Re: Allgemein | Irgendwo in den Straßen Nowigrads...
Verfasst: Montag 28. August 2023, 11:42
Ungerechtigkeit. Überall.
War es das, ungerecht? Oder war es Pech? Pech als Kind einer armen Familie geboren zu sein. Pech Titten zu haben. Gott würfelt nicht, hat Einstein gesagt und geholfen Little Boy auf den Weg zu bringen. Pech, dass er den Nazis weg gelaufen ist? Ungerecht, dass die Bombe ihren Leuten zur Verfügung stand? Jordan drehte solche Gedanken nicht allzu oft im Kopf, denn sie führten zu nichts. Die Dinge passierten, waren und konnten nur durch aktive Arbeit geändert werden. Wie Naturgesetze. Wenn man etwas bewegen wollte, Zustände ändern wollte, dann musste man Arbeit investieren. Energie. Damit wurde das Prozedere an sich zum Neutrum, denn egal ob sie als Frau in der Armee voran kommen wollte oder es einen Mann gab, der Arbeit in das gleiche Ziel (Frau Baker zum Offizier machen, nicht sich selbst) investierte, er würde die gleichen Hürden vor sich haben. Es war eine Sache des Blickwinkels.
Was half, waren Verbündete. Hände, die ins gleiche Ziel hinein arbeiteten und nicht dagegen. Peach war ihr Co-Pilot, Peacock ihr Flügelmann. Begleiter. Mittäter. Sicher war sie mehr gerannt als die beiden, aber auch sie hatte hin und wieder ein paar Hände gebraucht, die ihr die Räuberleiter über den Wall machten. Genauso wie andersrum.
Rock gleich fickbar. Schöne, einfache Welt.
Jordan blickte dem falschen Mann in die dunklen Augen, während Schura mit seinen Übersetzungen und Erklärungen aufholte. Kannte sie sich aus? Eigentlich nicht. Sie war kein Opfer oder so. An sie hatte sich noch nie einer ran gewagt oder es bei einem Gedanken belassen. Woran das lag, konnte Jordan nicht wirklich beantworten und es kam ihr manchmal selbst unheimlich vor. Als einzige Kuh in einer Rotte Jungbullen, die meilenweit nach Testosteron stanken und dennoch suchten die sich lieber Armeematrazen auswärts. Die drohende Strafe intern konnte es nicht sein, dazu passierte viel zu viel in dunklen Ecken und verborgen von der Nacht, unter den Augen der Offiziere, die einfach nicht hinsahen.
Auftreten, sagten die einen. Haltung, die anderen. Kleidung? Nicht wenn alle den gleichen Look hatten. Und wirklich eine Künstlerin im Nahkampf war sie auch nicht. Entsprechend blieb sich Jordan eine Antwort schuldig und hob nur die Schultern in einer gleichgültigen Geste.
Dann zog Schura mit seiner Antwort auf Jordans Frage nach Südostasien deren Aufmerksamkeit schlagartig auf sich.
China? Wirtschaftsmacht? In China herrschte seit Beginn der Kulturrevolution Mitte der 60er Jahre totales Chaos - an Wirtschaftswachstum kaum zu denken. Was redete der Kerl für einen Quark? Und dann noch Hong Kong. Unter britischer Verwaltung seit sie sich mit Asien beschäftigte, allerdings gab es Anzeichen dafür, dass die Briten sich bald aus der Stadt zurückziehen würden. In Jordan wuchs ein ungutes Gefühl. Sie hatte Schura nicht gefragt, woher genau er kam oder besser von wann. Plötzlich hatte sie einen unangenehmen Druck auf der Brust und blieb stehen, während ihre beiden Begleiter die letzten Schritte bis zur Tür eines schicken Hauses machten.
Jordan drehte sich um, blickte die Straßen entlang, prägte sich den Ort ein. Auch zur Brücke ging ein Blick und dann wieder an dem Turm empor, der einfach alles in dieser Stadt überragte. Dominierte. Ein Symbol wie der Petersdom, ähnlich imposant, ähnlich in seiner Machtdarstellung. Kirche. Papst. Jordan versuchte sich zu erinnern, wann sie zuletzt in einer Kirche gewesen war. Ewig her. Da hatte sie noch Kleider tragen müssen und Zöpfe. Beides hatte sie ebenso abgelegt, wie den Glauben. Unüblich in ihrer Kultur, doch was an ihr war schon üblich? Wäre sie den christlichen Lehren hörig und treu, dann wäre sie verheiratet, hätte fünf Bälger und einen Mann, der sie jeden Abend flach legte, um ihr das sechste zu machen. Nichts worauf sie wert legte.
Und diese Kirche? Wenn sie Novka so zuhörte, oder besser dem, was Schura aus dem Worten des Feldwebels machte, war die keinen Deut besser, nur noch etwas mehr zurück geblieben. Hier durfte man noch Scheiterhaufen errichten, während man das in Jordans Heimatdorf nur noch sehnsuchtsvoll dachte, aber nicht aktiv tat. Sowieso nicht mehr für Hexen, nur noch für Schwarze.
Sie hörte Schuras Einladung, folgte dieser aber nicht sofort. Schon wieder Wände. Zwar Wände, hinter denen sich ein Zuber verbarg, aber trotzdem Wände. Vielleicht doch der Fluss? Nein, halt, die Hygienezustände waren hier ebenfalls wie in Südostasien. Konnte man also von Glück sagen, wenn einem beim Bad keine Leiche die Seife reichte. Hätte sie geahnt, welchen Gedanken Schura beim Thema Seife verfolgte, Jordan hätte wohl tatsächlich gelacht. Diese Art Chef kannte sie und es erinnerte sie schlagartig an Peck. Und die MiG. Wenn sie je lebend heim kam, würde Peck sie umbringen. Ganz ohne Tamtam.
Seufzend folgte Jordan den Männern ins nächste Gebäude.
"Wann bist du geboren, Alexander Lebedew aus St. Petersburg?" Vielleicht etwas spät, aber besser spät als nie.
War es das, ungerecht? Oder war es Pech? Pech als Kind einer armen Familie geboren zu sein. Pech Titten zu haben. Gott würfelt nicht, hat Einstein gesagt und geholfen Little Boy auf den Weg zu bringen. Pech, dass er den Nazis weg gelaufen ist? Ungerecht, dass die Bombe ihren Leuten zur Verfügung stand? Jordan drehte solche Gedanken nicht allzu oft im Kopf, denn sie führten zu nichts. Die Dinge passierten, waren und konnten nur durch aktive Arbeit geändert werden. Wie Naturgesetze. Wenn man etwas bewegen wollte, Zustände ändern wollte, dann musste man Arbeit investieren. Energie. Damit wurde das Prozedere an sich zum Neutrum, denn egal ob sie als Frau in der Armee voran kommen wollte oder es einen Mann gab, der Arbeit in das gleiche Ziel (Frau Baker zum Offizier machen, nicht sich selbst) investierte, er würde die gleichen Hürden vor sich haben. Es war eine Sache des Blickwinkels.
Was half, waren Verbündete. Hände, die ins gleiche Ziel hinein arbeiteten und nicht dagegen. Peach war ihr Co-Pilot, Peacock ihr Flügelmann. Begleiter. Mittäter. Sicher war sie mehr gerannt als die beiden, aber auch sie hatte hin und wieder ein paar Hände gebraucht, die ihr die Räuberleiter über den Wall machten. Genauso wie andersrum.
Rock gleich fickbar. Schöne, einfache Welt.
Jordan blickte dem falschen Mann in die dunklen Augen, während Schura mit seinen Übersetzungen und Erklärungen aufholte. Kannte sie sich aus? Eigentlich nicht. Sie war kein Opfer oder so. An sie hatte sich noch nie einer ran gewagt oder es bei einem Gedanken belassen. Woran das lag, konnte Jordan nicht wirklich beantworten und es kam ihr manchmal selbst unheimlich vor. Als einzige Kuh in einer Rotte Jungbullen, die meilenweit nach Testosteron stanken und dennoch suchten die sich lieber Armeematrazen auswärts. Die drohende Strafe intern konnte es nicht sein, dazu passierte viel zu viel in dunklen Ecken und verborgen von der Nacht, unter den Augen der Offiziere, die einfach nicht hinsahen.
Auftreten, sagten die einen. Haltung, die anderen. Kleidung? Nicht wenn alle den gleichen Look hatten. Und wirklich eine Künstlerin im Nahkampf war sie auch nicht. Entsprechend blieb sich Jordan eine Antwort schuldig und hob nur die Schultern in einer gleichgültigen Geste.
Dann zog Schura mit seiner Antwort auf Jordans Frage nach Südostasien deren Aufmerksamkeit schlagartig auf sich.
China? Wirtschaftsmacht? In China herrschte seit Beginn der Kulturrevolution Mitte der 60er Jahre totales Chaos - an Wirtschaftswachstum kaum zu denken. Was redete der Kerl für einen Quark? Und dann noch Hong Kong. Unter britischer Verwaltung seit sie sich mit Asien beschäftigte, allerdings gab es Anzeichen dafür, dass die Briten sich bald aus der Stadt zurückziehen würden. In Jordan wuchs ein ungutes Gefühl. Sie hatte Schura nicht gefragt, woher genau er kam oder besser von wann. Plötzlich hatte sie einen unangenehmen Druck auf der Brust und blieb stehen, während ihre beiden Begleiter die letzten Schritte bis zur Tür eines schicken Hauses machten.
Jordan drehte sich um, blickte die Straßen entlang, prägte sich den Ort ein. Auch zur Brücke ging ein Blick und dann wieder an dem Turm empor, der einfach alles in dieser Stadt überragte. Dominierte. Ein Symbol wie der Petersdom, ähnlich imposant, ähnlich in seiner Machtdarstellung. Kirche. Papst. Jordan versuchte sich zu erinnern, wann sie zuletzt in einer Kirche gewesen war. Ewig her. Da hatte sie noch Kleider tragen müssen und Zöpfe. Beides hatte sie ebenso abgelegt, wie den Glauben. Unüblich in ihrer Kultur, doch was an ihr war schon üblich? Wäre sie den christlichen Lehren hörig und treu, dann wäre sie verheiratet, hätte fünf Bälger und einen Mann, der sie jeden Abend flach legte, um ihr das sechste zu machen. Nichts worauf sie wert legte.
Und diese Kirche? Wenn sie Novka so zuhörte, oder besser dem, was Schura aus dem Worten des Feldwebels machte, war die keinen Deut besser, nur noch etwas mehr zurück geblieben. Hier durfte man noch Scheiterhaufen errichten, während man das in Jordans Heimatdorf nur noch sehnsuchtsvoll dachte, aber nicht aktiv tat. Sowieso nicht mehr für Hexen, nur noch für Schwarze.
Sie hörte Schuras Einladung, folgte dieser aber nicht sofort. Schon wieder Wände. Zwar Wände, hinter denen sich ein Zuber verbarg, aber trotzdem Wände. Vielleicht doch der Fluss? Nein, halt, die Hygienezustände waren hier ebenfalls wie in Südostasien. Konnte man also von Glück sagen, wenn einem beim Bad keine Leiche die Seife reichte. Hätte sie geahnt, welchen Gedanken Schura beim Thema Seife verfolgte, Jordan hätte wohl tatsächlich gelacht. Diese Art Chef kannte sie und es erinnerte sie schlagartig an Peck. Und die MiG. Wenn sie je lebend heim kam, würde Peck sie umbringen. Ganz ohne Tamtam.
Seufzend folgte Jordan den Männern ins nächste Gebäude.
"Wann bist du geboren, Alexander Lebedew aus St. Petersburg?" Vielleicht etwas spät, aber besser spät als nie.