Stadtteil | Tempelinsel - Der Orden der Flammenrose - Tempel und Inneres Heiligtum

Lange Zeit war Nowigrad kein Teil von Redanien, lange Zeit konnte die größte (mit ca. 30.000 Einwohnern) und zweifelsohne auch die reichste Stadt den Status einer freien Handelsstadt halten. Nach den letzten Kriegen aber ist sie mehr oder weniger zur inoffiziellen zur Hauptstadt der freien Nordländer, vor allem Redaniens geworden seit Dijkstra als Regent zusammen mit dem Handelsrat von hier aus die Fäden zieht.
Als Heimat des Kults des Ewigen Feuers hat in der Stadt allerdings auch das Wort des Hierarchen Gewicht.
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ERZÄHLER
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Lebenslauf:

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Gottestag im Tempel (öffentliche Messe, Sonntag)
Datum: Vormittag des 8. August 1278
betrifft: Jarel, Slava
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Menschen.
Viele Menschen.
Viele prunkvoll gekleidete Menschen.
Der Platz vor dem Tempel der Flammenrose war voll davon. Allesamt herausgeputzt und ausstaffiert in feinsten Zwirn warfen sich die Männer in die Brust wie der Spatz in die Pfütze, schlugen mit Körperhaltung und Gehabe Räder wie die buntesten Pfauen unterstrichen vom höfischen Gehabe und der von edlem Geschmeide untermalten Positur des Weibsvolkes.
Sollte jemand auf die Idee kommen, den Prunk und Protz an diesem Tag und an diesem Ort mittels eines magischen Tricks zu stehlen, so wäre gefühlt die Hälfte der Landesreichtümer auf einem Schlag verschwunden.
Nicht einmal die Ritter selber zeigten sich bescheiden. Man sah die in mittelbarer Nähe beieinanderstehende Gruppe der Ratsmitglieder bereits, wenn man den Platz nur betrat. Einen Teil der Uniform hatte Slava schon zu Gesicht bekommen.
Dunkle, feste Lederhose, halbhohe Lederstiefel, gestepptes, oberschenkellanges, blutrotes Wams, aufwändig beschlagener gewundener Gürtel, punzierte und teilweise beschlagene Schwertgehänge.
So weit noch gewöhnlich. Doch das darüber fing durchaus den Blick des eines oder anderen Gastes. Und sorgte dafür, dass sich zumindest einer der Ritter sichtlich unwohl fühlte und drein schaute wie sieben Tage Schlagwetter.
Über dem Wams spannte sich der Wappenrock - bei dem einen über die Brust, bei manchem anderen über den Wohlstandsbauch - aufwändig bestickt mit der in Gold- Grün und ebenfalls Rot bestickten Rose, auf den Schultern eine aufwändig mit Nieten beschlagene, mehrteilige Schiftung aus geschwärztem Leder mit angedeuteter Halsberge.
Am auffälligsten jedoch leuchtete das Weiß des an den Schulterstücken befestigten Umhanges, der die Schultern umspannte und ebenso kontrastreich bestickt wirkte wie der Wappenrock.
Jarel entdeckte Slava sofort. Der Ritter stand in der Nähe der anderen Ratsmitglieder und zupfte miesepetrig an seinem Kragen herum. Dann doch lieber Monster jagen als flanieren.
In all dem Prunk fühlte sich der Schattenläufer wie eine Zielscheibe. Schatten. Seine Heimat war der Schatten, nicht …das hier.
Einzig als sein Blick auf den neu eingetroffenen Gast fiel, das das kurze rotblonde Haar, die leuchtend grünen Augen, änderte sich sein Gesichtsausdruck kurz eine Spur.
Die Andeutung eines Lächelns, eine minimale nickende Kopfbewegung, ein langsames blinzeln.
Es blieb nicht viel Zeit darüber nachzudenken, was als nächstes zu tun war, denn die Andacht begann mit dem Läuten der einer Glocke.
Nachdem die 'Gemeinde' sich versammelt hatte, traten der Bewahrer Zhelin und Wenzel begleitet von vier Anwärtern auf die Empore vor der ewigen Flamme. Der Großkomtur stellte in der aufwändig gearbeiteten, purpurnen Robe mit der Rose und den feinen goldenen Stickereien eine beeindruckende Figur. Auf der Brust trug er eine schwere, goldene Kette mit dem Symbol der flammenden Rose. Zhelin, nicht weniger prunkvoll gewandet trug zudem eine Art Mitra auf dem Kopf. Es war auch der Bewahrer, der den Anfang der Lithurgie signalisierte, indem er mit volltönender Stimme das "Leuchte hoch" anstimmte. Während die Leute mehr schlecht als recht einstimmten, entzündete er die Räucherschalen, die zwei der Anwärter trugen.
Nach dem ersten Lied ergriff Wenzel das Wort und las aus dem Hohen Buch. Gemeinsam betete man für diejenigen, die nicht mehr hier weilten, für Ritter auf Fahrt, für Sünder und Kranke. Man betete erst laut, dann still. Dann führte Zhelin durch zwei weitere Lieder. Wenzel predigte von der Standhaftigkeit der guten Menschen dieser Stadt gegen die Übergriffe Nilfgaards und der Scoia'tael, bat um die Gebete der guten Leute für all jene, die die Freie Stadt Nowigrad mit Schild und Schwert verteidigten, rief die Kraft des Ewigen Feuers herab.
Alles in allem bereitete er die Leute unterschwellig darauf vor, dass man ihn später zwangsläufig mit gewissen Leuten sehen würde.
Die Anwesenden folgten all die seltsamen Ritualen, dem Singen, Lobpreisen und Beten.
Die einen schienen es nahe dem Wahn ernst zu meinen, den anderen sah man an, dass sie es nur schnell hinter sich bringen wollten.
Die Messe endete eine gefühlte Ewigkeit später wie sie begonnen hatte: Mit dem Schlag der Glocke. Die Gruppen verstreuten sich und bildeten sich neu, nun plaudernd und sich über weltliche Dinge unterhaltend.
Slava wusste, was nun auf ihn zukam.

Da der Herr über die Komturei gemeinsam mit dem Herrn über die Guten Brüder den Tempel durch das Hauptportal verlassen hatte, begann das Schaulaufen, Posieren und Höflichkeiten austauschen bereits auf der großen Treppe. Wenzel zeigte sich wie jeden Gottestag als äußerst geduldiger Mensch, wenn es um die Belange der ach so gequälten Seelen ging. Immer in seinem Schatten: der Klingenmeister. Schweigsam und aufmerksam, die Hand locker auf dem Knauf des Schwertes. Wenzel wusste um seine Anwesenheit und konnte sie einfach ignorieren, musste sich niemals derer versichern. Ebenfalls dabei wie ein stummer Schatten: Ealco Helbel. Das wandelnde Notizbuch des Komturs, beauftragt sich jede Einladung zum Tee, zum Gwent, zu was auch immer penibel zu merken und im ohnehin übervollen Kalender des Komturs einen Platz zu finden. Säuberliche sortiert nach Wichtigkeit der einladenden Person.
Apropos... "Ach, da ist er ja... ehrwürdiger Herr Komtur, einen guten Tag, einen guten Tag." Eine spindeldürre, ältere Dame mit turmhoher Frisur und einem winzigen Häubchen auf selbiger arbeitete sich resolut durch die Menge. Sie war ganz in Schwarz gekleidet und nur eine Miniatur in Form einer Brosche zierte den hoch geschlossenen Kragen. Von Herrenloh lächelte und es gelang ihm sogar, dieses Lächeln echt wirken zu lassen, während er der Dame die Hand reichte, welche diese an ihre Stirn drückte und den stummen Segen empfing.
"Gräfin Helbel, Ihr seid wieder wohlauf."
"Oh ja, mir geht es wieder ausgezeichnet, dank der Gebete und der wundervollen Fürsorge." Ihr Blick driftete kurz herum. "Steh grade Ealco und was ist das eigentlich für eine Art? Küss deine Mutter.", fuhr sie den Buchhalter scharf an, der sogleich der Aufforderung nachkommen wollte und dafür einen Klaps erntete. "Doch nicht wie ein Lausbub!" Selbiger Lausbub sah in diesem Moment exakt wie ein solcher aus, gescholten und gerade so dem Stock entkommen, murmelte er nur: "Guten Tag, Mutter."
Die Gräfin Witwe Helbel war eine jener Personen, die andere Menschen nach gutdünken verschwinden und erscheinen lassen konnte. So befanden sich im Moment nur der Komtur und ihr Sohn in ihrem Fokus, während sie den Klingenmeister und etwaige andere Anwesende wie Luft behandelte. Ealco, zurecht gewiesen und nun so stramm stehen, als hätte sie ihm den Stock persönlich in den Hintern gerammt, löste sich nun ebenfalls für sie in Luft auf, während sie von Herrenloh auf eine halb gewinnende halb diabolische Art anlächelte.
"Und da es mir nun wieder besser geht, wollte ich meine Einladung auffrischen. Luise Tellenford, Ihr erinnert Euch, Ehrwürden. Eine Stimme wie eine Silberglocke und wundervoll mit der Harfe, ich schwöre es. Ihr müsst zusagen - sie singt in meine Salon. Am kommenden Frydag. Der Herr Großmarschall hat mir sein Kommen schon zugesichert und dieser Neue vom Handelsrat - ach, Ealco..." Schon tauchte Sohnemann aus der Versenkung ihrer Aufmerksamkeit auf, "...wie war noch sein Name?" - "Nuremberg, Mutter." - "Ja richtig, der Herr Rat Nuremberg mit seiner Gattin. Ich freue mich schon so, ihn kennenzulernen. Man sagt ja er sei eine Koryphäe auf dem Gebiet der Edelsteine."
Von Herrenloh fragte sich derweil, ob die Frau überhaupt an Antworten interessiert war. Oder an Atemluft.
"Ealco, notier dir den Termin. Meine Dame, ich werde sehen, ob es mein Terminkalender hergibt, werde aber alle Hebel in Bewegung setzen, um die junge Dame singen zu hören, so oft wie Ihr mir das inzwischen ans Herz gelegt habt.", beeilte er sich eine kurze Pause zu nutzen, während der sich die Gräfinwitwe mit langem Hals nach jemandem umsah. Sie wirkte dabei wie ein Frettchen, das sich auf die Hinterbeine stellte und Witterung aufnahm.
"Sag Ealco, wer ist dieser schneidige Herr?", wobei sie mit den Augen auf einen hoch gewachsenen Mann mit kurzem, roten Haar wies. "Ich sag dir, da sind Elfengene im Spiel. So groß wird man doch nicht und schau mal die Augen.", begann sie auf unangenehm zischende Art ihrem Sohn zuzuraunen, ohne dabei zu Verhehlen, dass es eigentlich von Herrenloh war, dessen Reaktion sie deuten wollte. Dieser kannte solche Spielchen zur Genüge, tat ihr nicht den Gefallen, sich umzuwenden, sondern grüßte freundlich einen anderen Herrn im dunkelblauen Anzug.
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Vyacheslav Sokolov
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von Zuhause
Datum: Vormittag des 8. August 1278
betrifft: Jarel, Slava, von Herrenloh und andere
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Slava war noch vor dem Läuten da.
Nicht weil er das Schaulaufen wirklich mitmachen wollte, aber er wollte Respekt zeigen, nicht provozieren. So kam er bereits auf dem Vorhof in den Genuss die prächtigsten Roben der Oberen der Stadt besichtigen zu dürfen. Es war auch jetzt wieder ein wenig wie auf deiner Reenactmentparade oder ein Trachtenumzug. Solche Aufzüge kannte er allenfalls aus der historischen Sammlunge der Ermitage in Sankt Petersburg .
Nur dass diese eitlen Gecken es damit ernst meinten und ihren Status ausdrücken wollten. Und es schien auch zu funktionieren. Bei all der Seide, dem Samt und dem Gold und Brokat beachtete man ihn fast gar nicht, eigentlich besser so. Das ermöglichte es ihm, einigermaßen unbehelligt nach Jarel Ausschau zu halten. Nach einem Mann, den er der Legende nach nur ein paar mal zu Gesicht bekommen hatte und dessen Rat anzunehmen man ihm wiederum geraten hatte.
Nur der Großkomtur wusste dass sie sich schon ein wenig länger kannten. Warum nur konnte Jarel nciht die Klappe halten?
Egal.
Er fand ihn recht schnell an der Seite des Großkumturs und er machte sehr erfolgreich den Anschein, lieber ganz woanders sein zu wollen, vor allem dass er gerade nicht in diesem Aufputz stecken wollte. Vielleicht war es auch kein Theater sondern echt. Ganz gewiss sogar.

Zunächst sammelten sich die Menschen auf dem Vorplatz, dann trat man ein, sobald die Stunde gekommen war.
Wenn er sich die Anwesenden so ansah, so war ihm das geplante Understatement wohl gelungen. Er wirkte in seinem dunkeln Anzug fast ein wenig unauffällig. Die Farbe hätte man in seiner Zeit wohl mit 'petrol' beschrieben. Nur am Kragen und an den Säumen vorne waren feine schwarze Stickereien, nur aus der Nähe zu erkennen. Dazu Hosen aus einem ähnlichen aber etwas dunkleren Stoff und seine alten Stiefel, aber frisch aufpoliert.
Ein wenig war er der Exot unter all den Pfauen, auch seine Haartracht stach ein wenig heraus, wer noch keine Glatze hatte mit Mitte 30, der trug die Haare meist lang. So war sein Alter wohl schwer zu schätzen, zumal ihn sein eher zur Teigigkeit neigender rotblonder Typus vor zu schneller Faltenbildung bewahrte. Und er fiel auf weil er groß war, auch wenn er durchaus schon größere Männer in der Stadt gesehen hatte, es war trotzdem wohl nur eine Handvoll.
Zunächst hielt er sich im Hintergrund, pluderte kurz mit dem einen oder anderen Offizier der Wache, ließ sich auch von einem Handelsrat in eine kurze Diskussion verwickeln. Der vermutete hinter der Enteignung noch irgendwelche verdeckten Winkelzüge, meinte, er würde das schon noch durchschauen, war aber insgesamt wohl zufrieden, denn immerhin fiel ein gut gelegener Kontor an ihn.

Dann begann de Liturgie.
Der Hauptunterschied zur orthodoxen Messe war der offene Raum. Eigentlich konnte das diesen Glauben sympathisch machen. An den christlichen Messen seiner Welt hatte es ihn immer gestört, dass dieser Gott etwas so fernes war, den zu deuten man dem einfachen Volk die Kompetenz absprach. Und dann eben die 'Opium für's Volk' Theorie. Wer glaubte zettelte meist keine Revolte an... Gut, manchmal war es auch umgekehrt, aber zumindest im Westen waren diese Zeiten eigentlich vorbei, die Religion war alt und zahnlos geworden. Es waren eher junge Glaubensrichtungen, die zur Gefahr wurden.
Diese Flammende Rose konnte auch noch nicht allzu alt sein, da brannte noch Feuer und Leidenschaft. Im wahrsten sinne des Wortes.
Interessiert lauschte er dem Gesang und den Lobpreisungen.
Ob der Rhythmus ein ähnlicher war konnte er nicht sagen, er hatte die wenigen Messen, die er besucht hatte von Ablauf her kaum mehr im Kopf.
Manche Melodien glaubte er zu kennen, aber vielleicht lag es einfach daran, dass ein Singsang, bei dem alle mithalten konnten einfach universell war.
Die übrigen Riten folgten brav allen Gesetzen der Ritualtheorie. Jaguare aber keine Bettler. All die gewählten Symbole waren allesamt erhaben und wohl gewählt. Ein wenig wirkte es als hätte ein findiger Religionswissenschaftler das ganze Konstrukt zusammengestellt.
So verfolgte er mit echter Neugier jeden Schritt, jede Handlung.
Wirklich interessant war, dass man im Grunde seine Propaganda fortführte, man schwor die Stadt ein auf einen Kampf gegen Nilfgard ein und gegen die Eichhörnchen. Allerdings... unter den Anwesenden war kein einziger Anderling... nur Menschen. Obwohl das ganz und gar nicht repräsentativ war für die Bevölkerung der Stadt. Und diese würden wohl schon bald 'Eichhörnchen' mit 'Anderling' gleichsetzen. Verdammter Mist, verdammter.
Der Komtur las die Messe und ein weiterer Mann von dem er vermutete, es könne der Bewahrer, Zhelin, sein, ergänzte an manchen Stellen. Ein gut geübtes Schauspiel.
Er stand relativ weit hinten, was ihm einen guten Überblick verschaffte. Das war ganz automatisch so gekommen, zum einen weil er groß war und auch von hinten gut sah und dann drängten sich die prunkvolleren Gestalten ebenso nach vorne. Offenbar spiegelte auch das eine gewisse Rangfolge wieder.
Gut, sollte ihm recht sein. Besser man unterschätze ihn.
So aber war er auch wieder als einer der ersten draußen und kam noch einmal in den Genuss der ganzen Parade.
All die Grafen und Barone und eine gigantische Schaar niederer Adeliger, in prunkt und Protz.
Und von Herrenloh und Zhelin.
Und immer in der Nähe der beiden, wie ein Leibwächter... Jarel.
Er erlaubte sich allerdings nur, ihn aus den Augenwinkeln und in der Peripherie seines Sichtfeldes zu behalten. Er würde ihm keinen direkten Blick zuwerfen, eigentlich interessierte er ihn gar nicht.
In der Nähe des Komturs war noch ein Mann aufgetaucht, der zumindest während der Messe gefehlt hatte, aller Wahrscheinlichkeit nach Helbel, der Adjutant des Großkomturs. Vollkommen zufällig kam Slava näher während er sich von Gespräch zu Gespräch hangelte. Er sprach kurz mit diesem und jenem, dessen Gesicht er kannte und zu dem er sich irgendwann einmal etwas notiert hatte, erkundigte sich nach dem Wohnbefinden des Sohnes, der Schwester, der Frau, fragte wie die Geschäfte nun liefen, lauschte der einen oder anderen Unterhaltung, auch das war zuweilen nicht uninteressant. Vor allem der Tratsch der Weib... der Damen beinhaltete oft genug um eine komplett neue Liste mit Namen zu erstellen, gegen die Druckmittel vorlagen.
Er kam in den Gespräche ganz zufällig immer näher, so entging ihm auch nicht wie eine ältere Dame von Herrenloh ansprach.
Und er hatte Gelegenheit, sich den Großkomtur aus der Nähe anzusehen.
Wie er ihn sich genau vorgestellt hatte konnte er nicht sagen, vielleicht größer, vielleicht breiter, vielleicht weniger wachsam und geistesgegenwärtig. Die scharfen hellgrauen Augen erinnerten ihn ein wenig an seinen einstigen Schwiegervater, und irgendwie... war das nun ja so ähnlich. Er unterdrückte ein Schmunzeln als er ganz unverhofft ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückte.
Mit wem er es zu tun hatte wusste er. Er hatte seine Hausaufgaben gemacht, wenn auch nicht eigens zu diesem Zwecke, aber natürlich hatte er, sobald er in Dijkstras Gunst aufgestiegen gewesen war auch das Who-is-Who der Stadt auswendig gelernt. Dies war die Gräfin von Helbel, die Mutter des Sekretärs, Witwe.
Und natürlich hatte er auch Manieren gelernt. Sie stand ein gutes Stück über ihm, dennoch kein Grund, den Schwanz einzuziehen, ansprechen durfte er sie natürlich.
Er war bereits in Hörweite.
"...mit Verlaub, teuerste, die Sokolovs haben eine zur Gänze tadellose Ahnenlinie und ich kann euch versichern, dort finden sich Generäle und Kapitäne, aber kein einziger Elf, und zwar in keiner Generation. Dürfte ich mich vorstellen? Freiherr von Sokolov."
Er lächelte, verbeugte sich und war auch bereit ihre Hand andeutungsweise zu küssen. Formvollendete Manieren.
Und er musste nicht einmal lügen, auch wenn er nun klang wie ein verdammter Rassist, aber er konnte sich schließlcih wirklich sicher sein, dass er keinen einzigen Elfen in der Ahnenlinie hatte. Aber wieder eine wertvolle Information, so sah man ihn also? Ein Mischling möglicherweise... Durchaus interessant. Er würde sich überlegen müssen, ob man das nutzen konnte, auch wenn es ihm angesichts eben seines Gesichts vollständig abwegig erschien, ganz und gar nicht dreieckig, flache breite Nase... und allem gfehlte es einfach ganz und ganr an der elfischen Anmut. Eine typisch Slavische Bauernfresse hatte es ein Analyst einmal genannt, der ihm eine Legende für der Vereinigte Künigreich zusammenzimemrn sollte und daran fast verzweifelt wäre. Andererseits gab es auch britische Schauspieler, auf die das zutraf, warum also nicht...
"Ihr müsst Gräfin von Helbel sein, von deren beeindruckender Persönlichkeit man durchaus schon gehört hat. Großkomtur, Bewahrer... der Flamme zum Gruße." er verneigte sich auch kurz vor den beiden Würdenträgern. Aber diese beiden waren nur der Beifang. Ihr Aufeinandertreffen vollkommen zufällig.
Und wie immer sprach er fast akzentfrei, nur wenn man genau hinhörte waren da unbetote o's die wie ein 'a' klagen und die Betonung lang manchmal etwas zu weit auf der hinteren Silbe. Aber davon angesehen durchaus perfekt.
Er lächelte charmant, nur nicht zu charmant, denn den Typ Frau kannte er, ein Archetypus geradezu. Deshalb wollte er auch weder ihre Schönheit loben, noch ihre Intelligenz - von der er ja nichts wusste - das hätte sie ihm nie abgenommen sondern als Schleimerei und Spott erkannt. Aber von ihrer Entschlossenheit hatte er sich eben ja ein Bild machen können.
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Jarel Moore
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Im Hintergrund, aber nie außer Reichweite, hielt sich der Schattenläufer auf. Bei all dem bunten Treiben und der gestelzten Konversation war er heilfroh um seinen verdienten Ruf als wortkarger Miesepeter.
Lieber als gefährlich gelten als gesprächig. Er hatte ohnehin genug mit sich selber zu tun. Nicht durchscheinen lassen, wie nervös er war. Locker wirken, ein wenig genervt – oder auch etwas mehr – und trotzdem aufmerksam.
Und das schwerste: Slava nicht anzustarren. Bei allen Schatten, sah der Mann gut aus. Kein Wunder, dass die Witwe ihn ansprang wie ein Grashüpfer die Weizenähre. Und für so charmant hatte er ihn auch nicht eingeschätzt. Wenn das hier vorbei war, würde er ihm zuhause auflauern. Der kam drei Tage lang nicht aus dem Bett!
Jarel blieb im Hintergrund. Still, aufmerksam und nicht auf Slava fixiert…nicht auf Slava…verdammt.
Er fand eine effiziente Art sich abzulenken, in der er über die letzte Begegnung mit Jakob nachdachte. Das kühlte ihn blitzschnell herunter und sorgte automatisch für einen nicht ganz so faszinierten Ausdruck in seinem Gesicht.
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ERZÄHLER
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Die Art, mit der die Gräfinwitwe sich auf den Freiherrn stürzte, erinnerte Wenzel weniger an einen Grashüpfer als an eine Viper - oder eine Sense, die akribisch dafür sorgte, dass es nicht zu viele neue Keimlinge um die alten Adelsbäume herum schafften, anzuwachsen. Das Gespräch zwischen den beiden nutzte der Komtur, um sich ein erstes Bild von Dijkstras neuestem Fang zu machen, der so freundlich war, sich gleich selbst vorzustellen, sodass Wenzel sich nicht nach Jarel umwenden und sich von diesem die Bestätigung holen musste. Die Witwe Helbel wirkte einen Moment lang wie eine fürchterlich beleidigte Kröte, bedachte ihren Sohn mit einem Blick, als sei er an allem Schuld und machte keinerlei Anstalten dem Freiherrn die Hand zum Kuss zu überlassen. Überhaupt beachtete sie ihn zunächst überhaupt nicht, sondern zupfte ein Taschentuch aus ihrem Ärmel, um sich damit gekünstelt die Nase zu tupfen.
"Mein seeliger Gemahl - die Flamme nehme ihn in ihrer Wärme auf - war schon immer der Ansicht, dass Blut einen Titel bedingt und nicht Papier.", murmelte sie. Ihr Sohn musterte erst seine Schuhspitzen, schien sich dann an ihren Rüffel zu erinnern und straffte sich wieder, um einfach irgendwo in die Luft zu starren. Weit weg, wo er gerade wohl am liebsten auch gewesen wäre.
Wenzel war im Protokoll und seinen ständig wechselnden Nuancen groß geworden und überlegte nun, ob er weiter beobachten oder rettend einschreiten sollte. Die vertraulische Anrede 'Teuerste' könnte absolut nach hinten los gehen oder die Gräfin insgeheim amüsieren, je nachdem mit welchem Fuß sie heute morgen in die Seidenpantoffeln geschlüpft war. Im Moment schätzte er ersteres, zumal sie mit der Bemerkung darauf anspielte, dass mit der richtigen Unterschrift jeder einen Adelsbrief bekommen konnte, wie die Ahnreihe auch immer aussehen mochte.
Er entschied sich, nicht einzugreifen, sondern nickte nur ebenso begrüßend, als Sokolov sich ihm und dem Bewahrer kurz zuwandte.
Die Gräfinwitwe streckte ihre mittelgroße Gestalt und beehrte Sokolov dann doch mit einem jener Blicke, die Menschen ihres Schlages perfektioniert hatten. Egal wie groß das Gegenüber war, es fühlte sich an, als würde sie auf es herabblicken. Dazu lächelte sie schmallippig.
"Sokolov... von wem stammt Ihr ab? Eure Familie - die Sokolovs -, wo kennt man die? Seid Ihr auch Soldat? Offizier? Auf welche Schule seid Ihr gegangen?", feuerte sie eine Salve an Fragen auf ihn ab, deren Antworten sein Schicksal inklusive Liegeplatz in einer wohldefinierten Schublade besiegeln würden.
Doch immerhin, so bemerkte Wenzel im Stillen, hatte er mit seiner Art genügend Punkte gesammelt, dass sie sich nicht gleich mit einer mehr- doer weniger höflichen Floskel verabschiedete. Also entschied er, dass er ein wenig Schützenhilfe leisten könnte.
"Freiherr von Sokolov, wie angenehm Euch kennenzulernen. Ich habe schon eine Menge von Euch gehört.", eröffnete er daher ebenfalls das diplomatische Parkett.
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Vyacheslav Sokolov
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Die Gräfin 'Teuerste zu nennen war wohl ein Fauxpas, der ihm jedoch nicht einmal auffiel. Vermutlich hatte er einfach zu viele Filme gesehen in denen das durchging und bei denen einfach versäumt wurde das Drehbuch von einem Fachmann redigieren zu lassen.
"Mein Vater war Generalleutnant Anatoli Sokolov, mein Großvater Armeegeneral Iwan Sokolov und mein Urgroßvater war Kapitän Leonid Sokolov. Ich blicke auf eine lange Militärtradition zurück. Ich selbst habe den Rang eines Oberst erreicht bis ich in den Beraterstab des Regenten gerufen wurde."
Noch während er aufzählte hatte er halb unbewusst Haltung angenommen. Halb, denn natürlich war es ihm irgendwann aufgefallen und er hätte durchaus etwas dagegen unternehmen können, aber es passte zu Legende und es unterstrich zu gut seine Worte. Zahllose Leben für den dienst in der Armee, ein Leben als Offizier der nun in die Politik wechselte. Und das Vorteil, es entsprach absolut der Wahrheit, er musste nciht einmal Lügen. Lediglich die Überzeugung hineinlegen, sie müsse irgendeinen davon kennen.
Und dabei konnte er fast sehen, wie Jarel in Hintergrund um Contenance rang.
"Studiert habe ich an der Militärakademie von Novosibirsk, von dort stammt auch meine Familie. Ihr seht, es ist nciht nötig, dass ich mich auf Papier ausruhe, es war lediglich eine Formalität."
Der Titel schien ihm nicht wirklich wichtig zu sein, was er daran hatte haben wollen war etwas vollkommen anderes als sie vermuteten mochte.
Er lächelte sein Schlangenlächeln und legte seine ganze Überzeugung in die Worte, man musste die Stadt kennen und den Namen. seine ganze Überzeugung und eine gehörige Spur Arroganz. Hätte er nicht geahnt, das Jarel hinter seinem Rittervater Höllenqualen litt, er hätte noch stundenlang so weitermachen können. Für ihn war es nach wie vor ein Spiel.
"Es ist mir wahrlich eine Ehre, Großkomtur. Ich müsste lügen, wenn ich nun behaupten würde, ihr wärt für mich ein unbeschriebenes Blatt." Seine Augen blitzten, das konnte alles bedeuten, aber auch er hatte natürlich nachgelesen. Jarels Blick mied er auch weiterhin - wobei 'meiden' das falsche Wort war, der existierte für ihn in diesem Moment nicht einmal.
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ERZÄHLER
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Das Lächeln der Dame wurde noch schmaler und noch blasser, und wenn das überhaupt möglich war, schwang sie sich noch weiter empor, um von noch weiter oben herab zu blicken - da konnte der Freiherr Haltung annehmen wie er wollte. Die Militärs in der Familie wollte sie ihm zunächst sogar noch abnehmen, so aus der Pistole geschossen, wie er seine Ahnen herunter rasselte. Doch die Akademie... Novosibirsk. Wo sollte das denn bitte sein? Auch Wenzel hatte von dergleichen noch nie gehört und er war durchaus auch militärisch ausgebildet, wie alle Ritter Redaniens - er allerdings zog schnell den SChluss, dass der Mann nicht unbedingt log. Jarel hatte gesagt, er sei ebenfalls ein Reisender, also mochte es dort, woher er kam diesen Ort und diese Akademie durchaus geben. Ob der Schachzug im Moment so klug war, daran zweifelte er ein wenig. Vielleicht zog er eine Scharade wie beim Gwent einer offenen Lüge vor? Die Art wie Gräfin Helbel ihr Taschentuch wieder an die Nase hob, als müsse sie einen unangenehmen Geruch abwehren, sprach für den Komtur allerdings schon Bände.
Wenzel beschloss, sie nicht zu Wort kommen zu lassen. Er hatte den Freiherrn eingeladen, er würde ihn nicht sofort den Wölfen zum Fraß vorwerfen. Zumindest nicht, bevor er selbst die Antworten hatte, die er wollte. Er verschränkte die Hände im Rücken und lächelte verbindlich. "Richtig, mir ist zu Ohren gekommen, dass der Regent in Euch einen neuen und wie man sagt sehr fähigen Berater hat."
Die Gräfinwitwe gab ein Geräusch von sich, das irgendwo zwischen Hüsteln, Niesen und freudlosem Lachen lag. "Recht so. Ich hoffe dem Herrn Regenten hat er eine bessere Geschichte aufgetischt.", legte sie gnadenlos offen, dass sie kein Wort glaubte. "Ealco, lass meine Kutsche vorfahren. Ich empfehle mich den Herren.", und es schien, als wollte sie Sokolov keines weitere Wortes oder gar Blickes würdigen. Doch dann setzte ein künstliches Lächeln auf und wandte sich ihm doch noch einmal zu. "Ich lasse mich nicht gern für dumm verkaufen, werter Herr Sokolov." Den Titel ließ sie beabsichtigt fallen. "Aber kommt doch einmal zum Tee und bringt eine bessere Geschichte zu unserer Unterhaltung mit.", damit nahm sie den ihr von ihrem Sohn gebotenen Arm, verabschiedete sich noch von Wenzel und Zhelin, und ließ sich davon führen.
Der Großkomtur atemte kaum merklich auf. Die Gräfinwitwe kostete ihn jedes Mal mindestens zwei Lebensjahre, wenn nicht mehr, und all seine Selbstbeherrschung. Sie war fürchterlich impulsiv, sehr schnell zu beleidigen, mächtig genug die Beleidigung schmerzhaft zu strafen und zu allem Überfluss auch noch scharfsinnig. Ihre Grafschaft führte sie mit eiserner Hand und das erfolgreicher als ihr Mann es je gekonnt hatte. Dem Tempel und dem Orden war sie ein starker Finanzier und sie galt als zutiefst religiös. Eine Kombination, die den Umgang mit ihr alles in allem unumgänglich und zugleich hochgradig anstrengend machte. Ihr Sohn hatte den Platz an seiner Seite nicht ohne Grund inne und Wenzel betrachtete es als Glücksfall, dass Ealco auch noch talentiert in diesem Beruf war.
Bevor sich jemand anders den frei gewordenen Platz erobern konnte, ergriff Wenzel die Initiative. "Gehen wir ein Stück, Freiherr.", wobei er Zhelin zunickte, der sogleich die nächsten Bittsteller abfing. Eine Kür, die die beiden Tempelfürsten zur Genüfe beherrschten, zumal der Hierarch oft genug mit Abwesenheit glänzte. In der gleichen jahrelang einstudierten Choreografie folgte sein Klingenmeister wortlos und ein paar Schritt hinter seinem Schwertherrn und dessen Gast. Wenzel konnte aus dem Augenwinkel noch de Ardh sehen, der mit Plenius an seiner Seite bei den Räten stand und zu ihnen herüber starrte. Zumindest innerhalb des Ordnens hatten sie also schon Aufmerksamkeit erregt... Wenzel blieb betont entspannt, behielt die Hände im Rücken und schlug den Weg entlang des Tempels hin zur Seemauer ein, vorbei am Richtkreuz und auf den Kiespfad hinter den Zinnen, auf deren anderer Seite die Brandung gegen den Fels toste.
"Ihr seid ein geschickter Tänzer auf diesem Ball, Freiherr - nur schade, dass Eure erste Partnerin das schon zu lange macht.", eröffnete Wenzel und klang dabei fast ein wenig amüsiert. "Wie lange seid Ihr schon Teil unserer Gemeinde? Ich habe Euch - korrigiert mich, wenn ich irre - bis heute noch nie bei einem der Tempeldienste gesehen." Geplauder oder eine weitere Fußschlinge? Sokolov würde es herausfinden müssen.
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Vyacheslav Sokolov
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Slava hatte einfach noch keine Ahnung und kein Bewusstsein dafür, wie sehr ihm eine Frau wie diese auch ihm schaden konnte, vielleicht fehlte es ihm auch an Phantasie oder nur an den richtigen Filmen. Nach wie vor machte er den Fehler, diese Welt zu unterschätzen, ihre Komplexität als geringer einzuschätzen als die seiner eigenen Welt und sich deshalb überlegen zu fühlen, wo er es wohl nicht war.
Ihm hatte das Spiel sogar gefallen, so lächelte er auch und seine Augen blitzen amüsiert.
"Wie ihr wünscht, Gräfin." dass sein Tonfall dabei ein kleines bisschen ironisch klang konnte er nicht vermeiden. Er sah ihr noch einen Moment nach, hätte sich jetzt gern wieder eine Zigarette angezündet, ließ es aber. Sollte er die Lady verärgert haben, so war es ihm egal. Er lächelte nun etwas breiter.
"Ich muss mich in jedem Terrain bewegen können. Das habe ich in meiner Ausbildung gelernt. Aber gegen eine Veteranin wie diese... auf diesem Parkett, das sehe ich ein, bin ich ein grüner Rekrut." Er grinste und blieb bei der Wahrheit soweit es ging.
Er durfte jetzt nur nicht den Fehler machen von Herrenloh nun gleich als Freund zu betrachten, auch wenn der ihn für den Moment vielleicht gerettet hatte.
Sie begannen gemessenen Schrittes auf dem Hof zu wandern, immer weit genug von zu aufmerksamen Ohren entfernt und die Art, wie zumindest Slava sprach machte es auch einem Lippenleser nciht leicht, vielleicht hatte er auch deswegen den Akzent nicht zur Gänze abgelegt und würde das auch nie tun.
Wenn die hier keine Abhörtechniken bekannt waren, die seine Kenntnisse überstiegen, dann waren sie halbwegs sicher.
Er blickte dem Großkomtur kurz in die klaren grauen Augen.
"In Nowigrad bin ich sei etwa einem Jahr. Und ihr irrt nicht, ich war tatsächlich noch nie hier. Ein Versäumnis, wenn ich mir diese spaßige Unterhaltung gerade ins Gedächtnis rufe. Dennoch wären das meines Erachtens die falschen Motive, meine Familie war nie besonders religiös, und ich bin es auch nicht."
Immer noch die Wahrheit, nur die Bedeutung die dahinter steckte war eine deutlich größere.
Er blickte sich kurz um, außer Jarel war niemand in Hörweite.
"Aber lasst uns zu dem kommen, was mich hier hier bringt. Ihr wolltet mit mir sprechen?"
Direkt zum Punkt, nun lag der Ball beim Komtur. Wie weit würde der sich aus dem Fenster lehnen um zu zeigen was er wusste Oder würde der Eiertanz weitergehen?
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Der Großkomtur schmunzelte leicht in sich hinein. Wenn der Freiherr Spaß an derlei Unterhaltungen hatte, sollte er sich vielleicht wirklich zum Tee ins Schlangennest wagen. Je nach Teilnehmerkreis konnte er sich dann gleich von mehreren "Veteraninnen" dieser Art amüsieren lassen. Keine Zerstreuung, die Wenzel freiwillig suchen würde, aber jedem das seine. Letzten Endes entging ihm freilich die Ironie nicht, aber er beließ es bei einem beredten Schweigen. Ohnehin kam Sokolov nach einem kurzen Umwenden auf den Punkt. Wenzel selbst blickte sich keinen Augenblick um - was das anging verließ er sich blind auf seinen Klingenmeister, der sein Auge am Hinterkopf war und im Zweifelsfall auf sich aufmerksam zu machen wusste.
Wenzel bedachte den Freiherr mit einem etwas längeren Blick, ließ etwas auf die Antwort warten. Kein Mann des Glaubens also, sondern eher ein Mann der Tat. Passte zu Dijkstra. Ebenso die Direktheit, die Wenzel normalerweise schätzte, auch wenn er es selbst nicht immer so praktizierte. Der Tanz in gewissen Kreisen verkorkste einen dahingehend und kurz erwog er, sein eigenes Tempo zu halten und vorerst nicht auf den zugespielten Ball loszugehen.
Doch dann lächelte er.
"Ihr haltet nicht viel von belanglosen Höflichkeiten, was? Ich rate Euch aber, dem ab und an mehr Beachtung zu schenken - zumal ihr neu seid in dieser Gemeinde und Eurem Stand. Doch zum Punkt." Ganz davon absehen konnte er nicht, doch was sollte man von einem erwarten, der vom Regenten lernte? Dijkstra tat sich auch selten hervor, wenn es um höfische Manieren ging.
"Mir wurde vor ein paar Tagen berichtet, dass Ihr bei Meister Moore vorstellig werden wolltet, um seine Unterstützung beim Verhör der Anderlinge zu erbeten, die Ihr bei einer Razzia habt verhaften lassen. Ihr könnt Euch meine Überraschung sicher vorstellen." Oder? Wenzel ließ den Mann an seiner Seite nicht aus den Augen. Er schätzte ihn nicht als naiv ein und nach Jarels Einführung war er auf der Hut. "Weiß Euer Dienstherr von dieser... geplanten Zusammenarbeit?" Womit er im Grunde nicht nur ein gemeinsames Verhör meinte, sondern auch die Hexenjagd, die ihm im Magen lag. Seiner erfuhr es jedenfalls besser gar nicht - am Ende fand sich doch noch ein Elf oder sonst ein Nicht-Mensch in Sokolovs Ahnreihe...
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Vyacheslav Sokolov
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Lebenslauf: Slava

Überrascht war er also von ihm zu hören. Er konnte sich das vorstellen. Sehr gut sogar.
Über die beinahe gut gemeinte Rüge musste wiederum Slava schmunzeln. Wenn von Herrenloh nur wüsste an wen er ihn gerade erneut sehr passend erinnerte, und zwar mit beinahe dem gleichen Inhalt.
Es war um die Verleihung des Sterns gegangen und es hieß, der Präsident wäre anwesend und sein Schwiegervater hatte ernsthafte Sorgen gehabt, er könne ihn und die ganze Familie blamieren... womit auch immer. Klar, er war nicht unbedingt für seine Disziplin bekannt gewesen, genaugenommen sogar für Exzesse fast jeder Art... er hatte provoziert wo er nur konnte, im Rückblick eigentlich ein sehr unreifes Verhalten. Aber er ahnte mittlerweile wo eine der der Wurzeln dessen lag. Wenn Jarel ihn damals getroffen hätte... oder von Herrenloh.
Die Rüge war damals durchaus berechtigt gewesen wie er heute einräumen musste, aber gerade jetzt?

Er hatte nachgedacht, wenn es auch nur wenige Minuten gewesen waren, aber er hatte durchaus erwogen wie er das Gespräch am besten begann. Das war Jarels Rittervater, sein längster Freund in dieser Welt und ein Vorgesetzter der ihn schützte.
Das durfte er nicht vergessen.
"Wir können auch gerne vorher noch etwas plaudern... über das Wetter? Ich kann nur leider nicht sagen ob der Sommer besonders heiß ist, der Winter kalt wird und nass oder eher trocken... Es sind mir hier auch keine Sportmannschaften bekannt, mit denen mitgefiebert wird. Ich würde mich ja gerne nach dem Befinden der werten Gattin und der Kindern erkundigen, aber ich weiß ja, ihr übt euch in Zölibat.
Ich könnte mich auch noch nach eurer Gesundheit erkundigen... aber eine solche Frage von einem wie mir würdet ihr womöglich als Drohung auffassen, und das liegt mir tatsächlich fern. Deshalb bin ich direkt zum Punkt gekommen, vor allem auch weil ich euch nach allem was ich über und von euch gelesen habe als Mensch und als Großkomtur des Ordens respektiere."

Ja, er hatte sich informiert, auch um herauszufinden, womit man ein Gespräch am besten begann. Gestoßen war er auf andere Dinge, Dinge, die er hätte ansprechen können, doch er wollte sein Pulver nicht verschießen ohne einen Vorteil daraus zu ziehen.

Trotzdem musste er etwas widerwillig einräumen, dass der andere natürlich vollkommen Recht hatte.
Er hatte absolut null Ahnung von der Etikette hier, er kannte ein paar mittelmäßige Mittelalterstreifen.
Vielleicht sollte er sich einen Etikette Trainer nehmen... gab es sowas? Sicher.
Eigentlich war von Herrenloh ein Mann wie er ihn mochte, einer, mit dem man reden konnte, der durchaus auch die eigenen Motive hinterfragte.
"aber insgesamt habt ihr natürlich recht." Er lächelte. "Ich werde mich das nächste mal besser über Raubtierhaltung informieren, ehe ich in die Löwengrube springe. Ach, eine Kleinigkeit fiele mir noch ein... Euer Vorname und meiner haben den gleichen Wortursprung, dort wo ich herkomme.
Wenzel, oder Wenzeslav ist eine an eine andere sprach adaptierte Form meines Namens Vjacheslav. Der Name bedeutet 'großer Ruhm'"
Das wollte er noch loswerden. Er zumindest fand es witzig.

Er blickte sich noch einmal um.
Auch er vertraute eigentlich Jarel, aber genau das durfte er ja nicht zeigen.
"Der Regent hat mir im Übrigen freie Hand gegeben solange ich erreiche was zu erreichen ist. Er wird natürlich von dem Gespräch erfahren, ich hintergehe ihn damit nicht. Im übrigen sind seine Interessen von euren gar nicht so weit entfernt. Ich nehme allerdings an, euer Hierarch wird nichts erfahren?"
Nicht nur eine reine Vorsichtsmaßnahme, vielleicht war das eine kleine Sticheleien, ein Hinweis, wer von beiden sich auf dünnem Eis bewegte.
Es würde ein langer Monolog werden, das war ihm klar.
"Aber zum Punkt. Ihr habt vielleicht von einer Nilfgardischen Einsatztruppe gehört, die in Begriff war die Stadt zu infiltrieren. Die Nilfgarder wurden von einigen unserer Männer beseitigt, doch sie hatten Helfer in der Stadt und diese haben wir gesucht. All das ist auch kein Geheimnis. Ich habe jeden verhaften lassen, der verdächtiges Material bei sich hatte und mir war es egal ob Mensch oder Anderling. Und ich habe auch schnell wieder entlassen wer entlastet werden konnte, ebenso egal ob Mensch oder Anderling. Einige der Kontaktleute haben wir erwischt..." er machte eine Pause, nun kam es wirklich zum wichtigen Punkt.
"Doch all das scheint weitere Kreise zu ziehen, wie ein Überfall in den Abendstunden während der Hinrichtung einiger der Drahtzieher durch eine Gruppe Scoia'tael zeigt. Und das wiederum bringt mich zu Klingenmeister Moore."
Nun wurde es heikel, aber er hatte bereits einen Plan.
"Ich habe gründlich recherchiert. Es gab einen alten Hexerauftrag, einem gewissen Reuven von Sorokin wurde aufgetragen, eine gewisse Hexe zu beseitigen, die dem Orden vor einigen Jahren vom Scheiterhaufen gesprungen ist. Sein Bericht liegt mir vor, und sie ist es, die haufenweise Eichhörnchen um sich schart. Ein Zufall? Vielleicht nicht. Und selbst wenn die Faktenlage ein wenig dünn ist, mein Instinkt sagt mir, das das hier weitere Kreise zieht. Ich habe in Erfahrung gebracht, dass Moore ebenfalls den Auftrag hatte, sie zu jagen, und dabei... nun, so absurd es klingt, dabei will ich meine Hilfe anbieten. Denn es ist mir vollkommen egal, in wessen Händen sie am Ende stirbt, ob auf dem Scheiterhaufen oder am Galgen, ich will nur sicherstellen, dass sie wirklich stirbt, und das scheint mir laut dem Hexer ein größeres Problem zu sein, als gedacht."
Hätte er jetzt eine Zigarette gehabt, er hätte einen langen Zug genommen. Hatte er aber nicht, also setzte er nur lange genug ab um von Herrenloh ein wenig Zeit zu geben alles aufzunehmen, doch nicht genug um etwas zu erwiedern.
"Ich weiß, dass es eine historisch bedingte Kluft zwischen dem Orden und der Regierung gibt, aber ich bin nicht von hier, und Moore ist es auch nicht. Der Orden und die Regierung... Wir ziehen in der Hinsicht am selben Strang.
Mein Ziel ist allein die Sicherheit der Stadt. Und vielleicht auch den Krieg zu gewinnen, je nachdem."

Und die Welt zu retten.
Nein, er hatte andere Ziele, aber die waren klein genug um sie hinter diesen großen zu verbergen.
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Jarel Moore
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Lebenslauf: Jarel

Im Hintergrund stand der Klingenmeister und rührte weder Miene noch Finger.
Innerlich jedoch zog sich dem Schattenläufer alles zusammen. War Slava nervös? Er redete so viel und sagte dabei so wenig. Und doch legte er Finger auf Wunden, die er eigentlich nicht kennen sollte. War das Zufall? Oder…nicht?
Politik, Wortgewandtheit, Etikette, Diplomatie.
Es war schon schwer genug bei Jakob die richtigen Worte zu finden. Aber jetzt? Hier?
Er war so was von froh, nicht an Slavas Stelle zu sein.
Er machte das gut. Nicht perfekt. Aber gut. Er selber hätte so etwas nach einem Jahr definitiv vergeigt. Wahrscheinlich würde er es bei der Witwe immer noch vergeigen.
Zumindest hatte er Slava gegenüber einem entscheidenden Vorteil. Er durfte starren, durfte ihn beobachten, musste es sogar. Schließlich war das seine Aufgabe.
Er durfte sich nur nicht anmerken lassen, wie sehr ihm der Beobachtete gefiel.
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ERZÄHLER
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Lebenslauf:

Wenzel ließ sich zu einem knappen, doch gutmütigen Lachen hinreißen. Nicht dass er beschlossen hätte, den Mann zu mögen, für solcherlei brauchte der Komtur deutlich mehr Zeit und Kontakt zu einem Menschen, aber immerhin war er ihm nicht gänzlich unsympathisch. Anders als sowohl Regent als auch Hierarch. Wenzel arrangierte sich mit beiden auf einer professionellen Ebene, sympathisch war ihm dabei allerdings keiner.
"Ich war nur neugierig auf Eure Reaktion. Unser ehrenvoller Regent macht es ja schon seit Jahren zu seinem Markenzeichen, immer zwei Schritt neben dem Protokoll zu gehen. Ich wollte wissen, ob das Beispiel unter seinen Leuten Schule macht.", erwiderte er in gutmütigem Tonfall und einem fast schon verschmitzten Funkeln in den grauen Augen setzte er hinzu: "Der Vielgerühmte."
Doch dann wurde er wieder ernst und hörte aufmerksam zu. Irgendwann auf der Hälfte der Ausführungen, war der Komtur stehen geblieben und blickte zwischen den Zinnen auf das Meer hinaus, bis Sokolov zum Ende kam. Während der kurzen Kunstpause blickte er nachdenklich zurück zu ihm, unterbrach aber auch dann nicht. Reden konnte der Mann, das musste man ihm lassen. Blieb nur die Frage, wie viel davon heiße Luft war - das konnten nur Zeit und Erfolge zeigen.
Wenzel ließ noch ein paar Wellen an die Klippen laufen, bevor er zu einer Erwiderung ansetzte.
"Lasst mich Eure Recherche etwas vervollständigen. Und vor allem differenzieren. Der Orden der Flammenrose ist ein religiöser Zusammenschluss, geschaffen den Glauben an das Ewige Feuer und die Kleriker zu verteidigen, und die Menschen gegen die Kreaturen des Chaos zu beschützen. Allein aus religiösem Antrieb heraus und nicht für bare Münze, wie es die Hexer tun. Aus weltlichen Belangen hält der Orden sich per definitionem heraus. Nilfgaard und der Krieg sind daher eine Sache, in der wir nur bedingt Anteil nehmen, solang der Grund unserer heiligen Stätten, unsere Stifte und Spittale nicht in Mitleidenschaft gezogen werden.", was, wie jeder wusste nur so lange der Wahrheit entsprach, wie der Hierarch nicht beschloss, sich einmischen zu müssen und Politik zu machen.
"Eine Kreatur wie diese Hexe wiederum ist einzig und allein Sache des Ordens und kann, gemäß den Worten unseres ehrwürdigen Vaters, auch nur mit den gesegneten Waffen der Ritter vernichtet werden. Der Hexer musste scheitern." Dass sie auch ihnen aus dem Feuer entkommen war, war peinlich genug - dass sich nun auch noch Agenten des Regenten einmischen mussten, ja Unterstützung anboten, fast untragbar. Hemmelfart wäre außer sich. Wenzel fasste Sokolov ins Auge. Dieser Mann mochte hehre Ziel verfolgen und von seinem Dienstherrn freie Hand haben, doch Hemmelfart hatte sich sehr eindeutig geäußert und würde noch nicht einmal dieses Gespräch gutheißen, so konstruktiv es auch wäre.
"Doch eines interessiert mich allem Weiteren voran: wenn Dijkstra Euch freie Hand gibt und ohnehin von dieser Sache erfährt, wieso bei der Flamme ewigem Licht schleicht Ihr Euch bei Nacht und Nebel in die Komturei, anstatt um ein offenes Gespräch zu ersuchen, wie wir es gerade führen? Das Ihr uns vor dem Zorn des Hierarchen schützen wollt, nehme ich Euch im übrigen nicht ab." Er hob die Hand, um eine etwaige Antwort noch einige Momente zu verzögern. "Überhaupt muss ich gestehen, dass mir in Gänze noch das ein oder andere Steinchen in diesem Mosaik fehlt." Unter anderem wieso dieser Mensch von Jarels Auftrag wusste, wo der doch eine Interna des Ordens war. Ebenso Jarels Herkunft, die selbst innerhalb des Ordens eine Art Verschlusssache war. Es kostete Wenzel tatsächlich Mühe, Jarel nicht mit einem strafenden Blick zu bedenken, denn so langsam schwante ihm, dass hier zwei Reisende das ein oder andere Schwätzchen gehalten hatten. Er mochte es fast ebensowenig wie die Gräfin, für dumm verkauft zu werden.
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