Seite 12 von 16
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Freitag 10. November 2023, 12:32
von Vyacheslav Sokolov
Slava lag fast sofort ein dummer Spruch auf den Lippen, in Hinblick auf 'veraltet' zu einem Botanik Buch - etwas wie 'Hat der Bärenklau eine Identitätskrise bekommen und nun beschlossen, dass er kein Doldenblütler mehr sein will?'
Vielleicht hätte er damit sogar gezeigt, dass er ein wenig detailliertere Kenntnis in der Botanik hatte als man einem Politiker vermutlich zutraute - man schnappte doch das eine oder andere auf, wenn man so dermaßen vielen verschiedenen Leuten zusammenarbeitete - aber er riss sich zusammen. Ein solch flapsiger Umgangston gehörte sich nicht der Erzpriesterin gegenüber.
Eigentlich war diese Art - ein wenig sarkastisch, nicht so förmlich, immer einen dummen Spruch parat und nichts wirklich ernst nehmen - eher seine Art als die Rolle, die er gerade spielte und in die er irgendwie hineingeraten war ohne genau sagen zu können wann. Er war kein Freiherr von... er war eigentlich auch kein Oberst, sein Selbstbild sah anders aus. Half jetzt aber nichts... Und auch ein 'Wahnsinn, und ihr schreibt das alle noch von Hand...' ersparte er sich, obwohl ihn die Leistung wirklich beeindruckte. Allerdings platzierte er ein:
"Ganz wunderbar, vor allem die detaillierten Abbildungen. Wirklich ein Meisterwerk. Ich weiß, das klingt nun merkwürdig. Aber setzt doch mal jemanden daran, bewegliche Lettern zu erstellen, einmal gesetzt können so Bücher im Hochdruckverfahren vielfach reproduziert werden. Auch wenn es Eingangs mehr Arbeit macht, es ermöglicht es, Wissen vielen zugänglich zu machen."
Er hatte kein Interesse daran, so etwas als eigene Erfindung zu beanspruchen, überhaupt lag ihm wenig an der vielleicht daraus resultierenden Aufmerksamkeit, weshalb er längst beschlossen hatte, solche Ideen hier und da an passender Stelle zu platzieren. Fast schon nachlässig nebenher erwähnt als tausche er sich nur über ein Rezept für Pelmeni aus und nicht über eine der bedeutendsten Erfindungen der Menschheit seiner Welt.
Das Buch stellte er mit der gebotenen Vorsicht zurück und nahm vor dem noch kalten Kamin Platz. Ihr Mangel an Eile und dass sie zuerst auf Bücher zu sprechen kam bestärkte ihn in Theorie Nr. 2, weswegen auch er keine Eile zeigte.
"Ich gebe euch gerne eine genauere Beschreibung dazu."
Dann erst setzte er sich, mit erwartungsvollem Blick. Zu fragen worum es ging schien ihm unpassend. Er würde es sicher sofort erfahren und weshalb sie ihn hatte holen lassen wußte er ja.
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Freitag 10. November 2023, 13:54
von Avarion DeSpaire
Von: Haus der Melitele - Hof und Wirtschaftsgebäude, Waisenhaus (Seite 2)
Nach: Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Datum: 29.August 1278 Präabend
-------------------------------------------------------------------
Ion verabschiedete sich mit einem "Danke." und einem nicken von der Erzpriesterin und nahm das Inhaltsverzeichnis zur Hand. Die Anzahl der Bücher, die für seine Nachforschungen infrage kamen, war übersichtlich. Er suchte sich einen Tisch in der Lernecke, legte Pergament und Stift bereit und holte das erste Buch. Es dauerte einen kleinen Augenblick, aber recht schnell hatte er das System hinter der Anordnung in den Regalen verstanden und das gesuchte gefunden. Das Verzeichnis stellte er an seinen Platz zurück und nahm das erste Buch mit in die Ecke.
Er versuchte es sich so bequem wie möglich zu machen, stellte die Tasche ab, rückte den Stuhl zurecht, möglichst leise und versuchte das Licht in der Ecke so zu stellen, das er damit arbeiten konnte. Ein unbefriedigendes Unterfangen. Mit einem seufzen schlug er seine Tasche auf und suchte nach dem runden Glasbehälter, den er in Nowigrad hatte blasen lassen. Einen Verzauberten Gegenstand benutzen war effektiver als ein magisches Licht dauernd zu erneuern. Zum Glück war die Glaskugel von der Sonne aufgeladen und es war nur ein einfacher Zauber nötig um sie zu aktivieren.
Die Ecke füllte sich Augenblicklich mit hellen Licht, machte es für Ions Augen deutlich angenehmer zu Lesen und würde sie langsamer ermüden lassen. Die Brille legte er neben das Buch auf den Tisch, brauchte er sie nun nicht zum lesen.
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Freitag 10. November 2023, 20:06
von Erzpriesterin Varelia
Varelia lauschte aufmerksam dem Vorschlag, während sie ihren Scherenstuhl zum Kamin schob. Nicht die Bemerkung zum Buch, welches zwar schön, aber eben nicht mehr zweckmäßig und stellenweise tatsächlich falsch war, sondern jene zu den beweglichen Lettern zum Drucken. Sie kannte gedruckte Stiche, aber Texte?
Varelia setzte sich und schloss die Augen einen Moment länger, als es zu einem Blinzeln nötig wäre. Dieser Tag war lang gewesen und sie keine dreißig mehr. Ihr Rücken schmerzte, die Augen brannten und überhaupt fühlte sie die Müdigkeit. Doch als er Freiherr anbot, ihr eine Beschreibung zu liefern, lächelte sie und sah ihn an. "Ich werde es in einem Brief an Hochwürden erwähnen. Er hat eine gewisse Begeisterungsfähigkeit für solche Ideen." Sie selbst interessierte sich eher für Neuheiten wie jene, die Jarel am Morgen das Leben gerettet hatte und weniger für technische Entwicklungen.
Die Erzpriesterin legte die Hände übereinander und nahm das Wort, nachdem der Mann sie so erwartungsvoll ansah.
"Mendel hat euch mitgeteilt, dass es um Jarel geht und da dieser mir offenbart hat, wie es zwischen ihm und Euch steht, erlaubt mir ein direktes Wort.
Seine körperlichen Wunden werden heilen. Unser Ritter ist stark, wenn auch nicht mehr der Jüngste. Was mir mehr Sorgen macht, ist seine Seele.
Jarel zerbricht an den Anforderungen, die er an sich selbst stellt. Im Privaten, so denke ich, wären diese sicher zu erfüllen - mit ein wenig Hilfe, aber was ihn wirklich über kurz oder lang zersetzen wird, ist dieser Wappenrock und seine Bedeutung für ihn. Die Aufgabe, die damit einher geht und der Druck, der ihn dahin schiebt, wohin er nicht gehört.
Ich kenne Jarel, seit er vor Jahren Iola zu uns brachte. Er ist kein Mann des Feuers, dafür lebt in ihm zu viel Liebe. Zu den beiden jungen Menschen, die er an kindestatt liebt wie sein eigen Fleisch und Blut. Zu Euch. Und letztlich auch zu Melitele."
Sie stoppte, holte Atem und wartete einen Moment auf eventuelle Einwürfe. Doch ihr Gegenüber hatte ein Gespür dafür, dass dies erst die Einleitung war und ließ sie weiter sprechen.
"Meine liebe Schwester Nenneke von Ellander hegt schon lange den Wunsch, unseren Schrein in Nowigrad wieder aufleben zu lassen. Und dort noch mehr als hier würde es einer Tempelwache bedürfen. Ich würde mir wünschen, ich könnte Jarel dafür gewinnen diese aufzubauen, aber einen Ritter aus dem Orden zu lösen hat wohl noch niemand gewagt oder geschafft. Daher würde ich es lieber als eine Art ökumenischer Geste deklarieren, womit wir beim Haken sind.
Ich hege arge Zweifel, dass ich Lothar dazu bringen kann, einen Präzedenzfall zu schaffen und seinen wertvollen Klingenmeister herzugeben, noch dass ich einen stur in seinem Karrenpfad trampelnden Ochsen wie Jarel dazu bewegen kann, seine Loyalitäten zu verschieben. Auch wenn ersteres im Sinne einer partnerschaftlichen Entwicklung unserer Kirchen wäre und letzteres Jarel meiner Ansicht nach viel mehr entspräche. Ihr allerdings..." Sie ließ das Ende offen.
Ihn hatte Jarel in höchsten Tönen für seinen Scharfsinn gelobt und wenn der Ritter auf jemanden hören würde, dann vielleicht auf diesen Mann, dem er sein Herz geschenkt hatte. Sie hoffte nur, der Ritter würde ihr diesen Zug nicht verübeln.
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Samstag 11. November 2023, 18:34
von Vyacheslav Sokolov
Slava blieb ruhig sitzen. Er hatte zuvor ein Bad genommen und das half durchaus ein wenig gegen Rückenschmerzen, aber ansonsten waren sie sein ständiger Begleiter. Er konnte aber auch der Erzpriesterin ansehen, dass ihr der Tag auf den Schultern lastete. Lange wollte er sie daher nicht quälen, und sie kam auch schnell zum Punkt.
Jarel erwies sich wieder einmal als redselig wie ein Klatschweib. Dass er früher einmal ein Spion gewesen sein sollte nahm ihm der Mann der immer noch einer war immer weniger ab. Und die Erzpriesterin tat ihr bestes um den Eindruck zu bestätigen.
Seine Seele zerbrach an dem Druck. Druck, den er mit aufgebaut hatte... wäre es wirklich das beste gewesen, die Beziehung zu beenden ehe sie begonnen hatte? Vermutlich schon. Aber dazu war es nun so oder so zu spät.
Er nickte ein oder zweimal während sie sprach und signalisierte so seine Zustimmung, nahm auch eine Körperhaltung ein, die sich ihr zuwandte, zeigte Interesse. Er unterbrach nicht, wartete geduldig bis sie ausgeredet hatte und immerhin sprach sie auch genau das aus, was er selbst auch ahnte... wusste. Und sie hatte eine Lösung. Wenn er auch nicht daran glaubte das das so funktionieren würde.
Erst als sie geendet hatte und nach einer kurzen Pause die suggerieren sollte, dass er darüber nachdachte und ihren Vorschlag abwog, sprach er, wählte Gesten, den ihren ähnlich.
Es wäre vielleicht nicht notwendig gewesen, aber er sah es als Aufwärmung.
"Ich teile eure Meinung und nichts sähe es ich lieber als wenn Jarel dem Orden den Rücken kehren könnte und der Melitele zuwenden..."
Letztlich war es ihm scheißegal, welchem Orden er sich zuwandte und welchen Glauben er hegte, solange der kein Zölibat beinhaltete.
"Aber zu Jarels Charakter gehört eben auch die absolute Loyalität dem gegenüber, dem er zuerst die Treue geschworen hat und er würde niemals einen Schwur brechen, eher zerbricht er selbst daran. Wenn es eine gute Möglichkeit gibt, ihn ohne Gesichtsverlust aus der Pflicht gegenüber dem Orden zu bringen... Aber daran arbeite ich bereits. Deshalb habe ich auch um ein Gespräch mit seinem Großmeister hier in Wyzima ersucht. Wenn es einen Weg gibt, dann finde ich ihn."
Mehr Zeit wäre gut. Kein Nilfgard, dass ihnen im Nacken hockte. Ein wenig mehr Kontrolle über die Situation, statt einer Katastrophe nach der nächsten hinterher zu jagen. Woher nun das zutrauen kam...
"Ich werde auch mit Jarel darüber sprechen. Wenn ihr denkt, jetzt wäre ein guter Zeitpunkt, dann werde ich das gerne versuchen."
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Sonntag 12. November 2023, 09:32
von Erzpriesterin Varelia
Varelia hatte ihr Gegenüber genau im Auge und so entging ihr trotz der Müdigkeit ein gewisser Zug um Lippen und Augen nicht, der ihr auch ohne den Mann genauer zu kennen, verriet, dass diesem ihre Bemerkung bezüglich seine Beziehung zu Jarel missfiel. Sie hörte seinen Worten ruhig zu, bemerkte, das sie wohl offene Türen einrannte, aber damit hatte sie fast gerechnet.
"Es wäre kein Schwurbruch, wenn Lothar ihn mir... entleiht. Aber bei der Mutter, nun schaut nicht so. Jarel hat weder Euren Namen genannt, noch Euch beschrieben, außer dass er Euren Verstand lobte. Es war allein in Euren Augen zu lesen, heute Morgen in der Kammer der Einkehr." Sie lächelte offen und stützte einen Ellenbogen auf der Armlehne ab, um das Kinn leicht auf die Finger zu legen.
"Wenn ihr ärgerlich auf jemanden sein wollt, dann seid es auf mich. Ich gehe mit den Dingen, die man mir anvertraut üblicherweise vertraulich um. In diesem Fall aber..." Sie seufzte und blickte in den Kamin als brenne dort ein Feuer. "Jarel gehört gewissermaßen zur Familie seit er Violetta zu uns brachte. Dieser Ort ist voll seinen Werken: der Stuhl, in dem ihr sitzt, das Schreibpult in der Bibliothek, der Schaukelstuhl in der Stube. Ein Mensch, der auf diese Art schaffen kann, sollte nicht gezwungen werden, zu zerstören." Sie wies mit der freien Hand auf das Möbelstück, während sie ihre Motive zu erklären versuchte und lächelte erneut. Der Erzpriesterin fiel es sehr leicht, auch den Freiherrn als Teil dieser Familie zu sehen, denn er gehörte nun einmal ganz offensichtlich zu Jarel. Doch schnell wurde sie wieder ernst.
"Ich sehe mir das schon viel zu lange an und nun ist der Punkt da, wo ich meine Sorgen bestätigt finde. Wenn der Schaden nicht schon zu groß ist. Ja, sprecht mit Lothar und mit Jarel. Vielleicht seid Ihr in der Lage, in diesen Köpfen Vernunft zu sähen. Ich brauche es nicht mehr versuchen - beide hören mir in etwa so viel zu, wie Söhne dem jahrelangen Lamenti ihrer Mutter lauschen." Varelia winkte ab, auch wenn ihr klar war, dass das überzogen war. Sie hegte tatsächlich eine gewisse Hoffnung, zugleich schüttelte sie leicht den Kopf. "Jarel hat seine Medikamente genommen und schläft wohl bis zum Morgen. Aber sonst, ja. Es ist nicht ganz fair, seine Schwäche auszunutzen, aber der Moment wäre wohl gut. Im Angesicht des Todes überdenken die Menschen durchaus gern ihre Prioritäten." Diesmal lächelte sie nicht. Das Thema nahm sie mit und zog an ihren Kräften. Es wurde Zeit, dass sie selbst zur Ruhe fand. Varelia richtete sich etwas auf - noch galt es, Haltung zu bewahren.
"Euer Magus ist im übrigen noch unten in der Bibliothek." fiel ihr noch ein. "Ich habe versäumt, ihm zu sagen, dass Ihr eine Taverne vorgezogen habt."
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Sonntag 12. November 2023, 15:46
von Vyacheslav Sokolov
Slava nickte, noch nicht wieder ganz versöhnt.
"Ich werde sehen wozu ihn ihn bekomme. Es ist ja auch in meinem Interesse."
Mehr musste er nicht sagen. Die Erzpriesterin wußte sicher wie der Orden zu Beziehungen stand, vor allem zu gleichgeschlechtlichen.
Schlimmer war nur sein einstiger Arbeitgeber gewesen.
Dabie fiel ihm wieder ein, dass Jarel seinem derzeitigen ja noch etwas schuldete. Auch das ließ sich vielleicht nutzen.
"Ich werde auf jeden Fall nach ihm sehen, dann wird sich zeigen, was sich ergibt."
Er würde es von der Situation abhängig machen. Soviel Gespür dafür hatte er dann doch.
"Habt Dank für eure Nachricht und ich wünsche euch einen gute Abend, Erzpriesterin. Ich empfehle mich. Der Göttin zum Gruße."
...oder so. dacht er noch stumm. Ehe er sich empfahl.
Und geradewegs Jarel aufsuchte.
<weiter in den Quartieren>
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Mittwoch 20. März 2024, 09:19
von Avarion DeSpaire
Von: Haus der Melitele - Hof und Wirtschaftsgebäude, Waisenhaus (Seite 10)
Betrifft: Erzpriesterin Varelia und deren Gefolge
Datum: 31.August 1278, viel zu früh am Morgen.
-----------------------------------------------------------------------------
Den Weg durch das Gebäude schwieg er und sah gelegentlich zu einer der Schwestern, die weinend oder blass durch die Gänge irrte. Er seufzte leise. Auch wenn der Worg niemanden angefallen hatte, und selbst wenn die Spuren der Zerstörung an Gebäude und Mauer schnell beseitigt waren. Die der Priesterinnen würden bleiben und das wahrscheinlich länger als nötig. Er wusste nicht, welches Trauma der Worgenvorfall ausgelöst hatte, hatte aber eine Ahnung. Schließlich herrschte in dieser Welt krieg. Mal wieder eine Welt mit einem Krieg.
Sie erreichten die Räumlichkeiten der Erzpriesterin und in gebührenden Abstand blieb er stehen, wartete, bis die ältere Dame sich zu ihm wand und ihre Fragen stellte. Die Überraschung stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben, als die seine Heimatwelt erwähnte. "Ihr kennt Azeroth?" fragte er dazwischen, nicht wirklich eine Antwort erwartend, war es eigentlich eine rhetorische Frage.
Entschuldigend räusperte er sich und nickte. "Ja. Ich komme aus Azeroth und bin seid etwas mehr als einem Jahr hier. Angekommen auf den Skellige Inseln." leitete er seine Erzählung ein.
Dann rieb er sich nachdenklich das Kinn. "Ich weiß gar nicht mehr genau, wann ich Jarel das erste mal getroffen habe. Er war Schankwirt in Sturmwind, ich glaube im geschlachteten Lamm. Damals war Jarel noch als Schattenläufer aktiv." Er erinnerte sich daran das er Probleme mit den Devias hatte, warum genau war ihm entfallen. So nahe standen sich die beiden dann auch wieder nicht.
"Wirklich viele Berührungspunkte hatten wir die ersten Jahre nicht. Soweit ich weiß hat Jarel den veränderten Virus von seinem damaligen Lebensgefährten Ilarion bekommen. Bei diesem war der Virus auch schon anders ausgeartet, was bei Jarel ebenfalls zu einer veränderten Form geführt hat. Es kommt dem hier heimischen Werwolf sehr nahe, wenn ich das den Geschichten richtig entnehme, die ich gelesen habe. Denn begegnet bin ich einem Werwolf hier noch nicht. Als Jarel damals zur manus gekommen ist, trug er den Fluch bereits in sich. Er hatte Probleme mit seinem Suchtverhalten und der Worg machte die Sache nicht einfacher."
Nachdenklich strich Ion über seinen Unterarm. Auch er selber war mal von einem Worgen gebissen worden und der Virus hatte versucht sich seiner zu bemächtigen. Die Verwandlungen waren furchtbar gewesen. Aber viel zu schnell hatte Ion die Kontrolle zurück erlangt und der Worg war in ihm komplett gestorben. Eine der Wertvollsten Tatsachen, die er Toralar zu verdanken hatte. Der Worg und der Dämon vertragen sich schlicht nicht und Toralar war nun einmal zuerst da gewesen.
"Jarel hat gelernt den Worgen in sich weitestgehend zu kontrollieren. Sprich. Er zieht sich zu Vollmondnächten zurück, bekämpft das Verlangen in sich bei der kleinsten Regung und hat diesem, nennen wir es, Ausgang gewährt. Eine Wackelige Koexistenz der beiden. Jarels Sohn hat den Fluch damals nicht geerbt. Das einzig positive, das er sich nur über einen Weg verbreiten kann. Fakt ist, das ein Biss des Worgen ansteckend ist und es keine Heilung gibt. Wo wir bei dem heutigen Vorfall sind."
Ion sah zur Tür, durch die es in den Flur und zur Bibliothek ging. Dann sah er seinen Ring und hob die Hand, damit sie diesen sehen konnte. Dieser trug das gleiche Sigel wie Jarels. Eine flach geöffnete Hand mit einer Flamme darüber. Nur war Ions deutlich detaillierter und der Stein darunter ein anderer. "Er bekam einen Ring der manus, damit wir ihn im Notfall immer finden können. Dieser hatte uns sogar in Nowigrad erreicht, als Jarels Lebenszeichen schwankten. Theoretisch kann ich ihn darüber kontaktieren. Vorausgesetzt, er ist wieder er selber und versteht mich."
Langsam ließ er die Hand wieder sinken. "Noch wird es zu früh sein, es zu versuchen. Ich hoffe, das der Worg die Stadt verlassen konnte. Zumindest werde ich es sofort erfahren, sollte Jarel gefallen sein." Langsam richtete Ion seine Aufmerksamkeit wieder der alten Dame zu. "Zu seinem Orden wird Jarel wohl nicht zurück können. Und wahrscheinlich war es nicht sehr klug, dem Ritter von dem Geheimnis zu erzählen."
Ion ließ den Teil, mit einer Rechtfertigung seiner Tat fallen. Sie war alt und klug genug um zu wissen, dass sein Selbsterhaltungstrieb mit verantwortlich für das lose Mundwerk war. "Wenn ich ihn erreiche, kann ich ihn warnen, das die Ritter, wissen, was er ist und das sie ihn suchen. Dann kann er sich als Schattenläufer zurück bewegen. Wie es danach weiter geht, kann ich beim besten Willen nicht einschätzen. Auf Azeroth haben sich die Worgen kultiviert und werden als eigene Spezies von allen Anderen anerkannt "
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Donnerstag 21. März 2024, 21:18
von Erzpriesterin Varelia
Von:
Haus der Melitele - Hof und Wirtschaftsgebäude, Waisenhaus --> Varelias Amtszimmer
Betrifft: Ion
Datum: 31.August 1278, 4:55 Uhr
-----------------------------------------------------------------------------
"Kennen wäre zu weit gegriffen." Sie hatte schmal gelächelt und den Elfen noch einmal kurz mit einer Handbewegung in seinem Bericht gebremst.
"Mendel, bring dem Ser Magus und mir einen Brandwein.", schickte sie den tempelwächter aus dem Raum. Dessen Anspannung konnte sie schon fast mit Händen greifen und davon bekam sie widerum Kopfweh. Auch ihr fiel es schwer, den Graben zu ignorieren, der zwischen den Rassen gezogen war, aber sie übte sich einfach schon länger in diesem Spagat. Mendel ging fast schon dankbar, während Varelia Da Spaire sprechen ließ. Währenddessen ging sie langsam um ihren Schreibtisch herum und setzte sich dahinter. In einer Pause bot sie Avarion mit einer Handbewegung ebenfalls an, sich in einen der Scherenstühle vor dem Tisch zu setzen. Mendel kehrte zurück und brachte zwei Steinzeugbecher und eine dickbauchige Flasche. Er stellte alles ab und schien dann auf etwas zu warten. Varelia schickte ihn mit knappen Worten fort:
"Schau nach Jusuf und seht zu, dass die gebrochene Mauer nicht unbewacht bleibt. Vielleicht kann uns Hauptmann Meis jemanden ausleihen."
Mendel eilte davon und Ion konnte seine Erzählung fortsetzen, während Varelia einen der Becher zu sich nahm und daran nippte.
"Die Ritter des Ordens mögen in mancherlei hinsicht verblendet sein, aber sie ziehen die Hosen auch nicht mit der Zange an. Ob Ihr es Ihnen sagt oder Ser von Alensbach von alleine die Teile zusammensetzt, die ihm hier vor die Nase gefallen sind, spielt im Grunde keine Rolle mehr.", tat sie seinen Vorwurf an sich selbst ab. Den Ring musterte sie allerdings interessiert. Die Erzpriesterin hatte schon allerlei wundersames davon gehört, was Magier alles zu tun und zu schaffen im Stande waren. Leider nicht nur Gutes, sonst hätte man sie kaum aus vielen Ländern vertrieben oder unter Bewachung gestellt. Sie nickte langsam.
"Tut das. Wenn Ihr mich fragt, sollte er nicht in die Stadt zurück kehren." Ihr fehlte der Glaube daran, dass Lothar ihn schützen konnte oder würde.
"Jarel hat mir viel von diesem Azzerrott erzählt, von den Kindern, seinem Leben dort. Von den Kriegen, seiner Profession, seiner Göttin. Vieles. Ich wünschte, mir von diesem nicht ganz unwesentliche Detail zu berichten, hätte er auch noch das Vertrauen gehabt." Sie unterdrückte ein Seufzen und nippte statt dessen am Brandwein. Tun konnten sie hier und jetzt erst einmal nichts mehr, also weiter im Text. Ihr akutes Problem saß immerhin vor ihr und daher nahm sie Avarion nun ins Visier ihrer blassgrauen Augen.
"Was euch betrifft... Mit meiner Entscheidung eben habe ich Euch das Asyl dieses Tempels gewährt und damit steht ihr unter meinem Schutz. Verlasst Ihr das Gelände, seid Ihr auf Euch gestellt. Formal kann ich Euch natürlich von der Schuld an diesem Haus entbinden, so fern wir uns einig werden, wie der Schaden bereinigt wird. Aus Sicht des Ordens allerdings seid ihr ein Magier, der seine Fähigkeiten zum Schaden der Stadt verwendet hat und so weiter und so fort...", sie vollführte eine sehr unpriesterlich wirkende Geste mit der Hand, die den Becher hielt.
"Und meinen Geist habt Ihr sicher auch längst in Eurer Gewalt, sonst würde ich ja wohl kaum so eine Entscheidung treffen, nicht wahr." Die Möglichkeit bestand tatsächlich, aber Varelia war letzten Endes Priesterin ihrer Göttin und damit allen Wesen von Meliteles Schöpfung zugetan, ganz gleich welcher Coleur.
"Inwiefern Euch Eure Position als Magus des Freiherrn politische Immunität verschafft, werden wir wohl erst lernen, wenn die Herren Ritter Euren Dienstherrn aus dem Schlaf gerissen haben." Nun seufzte sie doch. Politik. Sie war nicht Priesterin geworden, um Politik zu machen und doch lief es immer wieder darauf hinaus.
Zum Glück ließ sich im Falle von Lothar Politik mit süßen Stückchen kombinieren.
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Freitag 22. März 2024, 21:09
von Avarion DeSpaire
Dankbar nahm Ion sowohl Stuhl als auch den Brandwein an. Er setzte sich mit einem seufzen und bedankte sich höflich bei Mendel. Die letzte Stunde hatte Spuren hinterlassen. Eigentlich die letzten Stunden, denn Schlaf war Mangelware gewesen. Erst der kräftezehrende Ausflug an den See, wo er nicht wenig Energie verheizt hatte. Dann die Stunden in der Bibliothek, der Ausflug in Jarels Quartier, wo der Wahnsinn als geplante Idee seinen Anfang nahm. Der wenige Schlaf, mit dem Kopf auf den Notizen. Und dann der Wahnsinn in Form eines Jarel in Wolfspelz.
Angestrengt rieb er sich die Nasenwurzel und hörte die Worte der Erzpriesterin. Er spürte die Worte, die sein Handeln rechtfertigten in sich hochkochen, doch sprach er sie nicht aus. Wozu auch. Die Erzpriesterin hatte ihm beigestanden, so das er sich sicher war, sie nicht mehr überzeugen zu müssen.
"Da habt ihr wohl recht." antwortete er zu ihrer Einschätzung Ritter und Wachen haben Augen und Ohren und dazwischen sogar Hirn. "Trotz alle dem fühlt es sich gerade nicht mehr gut an. Jarel hat nicht umsonst den Worgen so lange verheimlicht." Angestrengt schloss er die Augen und schüttelte leicht den Kopf.
"Heißt Asyl in diesem Fall, bis ein." er suchte das passende Wort. "Bis ein Urteil gefallen ist? Bezieht sich das auch auf unsere Rückkehr nach Nowigrad? Bin ich damit Vogelfrei?" So viele Fragen und vorerst wahrscheinlich keine Antworten. Und noch einmal versicherte er, dass er für den Schaden an der Mauer aufkam. "Und wenn ich jeden Stein selber wieder aufschichte."
Zu den Worten ihrer Geistigen Freiheit hingegen sackte ihm dann doch etwas die Kinnlade herunter. "Wie kommt ihr nur auf so etwas?" fragte er Fassungslos. Auch beugte er sich leicht vor um sie genauer betrachten zu können. "Das glaubt ihr doch nicht wirklich? Ich... ich habe überhaupt keinen Grund euch zu manipulieren." beinahe hätte er angefangen zu stottern, so unvorbereitet trafen ihn die Worte. Den Weinbrand kippte er darauf in einem Zug herunter. Natürlich musste er leicht husten, konnte er genau spüren, wo dieser gerade durch den Körper wanderte. Natürlich wusste er, dass sie es nicht wirklich ernst gemeint hatte. Oder doch?
Noch immer Sprachlos ließ er sich wieder zurück sinken und sah an der Erzpriesterin vorbei zur Tür. Ob nun ernst gemeint oder nicht, seine Gefühle waren im freien Fall und lieferten sich mit seinen durchdrehenden Gedanken ein Wettrennen. Die letzten Worte gingen dabei ungehört unter. Lediglich zu einem nicken war er noch Geistesgegenwärtig, auch wenn er gar nicht wusste wozu.
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Samstag 23. März 2024, 14:36
von Erzpriesterin Varelia
"Danke, das reicht mir zur Antwort. Verzeiht mir diesen plumpen Schachzug." Varelia lächelte freudlos. Einem Elfen die Gesichtszüge derart entgleisen zu sehen, war ihr Beweis genug, dass er sie nicht hinterging. "Ich glaube, Euch. Aber macht Euch lieber mit dem Gedanken vertraut, dass die meisten Leute genau das denken, wenn sie hören, was heute Nacht geschehen ist." Sie würde ihn nicht hätscheln, dafür war seine Lage zu ernst. "Die Magier haben in den Nördlichen Königreichen zu lange die Mächtigen und deren Handeln manipuliert, als dass das so bald aus den Köpfen der Menschen zu tilgen wäre." Sie schenkte ihm nach, ohne zu fragen. Er müsste es ja nicht trinken.
Die Erzpriesterin setzte sich an ihrem Schreibtisch zurecht, legte die Arme ab und verschränkte die Finger. In ihre Augen kehrte ein etwas milderer Ausdruck zurück und nun lächelte sie etwas freier. "Hört mir zu, Ser DeSpaire.", bat sie seine Aufmerksamkeit zurück zu sich, "Ich weiß nicht viel über Eure Heimat, aber ich sage Euch eines zu der Meinen: Asyl heißt so lange ich es Euch gewähre und Ihr diesen Ort nicht verlasst. Dieses Gesetz ist so alt wie die Göttin selbst und selbst die Nilfgaarder brechen es nicht leichtfertig. Was uns zum zweiten Punkt bringt: Ihr befindet Euch hier auf von Nilfgaard besetztem Gebiet, sprich hier gilt das Gesetz des Kaisers während Redanien und damit Nowigrad noch frei ist. Da Ihr faktisch Redanier seid... Der Orden jedenfalls hat seine eigenen Gesetze hier wie da, dem wäret ihr ein Dorn im Fleische, egal ob hier oder in Nowigrad, zumal Ihr der Macht nah steht." Sie ließ ihre Worte wirken, auch wenn der Mann ihr Leid tat. Es half niemandem, wenn sie heuchelte. "Eure Frage ist schwer zu beantworten. Über Acht und Vogelfreiheit entscheiden letztlich die Regenten." Aber wirklich sattelfest war sie auf diesem Gebiet nicht. Oft genug entschied die Willkür. Und die Angst.
Varelia erhob sich und trat an das kleine Fenster, durch das die laue Nachtluft herein strömte. Auf dem Himmel lag der erste Schatten des Morgens.
"Diese Missgunst und diese Verachtung... Das war nicht immer so. Die Kriege haben die Menschen in Angst vor den Zauberern erstarren lassen. Aber seid versichert, es gibt jene, die um die andere Seite der Medaille wissen. Die Magie als etwas kennengelernt haben, das nicht nur zerstört, sondern auch zusammenfügt und heilt." Ihre Stimme wurde sanfter, ihre Augen blickten nicht mehr in den Hof, sondern in die Vergangenheit.
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Sonntag 24. März 2024, 13:27
von Avarion DeSpaire
Ion betrachtete seine Hände. Verdammte Heilkraft. Sie brannte in seinen Adern und wehrte sich noch immer wie ein waidwundes Tier, wenn er danach greifen wollte. Nun sah er sich gezwungen, diese doch tiefer auszugraben als gewollt. Ein seufzen glitt über seine Lippen und auch sein Blick leerte sich, sah er auf seine Ausbildungen zurück. Die chaosmagie flog ihm zu, ging Problem von der Hand, schmeichelte ihm. Das genaue Gegenteil zur heilmagie. In der Theorie hatte sein Großvater recht behalten. Es war nur eine Frage der Lehre. Nur lag sein Talent einfach wo anders.
„Danke.“ war das einzige was er sagte. Denn wirklich mehr konnte er gar nicht sagen. Wie es weiter ging würde sich zeigen, wenn die Situation gesichert und ausgewertet war. Falls man sich überhaupt die Mühe machte. Plötzlich fühlte er sich eingesperrt und die Situation fing an ihn zu erdrücken. „Habt ihr noch Fragen?“ fragte er mit leicht resignierender Stimme. Die Lage machte ihn müde. Er mochte sich einfach nicht mehr ständig rechtfertigen müssen. Vielleicht sollte er sich einfach mehr von den Menschen distanzieren. Vielleicht sollte er doch einfach versuchen über Argus, die Welt der Dämonen, nach Hause zu gelangen. Vielleicht sollte er seine vergangenen Entscheidungen noch einmal überdenken? So viele vielleicht in seinem Kopf.
Gerade gegenüber der erzpriesterin fühlte er sich jung und unbeholfen, wie ein Kind. Würde man ihre Lebenserwartungen vergleichen, war er genau das. Ein begabtes, wahnsinniges Kind. Dann kam der nächste Gedanke. Vielleicht sollte er anfangen zu lügen. Etwas was er nie in Betracht gezogen hatte. Denn mit der Wahrheit kam man immer weiter. Nur hier scheinbar nicht. Vielleicht sollte er mehr wie Toralar sein. Mehr genießen und mehr Spaß haben, ohne über die Konsequenzen nach zu denken.
Ion nahm den nächsten Weinbrand und trank auch diesen, ohne husten, ohne heiseres einatmen. Er war ausgebildeter Schneider. Vielleicht sollte er mehr einfach nur das sein und den düsteren Zauberer besser verstecken. Das bedeutete die eigenen Prinzipien neu festzulegen. Kopfschmerzen. Langsam stellte Ion das Glas zurück auf den Tisch und sah zur Erzpriesterin abwartend an.
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Freitag 29. März 2024, 14:50
von Erzpriesterin Varelia
Bei diesem 'Danke.', wandte Varelia sich vom Fenster ab und blickte dem Elfen prüfend in die zweifarbigen Augen. Irgendetwas am Tonfall zog ihre Aufmerksamkeit auf sich und jener, in dem er den nachfolgenden Satz intonierte, bestärkte dieses Gefühl noch. Plötzlich kam ihr der Magus sehr jung vor, fast wie ein Bursche, den man beim Stehlen ertappt hatte und der das zum ersten Mal gemacht hatte. Dabei war er sicherlich deutlich älter als die Erzpriesterin selbst, wenn sie ihr Gespür für das Alte Volk nicht ganz trog. Es war immer schwierig. Varelia wischte den Gedanken beiseite und betrachtete ihr Gegenüber einfach als das, als was er war: ein Mann, der aus einem fremden Land kam, andere Gebräuche gewohnt war und gerade eben Männern durch die Finger geglitten war, die seinen Kopf wollten für etwas, das er nicht als falsch ansah. Was faktisch auch nicht falsch war. Und dann kam noch sie daher und ließ schonungslos die Fakten seiner Situation auf ihn nieder hageln, weil sie es für falsch hielt, ihm etwas vorzumachen. Wirklich geholfen war ihm mit dieser Wahrheit allerdings auch nicht und es bewirkte wohl zum Teil diese Resignation, die sie spürte und zu hören glaubte.
Die Erzpriesterin setzte sich auf den anderen Scherenstuhl nun an Avarions Seite, legte die Hände auf ihre Oberschenkel und blickte ihn an. "Nur eine. Ich kann sehen, wie die Situation und meine Worte auf Euch lasten. Wollt Ihr darüber sprechen? Ich weiß, es ist früh und ihr seht müde aus. Meine Tür steht Euch auch zu jeder anderen Zeit offen, wenn Ihr das Gespräch suchen wollt. Melitele - Jarel nennt sie Elune - ist all ihren Geschöpfen wohl gesonnen und so sind es Ihre Dienerinnen. Dessen möchte ich Euch versichern, trotz all der Wahrheiten, die ich über Euch ausgeschüttet habe." Ein Angebot, kein Zwang.
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Freitag 29. März 2024, 21:00
von Avarion DeSpaire
Ion sah sie an und winkte leicht ab. Lächelte aber dankbar. „Ich danke euch für das Angebot. Und ich werde bestimmt darauf zurück kommen.“ Fing er an. „Jetzt gerade sollte ich versuchen etwas zur Ruhe zu kommen. Schlafen, die Situation verarbeiten, alles noch einmal überdenken. Und mir überlegen wie ich meine Hilfe sinnvoll einsetzte.“
Innerlich hoffte er sehr das sich das Gefühlschaos wieder legen würde. „Vielleicht waren es nur sentimentale Gründe. Vielleicht auch etwas anderes. Jarel ist nicht mein bester Freund. Aber er ist aus meiner Heimat. Das verbindet uns. Ich suche einen Weg nach Hause. Und damit auch einen Weg für ihn. Er hat Kinder. Ich habe Kinder. Ich glaube, ich könnte nicht zurück kehren, wenn ich nicht alles versucht hätte sein Leben zu beschützen.“
Er lachte leise. „Verzeiht. Ich bin gerade etwas durcheinander und fühle mich ausgeliefert.“ schnell erhob sich ion, was schon fast etwas fluchtartiges an sich hatte. „Ich sollte dringend schlafen.“
Der kurze schwache Moment war vorüber. Von jetzt auf gleich war ion wieder beherrscht, distanziert und sein Gesicht trug eine unnahbare Maske. Ein antrainiertes Verhalten, eine Programmierung die das eigene überleben sichern sollte. „Erzpriesterin. Bitte entschuldigt die Unannehmlichkeiten.“ er deutete eine Verbeugung an und trat einen Schritt zurück. Bereit gehen zu können.
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Samstag 30. März 2024, 07:56
von Erzpriesterin Varelia
Ein freundlicher Korb. Varelia lächelte leicht und hob den Kopf, als der Magus sich fast schon fluchtartig erhob. Man konnte nicht zum sprechen zwingen, wer nicht bereit war zu sprechen. Zumindest nicht wenn man sich ein offenes Gespräch erwartete. Sie nickte.
"Bewahrt Euch diesen Antrieb, Ser DeSpaire. Die Liebe zu den Seinen ist ein guter Halt." Sie erhob sich ebenfalls und kehrte hinter ihren Schreibtisch zurück.
"Kommt doch gleich zur Morgenmesse
Ich denke, ich spreche heute über die Liebe, das Leben und den Wert von beidem." Sie lächelte und entließ Avarion mit einer Geste. Sie ging nicht davon aus, ihn gleich im Heiligtum zu sehen, aber die Einladung wollte ausgesprochen sein.
Dann lachte sie plötzlich kurz. "Für die Unannehmlichkeiten sollten sich die Herren von nebenan entschuldigen, Ser, nicht Ihr. Meliteles Führung mit Euch.", sie legte drei Finger an die Lippen und wies damit dann auf den Elf, zum Zeichen des Segens. Dann war er endlich entlassen.
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Samstag 30. März 2024, 19:11
von Avarion DeSpaire
Langsam wand sich Ion um. Er hätte mit ihr geredet, glaubte fest daran, dass sie ihm sogar einen wirklich guten Rat fürs Leben geben konnte. Vielleicht sogar Last und Unruhe von der Seele nehmen konnte. Aber jetzt gerade war ihm nicht nach reden. Zu viele Worte hatte er in dieser Nacht schon gesprochen. Und er selber glaubte, das reden nicht seine Stärke war.
Er wand sich um und verließ das kleine Arbeitszimmer, ließ die Erzpriesterin alleine zurück.
—————————————————————————————————-
Weiter: Das Haus der Melitele - Hof und Wirtschaftsgebäude, Waisenhaus.
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Dienstag 2. April 2024, 12:45
von Erzpriesterin Varelia
Varelia war noch eine Weile sitzen geblieben, dann hatte sie sich für die Messe zurecht gemacht. Völlig entkleidet huldigte sie ihrer Göttin im stillen Gebet und wusch sich dabei mit eiskaltem Wasser aus dem Brunnen des Tempels. Ihr graues Haar hing offen und lang über ihren Körper, der vom Alter gezeichnet war, dünn und sehnig, doch nicht ausgemergelt. Da waren Muskeln, die von lebenslanger Arbeit erzählten. Da waren die Zeichen von Schwangerschaften und Geburten, da waren alte Narben. All dies präsentierte sie ihrer Göttin, dankte für ihr Leben, bat um Weisheit. Nach der Wäsche kleidete sie sich in ein leichtes, helles Gewand, dessen Stoff bei näherem Hinsehen mit ebenso hellen Stickereien verziert war. Um die Hüften legte sie sich den mit Goldfaden durchwirkten Gürtel, das Zeichen ihres Amtes. Das Haar kämmte sie und flocht es ein, bevor sie die Flechte um ihren Kopf legte. Einmal noch tauchte sie drei Finger in das kalte, frische Wasser und berührte damit ihre Lippen und ihre Stirn. Sie ahnte, dass sie alle Kraft für diesen neuen Tag brauchen würde, die Melitele bereit war, ihr zu schenken.
Im Tempel herrschte noch Dunkelheit, doch eine Novizin entzündete bereits die Kerzen auf den Leuchtern... Nein, keine Novizin. Schwester Svettele.
"Guten Morgen, Schwester Svettele. Wo ist Regina? Eigentlich fällt ihr diese Aufgabe zu.", wollte die Erzpriesterin wissen, blieb aber kaum lange genug stehen, um die Antwort abzuwarten. Sie wanderte um die Statue herum, wo im hinteren Teil die Körbe mit den Opfergaben bereit standen. Unter Tüchern lagen Obst, Brot, Käse, Getreide, sogar Blumen. Varelia holte alles nach vorn, wobei ihr Fini zur Hand ging.
Wie auf ein geheimes Kommando füllte sich der Tempel, während draußen das erste Licht des Tages den Horizont erhellte. Die Schwestern umringten die Statue der dreifaltigen Göttin und Varelia führte sie in die Lithurgie hinein. Während die Priesterinnen und Novizinnen
sangen, hob sich die Sonne über den Horizont und warf goldenes Licht durch die langen Fenster im östlichen Teil des Tempels. Sanft begann die Statue Meliteles zu leuchten. Nach Abschluss der Sonnenbegrüßung, begann Varelia die Fürbitten und war gerade dabei, Melitele die Opfer zu reichen, als die seitliche Tür geöffnet wurde und Mendel im Heiligtum auftauchte. Er wirkte unglücklich, weil er störte und trotzdem tat er es, die Mütze in den Händen zerquetschend. Varelia bemerkte ihn erst nicht, so tief war sie im Gebet versunken. Erst als er fast bei ihr stand und allmählich ein Flüstern die Gebete ablöste, wandte sie den Kopf. Mendel fuhr erschrocken zusammen und beugte sich so weit vor, dass es aussah, als wolle er auf die Knie fallen. Doch was immer er in Varelias Augen gesehen hatte, es war mit einem Lidschlag verflogen und die Erzpriesterin wandte sich ihm erfüllt von dunklen Ahnungen zu.
"Ein Bote der Stadtwache, Ehrwürdige Mutter. Er sagt, es könne nicht warten und er will nur Euch und niemanden sonst sprechen.", beeilte Mendel sich vorzutragen. Varelia atmete einmal tief ein und streckte ihre Gestalt, dann fand ihr Blick zielsicher eine der anwesenden Priesterinnen.
"Schwester Svettele, führe du sie weiter durch die Liturgie. Erinnere uns alle an die Güte Meliteles, an die Größe ihrer Schöpfung und an die Liebe der Mutter für all ihre Kinder." Fast klang es, als müsste sie sich selbst daran erinnern. Dann rauschte sie an Mendel vorbei und dieser folgte ihr eilig zum Tempel hinaus.
<weiter im Hof>
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Dienstag 2. April 2024, 22:39
von Svettele Fini Banik
------------------------------------------------------------
von:
der Stube
Datum: 6:30, 31. August 1278, Diensttag
betrifft: Morgenmessebesucherinnen
-------------------------------------------------------------
Regina? Nein. Finis Kopfschütteln war nur sehr leicht gewesen, aber die Mutter wartete eh keine Antwort ab. Regina brauchte noch ihre Ruhe, das musste sie nicht sagen. Eigentlich musste sie gar nichts sagen. Die Vorbereitungen waren wie in Ellander, die Göttinnenstatue, die Körbe, die Blumen, das Obst. Es bedarf keiner Worte, dass Fini Reginas Aufgaben heute morgen übernahm. Sie stand in Eintracht neben der ehrwürdigen Mutter, reichte mal eine Duftkerze, stimmte als Zweite mit in den Gesang ein und übernahm sollte die Stimme der Älteren nicht mehr alle Höhen erreichen. Sie gab sich dem Lied und dem Gesang hin, ihre Augen waren dabei geschlossen und wirklich zurück fand sie erst wieder als auch Varelia sich Mendel zuwandte.
Dieser unterbrach peinlich berührt, ein Bote von der Wache. Der Wache nicht des Ordens. Finis Neugier brannte darauf, was dieser zu berichten hatte. Aber ‚er will nur Euch und niemanden sonst sprechen‘ verstand auch sie. Zu gerne wäre sie hinterher geeilt, aber sie nickte nur zu den Worten der Mutter und sah ihr nach und damit auch den Schatten des Elfenmagiers, der rasch folgte. Sie wartete bis ihre Schritte verhallt waren, bevor sie sich noch einmal das Liedchen anstimmte, um wieder zur Messe zurück zu finden.
Fini mochte die Melodie. Es war eine der Ersten gewesen, die sie im Tempel von Ellander gehört hatte und ihren Entschluss bleiben zu wollen verfestigte. Sie war dankbar, dass die gütige Mutter sie aufgenommen hatte. Sie sang nur die letzte Strophe und ließ die Töne für einen Moment in Tempelschiff verhallen.
„Jungfer. Mutter. Alte. Wir danken Dir, dass uns das Morgenlicht stets neue Hoffnung schenkt. - So wie Deine Brust mich nährt.“ –
„So wie ihre Brust uns nährt“, kam die Antwort als leises Gemurmel der Anwesenden. Es war der letzte Rest, der Schwester Svettele in Routine verfallen ließ. Sie nahm eine Opfergabe nach der anderen
„Blumen für die Jungfer“, hob sie an
„Obst für die Mutter“ und verteile sie
„Brot für die Alte“, sodass jede ihrer Töchter schließlich mit Blume im Haar, Apfel in der Hand und einem ersten Frühstück im Mund versehen war, während Fini wie angewiesen die unendliche Liebe der Göttin zu ihrer Schöpfung pries. Sie alle. Die gesamte Schöpfung, auch die Reisenden und Verfluchten, obwohl die Einen wie auch die Anderen die Messe oder Tempel verlassen hatten. In ihrer kurzer Predigt blieb sie allerdings allgemeiner. Warum genau diese Worte an diesem Morgen gewählt wurden, konnte man sich denken, dafür kamen sie von Fini sehr innig und ehrlich. Sie musste sich selbst daran erinnern wie wichtig diese Mutterliebe war. Eine Mutter liebte alle ihre Kinder auch Werwolf-Ritter, Elfenmagier oder Atheistinnen. Sie kamen wegen Schutz und würden Schutz bekommen.
Schließlich entließ sie die Priesterinnen und Novizinnen zum Frühstück in die Stube. Eintopf war genug da. Sie selbst wartete noch ein paar Augenblicke.
<hier weiter>
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Freitag 26. April 2024, 15:10
von Erzpriesterin Varelia
------------------------------------------------------------
von/nach:
Das Haus der Melitele - Hof und Wirtschaftsgebäude, Waisenhaus --> Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Datum: 31. August 1278
betrifft: Fini
------------------------------------------------------------
Varelia war in ihre Gemächer zurück gekehrt, doch statt sich etwas Ruhe zu gönnen, wie ursprünglich vorgenommen, ließ sie eine Novizin nur einen Tee bringen und widmete sich einem Gebet. Vor dem kleinen Schrein in der Ecke des Raums legte sie ein paar Saatkörner nieder und entzündete eine schlanke Kerze. Nur für die Dauer des Gebets, denn Bienenwachs war wertvoll. Sie entzündete auch Räucherstäbchen, klemmte dieses zwischen die gefalteten Hände und verneigte sich vor dem Abbild der Göttin. Die Statue war aus Lindenholz, fein gearbeitet und mit goldenen Schmucklinien verziert. Der Künstler war der gleiche wie bei den größeren Statuen im Heiligtum und er verstand sein Handwerk. Mutter, Greisin und Jungfrau hatten ausdrucksstarke Züge, der Fluss ihrer Gewänder wirkte lebendig.
Varelia bat die Greisin um Rat, die Mutter um Güte in den Herzen ihrer Kinder, die Jungfrau um der Liebe Licht und Wärme in dieser kalten Dunkelheit.
Eine Weile kniete sie dort, fand Ruhe und inneren Einklang. Dann erhob sich die Erzpriesterin mühsam und setzte sich an ihren Schreibtisch. Ein Schluck Tee, dann zog sie einen Briefbogen heran und nahm die Feder zur Hand. Doch keine Worte waren stark genug, das Geschehene zu greifen, zu halten und zu etwas Gutem zu wenden. Dank der Gespräche mit Lothar hatte sie zwar viel über den anderen Glauben gelernt, aber das machte es nicht leichter. Die Situation war vertrakt. Nicht nur für Jarel, sondern auch für dessen Großmeister.
Die Liebe hätte man ihm vielleicht noch vergeben können, doch diese Sache mit dem Wolf... wie sollte das nur je wieder gut werden? Zumindest musste man Lothar mitteilen, dass ein zeitweiliger Weg gefunden war, die Verwandlung zu unterdrücken. Hoffte sie jedenfalls.
Varelia tauchte die Feder ein und begann:
Ehrenwehrter Großmeister des Ordens der Flammenrose zu Wyzima,
Guter Lothar,
Ich ersuche Euch im Namen unserer nun lange gepflegten Freundschaft...
Freundschaft. War dies das richtige Wort? Geplänkel bei Kuchen und Tee, dass doch nur gut verborgenes Ellenbogengerangel war. Sie seufzte und tupfte die Feder ab. Blickte sinnend auf das Wenige auf dem Bogen.
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Sonntag 28. April 2024, 14:51
von Svettele Fini Banik
------------------------------------------------------------
vom:
Torhaus
Datum: 9:25, 31. August 1278, Dienstag
betrifft: Varelia
-------------------------------------------------------------
Es klopfte leise beinahe fragend an der Tür und erst nach einem zustimmenden Geräusch trat Schwester Svettele ein:
„Gütige Mutter Varelia“ Sie senkte leicht den Kopf entsprechend der üblichen Prozedur zur Ehrerbietung und legte ihre Hände über den Schoss.
„Ich wollte Euch nur mitteilen, dass die Operation an Ritter Moore erfolgreich und ohne Komplikationen verlaufen ist.“ Auch sie wirkte müde und hatte seit dem Aufruhr heute Nacht nicht wieder geschlafen, vielleicht würde sie es heute noch nachholen. Aber noch wurde sie gebraucht.
„Soll er in dem Kabuff bleiben oder dürfen wir ihm etwas Bequemeres anbieten als den nackten Boden? Ich denke… vielleicht würde ihn auch seine Ziehtochter gerne sehen… oder er sie.“ Wo auch immer die Novizin gerade ist, nach der Messe hatte sie sie aus den Augen verloren.
„Nur vielleicht nicht in dem Aufzug…“
Mitgenommenes Hemd, Handschellen, kämmen sollte er sich auch und waschen.
Fini trat ein paar Schritte näher und schielte neugierig auf das, was die Erzpriesterin dort tat, bevor sie sich selbst dafür gedanklich schalte:
„Kann ich für Euch etwas tun? Habt Ihr schon gefrühstückt?“ Sie hatte eh Unmengen an Eintopf.
„Soll ich Euch etwas bringen?
Re: Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Verfasst: Montag 29. April 2024, 21:05
von Erzpriesterin Varelia
Ein eher abwesend als verstimmt klingendes "Herein.", war die Antwort auf das Klopfen Schwester Svetteles. Auf dem Papier vor der Erzpriesterin hatten sich inzwischen ein paar mehr Zeilen der ersten zugesellt und sie stellte die Feder beiseite, als die Jüngere eintrat. Varelia hob den Blick, legte die Hände vor sich ineinander und sah die Schwester aus Ellander erwartungsvoll an, während diese ihr mitteilte, dass er Eingriff getan und wohl ohne Komplikationen verlaufen war. Auf die Frage hin, hoben sich die Brauen der Erzpriesterin einen Deut. sie konnte das kaum bewerten, aber der Magus schien sich seiner Sache sehr sicher. Ihr blieb nur, ihm zu vertrauen, aber Jarel mitten unter sie zu holen... Ach hätten sie nur einen Turm, wie in Ellander. Sie seufzte. "Ich würde ihm liebend gern alle weiteren Unannehmlichkeiten ersparen und machen wir uns nichts vor - es gibt in diesem Heiligtum keinen Ort, der einen Werwolf aufhalten kann, also ist es fast gleich, ob er im Torhaus friert oder eines der Quartiere bezieht. Die sind immerhin am weitesten vom Waisenhaus entfernt. Er soll baden und Mendel soll ihn von den Ketten befreien. Ich werde dem Urteil von Magus DeSpaire trauen müssen.", erwiderte Varelia.
Die Neugier Schwester Svetteles ahndete sie nur einen Moment mit einem strafenden Blick, dann wies sie auf einen weiteren Scherenstuhl. Jarel konnte noch einen Moment warten. "Setzt Euch bitte." Wenn sie schon da war, sollte sie lernen. In Nowigrad hatte ihr Orden einen weit schlechteren Stand und ihr Gegenüber beim Orden der Flammenrose war weit weniger zugänglich, ganz zu Schweigen vom Herrn der Kirche des Ewigen Feuers. Varelia blickte sinnend zum Bildnis der Melitele in ihrem Schrein. Sie hatte die Kerze vergeseen zu löschen und ihr Licht warf einen warmen Schimmer auf die Züge der Mutter, während die anderen beiden Aspekte in Halbschatten lagen. Die Plastik wirkte im Feuerschein fast lebendig, das Gold der Augen wirklich. "Habt Ihr Euch schon einmal Folgendes gefragt: Wenn Melitele das Sinnbild des Weiblichen ist, des Werdens und des Mütterlichen - was ist dann das Sinnbild des Männlichen? Des Samens und des Väterlichen? Und braucht ein Kind nicht beides, um zu entstehen und zu gedeihen?"
Sie wandte den Blick Schwester Svettele zu. Den begonnenen Brief auf dem Tisch hatte diese ja ohnehin schon kurz betrachtet.
Ich ersuche Euch im Namen unserer nun lange gepflegten Freundschaft um eine private Unterredung von liebender Mutter zu gerechtem Vater...