnsehne, dehne und dehne sie... Seltsam. Neben dem Umstand, dass er im Orden nicht gut gelitten war, erinnerte sie sich daran, dass ihm gewisse Tugenden zugesprochen wurden. Ruhe und Geduld waren zwei davon. Sie hätte gern gefragt, aber ein Ritter des Ordens war nur seinem Großmeister und der Ewigen Flamme rechenschaft schuldig und wurde von diesen beiden behütet. So zumindest propagierte man das. Keine Mutter nötig.
Ihre Brauen hoben sich leicht. "Erweist dem Grab des Ritters Ehre, dann soll Sie Euch gehören. Führt sie mit der gleichen Klugheit, wie Eure Alte.", sagte sie schließlich die erlösenden Worte.
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Montag 19. August 2024, 20:36
von Liam von Alensbach
Klare, helle Augen, die ihm das Gefühl gaben direkt in ihn hinein zu sehen. Unangenehm, aber er hielt dem Stand. Stoisch, als wäre er nicht aus Fleisch und Blut, sondern aus Marmor gehauen und überdauere nun einfach die Zeit. Diese Frau sah, dass er getrieben wahr. Dafür war ihre Menschenkenntnis über die Jahre zu sehr gereift, ihr Gespür verfeinert worden, ausserdem war ihm sehr wohl bewusst, dass er nicht so war wie jetzt. Dass er anders war, aber das würde sich ändern - wenn er die Klinge in der Hand hielt. Davon war der Ritter überzeugt. Und dann waren da die erlösenden Worte. "Natürlich, ehrwürdige Mutter - das steht ausser Frage." Und an seinen Worten ist nicht zu zweifeln. Weder der Besuch des Grabes, noch soll er anders werden als bisher. Die Erleichterung kann er nicht verbergen. Nicht vor ihr und auch nicht, dass die Anspannung etwas von ihm abfällt. Sie ist eine zu gute Beobachterin und Liam zurzeit nicht in der Lage sich vollends unter Kontrolle zu halten mit seiner Mimik und Gestik und den Emotionen. Was nicht passen will zu ihm. "Ich danke Euch und stehe in Eurer Schuld. Was auch immer ich für Euch tun kann, lasst es mich wissen." Er konnte es kaum erwarten hier raus zu kommen, jetzt wo er ihre Zustimmung hatte, lechzte alles in ihm es in die Finger zu bekommen. Ruhig... ermahnte er sich. Ruhig.
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Mittwoch 21. August 2024, 21:10
von Erzpriesterin Varelia
Noch einen Moment sah sie ihn an und wirkte fast, als wolle sie doch noch etwas fragen. Dann nickte sie nur zu seinen Worten. In der Schuld eines Ordensritters wie Liam von Alensbach zu stehen, war ein wertvolles Pfand und sie würde es bewahren. Etwas sagte ihr, dass dieser Mann noch eine Rolle im Spiel ihrer beider Götter spielen würde und so beließ sie es dabei.
"Macht Euren Frieden, Ser. Meliteles Segen sei mit Euch.", entließ sie ihn schließlich aus dieser für ihn sichtlich beengenden Situation. Sie musste nachdenken.
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Donnerstag 22. August 2024, 09:52
von Iola
Ein heller, erschrockener Laut drang durch die Tür zum Ritter und Erzpriesterin nach innen, als von Alensbach die Tür schwungvoll öffnete.
Iola war – noch immer tief in den eigenen Gedanken gefangen – zum Büro der Ordensoberen geeilt und hatte gerade die Hand an die Klinke legen wollen, als diese plötzlich verschwand.
Sie war in Gedanken so weit fort gewesen, dass sie erst nicht begriff was geschah und dann vor Schreck zurückzuweichen – beinahe zu springen – versuchte. Nur leider waren ihr hierbei die eigenen Füße im Weg und sie drohte zu Stürzen und auf dem Hintern zu landen.
Der Ritter mit den hellen Augen jedoch reagierte blitzschnell und ehe Iola sich versah, lag der starke Arm des Ritters um ihre Taille und hielt sie in halber Schräglage und in die eigenen Beine verstrickt sicher fest. Der sie haltende Männerkörper war muskulös, die Augen wachsam und das Gesicht mehr als nur hübsch.
Iolas Mund bildete ein erstauntes ‚O‘, ihre Augenbrauen über den weit aufgerissenen veilchenblauen Augen berührten beinahe den Haaransatz der kastanienfarbenen Locken, ihre Gesichtsfarbe wechselte im Bereich der Wangen von käsig weiß zu puterrot.
„H-H-Herr von A-A-Alensbach...“, stieß sie atemlos stotternd hervor. Ihre Augen glänzten plötzlich verdächtig.
Schreck? Tränen? Oder boxten die Hormone gerade die grauen Zellen zu den Ohren aus dem Hirn hinaus?
Violetta schluckte schwer, während ihr Held sie gerade hinstellte und vorsichtshalber an den Schultern festhielt. Ihre Knie waren weich, fühlten sich an wie mit Himbeergelee gefüllt, ihr schwindelte.
Halt war jetzt genau das, was sie brauchte. Hach….
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Donnerstag 22. August 2024, 16:20
von Liam von Alensbach
Das hatte Liam nicht erwartet. Sie hatte Liam nicht erwartet, als er die Tür geöffnet hatte. Welch göttliche Fügung, dass seine Reaktionsfähigkeit trotz der über Vierzig Lenzen noch immer funktionierten. Zuverlässig. Iola war aber auch ein Fliegengewicht, jedenfalls hatte er keine grosse Mühe die Frau wieder auf die Beine zu stellen und sie gründlich zu mustern. "Ich bitte um Verzeihung, Schwester...." Er runzelte die Stirn, aks müsste er kurz ihr Gesicht und ihren Namen richtig zuordnen. "...Iola. Ist alles in Ordnung?" Vielleicht hatte er sie fester gepackt als beabsichtigt, aber noch immer besser als auf dem Boden zu landen. Die Hand, die bis eben noch auf ihrer Schulter lag, liess sie nun frei. Iola schien stehen zu können. Also war es vermutlich kein Anfall von Schwäche und doch lagen die klaren Augen wachsam auf ihr.
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Freitag 23. August 2024, 20:43
von Jakob von Nagall
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von/nach
Das Haus der Melitele - Hof und Wirtschaftsgebäude, Waisenhaus -> Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Datum: 31. August 1278
betrifft: Iola, Liam
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Jakob ließ Jarel mit einem seltsamen Gefühl zurück. Als wäre da etwas am Rande seines Sichtfeldes, das verschwand, sobald er versuchte es direkt anzusehen. Er würde später noch einmal nach dem Ritter sehen, aber jetzt wollte er Iola nach und ... was auch immer. Irgendwas tun. Diese Situation entschärfen oder zumindest versuchen herauszufinden, was von Jarels Spekulationen Realität waren. Also humpelte er langsam über den Hof, der Novizin nach, die im Schatten der Säulen verschwunden war, dicht gefolgt von Melanie.
Womit er allerdings nicht rechnete, war dass sich Liam von Alensbach ebenfalls wieder im Kloster befand.
Jakobs Augen mussten sich nach dem grellen Sonnenlicht einen Moment an die Dunkelheit im Gebäude gewöhnen - wertvolle Sekunden, die verstrichen, bevor er realisieren konnte, dass der Ritter in der Tür von Mutter Varelias Amtszimmer stand. Wieso auch immer, Jakob hatte den Impuls, in der Bibliothek gegenüber zu verschwinden und folgte diesem sogleich. Oder er versuchte es, aber gleichzeitig fühlte er fast körperlich, dass der Ritter ihn schon bemerkt hatte. Und ganz peripher war ihm auch noch bewusst, dass Iola bei von Alensbach stand und das machte die Situation nicht besser. Ganz im Gegenteil. Von Alensbach war Lothar treu ergeben und jeder Fehler, den er, Jakob, jetzt machte, würde die Ohren des Großmeisters früher oder später erreichen. Dieser Gedanke übertünchte alles, was er angesichts des Umstandes, dass Iola den anderen Ritter anhimmelte wie ein Fan seinen Star, vielleicht noch gefühlt hätte,
Und irgendwie hoffte er doch noch, entgegen aller Vernunft, im Schatten der Tür zu Bibliothek verschwinden zu können. Wieso war Jarel auch nie dazu gekommen, ihm das Schattenlaufen beizubringen? Aber würde er das überhaupt noch wollen? Und was war es, was im Zusammenhang mit Jarel so vehement an seinen Nerven kratzte und um Aufmerksamkeit verlangte?
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Freitag 23. August 2024, 21:45
von Iola
„A-Alles in…“ Iola wollte gerade ihre Antwort hervorstottern, als auch noch Jakob auf der Bildfläche erschien.
Iola verstummte. Kurz sah sie zu Jakob, dann wieder zu Liam. Ihr wurde heiß und kalt.
„Die Hitze macht mir etwas zu schaffen.“, erklärte sie dem Ritter und stellte sich gerade hin, strich ihre Kleidung glatt.
Sie nickte Jakob knapp zu. „Knappe von Nagall.“, grüßte sie ihn höflich und mit aufgesetzter Zurückhaltung, sah ihm dann aber einen Moment zu lange in die Augen.
Wie sehr wünschte sie sich, dass er es gewesen wäre, der sie auffing. Auffing, während sie sich allein im Flur befanden um sie dann auf ihr Zimmer zu bringen und…
Sie unterdrückte einen Seufzer.
„Die Herren mögen mir verzeihen, ich habe eine Nachricht für die ehrwürdige Mutter.“
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Freitag 23. August 2024, 21:58
von Liam von Alensbach
Der Schatten, der sich in die Bibliothel schleichen wolltr, hatte seine Aufmerksamkeit sofort auf sich gezogen. Für einen flüchtigen Moment zuckte Liams Braue, als er den Knappen erkannte.
"Von Nagall." grüsste Liam den Knappen, aber wie er den Namen aussprach lag auch etwas mahnendes darin. Etwas, das dem Jüngeren sagte, dass er vorsichtig sein sollte mit seinen Entscheidungen und wo er sich so blicken liess.
"Ich verstehe." richtete er die Worte schliesslich am Iola.
"Gebt auf Euch acht, Schwester." Er trat zur Seite und gab dem Mädchen den Weg frei. Sein Blick ruhte auf Jakob, aber er konnte nicht verhindern, sich an den Moment zu erinnern, als von Nagall und er das Kind ins Kloster gebracht hatten. Iola hatte auch da Jakob länger angeschaut als dass es ein Zufall sein konnte. Und nun nochmals? Liam runzelte die Stirn, eine dünne Linie erschien zwischen seinen Brauen. Aber er beschloss dennoch die aufneimende Vermutung für sich zu behalten.
Dennoch beschloss der Ritter dem jetzt nicht weiter nachzugehen und als Varelia die junge Schwester hinein rief, verliess er mit langen Schritten das Gebäude.
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Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Sonntag 25. August 2024, 20:42
von Erzpriesterin Varelia
"Schwester Violetta." Wo es bei Liam nur ein leicht mahnender Unterton gewesen war, der sich an den Knappen richtete, so bestand Varelias Tonfall ausschließlich aus Mahnung. Sie hatte beste Aussicht auf ihre Schülerin und deren Gedanken, die ihr wie eingeschrieben auf der Stirn standen. Die Jugend. Wohin Schwärmereien führten, dass sollte doch gerade Iola wissen, aber machte es sie klüger? Nicht im Geringsten. Varelias Lippen formten eine feine Linie, während sie darauf wartete, dass Iola endlich durch die Tür trat und diese hinter sich schloss, um dieses Schauspiel zu beenden. Dass von Alensbach den Knappen erwähnte, machte es nicht besser, denn das implizierte, dass dieser sich auch dort draußen herum trieb. Als wäre dies hier kein Kloster, sondern eine Erziehungsanstalt - da waren sie wieder.
"Schwester, jetzt komm herein und schließe die Tür.", wiederholte Varelia nachdrücklich. Sie hatten schon genug Scherereien mit dem Orden.
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Sonntag 25. August 2024, 20:43
von Jakob von Nagall
Die Stimme von Alensbachs ließ Jakob gefrieren und sich dann langsam umwenden. Er kam sich ertappt vor, obwohl er gar nicht so richtig wusste, wobei. Er brauchte einen Atemzug, bevor er den Blick vom Boden auf die grauen Augen des Ritters richten konnte und dessen Blick stand hielt, ohne Iola dabei auch nur eine Sekunde zu beachten. Das war wichtig, das brüllten alle seine Instinkte, so schwer es ihm auch fiel. Er konnte die Veilchenaugen geradezu spüren, aber ihren Blick jetzt zu erwidern, wäre alle seine Gedanken und Gefühle auf ein Silbertablett legen, dass er von Alensbach servierte. Besser der andere Ritter glaubte an die einfache Schwärmerei einer Schwester Meliteles gegenüber einem Knappen, der hier einfach öfter Dienst tat. Weil sein Ritter eine Verbindung zu diesem Kloster hatte. Alleine das war schon schwer genug zu erklären.
Jakob neigte den Kopf, ohne den Blick zu lösen und formte den Kelch vor der Brust. "Ser von Alensbach. Zu Diensten." Er nahm den Blick hin, der mehr sagte, als tausend Worte, aber er gab sich auch dienstbeflissen, wie es ein Knappe eben sein sollte. Wenn der Ritter etwas für ihn zu tun hätte, würde er nicht widersprechen. Diese Zeiten waren vorbei und gerade jetzt tat er gut daran, sich keinen schlechten Leumund zu leisten. Doch von Alensbach machte keine Anstalten, weiter Notiz von ihm zu nehmen, wandte sich statt dessen wieder Iola zu und verabschiedete sich dann.
Dieses ganze Spiel sorgte dafür, dass Jakob permanten unter Spannung stand und auch, wenn er nach der Episode im Wald wie ein neuer Mensch aus der Asche seinerselbst gestiegen war, kehrte diese Anspannng allmählich zurück. Und nun, da er allein im Gang war, spürte er diese Spannung in jedem Muskel. Sein Bein pochte und sein Kopf begann allmählich zu schmerzen. Iola war bei Mutter Varelia verschwunden, also humpelte er einfach zur Treppe ins zweite Geschoss und setzte sich auf die unterste Stufe. Die Hände um seine Hälfte des Amuletts verschränkt und gegen die Stirn gepresst, suchte er Frieden in einem Gebet. Denn eines war ihm inzwischen absolut klar: das Göttliche war überall, hörte immer und war immer um jene, die glaubten. Er benötigte kein Feuer oder einen heiligen Ort. Er trug das Ewige Feuer in seinem Herzen und von dort konnte er seine Ruhe wiederherstellen.
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Sonntag 25. August 2024, 21:09
von Iola
Iola wurde heiß und kalt, und heiß und kalt und…
Eilig riss sie ihren Blick von Jakob los, während sich Ritter von Alensbach anschickte zu gehen.
Im letzten Moment und somit siedend heiß fiel ihr ein, dass Großmeister von Tretogor ihr noch eine Nachricht für den süßen Ritter mitgegeben hatte.
Sie machte einen Schritt hinter dem Ritter her und hob die Stimme: „Verzeiht, Herr Ritter, ich vergaß: Seine Exzellenz lässt ausrichten er braucht euch im Orden.“
Sie knickste in Richtung des Ritters, lupfte ihr Kleid eine Spur, drehte sich eilig um und folgte der Erzpriesterin. Es war niemand mehr da der den Blick bemerkten konnte, dem sie Jakob hinterherschickte. Einen sehnsüchtigen Blick wie eine Verdurstende, die mitten in der Wüste eine Fata Morgana zu erreichen versuchte.
Im Büro der Priesterin schloss sie sachte die Tür hinter sich.
„Lothar von Tretogor hat mir die Nachricht mündlich mitgegeben.“, begann sie sofort, atmete zu Boden sehend durch und wiederholte wortwörtlich die Worte des Großmeisters:
„Heute, fünfte Stunde, 'unsere' Bäckerei.“ Erst jetzt sah sie auf.
Es war irritierend. Unter dem Blick der Erzpriesterin fühlte sie sich plötzlich, als hätte die etwas falsch gemacht. Sie blinzelte und wartete ab, was auch immer nun geschah.
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Sonntag 25. August 2024, 21:41
von Erzpriesterin Varelia
Varelia musterte die Novizin exakt so lange, bis diese den Blick zu ihr hob. Langsam legte die Erzpriesterin die Hände vor sich verschränkt auf den Tisch und hob die Brauen.
"Und wieso, überbringst du mir diese Nachricht, Violetta und nicht Schwester Regina, die ich zu diesem zweck zum Kloster geschickt habe?", war die erste Frage, während sie innerlich aufatmete, da Lothar ihr Gesucht nicht abgelehnt hatte. Die Fünfte Stunde. Noch etwas Zeit sich darüber klar zu werden, was sie genau von ihm wollte. Letzten Endes doch nur Risse kitten, die in der Nacht in der schmalen, doch sorgsame geschlagenen Brücke zwischen ihren Orden, entstanden waren. Varelia atmete durch und streckte sich etwas in ihrem Stuhl. hr Rücken würde sie noch in ihr Grab bringen, wenn es diese törichten Mädchen nicht taten.
"Ich hoffe, es ist klar, dass meine Anweisungen keine Richtlinien sind. Und nun geh und gönne dir Ruhe, Kind. Du bist weiß wie ein Leinhemd.", entließ sie Iola auch gleich wieder.
weiter
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Sonntag 25. August 2024, 21:56
von Iola
„Schwester Regine gefiel es nicht den Orden aufzusuchen und ich…ich hab sie überredet mir den Brief zu geben. Ich wollte Mel ohnehin ein wenig der Stadt zeigen. Und…und…“
Verlegen und äußerst Gequält lächelte Violetta. „Ich wollte irgendwie…ich weiß nicht…rausfinden was seine Exzellenz für Vater vorgesehen hat. Ich wollte…“ Iola schniefte.
„…wissen was ihn erwartet.“
Iola ging in Richtung Tür, und wieder fiel ihr im letzen Moment etwas ein, was sie noch vorbringen wollte. „Seid Regina nicht böse. Ich hab sie überredet.“
Einen tiefen Knicks weiter verließ die Novizin das Büro und schloss abermals die Tür leise.
Gedankenverloren schlurfte sie in Richtung ihres Quartiers, nur um am Fuß der Treppe beinahe in jemanden hinein zu stolpern.
„Jakob!“, keuchte sie erschrocken auf, warf hektisch einen Blick nach links und rechts und wollte – kaum versichert dass sie allein waren – in seine Arme fallen
Einen Moment lang was sie einfach nur glücklich.
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Montag 26. August 2024, 06:34
von Jakob von Nagall
Es hätten Minuten oder auch Stunden vergangen sein können - einmal im Rhythmus der eigenen Gedanken, die eines der einfacheren Gebete rezitierten, verlangsamte das Karusell in seinem Kopf und kam schließlich zum Stehen. Damit wechselte er auf ein stummes Beten, bat für Jarel, für Weisheit, für Gnade. Bat für Liam, für Violetta, sogar für Slava. Und am Ende auch für sich. Dafür, zu erkennen, was das Richtige war. Wo der Weg entlang führte, der dieses Labyrinth querte und nicht in einer Sackgasse endete.
Erst Iolas Stimme rief ihn zurück ins Hier und Jetzt. Er ließ die Kette aus den Händen fallen und war in der gleichen Sekunde auf den Füßen, was die Beinwunde protestieren ließ. Aber er ignorierte den Schmerz, warf einen Blick in die Richtung, in die von Alensbach verschwunden war und griff dann nach Iolas Hand, um sie mit sich in den Schatten der schmalen Treppe zu ziehen. Erst dort auf dem ersten Absatz, im spärlichen Licht eines schießschartenhaften Fensters, zog er sie ihn seine Arme und hielt sie an sich gedrückt, die Nase in ihrem Haar vergraben. Schweigend hielt er sie eine kleine Ewigkeit einfach nur fest, mehr Halt suchend als diesen gebend. Der Duft ihres Haars, das Gefühl ihres Körpers, ließen ihn einen weiteren Moment vergessen, was alles um ihn herum geschah und brachten ihn gleichzeitig wieder auf die Ebene der wirklich wichtigen Dinge. Sie erinnerte ihn daran, für was er diesen Kampf aufnehmen wollte und würde.
Irgendwann löste er sich etwas und nahm ihr Gesicht in seine Hände. "Wie geht es dir?" Selbst in diesem Licht war sie schrecklich blass und die Schatten unter den Augen tief und dunkel. Sorge stieg in ihm hoch, diesmal von einer anderen Qualität als jene, die er Jarel gegenüber hegte. Dieser hätte es vielleicht benennen können, aber für Jakob war das Gefühl fremd und nicht einsortierbar. Die Liebe, die diese Sorge nährte. Zärtlich fuhr er mit einem Daumen über Violettas Wange und wenn er schon keine Worte fand, dann sprach der Blick seiner Augen wohl eine umso deutlichere Sprache.
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Montag 26. August 2024, 11:49
von Iola
Wie in Trance ließ sie sich in Zwielicht führen, welches am ersten Absatz der Treppe herrschte.
Ihr Herz schlug fest und regelmäßig, dafür war er bis in die Fingerspitzen spürbar, in jedem Muskel, in jedem einzelnen Nerv, gefühlt sogar bis in die Haarspitzen.
Seine Hände in ihrem Rücken vermittelten Sicherheit, die Berührung seiner Wange auf ihrem Haupt Schutz. Sie legte ihre Wange an seiner Schulter ab genoss den Moment und war einfach nur…da.
Zitterte er? Oder war das ein Beben in ihm? Oder verwechselte sie ihr eigene Vibrieren mit seinem?
Als er die Umarmung löste rechnete Iola fest damit, dass der Vater ihres Ungeborenen sie aufs Zimmer geleiten würde, doch er rührte sich nicht.
Aber…sie wollte diesen Moment Zweisamkeit. Nein, sie brauchte ihn!
Wie schon so oft zuvor in den letzten Tagen füllten sich die großen veilchenblauen Augen mit Tränen.
Und Jakob gab nach. Schniefend zog Violette Jakob in ihre winzige Kammer.
Trotz der Hitze draußen war es innerhalb der dicken Steinmauern dämmrig und kühl.
Seid dem Vorfall, an der die Göttin durch sie gesprochen hatte - und an den sie sich nicht erinnerte - war ihr eine eigene Kammer zugestanden worden.
Naja…könnte auch daran liegen, dass sie so die andere Schwestern nicht damit belästigte, wenn sie sich mitten in der Nacht übergab.
Sie zog ihn zum Bett und schob ihn darauf, damit er sich setzte. Das Humpeln hatte sie bemerkt und so wie er sich um sie sorgte, so sorgte sie sich um ihn.
Erst als er saß und sie sich dicht neben ihm sitzend an ihn schmiegte, antwortete sie.
„Es geht mir nicht gut. Ich kann nicht essen, nicht schlafen und nicht klar denken. Ich so schrecklich durcheinander…all diese Bilder.“, gab sie leise zu und sah zu ihm auf.
„Darf ich nach deiner Wunde sehen?“, fragte sie unvermittelt und sprunghaft.
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Montag 26. August 2024, 16:31
von Jakob von Nagall
Jakob wusste, er sollte nicht mit ihr gehen. Er brachte sich selbst in Teufels Küche. Von Alensbach war kaum ein paar Meter weg, erwartete vielleicht sogar, dass er ihn ins Kloster zurück begleitete. Der Blick war deutlich genug gewesen - pass auf, Junge. Pass auf. Sein Verstand wusste es besser. Der Rest von ihm hörte nicht mehr zu, kaum dass diese blauen Augen sich mit Tränen zu füllen drohten und ihre Hände an seinen zogen. Wie sollte er dem widerstehen? Er stellte sich allem entgegen - wütendenden Werwölfen, Blitze spuckenden Schlangen und riesigen Skorpionspinnen. Nur vor Violetta würde er wohl immer kapitulieren. Sein persönlicher Endgegner, dem er nichts entgegenzusetzen hatte. Also schlich er brav hinterher bis in die kleine Zelle, die sie nun bewohnte. Immerhin keine Mitbewohnerin, der man noch ei Schweigegelübde abnehmen musste.
Jakob ließ sich auf das Bett schieben und als Iola sich zu ihm setzte, legte er ganz automtisch den Arm um sie und die andere Hand auf ihre. Es war komisch, mit der rechten Hand genauso zu fühlen wie mit der Linken und er strich versonnen über ihre Finger, während er lauschte. Unvermittelt fühlte er sich schuldig an ihrer Misere, aber was sie sagte, betraf nicht nur die Schwangerschaft, so meinte er jedenfalls zu verstehen. Dennoch... "Es tut mir Leid, Violetta... Ich wünschte, ich könnte es dir irgendwie leichter machen." Wenn er ihr nur einen Teil der Last tragen helfen könnte. Nicht mal wirklich für sie da sein konnte er. Sie nachts halten, wenn sie schlecht träumte oder die Übelkeit sie heimsuchte. Die Schuldgefühle waren erdrückend.
Der Knappe beugte sich zu ihr und strich mit den Lippen sanft über ihre Schläfe. "Willst du mir davon erzählen? Von den Bildern?" Er hatte bereits so eine Ahnung, wohin das führen würde. Die Frage nach seinem Bein überging er vorerst einfach. Die Spittler hatten sich darum gekümmert. Das würde schon werden. Iola war gerade wichtiger als eine Fleischwunde und wenn sie ihm so nah war, konnte er den Schmerz leicht vergessen.
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Montag 26. August 2024, 20:53
von Iola
„Erzählen?“, fragte die Novizin leise, schmiegte sich dichter an ihn und begann unwillkürlich zu zittern.
„Es ist schwer, all das zu ordnen. Ich erinnere mich nicht wirklich daran wie es war als ich ganz klein war. Die ersten Erinnerungen…nein…Alpträume…doch…Erinnerungen.“
Iola jappste, zog zwei Mal scharf Luft ein und gab einen glucksenden Laut von sich. Schluckauf.
Sie begann zu berichten, wie sie sich an den Überfall erinnerte. Wie ein Kind sich erinnert, unscharf, lückenhaft, sprunghaft, alles ist größer und Details rücken in den Vordergrund. Blutige Details, scheußliches, die Form von herausgerissenem Gedärm, an welcher Stelle ein Körper auseinander gerissen war und dann…
„Er war nackt. Er stand inmitten der Flammen, vollkommen ohne einen Fetzen am Leib und hat mich auf den Arm genommen, lief mit mir durch das brennende Haus, während um uns herum alles zusammenbrach. Und wenn ich mit ihm über all das reden wollte hat er verneint, hat behauptet ich wäre durcheinander, würde mir so etwas einbilden. Ich hab ihm geglaubt. Und hab dafür meinem eigenen Verstand m…“
Sie gluckste noch einmal krampfhaft und sah zu ihm auf. „…meinem Verstand misstraut. Verstehst du?“ Ihre Unterlippe zitterte und wieder füllten sich die Augen mit Tränen, die aber nicht flossen, sondern ihren Augen nur einen überirdischen Glanz verliehen.
„Ich hab gedacht, ich wär nicht richtig im Kopf. Und dann war da der Wolf. Der..Worg…wasauchimmer. Und jetzt weiß ich, ich bin nicht verrückt. Aber…da ist noch m….“
Ein weiterer Schluckauf, nachdem sie so leise fortfuhr, dass es kaum mehr als ein Wispern war.
Schwer lehnte sie sich an ihn.
„…noch mehr.“
Es tat so gut darüber reden zu können, nur wurde mit der wachsenden Entspannung ihr Körper so furchtbar schwer.
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Montag 26. August 2024, 21:16
von Jakob von Nagall
Es war ein wirres Durcheinander, aber die Geschichte aus Jarels Sicht kennend, konnte er es für sich halbwegs sortieren. Iola suchte seine Nähe und Gedanken an eine baldige Rückkehr ins Kloster rückten immer weiter in die Ferne. Sie brauchte ihn. Er würde sich später Gedanken um eine Erklärung machen.
"Du warst ein Kind. Ich denke, er hat dich nur vor der Wahrheit beschützen wollen.", versuchte er es vorsichtig, verstummte dann wieder. Kurz entschlossen begann er sie auf das Bett zu bugsieren. Er hatte die Schwere gespürt, mit der sie zunehmend an ihm lehnte, also brachte er sie beide einfach in die Horizontale. Iola zur Wand, er zum Raum hin. Das Bett war winzig, also musste sie halb auf ihm liegen, was bei ihrem Fliegengewicht aber kein Problem darstellte.
Jakob hielt sie umfangen, streichelte mal ihren Rücken und mal ihr Haar. Noch hatte er keine Idee, wie er Jarels Tun verteidigen oder rechtfertigen sollte. Es fiel ihm selbst schwer, den nötigen Abstand zu halten. "Was noch? Kannst du dich erinnern?", fragte er behutsam. Wenn sie auf ihm einschlief, hatte er wirklich ein Problem, aber andererseits genoss er auch gerade einfach die Zweisamkeit und Ruhe. Es beruhigte auch seinen Kopf.
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Montag 26. August 2024, 21:27
von Iola
Mit halb geschlossenen Augen berichtete Iola weiter.
„Da sind…“, ein weiterer Schluckauf, „…noch mehr Bilder. Ein Mann, eine Frau…Vorhänge und Bilder. Und Vorhänge mit Bildern drauf. Auf einem war ein Einhorn. Und Spielsachen. Viele Spielsachen. Aber…ich stamme doch von einem Gutshof. Woher…wo…ach…“
Ein weiterer Schluckauf. Iola atmete durch.
„Mein Kopf tut weh. Und mein Hals ist trocken…kannst du…“ Iola schloss die Augen und sprach nicht weiter.