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Das Haus der Melitele - Kräutergarten
Verfasst: Donnerstag 15. September 2022, 20:19
von ERZÄHLER
Varelia, die Erzpriesterin des Tempels in Wyzima, war eine Frau von hohem Wuchs und strengem Naturell. Ihre mandelförmigen Augen in dem scharf geschnittenen Gesicht hatten die Farbe von Bernstein und das einstmals kastanienbraune Haar war grau geworden. Ohnehin steckte es bis auf die letzte Strähne unter einer Haube, deren mit Goldfaden abgesetzter Saum das einzige Zeichen ihrer Stellung innerhalb der Gemeinschaft war. Der Tempel in Wyzima war nicht so groß wie der in Ellander und sie hatten keine Schule, wie die, der Nenneke vorstand, dennoch war Varelia eine Frau von gewissem Einfluss. Sie regierte ihren Tempel mit strenger Hand und war außerdem die Herrscherin über den kleinen Kräutergarten. Auch dieser kein Vergleich zu den Gärten, Gewächshäusern und Höhlen von Ellander, aber die Auswahl war erlesen und Varelias Wissen um die Geheimnisse der Pflanzen tiefgründig.
Die Dienerinnen der Göttin Melitele verschworen sich den Menschen zu helfen, viele waren Heilerinnen, andere Hebammen, wieder andere lehrten diejenigen, die allein zurück geblieben waren, einen Platz in der Welt zu finden. So wie Wyzima ein Waisenhaus hatte, hatte Ellander die Schule. Nicht selten verließen Mädchen Wyzima, um in Ellander weiter unterrichtet zu werden.
Varelia war eine Frau, die die Lehren der Göttin durch und durch lebte. Sie unterschied nicht zwischen Leben, sie war gerecht, sie war Lehrerin und Schülerin, Mutter und Tochter. Vorsätze, die zuweilen auf die Probe gestellt wurden - zum Beispiel wenn man ihr ihre Mädchen wegnahm, um sie als Feldscherinnen an die Front zu schicken. Oder wenn es um die Gläubigen der Ewigen Flamme ging, deren zuweilen lebensverachtende Lehren allem entgegen standen, woran Varelia glaubte. Wie viele Waisen hatte sie schon hinter ihren Röcken versteckt, weil deren Eltern eine Mischehe eingegangen waren und bitter dafür bezahlt hatten? Vielleicht nicht so viele, wie aus dem Krieg zu ihr kamen, aber doch genügend.
Wie jeden Nachmittag, zwischen Mittagsgebet und Abendmesse, fand man die Erzpriesterin in dem schmalen Garten, der sich wie ein grünes Band an der Nordseite des Tempels gegen dessen Mauern schmiegte. Selten verirrte sich jemand her, der nicht hierher kommen wollte, den nur ein schmaler Torbogen mit einem Gittertor verriet, dass es auch auf dieser Seite noch weiter ging. Das Klima auf dieser Seite des Tempels war nicht besonders geeignet für Gemüse oder Obst, aber die selbst jetzt im Sommer noch ausreichende Feuchte des Bodens und die Wärme der Mauern machten den Ort zum idealen Kräutergarten. In Spiralen und Terrassen, in Mauernischen und Töpfen, auf Beeten und in Senken grünte und blühte es in vielerlei Farben. Insekten summten und eine bunte Mischung aus ätherischen Düften und feuchter Erde hing in der stillen Luft.
Varelia mochte die ruhige Stunde, die sie hier täglich verbrachte. Die Pflanzen waren stumme Begleiter, dankten ihr die Pflege mit reichem Wuchs. Auch wenn sie nicht immer pflegte. Heute saß sie auf einer kleinen Bank und beobachtete das Treiben der Tagpfauenaugen auf Sonnenhut und Ringelblumen. Nicht mehr lange und die Sonne würde für einen Moment auch den Rest des schmalen Gartens aus dem Schatten schälen, bevor sie im Westen zwischen die Häuser fiel.
Re: Das Haus der Melitele - Kräutergarten
Verfasst: Donnerstag 15. September 2022, 21:03
von Jarel Moore
Der Ritter hatte sich Mühe gegeben, sich nicht aus reinem Instinkt anzuschleichen, trotzdem kam er nicht umhin zu bemerken, dass die Erzpriesterin bei seinem Anblick zusammenzuckte. Und dass, obwohl er die Kleidung trug, die ihm zur Verfügung gestellt worden war. Einheitliches Braun, welches an den Schultern leicht spannte.
Der Ritter näherte sich ruhig und gemessenen Schrittes, ließ seinen Blick über die Kräuter im Garten schweifen, sog den würzigen Duft tief ein. Er half immer noch gern in der Küche und hätte seine Kräuter zu gerne hier geschnitten. Doch er wagte sich nicht hinein. Zumindest nicht zum Ernten.
Denn dies war ihr Reich. Schwester Varelias. Sie mochte ihn nicht. Wer konnte es ihr verdenken, denn dass, wofür sein Orden stand – besonders im Umgang mit den Anderlingen – war das genaue Gegenteil von dem, was sie hier tat.
Und einem Instinkt folgend hatte Jarel nie versucht, sich bei ihr einzuschmeicheln.
Sie war streng, intelligent und kampferprobt, was das Führen des Tempels anging.
Sie respektierte ihn. Er bewunderte sie. Aus sicherem Abstand.
Heute musste er mit ihr reden, wenn er an ein Trainingsgerät kommen wollte.
Sein Schwert würde er erst dann wiederbekommen, wenn sie die Rückreise antraten. Das war in Ordnung, denn sein Schwert hätte er auch nicht haben wollen denn – auch wenn er es ignorierte – der Arm schmerzte noch immer, wenn er länger belastet wurde.
Seinen Dolch hätte er gern bei sich gehabt. Aber nicht als Waffe sondern…ja…warum eigentlich?
Der Anblick des Gartens wollte etwas in ihm auslösen. Die pittoresken Anordnungen, Spiralen, Kreise, Absätze, kleine Terrassen.
Doch darum war er nicht hier.
„Erzpriesterin Varelia.“, sprach er sie an, verbeugte sich höflich. „Ich möchte euch bitten, mir eine Übungswaffe aus dem Waffenraum zu übergeben, damit ich trainieren kann. Dank eurer Hilfe und Arvjids bin ich so weit genesen.“
Kein Geplauder. Er war höflich, kam aber gleich zur Sache.
Mit vor dem Körper verschränkten Händen blieb er in zwei Schritt Abstand stehen.
Re: Das Haus der Melitele - Kräutergarten
Verfasst: Samstag 17. September 2022, 13:37
von ERZÄHLER
Das plötzliche Auftauchen des Ritters versetzte ihr einen leichten Schreck, denn Varelia war in Gedanken versunken. Vieles wäre eigentlich zu tun, der Müßiggang ein seltenes Gut, doch selbst diesen verbrachte sie damit, im Geiste durchzugehen, was noch zu erledigen war. Nenneke wartete auf eine Antwort, der Brief aus Ellander lag schon fast zwei Tage auf ihrem Schreibtisch. Dann waren da die Bücher, die Planungen für die Winterlagerung, der Unterricht. Vieles ging ihr durch den Kopf, Gedanken, aus denen Jarels Auftauchen sie weckten. Sie wandte den Kopf ruckartiger, als es üblicherweise ihre Art war und streckte die Gestalt etwas. Dann erkannte sie den Eindringling und hob leicht das Kinn, um seinem Gruß mit einem Nicken zu begegnen, ohne jedoch aufzustehen.
"Meister Moore." Sie bemühte sich freundlich zu klingen, auch wenn es ihr nicht immer leicht fiel. Die Ritter des Flammenrosenordens, die Exekutive des Glaubens des Ewigen Feuers, waren ihr ein Dorn im Auge und sie machte selten einen Hehl daraus. Dass sie diesen hier so oft in ihrem Tempel zu Gast hatte, ihn duldete und nicht einfach in sein eigenes Ordenshaus weiter schickte, hatte diverse Gründe. Sie hatte über die letzten Jahre gelernt, dass er nicht so Recht in die Form passte, die Varelia von den anderen Rittern jenes Ordens kannte und die aufmerksame Frau glaubte sogar inzwischen zu ahnen, wieso das so war. Außerdem hatte er sein Mündel in ihre Obhut gegeben und sie würde ihren Kindern und Schwestern niemals verwehren, Kontakt zu Verwandten zu halten. Iola wollte sie allerdings nur ungern nach Nowigrad reisen lassen, also befürwortete sie sogar, dass Jarel sie hier besuchte. Zumal sie sehr an ihm hing und er durch und durch freundlich zu ihr war. Hier im Tempel kannte die Erzpriesterin den Mann als zuvorkommenden, ruhigen und ausgeglichenen Menschen, der mit Iola lachte, mit Brea scherzte und keine Messe ausließ, während denen er hingebungsvoll der Liturgie folgte. Das für sich genommen, sprach eine eindeutige Sprache.
Und nun wollte er eine Übungswaffe von ihr. Die Frage überraschte sie durchaus.
Die Erzpriesterin warf einen prüfenden Blick in die unbewegten Züge des Ritters, ließ diesen an ihm hinunter und wieder hinauf wandern. Ihre Gedanken dabei waren nicht zu deuten, aber er kannte sie gut genug, dass er wusste: wollte sie zustimmen, dann tat sie das für gewöhnlich sofort und ohne Umschweife. Varelia lehnte sich etwas zurück, die Hände im Schoß gefaltet und ließ den Blick wieder zum Tanz der Schmetterlinge wandern.
"Dieser Tempel ist ein Ort des Friedens. Unsere Waffen sind das Gebet, das Wort und die Heilkunst." Das entsprach zwar nur zum Teil der Wahrheit, aber es war die Wahrheit, die sie gerade haben wollte. Varelia sah ihn wieder prüfend an. Eine ihrer Brauen zuckte leicht empor. "Es war Euch immer genug mit uns zu beten. Wieso diesmal nicht? Für Kriegskunst und dergleichen zerstörerische Übungen könnt Ihr auch den Tempel Eurer Brüder aufsuchen." Sie kippte leicht den Kopf, wissend, dass es sich sofort anhörte, als wollte sie ihn weg schicken. Was sie normalerweise auch in dieser Form tat, nur störte sie heute etwas an diesem Ritter. Oder besser an dessen Auftreten. Ein wenig wunderte sie sich über sich selbst, als sie sich sagen hörte: "Wieso setzt Ihr Euch nicht einen Moment zu mir?"
Re: Das Haus der Melitele - Kräutergarten
Verfasst: Samstag 17. September 2022, 16:37
von Jarel Moore
Der Ritter stand noch einige Sekunden einfach nur da, den Blick leicht gesenkt, das linke Handgelenk vor dem Körper mit der rechten Hand haltend und dachte über ihre Worte nach.
Warum verspürte er jetzt – in genau diesem Moment – keinerlei Bedürfnis der Messe beizuwohnen?
Seine Beziehung zur gütigen Göttin war immer hingebungsvoll gewesen.
Er hatte sich in der Messe immer erfüllt gefühlt. Geborgen…gefühlt.
Gefühlt.
Sein Blick huschte einen unkontrollierten Moment unstet umher, bevor er am Schmetterling hängen blieb, der sich ruhig auf eine Blüte gesetzt hatte und langsam die beeindruckt leuchtend blauen Flügel öffnete und schloss…öffnete…schloss. Jarel atmete tief ein. Und aus. Unbewusst im Tempo der Flügel des bunten Insekts.
Gefühlt…
Ein weiterer unkontrollierter Moment, in dem Jarel seine Augenbrauen zusammenzog.
Vermisste er es, zu fühlen? Ständig an Jakob zu denken, Iola, Ljerka…Slava?
Slava.
Nein. Diesen Schmerz vermisste er nicht. Er wollte das alles nicht zurück. Selbst wenn er dazu in der Lage gewesen wäre.
Es war gut so, wie es war.
Er blinzelte, sein Blick klärte sich, erkaltete. Der Ritter straffte die Schultern und sah Varelia direkt in die Augen. „Ihr versteht mich falsch.“, erklärte er trocken.
„Meine Frage galt nicht meinem Schwert. Eher einem Trainingsgegenstand. Ein Langstab zum Beispiel. Damit ich wegen des Vorfalls nicht ins körperliche Hintertreffen gerate.“
Nicht ganz die Wahrheit. Eigentlich gefiel es ihm, sich mit körperlichem Training so weit zu erschöpfen, dass er nicht denken musste.
Nicht mehr denken konnte.
Aber das ging zur Not auch ohne Stab. Warum war er also hierhergekommen?
Warum hatte er die Erzpriesterin aufgesucht? Hatte er unterbewusst reden wollen?
Was auch immer es war, er hatte es sich anders überlegt.
Seine Körperhaltung änderte sich. Er hob den Blick, straffte die Schultern und lies die Arme links und rechts vom Körper hängen.
„Danke für euer Angebot, aber ich denke ich werde mich wieder zurückbegeben. Verzeiht die Störung.“
Er verbeugte sich knapp, zupfte seine Ärmel zu Recht wand sich in einer stockenden Bewegung um und wollte gehen.
Er beschloss, mehr Abstand zu halten. Von allem. Zu jedem.
Funktionieren würde ausreichen.
Mehr war nicht von Nöten.
Es würde ausreichen. Bis er eine andere Lösung fand.
Re: Das Haus der Melitele - Kräutergarten
Verfasst: Samstag 17. September 2022, 20:04
von ERZÄHLER
Die Erzpriesterin sah sich das Schauspiel an und stemmte dann energisch die Hände auf die Knie, um sich zu erheben. Für eine Frau dieser Gegend war sie sehr groß, sodass nicht viel fehlte und sie könnte dem Ritter gerade in die Augen sehen. Die letzten Millimeter pflegte sie durch Wirkung zu überbrücken. Böse Zungen behaupteten, in der Linie ihrer Vorfahren verberge sich der ein oder andere Elf, was die Größe, die Form der Augen und auch die durchaus attraktiven Gesichtszüge befürworteten. Varelia selbst achtete nicht auf Äußerlichkeiten und ließ sich von solcher Nachrede auch nicht beirren. Alle Kinder dieser Welt waren Meliteles Kinder, ganz gleich, welches Blut in wessen Adern floss. Allein dummes Geschwätz zog Grenzen und machte Unterschiede, wo dereinst keine gewesen waren. Glaubenslehren, verquere Moralvorstellungen, jahrhundertelange Entzweiung...
Sie strich ihr Kleid glatt, während Jarel sich anschickte wieder zu gehen, legte dann die Hände vor sich ineinander, als würde sie auf etwas warten. Der Blick der forschenden Augen hatte sich an ihrem Besucher fest gesogen. "Ihr habt nicht gestört - aber Recht habt ihr. Genug des Müßiggangs." Ihre Lippen verzogen sich streng, sich scheinbar selbst tadelnd, dann krauste sie die Stirn. Ein Gesichtsausdruck, der selten etwas Gutes bedeutete.
"Körperliche Ertüchtigung sucht Ihr also? Gut - helft einer alten Frau die Alraunen zu ernten. Die Biester sitzen fest wie Felsen. Danach seid Ihr ertüchtigt, ganz ohne Stab und Schwert." Wie so oft bei ihr, klang es nicht nach einer Bitte und sie wartete auch nicht wirklich auf eine Antwort, sondern setzte sich in Richtung eines kleinen Anbaus in Bewegung, um sich Handschuhe und Werkzeug zu holen. Sicher könnte er nun auch einfach gehen. Sie hatte keine Verfügungsgewalt über ihn.
Re: Das Haus der Melitele - Kräutergarten
Verfasst: Samstag 17. September 2022, 20:26
von Jarel Moore
Jarel drehte sich erstaunt um. Der Erzpriesterin helfen?
Ihr so nahekommen? Kurz hob er die Braue.
„Es ist mir eine Ehre.“, antwortete er im Brustton der Überzeugung und folgte ihr tatsächlich in Richtung des Anbaus.
Und schon war sein Vorsatz, sich von allen Fern zu halten Höflichkeit – und vor allem Neugier- gewichen. Er bewunderte Valeria für ihre natürliche Dominanz.
Slava hätte sofort erkannt warum. Nur Jarel, der reflektierte so weit nicht. Er dachte darüber nach, was man mit Alraune – Mandragora – alles anstellen konnte.
Und wie immer kannte er sich nur damit aus was, welche Gifte man daraus herstellen konnte. Und welche Droge.
Das würde er aber besser nicht verraten.
Aber er würde besonders vorsichtig sein, denn gegenüber der halluzinogenen Wirkung des aus den Wurzeln austretenden Saftes war er mehr als empfindlich.
Re: Das Haus der Melitele - Kräutergarten
Verfasst: Montag 19. September 2022, 21:51
von ERZÄHLER
Ein seltsamer, doch angenehmer Laut erklang: die Erzpriesterin lachte. Kurz, doch wirklich. "Ihr seid wirklich ein seltsamer Mensch. Reden wollt Ihr nicht mit mir, aber mit mir im Dreck wühlen ist Euch eine Ehre?" Wie viele Leute hätten gern eine persönliche Unterredung mit der Erzpriesterin... Sie schüttelte kaum merklich den Kopf, doch der kurze Moment der Heiterkeit verging ebenso schnell wie er gekommen war und sie zog die Tür des kleinen Schuppens auf. Drinnen standen und hingen Gartengeräte in ordentlicher Reihe, auf einem kleinen Regal standen Kisten und Töpfe. Varelia zog eine Kiste heraus und entnahm dieser ledernde Handschuhe und ein mit Ruß geschwärztes Tuch. Nach einem skeptischen Blick auf die Handschuhe, reichte sie Jarel nur das Tuch, warf die Handschuhe zurück und nahm ein anderes Paar, außerdem ein weiteres Tuch. Jarel reichte sie eine Grabegabel.
"Für Eure Hände habe ich keine Handschuhe. Grabt, aber fasst die Pflanze nicht an, das übernehme ich." Die zweite Hälfte der Anweisungen wurde gedämpft durch das TUch, das sie sich über Mund und Nase gelegt hatte, um es sich im Nacken zu verknoten. Dann führte sie ihn zu einem der Hügelbeete, wo dicht an dicht fleischige Pflanzen mit lilaweißen Blüten standen.
"Wir nehmen einzelne heraus, weil sie dieses Jahr so dicht stehen. Bleibt mit der Nase weg. Hier, mit dieser fangen wir an.", wies sie ihn an und zeigte auf eine dicht wachsende Staude. Sobald Jarel die fest mit feinen Wurzeln durchzogene Erde gelockert hatte, begann Varelia mit geschicktem Drehen und Rucken die Knolle zu lockern, wobei sie umsichtig arbeitete, um nicht zu viele Wunden in die Pflanze zu reißen, aus denen ihr Saft austreten konnte. Das, was sie aus der Erde beförderte, erinnerte entfernt an ein Menschlein, mit Armen, Kopf und Beinen. Ein Umstand, weshalb der Volksglaube der Alraune allerlei verrückte Dinge andichtete. Der Tempel kultivierte die Pflanze hauptsächlich des Saftes und der darin enthaltenen Narkotika wegen, die man brauchte, um Wunden oder auch Menschen zu betäuben. Auch der Missbrauch war Varelia bekannt und so hütete sie ihre Alraunen wachsam, vor allem wenn sie erst in der Kräuterkammer auf ihre weitere Verwendung warteten.
Knolle für Knolle wanderte in den Korb und auch wenn es schon dem Abend zuging, geriet die Erzpriesterin ins Schwitzen. Manche der größeren Pflanzen saßen so fest, dass der Ritter kräftig hebeln musste, während sie drehte, die Hände in den Handschuhen tief in die Erde gegraben, bis die Wurzel schließlich mit einem knirschenden Geräusch nachgab. Selbst durch Kohle und Stoff konnte sie dann den Geruch des Saftes riechen und warf die Wurzel eilends in den abseits stehenden Korb.
"Teufelszeug und doch Seegen der Mutter zugleich.", sprach sie, als sie Jarel bedeutete, dass es genug sei. Sie nahm das Tuch von Gesicht, in das der Ruß mit ihrem Schweiß schwarze Spuren gezeichnet hatte. Dennoch schaffte sie es, würdevoll auszusehen, während sie auch die Handschuhe abstreifte. Eingehend musterte sie ihren Helfer.
Re: Das Haus der Melitele - Kräutergarten
Verfasst: Montag 19. September 2022, 22:52
von Jarel Moore
Das Tuch band der Ritter sich ungewöhnlich routiniert um. Als würde ein Tuch vor dem Mund zur Berufsbekleidung eines Ritters gehören. Und er arbeitete überaus konzentriert. Teilweise so konzentriert, dass er beinahe langsam wirkte. Entweder hatte er Respekt vor den Pflanzen, oder sogar Angst. Zumindest zeigte er Geschick beim Umgang mit dem Zeug und war sich der Gefahr bewusst.
Jarel sah immer noch in Richtung des Korbes, während er das Tuch abstreifte.
„Mit dieser Menge an Mandragora kann man ein ganzes Dorf in den Wahnsinn treiben.“, erklärte er leise und gab der Erzpriesterin das Tuch zurück. Sein Bart war pechschwarz. Und seine Mundwinkel auch.
Durchamtend verlor er sich einen Moment in Erinnerungen. Oder besser an einen Zeitraum, an den er kaum Erinnerungen aufzuweisen hatte.
Mehr als ein Jahr, verloren an Drogen. Angefangen mit Alkohol, Rauchkräutern, grüner Fee über Mohnblumensaft und zuletzt das, mit dem er sich die Gesundheit endgültig ruiniert hatte.
Eine Mischung aus Opiaten, Belladonna, Laudare und Mandragora. Vernichtend für den Verstand. Vernichtend für die Gesundheit. Hätte Ilarion nicht gesucht und gefunden…
Jarel schluckte und senkte den Blick. Vergangen. Längst vergangen.
„Wird es hier als Betäubungsmittel genutzt?“, fragte er ohne besondere Betonung und sah die Erzpriesterin endlich wieder an. In seinen Augen war nichts Besonderes zu lesen.
Eigentlich war gar nichts darin zu lesen.
Re: Das Haus der Melitele - Kräutergarten
Verfasst: Mittwoch 21. September 2022, 20:22
von ERZÄHLER
Varelia war zufrieden mit der Ausbeute und auch mit ihrem unverhofften Helfer. Nein, sie mochte nicht, was er verkörperte, was er vertrat und darstellte. Würde es niemals mögen und nicht aufhören dagegen zu sprechen, sobald das Thema auf den Tisch kam. Aber sie konnte den Mann, den Menschen dahinter respektieren, weil er sich - solange er hier war - auch respektvoll ihrem Haus und dem Glauben darin gegenüber verhielt. Wirklich schlau wurde sie allerdings nicht aus dieser Konstellation. Kam Jarel nach Wyzima, wohnte er oft hier in den Gästezimmern statt im eigenen Ordenshaus, das sich ja nur einige Straßen von hier entfernt befand und sicher weit mehr Annehmlichkeiten zu bieten hatte. Vor allem wenn man bedachte, wer er war - was Varelia als Erzpriesterin dieser Stadt natürlich wusste. Sie lebte lange genug in diesen Mauern, hatte sich immer wieder offen gegen de Aldersberg gestellt und dessen Fall und Nachfolge entsprechend mit Argusaugen beobachtet.
Die Worte des Ritters holten sie aus ihren Gedanken. Sie nahm das Tuch entgegen und versuchte in den Zügen Jarels dessen Gedanken zu lesen, während sein Blick auf dem Korb ruhte. Er nannte die Pflanze bei jenem Namen, den die Gelehrten ihr gaben, zeigte aber mit keiner Regung, was dabei in ihm vorging. Überhaupt wirkte er die ganze Zeit sehr in sich gekehrt.
Varelia atmete durch und streckte den Rücken, dann begann sie die Geräte aufzuräumen. "Wir bereiten verschiedene Tinkturen damit zu. Schmerzlindernde Salben und Spülungen, unter anderem." Sie rieb sich die Hände - einer ihrer Finger hatte im Vergleich zu den anderen alle Farbe verloren. Ein altes Leiden. Ihr Blick ruhte wieder auf Jarel. "Auch Betäubungsmittel, ja. Und natürlich den Konzentrierten Saft als Rohstoff." Pures Gift, den sie zuweilen an ausgewählte Alchemisten verkaufte.
Der Erzpriesterin entging nicht, dass keine der Informationen eine nennenswerte Reaktion bei ihrem Gast hervor rief. Seltsam, selbst für ihn, der zugegeben schwer aus der Reserve zu locken war, aber so steinern hatte sie ihn selten erlebt. Sie trat an den Korb und schlug die Ecken des Tuchs, welches den Korb auskleidete, über den Wurzeln zusammen. Dann packte sie einen der Riemen, wortlos wartend, dass er den anderen nahm, damit sie die Beute hinein bringen konnten.
"Woher kennt Ihr die Alraune?" Oder war es nur Hörensagen, wie bei den meisten? Das der Ritter sie eigentlich um ein Trainingsgerät gebeten hatte, war für Varelia inzwischen zu den Akten gelegt. Heute könnte er höchstens noch mit einem Besenstiel rechnen. Das sie das nicht auszusprechen brauchte, gehörte zu einer der Gesetzmäßigkeiten in diesem Tempel und ohnehin würde gleich die Glocke zum Abendgebet läuten, welches Jarel in ihrer Begleitung wohl kaum auslassen konnte.
Re: Das Haus der Melitele - Kräutergarten
Verfasst: Donnerstag 22. September 2022, 09:36
von Jarel Moore
Den Riemen des Korbes ergriff er – selbstverständlich – sofort und half den Korb hinein zu tragen.
Zu anderen Zeiten hätte er darauf bestanden die Ernte allein zu tragen, doch der Erzpriesterin wiedersprach man nicht. Er zumindest nicht.
Mit der Antwort auf ihre Frage jedoch ließ er sich ungewöhnlich viel Zeit.
Er hing seinen Gedanken nach.
Seine Erfahrungen mit den Wirkstoffen der Pflanze, die sie gerade geerntet hatten?
Er erinnerte sich kaum. Ein ganzes Jahr seines Lebens war für ihn nur in Bruchstücken greifbar. Und selbst diese waren verschwommen, unklar und er war sich unsicher, wie viel davon dem Wahnsinn entsprungen war.
An das DAVOR erinnerte er sich genau. An den Fehler, an dem seine Beziehung zerbrach. Daran, wie Ilarion regelrecht vor ihm floh. An seinen Absturz im Anschluss. Und daran, worin eben dieser Absturz seinen Anfang gegründet hatte: Dem plötzlichen Ersterben seiner Gefühle. Der gleichen Ruhe und Leere, die ihn jetzt eingeholt hatte.
Noch immer starrte der Mensch den Korb zu seinen Füßen an.
Er war am selben Punkt wie damals. Leere und Ruhe, aber auch Gleichgültigkeit und Desinteresse. An allem. An jedem. Wohin hatte es ihm damals getrieben? In die Arme dessen, welches die Gestalt, die ihm das Zeug damals verkaufte ‚Dûrfae‘ nannte. In die Arme der Droge, die Umgangssprachlich nur ‚Lichteraus‘ genannt wurde. Ein Versuch, der Leere zu entkommen.
Er horchte in sich und wartete auf ein Echo. Sehnsucht. Reue. Zuneigung. Stolz…
Nichts. Gar nichts. Und es störte ihn nicht.
Endlich riss er seinen Blick los, sah Varelia mit leerem Blick in die Augen und antwortete. „Sagen wir, in einem anderen Leben war ich einigen Wirkstoffen davon näher, als ich es sein sollte.“
Er nickte, sah zur Tür. Für ihn war das Thema damit beendet. Seine Mundwinkel zuckten zu einem höflichen Lächeln hoch.
„Ich sollte mich waschen gehen. Oder benötigt ihr noch weitere Hilfe?“
Die Frage nach einem Trainingsgegenstand hatte auch er abgehakt. Es würde auch ohne gehen.
Re: Das Haus der Melitele - Kräutergarten
Verfasst: Freitag 23. September 2022, 12:50
von ERZÄHLER
Sie wartete geduldig, beobachtete den großen, dunklen Mann, wie dieser wiederum sinnierend den Korb betrachtete. Sie konnte nichts in seinen Zügen lesen, ebensowenig in seinen Augen und das missfiel ihr. Üblicherweise verrieten Menschen sich und ihre Gedanken mit winzigen Gesten, motorischen Reaktionen, die völlig unbewusst vonstatten gingen. Lernte man, mit Menschen und deren Problemen umzugehen, lernte man auch, solche Zeichen zu deuten. Und Varelia hielt sich für gut darin, doch gerade stand sie vor einem Buch mit vielen Siegeln. Eine Statue hätte ihr mehr verraten, aber vielleicht war gerade diese Starre beredt genug.
Dann antwortete er doch noch, vage und trotzdem ausreichend für die Erzpriesterin. Sie nickte leicht, folgte ihm dann hinaus, denn auch sie musste sich vor der Messe reinigen. Unbewusst rieb sie sich weiter den tauben Finger, um wieder Leben hinein zu bringen, aber vermutlich half wie so oft nur ein heißer Becher Tee oder ein wenig warmes Wasser.
"Leistet Ihr uns bei der Messe wieder Gesellschaft, jetzt, da Ihr nicht mehr das Bett hüten müsst?" Eine offene Frage, trotzdem schaffte die Frau es zuweilen, mit solchen Worten ein schlechtes Gewissen zu erschaffen. Für die Gäste des Tempels gab es keine Pflicht zum Gebet, zumal Jarel und sein Knappe nicht ihrer Konfession angehörten, dennoch befürwortete Varelia es natürlich, wenn man der Gottheit, unter deren Dach man weilte, die Ehre erwies. Und außerdem mochte sie die Stimme des Ritters, die sich wie ein warmer Teppich unter die klaren Gesänge der Frauen zu legen pflegte.
Re: Das Haus der Melitele - Kräutergarten
Verfasst: Freitag 23. September 2022, 14:00
von Jarel Moore
Der Messe beiwohnen…
Jarel war nicht danach, doch wie sollte er der Erzpriesterin diesen...nun, es war kein Wunsch und kein Befehl. Es war nur eine Frage. Wie sollte er also diese Frage mit nein beantworten? „Ich werde da sein.“, er klärte er, zog kurz die Mundwinkel hoch, verbeugte sich mit echter Ehrerbietung und ging.
Gebadet hatte er bereits, zudem bis zur Messe nicht mehr ausreichend Zeit blieb. Ohne große Eile und darauf achtend sich nicht ins Gesicht zu greifen ging er in Richtung des Zimmers, in dem er untergekommen war. Seife, Tücher, Kamm. So ungewaschen in der Messe aufzukreuzen wäre unhöflich. Schließlich repräsentierte er etwas.
Doch noch bevor er das Gebäude betrat, fing ihn jemand ab. Iola.
„Hallo Kleines.“, begrüßte der Ritter die junge Frau, die ihn vorwurfsvoll ansah.
Beschwichtigend hob der Ritter die Hände. „Wenn du reden möchtest, bitte später.“, erklärte er mit einem Lächeln, dass Jakob als Servicelächeln betitelt hätte.
„Die Erzpriesterin hat mich gefragt, ob ich an der Messe teilnehme. Ich möchte mich vorher waschen und…“ Weiter kam er nicht. Iola nahm ihn bei der Hand und zog ihn mit sanfter Gewalt in Richtung der Waschräume. Dazu, in sein Zimmer zu gehen kam er nicht mehr.
Gerade rechtzeitig zum Läuten schaffte er es in den Gebetsraum. Frisch gewaschen, sogar umgezogen und mit einem geflochtenen Pferdeschwanz stahl er sich in die letzte Reihe.
Er war da. Zumindest körperlich. Ohne eine Mine zu verziehen folgte er der Messe. Von der Tatsache, dass er nicht mitsang abgesehen kaum ein Unterschied zu den Tagen davor. Zumindest äußerlich nicht.
In Jarel war es noch immer ruhig. Er machte sich keine Sorgen, dachte nicht nach, plante nicht, zerbrach sich nicht den Kopf. Und so leer wie sein Kopf war auch sein Blick.
Er war einfach nur da.
Re: Das Haus der Melitele - Kräutergarten
Verfasst: Montag 26. September 2022, 10:01
von ERZÄHLER
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von/nach:
aus der Zone >> Eingangsbereich des Tempels, nahe dem Kräutergarten
Datum: Ende Juli 1278
betrifft: ww - Viktor, Jake, Jarel, Arvijd
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Dann geschah etwas, womit keiner gerechnet hätte.
Im kleinen Vorhof des Tempels öffnete sich das Portal.
Wer allerdings dachte, ein wilder ungesteuerter Durchgang wäre so freundlich, sich am Bodenrelief zu orientieren, oder auch nur am Vorhandensein von Materie, der irrte gewaltig. Es war reines Glück, dass dort wo es sich öffnete kein Fels oder festes Mauerwerk war, allerdings war dort auch kein Boden, zumindest nicht in unmittelbarer Nähe. Der Boden befand sich rund 4 Schritt weiter... unten.
Dafür jedoch, dass diese Differenz möglichst schnell zu überbrückt wurde, sorgte die Schwerkraft, auf diese war in der Regel mehr verlass als auf ein Portal.
Sie stürzten...
Re: Das Haus der Melitele - Kräutergarten
Verfasst: Montag 26. September 2022, 10:10
von Nikolavo Vaclav
Nikolavo hatte reagieren wollen, es gelang ihm aber nicht, er landete nur Bruchteile von Sekunden vor den beiden andren, zu spät um jemanden zu halten, zu spät um zu reagieren zu steuern, aufzufangen.
Er rollte selbst ab, schlug dabei allerdings mit Kopf und Schulter gegen die Tempelmauer... nur um einen Moment benommen liegen zu bleiben. Einen langen Moment. Blut, dass ihm ins Gesicht tropfte weckte ihn...
Viktor hatte mehr Glück, seinen fall bremste das Gebüsch neben der Mauer. Doch auch von ihm hatte das Portal einen Blutzoll gefordert.
Auch Amir's Fall wurde gebremst, allerdings von der Mauer selbst. Jetzt konnte sich Nikolavo das Geräusch ins Gedächtnis rufen, das garstige Knirschen als seine Wirbel und Rippen brachen, und das Schmatzende Geräusch des Aufpralls auf... die Mauer war bewehrt gewesen, geschmiedete Spitzen staken darin und eine ragte nun aus dem Unterleib des Soldaten, Blut rann ihm, so wie er da hing den Arm entlang und tropfte auf den Dämon. Blut. warmes lebendes menschliches Blut.
Er leckte es ab.
Jeder Tropfen war reine Kraft... der Mann lebte noch und das Blut teilte ihm diese veränderbare Wahrheit mit jedem Tropfen mit.
Langsam richtete er sich auf.
Der Sturz war nicht unbemerkt geblieben.
Dies war der Tempel der Melitele, etwas, das aussah wie eine Basilika im romanischen Stil. Doch vor wenigen Jahren war sie hart umkämpft gewesen. Die dicken Mauern machten sie zu einer sicheren und gut zu verteidigenden Festung. Mitten in der historischen Hauptstadt. Jetzt war sie wieder in der Hand der Priesterinnern der aber die Angst war geblieben und saß tief und Wachen patrouillieren.
Ihr Piken richteten sich auf sie, den großen kräftigen Mann und den, der langsam auf der Mauer ausblutete und den anderen, der aus dem Gebüsch gekrochen kam.
Auf drei Männer, die aus dem Nichts erschienen waren.
Auf den einen vor allen, dessen Augen rot glühten und der in dem letzten Momenten an Größe hinzugewonnen zu haben schien.
Es wirkte fast als trüge er einen doppelten Satz Hörner auf dem Kopf und als wuchsen ihm Dornen aus dem Rücken, als peitsche ein stachelbewehrter Schwanz am Ende seines Steißes. Aber da war nichts, nur ein Trugbild, dennoch wichen die Wächter im ersten Moment zurück als er sich langsam aufrichtete und langsam geradezu behutsam den Mann von der Mauer hob, die Hand in die Wunde drückte, und ihn dabei an sich presste.
"Keine Bewegung... wer seid ihr?" brüllte der Wachmann, der Panik nahe weil dieses Geschöpf aus der Hölle ihn nicht einmal zu beachten schien.
Der Dämon dachte nicht nach.
"Holt einen Arzt!" Fauchte er mit heiserer Stimme in deren Sprache, die sich gänzlich von der unterschied, die sie noch eben in der Zone gesprochen hatten. Aber er hatte sie gelernt, vor einer ganzen Weile.
Der PDA, der Amir aus der Hand gefallen war, den er eben noch Viktor hatte zeigen wollen, der lag nun am Boden, das Display hatte noch kurz aufgeleuchtet und war nun in Standby gefallen.
Re: Das Haus der Melitele - Kräutergarten
Verfasst: Montag 26. September 2022, 12:23
von Jarel Moore
Nach der Messe war Jarel nicht ins Quartier zurückgekehrt.
Auch zur Mahlzeit hatte er sich nicht eingefunden, irgendwie fehlte ihm der Appetit.
Sein Wunsch, sich zu verausgaben und dann entsprechend Ruhe zu finden war immer noch groß.
Dementsprechend befand er sich im Garten, als sich in mittelbarer Nähe etwas auftat. Ein Riss in was auch immer in mehreren Schritt Höhe, das drei Gestalten ausspie. Ein Portal. Direkt am Tempel.
Instinktiv tastete der Ritter an seinem rechten Oberschenkel.
Nichts…nur der Stein, den er immer mit sich schleppte. Kein Dolch, kein Schwert.
„Kacke…“, brummte der Schattenläufer, sah sich hektisch um und verschwand im Schatten der Außenmauer.
Schnellen Schritten näherte er sich und verschaffte sich erst einmal einen Überblick.
Die gute Nachtsicht offenbarte ihm erschreckendes. Jarel erstarrte.
Rotglühende Augen, Stacheln, Schwanz… Eine Teufelswache! Hier! Und welche der Gestalten war ihr Meister?
Der Ritter blinzelte. Seit wann konnte eine Teufelswache menschliche Gestalt annehmen?!
Und seid wann kümmerte es einen versklavten Dämon, wenn sein Herr starb?
Die Gestalt, die der Dämon von der Mauer pflückte, war höchstwahrscheinlich hinüber.
War das sein Herr? Der Junge trug Militärkleidung. Kleidung im Stil von….nein…unmöglich.
Mit angehaltenem Atem riss Jarel seinen Blick los. Am Fuße der Mauer leg ebenfalls ein Mensch. Eher in seinem Alter als in dem der anderen Beiden.
Und dann fiel sein Blick auf das letzte Detail. Das konnte nicht sein, oder? Oder doch?! Ein PDA. Slavas Heimat. Es war wirklich ein Glück, dass in dem Kopf des Ritters keine Emotionen zu finden waren. So flippte er wenigstens nicht aus.
Hinter den Wachen, die die Neuankömmlinge in Schach hielten, trat Jarel unauffällig aus dem Schatten.
Er trug immer noch die Kleidung, die Arvijd ihm zur Verfügung gestellt hatte. Und auch wenn die Tunika um die Brust ordentlich spannte, wirkte er doch auf den ersten Blick wie ein Priester, nicht wie ein Ritter.
Damit sich die Wache nicht zu Tode erschreckte, sprach er den Mann mit ruhiger Stimme an.
„Seid so gut, Korporal Meiray, geht und holt Kostjunari. Und bringt Fackeln mit. Der Doktor braucht Licht.“
Seiner Stimme fehlte es nicht an Nachdruck. „Wir sind hier im Tempel der Melitele und Leben zu retten ist das höchste gut, egal was die Götter uns vor die Füße speien.“
Ohnehin waren auch ohne den Korporal noch genug Wachen da.
Jarel schob sich vorbei und schob mit einem ‚zufälligen‘ unsichereren Ausfallschritt das PDA unter einen Busch. Erst war zu klären, was hier los war.
Er kniete sich neben den Verletzen und überflog kurz mit den Augen den Zustand des Reisenden.
„Sieht nicht gut aus.“, sprachs und zog sein Oberteil aus. „Ihr sprecht die Gemeinsprache. Woher kommt ihr?“, wollte er leise wissen, während er mit Hilfe der Zähne das grobe Leinen in Streifen zu reißen begann. „Azeroth oder die Zone?“, fügte er noch leiser und im Verschwörerischen Ton an, während er Nikolavo die ersten Streifen reichte.
Der Ritter war angespannt wie ein voll ausgezogener Bogen, aber er versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Blos keine Schwäche zeigen. Wenn der Dämon ihn angriff, war er so oder so geliefert.
Re: Das Haus der Melitele - Kräutergarten
Verfasst: Montag 26. September 2022, 21:15
von Jakob von Nagall
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von/nach:
aus dem Heiligtum >> Eingangsbereich des Tempels, nahe dem Kräutergarten
Datum: Ende Spetember 1278
betrifft: Viktor, Nikolavo, Jarel, Arvijd
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Er erwachte aus der Meditation, weil ihm ein Gefühl durch die Wirbel rann, als stoße jemand ein eiskaltes Messer von oben durch den Markkanal. Es prickelte bis in die letzten Nervenenden und ließ ihn keuchend auffahren. Im ersten Moment wusste er nicht, wo er war, denn um ihn herum herrschte Dunkelheit, aber langsam kehrte die Erinnerung zurück. Wie so oft war er zurück geblieben, versunken in sich selbst. Manchmal auch eingeschlafen, zugegeben. Doch heute war die Meditation besonders tief gewesen und das Erwachen äußerst unangenehm. Jakob rieb sich den Nacken, orientierte sich noch, als er Stimmen von draußen hörte. Es klang nach den Wachen, dann bellte jemand etwas, das nach einem Befehl klang.
Die Finger an der rauen Wand tastete er sich bis zum Portal vor und trat hinaus in die laue Sommernacht. In der Nähe des Tors sah er Menschen, die meisten davon wohl Tempelwachen. Sie standen mit erhobenen Piken um eine Gruppe herum, während Jakob erst langsam, dann immer schneller auf diese zulief. Er hatte Jarels Silhouette erkannt, die sich über einen Mann beugte. Daneben ein weiterer Mann, doch als er endlich nahe genug heran war, stoppte er abrupt und die Linke fuhr wie automatisch an seine Seite. Doch da war kein Schwert. Da war nichts, was er diesem - Wesen? - entgegen setzen könnte. Im Reflex bekreuzigte er sich, denn dieser Dämon war definitiv einem der neun Höllenkreise entstiegen.
Dann fiel das Licht der Fackeln ein wenig anders auf die Gruppe und offenbarte dem Knappen, dass sowohl der Dämon als auch der am Boden liegende Mann Kleidung trugen, wie er sie aus seiner Welt kannte. Er wandte den Kopf, weil er eine weitere Bewegung ausmachte und sah, dass die Tempelwachen einen weiteren Mann aus dem Schneeball befreiten und Jakob beglückwünschte sich irrationalerweise dazu, die harten Bodentriebe direkt über dem Boden abgeschnitten zu haben, sodass sie nicht wie miniaturisierte Pfähle in einer Grube gewirkt hatten. Der andere Kerl hatte aber wohl weniger Glück gehabt. Überall war Blut und es roch unangenehm. Jakob wusste, dass er rumstand und starrte, aber im ersten Moment wusste er nicht wirklich, was er tun sollte, zumal ihn der Anblick des Dämons schier lähmte. Kein Schwert. Was wenn der auf sie los ging?
Re: Das Haus der Melitele - Kräutergarten
Verfasst: Montag 26. September 2022, 21:24
von Nikolavo Vaclav
Ein Mensch tauchte auf, ein weiterer, er trug unauffällige Kleidung, noch hatte Nikolavo nicht begriffen, dass es ein Kloster war, er hatte auch nicht begriffen, dass er sich in einer Welt befand, die erkannte, wenn auch auf dem Kontinent, den er nicht kannte. Er begriff gerade gar nichts, dachte nichts, er funktionierte nur.
Amir war verwundet, lebensgefährlich vielleicht sogar, er spürte wie das Herz des Mannes vergeblich das Blut zu pumpte, denn es versickerte... sein Kreislauf würde versagen.
Er suchte Viktor, der saß zusammengesunken da, hielt sich die Hand, er blutete ebenfalls, er konnte es riechen. Aber dessen Herz schlug noch, er war nur bewusstlos.
Aber das von Amir drohte zu versagen... er musste etwas tun. Sie hatte es ihm einmal erklärt... ihren Kreislauf an seinen binden. Blut, sein Blut... Es versickerte ungenutzt... wenn er es trank würde er die Magie darin nutzen können... auf die direkteste Arten der Blutmagie, die gemeinste, die widerwärtigste, aber die effizienteste.
War ein Ritual zwischengeschaltet ging immer etwas verloren...
Um sich selbst zu retten war es ohnehin zu spät, mit dem vor Augen war er verloren hatte.
Der Mensch hielt ihm die Wächter vom Hals... immerhin musste er nicht töten um ihr Überleben zu sichern. Auch wenn er Amir nur kurz kannte, sie waren Kameraden, er würde um sein Leben kämpfen.
Er gab Anweisungen, Licht. Fackeln.
"Keine Fackeln..." er brauchte kein Licht... besser wenn keiner der Menschen sah was er tat. Er trank das Blut, ehe er es versickerte, leckte es von Amirs Hand und Arm ehe es versickerte. Kein Mensch würde das tun, ihm war es gerade egal, was die anderen dachten, er gab die verlorene Kraft Amir zurück, Kraft aus seinem eigenen Blut.
Keine Zeit nachzudenken.
Blutung stoppen. Nicht Denken.
Er schloss die glühenden Augen während er seine Kraft in die des Menschen fließen ließ, sie hatte ihm gesagt, er solle nicht zerstören, er könne auch heilen. Es wäre genauso leicht und nun versuchte er es. Wie er es bei sich selbst getan hätte... Blutgefäße wieder zusammensetzen... das war das wichtigste. Das Blut musste drinnen bleiben. Seine Hand verschloss noch immer die Wunden, doch es gelang ihm das große Gefäß im Bauch zu schließen. Er würde nciht gleich verbluten. Er hatte Zeit gewonnen.
Was hatte der Menschenmann gesagt?
Erst jetzt blickte er auf.
Sah den fremden Mann... erinnerte sich an die Fragen.
Er öffnete wieder die Augen, sein Blick fixierte den Fremden.
Er war befehlsgewohnt. Soldaten und Wachen mochte der Dämon jedoch nicht, er hatte bereits genug schlechte Erfahrungen gemacht mit Pikenieren. Dann brachten sie Fackeln. Auch das mochte er nicht. Als nächstes kamen immer Mistgabeln... und dann gab es Tote, und ihn wollte man dafür brennen sehen.
Allerdings entging dem Dämon vollständig, dass der Mensch den PDA, der Amir aus der Hand gefallen war wegschob, Beweise verschwinden ließ.
Sein glutroten Augen starrten direkt den Mann an, der gesprochen hatte. Er blinzelte nicht, etwas, dass Menschen oft irritierte, auch noch wenn sie sich an das rot gewöhnt hatten.
"Ich spreche die Gemeinsprache..." in einem extremen Skelliger Dialekt.
Der Mann war erstaunlich unbeeindruckt.
Zone... Azeroth... Mehr als durchdringend starren konnte er nicht, aber er versuchte es. Nun setzte langsam das Denken wieder ein. Was war geschehen? Wo war er? Es war nicht mehr die Zone...
"...Zone..." kam nur heraus.
Was war das gewesen? Caro... Seine Tochter... Eine Träne... ein Schatten.
Er war der Wanderer.
Woher...
"...aus Pripyat..." er neigte nicht zu langen Antworten, aber auch nicht zur Geheimhaltung. Wirklich leise zu sprechen lag ihm allerdings auch nicht, seine Stimme war rau und kratzig, als wäre sein Kehlkopf nicht dafür gemacht. Aber er sprach die Sprache... die Kronen fielen langsam und nur sporadisch, aber sie fielen.
Er war zurückgekehrt. Die gleiche Sprache... keine fremde.
Und dann fiel da ein Name, einer der ihn erstarren ließ.
"Doktor... Kostjunari?"
Dass er sein Haifischgebiss entblößte... dass sein Kinn Blutverschmiert war, dass man daran deutlich erkennen konnte, dass er sich am Blut bedient hatte stand in groteskem Gegensatz zu seinen Worten. Langsam wanderte sein Blick von Jarel zu dem jungen Menschen der hinter diesem aufgetaucht war. Auch der Dämon war unbewaffnet, das Sturmgewehr hatte er fallen gelassen, es zählte praktisch nicht.
Re: Das Haus der Melitele - Kräutergarten
Verfasst: Montag 26. September 2022, 21:28
von ERZÄHLER
Der Korporal hätte die Neuankömmlinge am liebsten direkt aufgespießt, aber dann war da dieser Mann. Er glaubte sich erinnern zu können, dass er ein Ritter war, auf jeden Fall war es eine Stimme, der man folgte. Er glaubte sich auch zu erinnern, dass er mit ihm gesprochen hatte, irgendwann einmal... er hatte sich sogar gemerkt gehabt, das er frisch verheirate war, dass jetzt das erste Kind unterwegs war.
Er folgte also.
Würde niemanden aufspießen heute.
Ohne zu fragen. Seine Leute holten Fackeln, er selbst rannte los um den Doktor zu verständigen. Weitere Fragen stellte er nicht, nicht warum einer der Fremden rote Augen hatte. Nicht warum er Blutverschmiert war wie ein Gharkin.
Der Ritter schien keine Probleme damit zu haben und er war froh, wenn er die Verantwortung abgeben konnte.
Der Korporal würde auch den Arzt holen. Er nickte, verschwand und drückte sich an dem jungen Mann vorbei.
"Entschuldigt..."
Re: Das Haus der Melitele - Kräutergarten
Verfasst: Montag 26. September 2022, 22:44
von Jarel Moore
Jarel beobachtete ohne großartige Emotionen das Vorgehen des Dämons.
„Du bist hier nicht mehr in Pripyat.“, raunte der Mann, der nun mit nacktem Oberkörper einige gewickelte Leinenstreifen auf eine weitere Wunde presste und sah sich hektisch um. „Auch nicht mehr auf der Erde. Du bist in einer Welt, wo alle Andersartigen ausradiert werden.“ Und er war dabei das ausführende Organ. Aber das behielt er lieber für sich.
„Du sprichst die Sprache hier….“ Er unterbrach sich und verstummte, als sich zum Entsetzen des Ritters Jakob näherte. Jarel hielt die Luft an. Einen Liedschlag lang begehrte in seinem Inneren etwas auf. Etwas, dass sich mit scharfer Klinge gegen den Kokon warf, der sich um seine Gefühlswelt gebildet hatte. Etwas, dass dafür sorgen wollte, dass er sich sorgte, oder gar in Panik geriet.
Aber es kam nicht durch.
Statt etwas zu seinem Knappen sagen, warf er ihm einen scharfen, warnenden Blick zu und deutete ihm mit einer Kopfbewegung zu verschwinden. Doch er wusste, das war vergeblich. Jakob würde nicht gehen. Ob er gesehen hatte, woher die drei gekommen waren? Ob er gesehen hatte, was die Person neben ihm war? Ob er schlau genug war sich sein Schwert geben zu lassen?
Er würde nicht gehen. Denn das würde bedeuten seinen Ritter allein zu lassen. Seine Pflicht würde der Junge niemals verletzen.
Jarel seufzte und wand sich wieder Nikolavo zu.
„Der Doktor wird Licht brauchen um den Jungen zu behandeln, Dämon. Die Menschen hier sehen nicht gut im Dunkeln. Aber wenn sie dich sehen mit deinen Zähnen, dem Blut am Kinn und den leuchtenden Augen wars das. Und wenn du es wagen solltest meinen Freund den Doktor anzurühren, wars das auch, verstanden?“, zischte er leise.
Natürlich bluffte er. Mit bloßen Händen hatte er keine Chance gegen einen Dämon.
Aber das Wesen kümmerte sich um den Verletzen. Mit schlimmster Blutmagie. Aber es kümmerte sich.
Nun richtete er doch das Wort an Jakob. „Hol Arvijd! Eile dich, Knappe.“, befahl er streng und im scharfen Ton. Es war einen Versuch wert. Ihm war alles recht, wenn er nur den Jungen aus der Schussbahn bekam. Auch die Möglichkeit, dass Jakob ihm deswegen zürnte. Oder nie wieder vertrauen würde.
Es fehlte ihm das Gefühl, ja. Aber sein Schutzinstinkt war noch intakt.
Was für ein Glück, dass wenigsten Viola nicht hier war.
Re: Das Haus der Melitele - Kräutergarten
Verfasst: Dienstag 27. September 2022, 07:01
von Jakob von Nagall
Es mochte dunkel sein, doch es war nicht dunkel genug, die Schatten nicht tief genug, um zu verbergen, wie der Dämon sich am Blut gütlich tat. Am Blut! Das Blut des Menschen, der zu Füßen der Mauer mehr tot als lebendig war. Jakob fühlte wie sich ihm alle Nackenhaare aufstellten, als dunkle Erinnerungen aus seinem Unterbewusstsein herauf krochen und die Bilder mit diesem hier in Deckung bringen wollten. Noch veranktert in der kürzliche beendeten Meditation, zog er sich fast automatisch in sich selbst zurück, auch wenn das natürlich Quatsch war. Es hatte ihn längst gesehen, brauchte nicht mehr spüren. Das Wesen sah zwar nicht aus wie ein Vampir, aber was wusste er schon, welche Formen diese Ausgeburten der Hölle in anderen Welten annehmen konnten? Und aus einer anderen Welt schienen sie zu kommen, urteilte man nach der Kleidung. War es das, was er gespürt - was ihn so sengend aus der Meditation gerissen hatte? Das Portal, durch das diese drei gekommen waren?
Aber das war jetzt doch eigentlich nicht wichtig - sein Kopf suchte nur Beschäftigung, Ablenkung. Einer der Torwächter drehte sich in diesem Moment um und wollte Richtung Tempel eilen, wobei er fast mit Jakob zusammenstieß. Er entschuldigte sich kurz, streifte ihn dennoch und verschwand in der Nacht. Er hörte Jarels dunklen Bass, doch aus dem Murmeln waren keine Worte zu identifizieren, zumal er kurz durch den Korporal abgelenkt war. Irgendwie auf diesen reagieren konnte er nicht, da blaffte ihn Jarel schon an, er solle den Doktor holen. Ein Befehl und seine Füße wollten sich im ersten Moment schon fraglos in Bewegung setzen, doch etwas hinderte ihn daran, seinen Ritter mit diesem Monster allein zu lassen. Auch Jarel trug keine Waffe, nicht mal seine Dolche! Das der Ältere ihm mit dem Befehl quasi den Weg zu eben diesen Waffen hatte ebnen wollen, begriff er in seiner Aufregung nicht. Er wusste aber, dass er eine Waffe brauchte, ebenso wie er wusste, dass er nicht von Jarels Seite weichen würde, solange dieses Wesen so lauernd dort hockte.
Über das, was er als nächstes tat, dachte er nicht einmal wirklich nach - im Nachgang vielleicht, wenn es einen Nachgang geben würde. Er brauchte nur zwei lange Schritte, die ihn zur nächststehenden Tempelwache brachten, welche in einer Hand eine Fackel und in der anderen die Pike hielt - keine mehr frei. Flink griff er nach dem Kurzschwert, das der Mann um die Hüfte trug. Singend glitt es aus der Scheide.
Zwei weitere Schritte und er hatte sich auf Seiten des Dämons positioniert.
"Weg von dem Mann, Dämon." Das dieser ihn mit seinem Verhalten geheilt, vielleicht gerettet hatte, sah er nicht. Er sah nur Blut auf dolchartigen Zähnen und dämonisch glühende Augen, die sich nicht eine Sekunde lange für einen Lidschlag schlossen. "Vade Retro." Ein wenig wunderte er sich selbst, dass seine Stimme nicht zitterte, denn sein Innerstes klirrte geradezu vor Anspannung. Das Kurzschwert war ein lausiger Ersatz für die silberne Klinge, die er sonst führte. Es hatte eine ungewohnte Balance und war - naja, eben kurz. Er konnte es nicht einmal warnend irgendwo ansetzen, weil er damit für seinen Geschmack viel zu nah an das Wesen heran gemusst hätte. Aber er war bereit, auch mit der ungewohnten Waffe sichtlich geübt mit einer Klinge. Eine falsche Bewegung, ein Wort seines Mentors... Das er nicht längst einfach zugestoßen hatte, lag nur an dem Umstand, dass Jarel mit dem Ding zu reden schien und dummerweise dabei in dessen Reichweite war.