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Re: Taverne | Neu-Narakort im Händlerbezirk

Verfasst: Dienstag 15. Oktober 2024, 21:45
von Vyacheslav Sokolov
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vom: Wyzima | Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum
Datum: vom frühen Nachmittag, 31. August 1278 bis zum frühen morgen des 01. September
betrifft: Slava, Liam?
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Am frühen Morgen, schon kurz nach dem ersten Hahnenschrei...
Ja, wirklich. Und er war aus dem Bett gefahren und hatte gerade so den Drang klein halten können, etwas nach dem Mistvieh zu werfen. Bevorzug ein Projektil aus dem Lauf der Tokarev... aber die waren wertvoll geworden, zu wertvoll um die an einen dämlichen Han zu verschwenden, zumal es ihm den schlaf nicht zurückgebracht hätte.
Also hatte er sich an der kleinen Steinzeugschüssel gewaschen so gut es ging und war in den Gastraum... nicht mehr geschlurft, das konnte er sich nicht erlauben, auch hier nicht, er war angemessenen Schrittes gegangen auch wenn ihm noch vor dem ersten Kaffee nach etwas ganz anderem war.
Apropos.
Einen Bierkrug voll mit Kaffee zu bekommen, und das noch zu so früher Stunde, das hatte ihn einiges an Überzeugung in materieller Form gekostet und würde die Wirtsleute sicher noch in Jahren beschäftigen. Sie hatten es absolut nicht verstehen können, wie man etwas so wertvolles, so banal einfach zu Brot und Wurst und Honig und Brei konsumierte, statt wie andere Aristokraten zur nachmittäglichen Gesellschaft in angemessenem Prunk und zu kostbarem Gebäck.
Apropos, die seltsamen Gebäckstücke, nach denen er sich erkundigt hatte würden ihnen vielleicht noch mehr zu schaffen machen als die Vorlieben des Freiherrn. Irgendwie hatten sie wind davon bekommen, dass es sich bei ihrem Gast um einen adeligen aus Nowigrad handelte.
Das was er mit dünnen Teigschichten und viel Butter und Kühlung beschrieben hatte klang unsagbar teuer und der Name exotisch wie etwas aus Toussaint... ja, genau, daher musste er es kennen, dieses Krosant.
Man brachte ihm aber Brot und Honig und auch Gebäck.

Der Grund, weswegen er so ausgiebig frühstückte war eine Vermutung...

Den gestrigen Tag hatte der Freiherr fast überall in der Stadt verbracht. er hatte sich einen einfachen Mantel übergeworfen und war umher gewandert, hatte gelauscht und beobachtet. Viel vom Getuschel drehte sich um die Vorfälle im Kloster, Werwölfe und Bestien und man solle doch einen Hexer rufen, wofür waren die Nilfgarder denn sonst da, sie müssten ihn bezahlen.
Auch den Abend hatte er in der Stadt verbracht, kannte sich bald schon aus, so groß war dieses Wyzima ja nicht, die Hauptstadt Temeriens... Er hatte natürlich alle Bordelle gefunden und die schäbigsten Kneipen, hatte der Versuchung widerstanden sich ein Etablissement aus der ersten Kategorie von innen anzusehen, der Name klang in den Ohren eines Reisenden mit Kenntnis der europäischen Klassig unverfänglich, Mozarts "Königin der Nacht" hatte vermutlich mit einer Zauberflöte zu tun, irgendwie.
Er wollte den Laden eigentlich aus Spaß observieren, aber eine der Bediensteten, die etwas zu jung aussah für den Job, hatte ihn dermaßen schnell ausgespäht und war auf ihn zugekommen um ihn ins Innere zu locken, dass er sie doch wegkomplimentiert hatte, nachdem seine Instinkte ein Hubkonzert veranstalteten.
Danach war er unverrichteter Dinge ins Hotel... ins Gasthaus zurückgekehrt, hatte lange nicht schlafen können, weil man die Zecher unten noch bis spät bei ihrer Beschäftigung vernehmen konnte und war dann am morgen eben mit der bestmöglichen Laune erwacht.

Diese besserte sich erst, als er eben einen Bierkrug voll mit Kaffee bekam.

Re: Taverne | Neu-Narakort im Händlerbezirk

Verfasst: Mittwoch 16. Oktober 2024, 09:56
von Liam von Alensbach
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vom: Wyzima Süsswarenladen Wenck
Datum: 01. September 1278, 04:45 Uhr (06:45 Uhr im Neu-Narakort)
betrifft: Slava
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Der Morgen hatte früh begonnen. Es war kein Hahn, der ihn aus dem Schlaf gekräht hatte, sondern die eigene innere Uhr - die seit so vielen Jahren äusserst zuverlässig lief - die ihn weckte. Und wie jeden Morgen, wie immer wenn er in einem der Ordenshäuser war, lief die gleiche Reihenfolge ab. Aufstehen, laufen gehen, Schwertübungen, wenn es sich ergab ging er schwimmen, danach ein kurzes Bad und schliesslich Frühstück. Nur dass er dieses mal das Frühstück nicht in der Kaserne des Ordens zu sich nehmen sollte, sondern in einem Gasthaus in Wyzima. Ob Slava die Verabredung vergessen hatte, wusste Liam nicht, er jedoch würde - zuverlässig wie immer - da sein. Er entschied sich für schlichte Bekleidung, die ohne Bewaffnung auskam. Auch wenn etwas in ihm die Klinge, deren Stahl matt im Kerzenschein glänzte, gerne mit genommen hätte. Seine Hand hatte der Ritter bereits ausgestreckt, wie eine Marionette an ihren Fäden. Er beliess es dabei, mit den Fingern sanft über den Knauf des Schwertes zu fahren um das kühle Metall zu spüren. Sie vibrierte. Nein, das tat sie nicht. Das war die Müdigkeit. Aber auch hier wusste Liam, dass er sich das nur einredete. Er war nicht müde.

Als er den Orden verliess und auf die Strasse trat, deutete nichts mehr an dem Mann an die Zugehörigkeit des Ordens hin. Festes Schuhwerk, eine gefütterte Hose, Hemd und Weste, darüber ein Wollumhang - es war ein kühler Septembermorgen. Einen Dolch hatte er dennoch mit, man konnte ja nie wissen wem man hier begegnete. Noch war es ruhig auf den Strassen, die Sonne hatte kaum ihr Licht über den Horizont geschoben und die Nacht war in herbstliches Dämmerlicht getaucht. Auch vor dem Gasthaus war noch nicht all zu viel los, der Geruch nach frisch gebackenem Brot aber, der hing in der Luft. Sicher hatte manche bereits ihr Bäckerhandwerk vollendet und warteten auf die Kunden, denen sie ihre Laibe verkaufen konnten. Liam stiess die Tür zum Gasthaus auf, sie war noch geschlossen, um die kühle Morgenluft nicht hinein zu lassen und brauchte sich nicht lange umzuschauen. Kaum Gäste und der, den er suchte, den hatte er sofort gefunden. Der Freiherr hatte seine Worte nicht vergessen.

"Euer Hochwohlgeboren." Mit diesen Worten trat der Ordensritter, der heute eben keiner war, an den Tisch heran und vollzog die respektvolle Begrüssung von Feuer und Kelch. Also doch ein Ordensritter, aber nicht in offizieller Mission unterwegs. Slava hatte Liam zuletzt müde und abgekämpft, ja gar gehetzt erlebt, doch heute stand ein Mann vor ihm, den scheinbar nichts aus dem Gleichgewicht bringen konnte. In sich Ruhend, korrekt gekleidet, Wert auf's Äussere gelegt - und da konnte man schon neidisch werden - und von einer Selbstsicherheit die keine Spur der Überheblichkeit besass. Das war einfach ein Kerl mit Bodenhaftung und einem freundlichen Blick, der gerne missverstanden werden konnte durch die Farbe kühlen Nebelgraus an einem Novembermorgen in seinen wachen Augen. "Darf ich?" Seine Hand lag auf der Lehne des freien Stuhls. Liam hatte beschlossen, Slava mit einer Mischung aus Respekt, Vorsicht und zugewandter Neugier entgegen zu treten. Denn neugierig auf diesen Mann, der so ganz und gar nicht dem typischen Bild des Adels entsprach, das war er.

Re: Taverne | Neu-Narakort im Händlerbezirk

Verfasst: Mittwoch 16. Oktober 2024, 14:32
von Hailey Yasu Michaels
Der Hahn war ihr durchaus willkommen, so ohne einen wirklichen Wecker fiel es ihr, trotz all der Jahre, immernoch manchmal schwer morgens wach zu werden. Heute vorallem nachdem sie den Tag vorher erst angereist war. Nach einem sehr kurzen Abstecher in die Stadt war sie todmüde ins Bett gefallen und eingeschlafen. Bis, ja bis der Hahn krähte. Nun hatte sie genug Zeit eine ihrer Routinen zu erledigen, das sie sich da manchmal hetzen musste gefiel ihr gar nicht. Die Zeit zu vertrödeln kam gar nicht in Frage wenn man auf Reisen war. Ohne das morgendliche Reinigungsrirual konnte sie den Tag aber nicht beginnen. Diese Woche allerdings wollte sie gemütlich angehen und so war das frühe aufstehen willkommen, sie hatte zwar Zeit denn sie bleib ein paar Tage, aber alles in Ruhe zusdhaffwn war von Vorteil. Zumindest war es ihr Plan gewesen.

Nach intensiven Minuten am Waschbecken, es war erstaunlich was sie mit kaltem Wasser und einem Schwamm anstellen konnte, sah sie wieder frisch aus als hätte sie gar nicht geschlafen. So ging ihre Routine weiter. Strümpfe, Beinwärmer. Beides in einem modischen Beige. Etwas verdrehte sie die Augen, Farben waren hier definitiv nicht so häufig zufinden. Der graue asymmetrische Rock und die weiße Bluse. Wobei weiß relativ war, es war kein weiß wie sie es aus ihrer Welt kannte und sie hätte es früher gar nicht als weiß klassifiziert. Hier allerdings... Nun sie würde sagen es war ein helles Creme. Für die meisten war es hier aber wohl weiß. Sie zuckte die Achseln und schlang den breiten Gürtel um ihre Talie, an einer Seite, die die bei ihrem Rock länger war, war eine Kette am Gürtel befestigt. An dieser Kette waren, wie ein zweiter Gürtel die Medallions der Hexer befestigt. Die Katzen- und die Wolfsschule. Auf die, die die Geschichte kannten musste es wie ein Hohn wirken, ihr aber bedeuteten sie viel und sie trug sie mit Stolz. Unter der Bluse ruhte auf der Haut das Gehäuse ihrer Rolex, das Armband hatte die Zeit nicht überstanden, aber nach langer Suche fand sie jemanden der das Uhrwerk reinigen konnte und eine Fassung anfertigte. So trug sie die Uhr verdeckt als Anhänger an einer Kette um den Hals.

Jetzt war es an der Zeit zu frühstücken, also verließ sie das Zimmer, schloss ab und verstaute den Schlüssel in ihrer kleinen Tasche an dem breiten Gürtel.
Auf dem Weg in den Gastraum kräuselte sie ihre Nase. War das Kaffee? Sie konnte an einer Hand abzählen wie oft sie in den letzten 10 Jahren Kaffee getrunken hatte. Nicht sehr häufig, aber heute würde so ein Tag sein, das hatte sie eben beschlossen. Breit grinsend kam sie in den Gastraum, viel war hier definitiv nicht los. Zwei oder drei Gäste des Gasthauses und Jemand anderes. Höflich nickte sie allen anwesenden zu und trat dann zu dem Wirt. "Ist das Kaffee den ich da rieche werter Herr?" Der Wirt nickte etwas widerwillig und Haileys Grinsen wurde noch etwas breiter. Kaffee... Hach wie sie den manchmal vermisste. Sie bestellte also ein einfaches Frühstück und eine Tasse Kaffee. Den Unwillen und das Unverständnis deutlich sichtbar machte sich der Wirt daran. Noch so Jemand der Kaffee zum Frühstück trank war beinahe zuviel für ihn. Aus trotz oder weil er Zweifel hatte das Hailey ihn bezahlen konnte rechnete er schon vorab mit Hailey ab. Ihr war es egal, sie bekam Kaffee, diese Unsitte den Kaffe am Nachmittag zu trinken hatte sie nie verstanden. Man wollte doch wach für den Tag sein, nicht wach für die Nacht. Alles was sie vorgehabt hätte in der Nacht würde sie auch so wach halten, da brauchte sie keinen Kaffee für.

Nachdem sie ihre Bestellung aufgegeben und bezahlt hatte suchte sie sich einen Platz, es war ein höflicher Abstand zu den anderen Gästen. So würde es nicht als aufdringliches Lauschen gelten. Wenn man die Stimme nur minimal senkte konnte man persönlich miteinander reden. Und das was für Hailey in dem Fall wichtig war, sie konnte alle anderen Gäste sehen, der Nachteil, sie würde auch von allen gesehen. Es gab für die Gäste aber definitiv etwas schlimmeres das man ansehen konnte.

Re: Taverne | Neu-Narakort im Händlerbezirk

Verfasst: Donnerstag 17. Oktober 2024, 09:52
von Vyacheslav Sokolov
Auf die Anrede hätte Slava gut und gerne verzichten können, aber sie war wohl Teil des Spieles und er durfte nicht nach Belieben die Regeln ändern.
Er war dagegen wenig überrascht, dass der Ritter die Einladung angenommen hatte und nun auch erschienen war. Irgendwie hatte er ihn so eingeschätzt. Sicher hätte es auch ein paar seiner Kollegen gegeben, die seine Worte nicht für bare Münze genommen und als Gerede ohne jede Verbindlichkeit abgetan hätten. Aber Liam war erschienen. Allein das zeugte von einem gewissen Selbstbewusstsein.
Es waren die eher unsicheren Menschen, die befürchteten, mit so einer lapidaren Einladung einem Scherz aufzusitzen und dann vorsorglich nicht auftauchten. Liam aber hatte sich nicht gescheut es darauf ankommen zu lassen.
Und das war nur ein Punkt auf der Liste. Schon müde und abgekämpft war die Ähnlichkeit kaum zu leugnen gewesen, aber jetzt, frisch und ausgeruht... Er hätte John sein können. Nicht unbedingt die Gesichtszüge und nicht die Haarfarbe, aber das Wesen, die Haltung.
Der Brite war immer dermaßen ruhig gewesen, dagegen hatte er sich manchmal wie eine launische Diva aufgeführt.
Er, also Slava hatte ihn der eigenen Truppe abgeworben... das ging nicht an einem Tag und mit einem Vertrag oder einen einzelnen Ereignis vonstatten, er hatte langsam sein Vertrauen gewonnen. Anders ausgedrückt hätte man vermutlich auch sagen können, er habe sich eingeschlichen, manipuliert. Aber wo lag die Grenze? Die Freundschaft hate er ernst gemeint, auch wenn das Ergebnis natürlich eine Zweck diente... Und irgendwie war es auch leicht gewesen, sie hatten einfach einen Draht zueinander gehabt. Er hatte schon schwierigere Anwerbungen gehabt.

Ein weiterer Gast tauchte auf. Er hätte sie vermutlich, nach einem kurzen Check, wie er ihn allen in seiner Umgebung angedeihen ließ, vollständig ignoriert, aber sie bestellte wie er – sehr zum Missfallen des Wirts – ebenso Kaffee zum Frühstück. Das allein war in dieser Welt schon besonders und er hätte es vielleicht noch damit abgetan, dass er langsam neue Trends setzte, aber diese hier hatte noch etwas anderes an sich. Die Bewegungen, Gestik, die ganze Körpersprache, beinhaltete etwas das ihn aufmerken ließ. Sie gehörte ebenso wenig in diese Zeit und Welt wie er. Da war er sich sicher. Er würde sie im Auge behalten.

Denn gerade galt seine Aufmerksamkeit wieder Liam, dieser war sein Gast und er wollte es weder an Gastfreundlichkeit mangeln lassen noch ihm das Gefühl geben, dass er nicht seine ganze Aufmerksamkeit genoss. Er hatte immerhin ein Ziel.
So oder so würde es wie ein Tanz um den heißen Brei werden.
Das war ein Ritter der Flammenrose, kein Freund. Noch nicht.
Neben 'aushorchen' rückte nun aber 'Charme spielen lassen' auf der Agenda weit nach oben. Die Frau dagegen rückte sehr weit nach hinten und es gelang ihm auch, nicht immer wieder zu ihr hinzusehen.
"Ser von Alensbach." Slava erhob sich kurz, auch wenn er das vermutlich nicht gemusst hätte, aber Freiherr oder nicht, er wollte ihm auch Respekt entgegen bringen. "Setzt euch doch. Was wollt ihr essen?"
Der Tisch war bereits reichlich gedeckt, aber vor allem mit Dingen, die er selbst vorzog, und das war früh am Morgen eher süßes. Dunkles Brot, Marmelade, Honig, Butter, auch Gebäck und eine Art Grütze, die er noch nicht angerührt hatte, die sich aber vermutlich auch mit Marmelade kombinieren ließ.
Und eben der Bierhumpen voll mit dampfendem schwarzem Kaffee mit einem Schuss Milch.

Re: Taverne | Neu-Narakort im Händlerbezirk

Verfasst: Freitag 18. Oktober 2024, 09:45
von Liam von Alensbach
Sie war ihm auch aufgefallen. Diese Frau, die zu so früher Stunde die Schankstube betrat und das gleiche Getränk bestellte wie es Slava hatte. Liam kannte keinen Kaffee und dass gleich zwei davon ihn tranken, das war irgendwie bewundernswert. Oder ein sehr seltener Zufall. Dem Zufall jedoch hatte der Freiherr seinen Platz nicht überlassen, denn er hatte einen Tisch in der Ecke des Raumes genommen, so dass er alles im Blick hatte und hinter ihm die Wand. Hätte Liam auch so gewählt und es verriet auch, dass sein Gegenüber überlegt handelte. Natürlich hätte Liam auch annehmen können, es wäre blosser Zufall gewesen. Aber nicht bei Slava. Der ihn just in dem Moment überraschte, als er aufstand um ihn zu grüssen. Irritiert, vielleicht auch ein wenig misstrauisch, beäugte der Ritter den Mann, der auf gleicher Augenhöhe mit ihm war. Dass der Freiherr damit auch seinen Respekt ausdrückte, war dem Ordensbruder bewusst, so dass er kurz den Kopf neigte und damit andeutete, dass diese Geste ihm sehr wohl eine Ehre war. Höfisches Zeug eben und die alten Muster sassen einfach, wenn man so erzogen worden war. Und dass Liam selbst von Adel war, wussten zum Glück nicht so viele. Von Alensbach, ein Name, der nicht so weit herumgekommen war und so sollte es bleiben.

"Danke." Mit einem schwachen Nicken nahm Liam auf dem Holzstuhl platz. "Ich denke, das reicht schon." entgegnete der Ritter, nachdem sein Blick den gedeckten Tisch in Augenschein genommen hatte. "Was ist das für ein Getränk, wenn ich fragen darf?" Es roch leicht nussig, mit einer bitteren Note und der Inhalt sah aus wie Milch mit... irgendwas dunklem. Und diese Brühe kippte man sich freiwillig rein? Und das zum Frühstück? Seinen Umhang hatte Liam sorgsam über die Stuhllehne gelegt, also keiner, der mit seinen Sachen unvorsichtig umging. Der hatte Ordnung im Sinn, eine Sorgfältigkeit die man auch an seiner Kleidung und in einer anderen Situation auch in Rüstung und Werkzeug sah. Um den Hals hatte er wie so oft ein Tuch geschlungen und es so verknotet, dass es wie ein modisches Beiwerk wirkte - und nicht wie etwas, dass eine unliebsame Erinnerung bedecken sollte. Dem neuen Gast brachte man einen Krug heisser Milch mit Honig, genau das Richtige um in den Tag zu starten.

Re: Taverne | Neu-Narakort im Händlerbezirk

Verfasst: Freitag 18. Oktober 2024, 09:58
von Hailey Yasu Michaels
Es wäre nicht so gewesen das es etwas, offensichtlich, auffälliges gegeben hätte das sie überführen konnte. Es waren eher viele, manchmal minimale, Merkmale. Von dem ungewöhnlichen Zeitpunkt für den Kaffeekonsum mal abgesehen. Denn ihre Art war mehr dieser Welt anzusiedeln als der aus der sie einst kam. Anders wäre es auch seltsam gewesen. Knappe 20 Jahre in ihrer alten Welt wiegten nicht das auf was sie in dieser Welt hier erlebt hatte. Und hier lebte sie nun seit gut 200 Jahren, es war ihr Zuhause geworden, ihre Heimat.
Dennoch hatte sie sich Eigenheiten bewahrt, ihr Sinn für Hygiene. Zugegeben war der ziemlich zwanghaft und einfach auch der Tatsache geschuldet das sie geistig nicht ganz so war wie die meisten Menschen. Das galt damals für ihre Welt und für diese ganz besonders. Als krank oder behindert hatte sie das niemals gesehen, Melanie hatte immer gesagt das jeder Mensch halt unterschiedlich war. Manche hatten einfach andere Haut- oder Haarfarben, andere waren groß oder klein. Das war halt immer anders von Mensch zu Mensch. Und vieles wurde von anderen nur schwer akzeptiert, oft lag das an Angst vor etwas das sie nicht verstanden. So war das bei ihr selber gewesen mit dem Tattoo und so war das eben auch bei Hailey. Viele verstanden das einfach nicht und waren ein bisschen ignorant. So erklärt hatte Hailey das immer verstanden, Melanie konnte Dinge gut erklären so das sie es verstand, Hailey vermisste sie sehr.

Hier in der Welt hatte sich Hailey oft nicht verstanden gefühlt, aber sie wusste das das daran lag das die anderen sie nicht verstanden. Das war okay, nicht jeder konnte so schlau sein und sich in andere rein versetzen. Hailey konnte Dummheit akzeptieren.
Was sie nicht akzeptieren konnte war das Fehlen von so gut wie jeglicher Körperpflege, ob das nun aus Faulheit oder fehlenden Utensilien lag war ihr herzlich egal. Sie hatte sich arrangiert, vieles hatte sie sich in mühseeliger Kleinarbeit selber... bauen lassen. Immer nur Bruchstücke in der gleichen Region. Niemals etwas bei ein und dem selben Handwerker. Sie wollte ja auch nicht das zu viel Wissen gebündelt irgendwo war. Wenn sich aus einem Einzelteil jemand etwas sinnvolles herstellte, hätte ja Jemand, zumindest teilweise, selbst eine Idee. Auf diese Weise war sie zu einer Zahnbürste gekommen zum Beispiel. Nicht das sie sie benötigt hätte, ihr Körper erledigte das ganz von alleine, aber es hatte zu einer ihrer Routinen gehört und diese so lange zu missen hatte sie beinahe um den Verstand gebracht. Auch führte sie Dinge sehr viel akribischer aus. Kämmen tat sich, hoffentlich, meist jeder. Sie aber kämmte sich so lange die Haare bis sie glänzten. Und sie war sich da ziemlich sicher, sie wäre garantiert der erste Mensch der an verfilzten Haaren gestorben wäre.
Auch ihre Kleidung war sehr edel, es war nicht so das es protzig gewesen wäre. Es war allerdings sehr hochwertig und ein geschultes Auge mochte schnell erkennen das selbst die kleine Tasche an ihrer Seite ein Vermögen gekostet haben musste. Das war zwar inssofern nicht ungewöhnlich. Für ihr augenscheinlich geringes Alter war es das aber sehr wohl.

Das alles zusammen genommen war sicher ein Anzeichen, für einen skeptischen Blick, ihre Herkunft zumindest anzuzweifeln.

Re: Taverne | Neu-Narakort im Händlerbezirk

Verfasst: Freitag 25. Oktober 2024, 08:28
von Vyacheslav Sokolov
Es waren sogar noch subtilere Dinge, an denen es der ehemalige GRU Agent festmachte, dass die Frau wohl nicht von hier war. Immerhin hatte er gelernt recht feingliedrig sogar Süd-, Nord- und Osteuropäer allein anhand ihrer Körpersprache zu unterscheiden. Das waren manchmal größere, aber auch kleinste Gesten an denen er es festmachte. Solche, die der Mensch in der Regel schon in der Kindheit lernte und die man nicht mal eben so ablegte es sei denn man trainierte bewusst dafür, was nicht so leicht war wie er aus eigener Erfahrung wusste. Und manche lernten es auch nie, das war keine Frage von Zeit sondern die eines bewussten Trainings und auch eine Frage des Trainers und der Lernmethode. Als Undercoveragent ging man durch diese Schule, aber auch er fiel nach einer gewissen Zeit in alte Muster zurück, nur solange er eine Maske bewusst aufrecht hielt gelang ihm eine solche Scharade, doch das kostete Konzentration.
Und hinzu kam, dass das meiste einem Menschen nicht bewusst war, ja meist nicht einmal all die kleine Dinge, die Männer von Frauen unterschieden, auch da gab es große Unterschiede... und interessanterweise ließen die sich deutlich problemloser von der Erde hierher übertragen als alle anderen Einordnungen, was nur bedeuten konnte, dass sie weniger gesellschaftliche als tatsächlich in irgendeiner Form biologische Ursachen hatten.
Und speziell hier gab es noch zusätzlich ganz signifikante Unterschiede wie sich eine Frau in der Öffentlichkeit verhielt.
Die Selbstverständlichkeit, mit der gerade dieses Exemplar sich alleine in einem Gasthaus bewegte, wo sogar eine Dame des horizontalen Gewerbes ohne männliche Begleitung wenigstens einmal kurz verschämt die Augen niederschlug, als müsse sie sich für den Umstand entschuldigen, da war sie hoch erhobenen Hauptes eingetreten.
Die meisten Anwesenden hätten im übrigen wohl angenommen, sie hätte sicherlich einmal die nötigen Gesten vollführt ohne es genau gesehen zu haben. Nur ganz wenige, die durchgehend beobachteten - die Schlange war tatsächlich nicht weit hergeholt - bemerkten das Fehlen dessen was hier Konsens war.
Die Hygiene spielte dabei nur eine untergeordnete Rolle, das konnte er von dort wo er war auch gar nicht genau erkennen, so gut war weder sein Geruchssinn noch seine Augen. Und auch der Kaffee hatte ihn nur auf den Plan gerufen überhaupt noch einmal genauer hinzusehen.
Dabei war auch Slava sehr für Körperhygiene, wenigstens in dieser Welt. In der Zone hatte er es zwar hervorragend vermocht, schmuddelig und abgehalftert daherzukommen, hier aber erforderte die Rolle ein anderes Auftreten und er passte sich an. Er fand seinen eigene Stil mit einem schlichten aber hochwertig verarbeiteten Hemd und passender Jacke in gedeckten blau und Grautönen. Hosen und Stiefeln, die seine aufpolierten Armeestiefel blieben. Einen gewissen Splean musste man sich erhalten. Aber gerade waren die Füße unterm Tisch ja nicht sichtbar.

Damit war er wieder vollkommen bei Liam und ignorierte sie vollständig und nun füllte sich doch der Gastraum so langsam und Gespräche bildeten langsam ein Hintergrundrauschen das die Ecke, die er gewählt hatte nur in Fetzen erreichte.

"Das ist Kaffee. Der Kern einer Kirschenart, die vorwiegend in Serrikanien wächst. Dieser hier stammt auch vermutlich auch von dort denn soweit ich weiß hat handelt Nilfgard gerne mit dem Wüstenstaat. Allerdings wird er mittlerweile auch in Nowigrad angebaut. Aber beide unterscheiden sich Geschmacklich. Insgesamt wirkt Kaffee sehr belebend, wenn man sich erst einmal an den etwas bitteren Geschmack gewöhnt hat. Die Oberschicht reicht das Getränk meist zu Gebäck zur Teestunde, aber das halte ich für vollkommen unangebracht, denn es macht tatsächlich wach und kann bei so spätem Genuss durchaus den Schlaf stören, während es am Morgen genossen einen guten Start in den Tag erlaubt." so sein kurzer Vortrag.
Ein kleiner Anklang zu seiner Neigung, manchmal zu dozieren.
Und im übrigen war auch er nicht frei von Dingen, die verrieten, dass er nicht von hier war. Er gab sich dabei aber auch wenig Mühe. Einen leichten Akzent, der sich aber vor allem im Sprachrhythmus und der Betonung zeigte (er neigte dazu, auch wo es in der hiesigen Form nicht üblich war, eher den hinteren Teil des Wortes zu betonen, manchmal klang ein 'g' eher wie ein 'h' und ein unbetontes 'o' klang oftmals wie ein 'a'.
Sich sprachlich vollkommen anzupassen war ihm bisher einfach nicht gelungen, so gut war auch er nicht, dazu brauchte es neben Zeit eben auch einen Trainer, der aufs penibelste auf jeden Ton achtete.

Nun aber genug von den Unterschieden. Wie begann man nun eine Unterhaltung, die sich um mehr drehen sollte als um Kaffee und die um einen Elefanten in Gestalt eines Werwolfs im Raum kreisen würde? Denn dieses Thema würde vermutlich keiner von ihnen zur Sprache bringen und doch würde es zwischen ihnen stehen.
Also...
"Es freut mich, dass ihr die Zeit gefunden habt, herzukommen. Hattet ihr ein wenig Zeit, euch zu erholen?"

Re: Taverne | Neu-Narakort im Händlerbezirk

Verfasst: Dienstag 29. Oktober 2024, 19:12
von Liam von Alensbach
Liam war nicht unglücklich, dass der Gastraum sich langsam aber sicher füllte. Er hatte es stets als unangenehm empfunden, wenn die eigenen Gespräche die Einzigen waren, so dass ein jeder sie mithören konnte oder aber man musste so leise sein, dass man genötigt wurde nebeneinander zu sitzen. So konnte der Ritter Slava wenigstens gegenüber sitzen und ihm zuhören was er über Kaffee zu erzählen hatte. Was er mit unverholener Aufmerksamkeit auch tat. Der Blickkontakt blieb aufrecht, Liam hatte scheinbar keine Probleme oder Ängste seinem Gegenüber - auch wenn es der Freiherr war - in die Augen zu sehen. "Wenn das Getränk die Oberschicht verköstigt, dürfte es auch seinen Preis haben oder irre ich mich?" hakte er nach. "Und ich gehe davon aus, dass es Euer Verdienst war, dass hier nun Kaffee ausgeschenkt wird?" Ihm war bis anhin nicht bewusst gewesen, dass hier Kaffee ausgeschenkt wurde. Die Wachsamkeit in Liams Blick war, trotz der frühen Stunde, beängstigend.

Hatte er eine andere Wahl bei seinem derzeitigen Gegenüber? Nein. Einem Politiker konnte man nicht trauen, eigentlich konnte man überhaupt niemandem vertrauen. Diese Lehre hatte Liam schliesslich einst am eigenen Leib erfahren müssen. Also gab es nur ganz wenige, die sein Vertrauen errungen hatten. Und weil er sich schon denken konnte, dass Slava Einfluss besass und ihn so einschätzte wie jemanden, der auch zu seinem eigenen Vorteil spielte, mahnte der Ritter sich zur Vorsicht. Und zur Wachsamkeit. Es gab einiges was den Mann interessant machte. Da war die Verbindung zu Jarel, die Verbindung zu Jakob. Die Tatsache, dass er nicht von hier war und wie er es zu diesem Posten des Freiherren gebracht hatte. War schon beachtlich war für einen Fremden.

"Es hätte kein gutes Licht auf mich geworfen Eurer Einladung fern zu bleiben." Sass da die Spur von Amusement in seiner Stimme? Vielleicht ganz leise, versteckt in den zuckenden Mundwinkeln. "Danke der Nachfrage, ich habe sie mir genommen." Dass es das Schwert war, musste er Slava nicht auf die Nase binden. Der ahnte sowieso, dass irgendwas im Busch war. "Wie lange verweilt ihr bereits in Novigrad?" Ausserdem musste Liam allmählich die ganze politische Situation in Erfahrung bringen. Schliesslich war er wieder in der Zivilisation angekommen, gut also wenn man im groben wusste was da alles vor sich ging.

Re: Taverne | Neu-Narakort im Händlerbezirk

Verfasst: Freitag 1. November 2024, 20:23
von Vyacheslav Sokolov
Der Hinweis auf die Kosten des Kaffees entlockte Slava ein schiefes Grinsen. Ja, zweifellos, hier trat er ein wenig wie ein Snob auf. Eigentlich eine Rolle, die er gar nicht mochte, aber mehr und mehr drängten die Umstände ihn genau da hin. Denn billig war der Kaffee absolut nicht, dagegen waren sie fast 300 Rubel in Moskau echt ein Schnäppchen gewesen.
"Schuldig im Sinne der Anklage. Auf manchen Luxus will ich einfach nicht verzichten." Das konnte er tatsächlich nicht.
Noch ein Blick in Richtung der Frau, oder besser wo sie zuletzt gewesen war, denn mittlerweile konnte er sie zwischen all den Menschen nicht mehr erkennen.
Sie musste es zu ähnlichem Reichtum gebracht haben.
Er jedenfalls hatte sich innerhalb kürzester Zeit hochgearbeitet und es kam unweigerlich zu der Frage, wie lange er schon hier war.
Wie ehrlich wollte... mußte er sein…?
Solange es genügte in Nowigrad nur ein paar der richtigen Leute zu fragen...

Soviel zu einem der Themen, die diese Unterhaltung ausmachten. Er hatte am Tag davor nicht mehr erfahren, was Liam von der Oberin gewollt hatte und er würde jetzt auch nicht nachhaken. Dabei war sein Blick was Schwerter und derlei Langwaffen anging nicht so präzise, dass er das eine sofort von einem anderen hätte unterscheiden können. Hätte Liam eine AK oder ein anderes bekanntes Fabrikat eines Sturmgewehres getragen, Slava hätte sich vermutlich jede Kerbe und jedes Stück Klebeband daran gemerkt gehabt und hätte gewusst, dass er die Waffe getauscht hatte. Ein Schwert sah für ihn aber wie jedes andere aus.
"Natürlich hättet ihr ablehnen können, euch darauf berufen, dass der Klerus keine Berührungspunkte mit der Politik haben will, es mit der komplizierten Politik in der besetzten Stadt begründen. Es gäbe Möglichkeiten und niemand hätte euch auch nur den kleinsten Vorwurf machen können. Umso mehr freut es mich, dass ihr diese Möglichkeit ungenutzt gelassen habt."
Er machte nur eine sehr kurze Pause, ehe er dann noch die zuvor gestellte Frage beantwortete.
"Seit gut einem Jahr bin ich jetzt hier. Und um eure Gedanken vorweg zu nehmen, ich habe in meiner Heimat einen Beruf ausgeübt, der mich für den Regenten sehr schnell sehr interessant hat werden lassen. Das begünstigte meinen doch recht raschen Aufstieg."
Besser, Liam hörte die Wahrheit, oder wenigstens das was Slava als solche betrachtete direkt von ihm, ehe er die Gerüchte präsentiert bekam. Das ebnete den Boden deutlich besser, für alles was er noch vorhatte oder vielleicht brauchte.
"Ihr seid schon lange im Orden, oder? Ich hörte, noch unter Jacques de Aldersberg?"
Es war nicht einmal feindlich gemeint, neutral und er war tatsächlich lediglich an der historischen Komponente dahinter interessiert, ihn interessierte ein Zeitzeugenbericht, und gerade lag ihm nichts ferner, als Liam wegen der damaligen Ereignisse zu verurteilen.

Re: Taverne | Neu-Narakort im Händlerbezirk

Verfasst: Mittwoch 6. November 2024, 15:09
von Liam von Alensbach
Luxus. Liam's Blick zuckte zur Frau zurück, wenn Slava das Gesöff Luxus nannte - wie kam sie dann an dieses Getränk? Eine Frage für ein andermal, sonderbare Gestalten waren in dieser Stadt nunmal an der Tagesordnung und sehen tat er sie sowieso nicht mehr. Die Tische zwischen Ihnen hatten sich gefüllt, der Lautstärkepegel war gestiegen. "Nicht wahr? Jetzt kann man mir dafür anderes vorwerfen," gab der Ritter amüsiert zurück. Mischte sich Liam von Alensbach etwa in die Politik ein? Wollte er den Freiherren für sich gewinnen oder war er, der Ordensbruder, in Wahrheit ein Spion? Es würde ihn nicht wundern, wenn irgendwann derlei Gerüchte aufkamen. Alles war es nunmal wert hinterfragt zu werden. Auch ein einfaches Frühstück - wovon beide Seiten sich vorsichtig beschnupperten. Die Worte des Freiherren liessen Liam diesen betrachten. Offen, ohne Scheu, ohne den Blick zu senken. "Ihr habt Kriegserfahrung, seid ein Taktiker und effizient. Ihr stellt die richtigen Fragen, wisst wann ihr den Mund halten solltet und habt eine scharfe Beobachtungsgabe. Ausserdem seid ihr überlegt und handelt nicht voreilig." Es waren Feststellungen, nichts davon hörte sich an als würde der Ritter ins blaue hinaus raten. Es war das, was er an Slava beobachtet hatte. Rückschlüsse seines Verhaltens. Natürlich konnte er falsch liegen, das lag auf der Hand. "Und ihr seid hartnäckig," schloss der Ritter ab, ehe er einen Kanten Brot in zwei Hälften brach und eine davon mit Butter bestrich, bevor Marmelade darüber gezogen wurde. Die Worte liess er kurz sacken, dabei nahm er einen Bissen und nickte schliesslich. Würde der Freiherr nachforschen, er würde es sowieso bald wissen. Kein Grund also es ihm vorzuenthalten.

"Ja, seit bald 36 Jahren," bestätigte er Slavas Vermutung. "Ich habe den Aufstieg und den Fall des Ordens der weissen Rose miterlebt und nun... den Aufstieg des Neuen. Wir werden sehen wie es sich entwickelt." Die letzten Worte waren vorsichtig gesprochen. Er vertraute Lothar und er wusste, der Grossmeister würde alles daran setzen den Orden in eine andere Zukunft zu führen. Doch waren damit alle einverstanden? So einfach würde es nicht werden. "Ihr kennt die Geschichte um de Aldersberg? Um den Aufstieg und den Fall des Ordens?" Interessiert lag sein Blick auf seinem Gegenüber. Wie sehr hatte sich Slava in die Geschichte dieser Welt eingelesen, wenn er von aussen kam. "Von... welcher Welt stammt ihr, Ser?" Er wollte nicht so taktlos sein in Privatem zu bohren, doch das Interesse war von aufrichtiger Natur, schliesslich kannte er nur die Welt in der er lebte.

Re: Taverne | Neu-Narakort im Händlerbezirk

Verfasst: Mittwoch 6. November 2024, 15:19
von Hailey Yasu Michaels
Erst mit etwas Verspätung kam ihre Bestellung. Ob das nun am Ärger über ihre Kaffeebestellung lag oder daran das sie eine Frau war war ihr herzlich egal. Sie hatte ihr Frühstück. Brot, Butter, Konfitüre etwas Aufschnitt und zwei hartgekochte Eier. Das wichtigste war allerdings der Kaffee, sie betrachtete den Becher beinahe ehrfürchtig. Um dem ganzen die Ehre zu erweisen musste erstmal der Tisch ordentlich arrangiert werden. Die Teller richtig ausrichten und das Besteck durfte natürlich nicht irgendwie da liegen. Es musste schön parallel sein und mit gleichem Abstand zum Teller. Auch so eine Sache die Andere nie verstanden hatten. Für sie ergab das aber total einen Sinn. Als das alles richtig auf dem Tisch lag war der Kaffe an der Reihe, erstmal musste der Becher so gedreht werden das der Henkel genau so ausgerichtet war das sie nur den Arm ausstrecken musste um den Becher zu greifen. Es musste schließlich alles so sein das es richtig war. Und zwar nicht richtig wie es für andere erscheinen mochte, sondern genau so wie sie es für richtig befand. Denn nur ihr richtig war wirklich richtig! Erst dann nickte sie für sich selber und nahm den Becher, sie nahm, als sie den Becher hielt, noch die zweite Hand um ihn auch sicher zu halten. Dafür war der Kaffee viel zu wertvoll. Natürlich war ihre Kleidung wertvoller, aber die blieb erhalten. Der Kaffee wurde einfach nur getrunken, nein genossen. So betrachtete sie einige Augenblicke wie der heiße Dampf sich von der Oberfläche des Getränk erhob, sich kräuselte und sich dann in der Luft verlor. Seufzend nahm sie einen tiefen Atemzug und nahm das Aroma in sich auf. Man könnte natürlich einfach sagen das Kaffee einfach Kaffee war. Der Kaffee hier war allerdings natürlicher als der aus ihrer Welt und Zeit. Das hier, das war wirklich Kaffee ohne irgendwelche Aromen. Nur Kaffee. Ein Traum.

Verträumt schaute sie noch eine Weile den Dampfschwaden zu ehe sie einen Schluck nahm. Augenblicklich weiteten sich ihre Pupillen und zogen sich kurz darauf wieder eng zusammen. Man sagte das das Koffein sprichwörtlich sofort seine Wirkung entfaltete und wirkte, in ihrem Fall wirkte es tatsächlich augenblicklich. Ihr Körper absorbierte es in dem Moment als die Flüssigkeit ihre Schleimhäute berührte. Haileys Dunkele violette Augen wirkten für einen Moment als würden sie glühen, taten es aber natürlich nicht. Vollkommen zufrieden stellte sie die Tasse in der, für sie, korrekten Ausrichtung wieder ab und fing mit dem Frühstück an. Auch das folgte natürlich einem sorgfältigen Plan und einer genauen Reihenfolge.


Da sich der Gastraum auch nun allmählich füllte konnte sie anderen Gesprächen nicht mehr folgen. Nicht das sie absichtlich Jemanden belauschen wollte, dass Gegenteil war eher der Fall. Zu viel Trubel war nicht so ihre Sache, wenn sie auf einer Bühne stand und sang war es etwas anderes, aber im normalen Alltag mied sie solche Situationen wenn es ging. Sie speicherte allerdings, wenn es nicht vermeidbar war, Informationen ab, denn Wissen war Macht. Das war in dieser Welt noch wichtiger als in ihrer alten. Und so nahm sie jedes Detail auf wenn sie das wollte. Im Moment versuchte sie jedoch möglichst wenig zu hören, auch wenn das sicher ein interessantes Thema wäre. Reisende, sie hatte in all den Jahren einige getroffen. Oft waren sie einfach zu erkennen gewesen, allerdings ging selten Jemand mit dieser Information hausieren. Die nächste Frage des Gesprächspartners des Mannes wäre noch interessanter, auch wäre die Antwort die folgen könnte wichtig für sie gewesen. Kaffee und Frühstück waren ihr im Moment aber zu wichtig als das sie lauschen würde. Außerdem war das nicht nett. Über sie wussten jedenfall wenige Menschen wo sie herkam, die meisten waren sicherlich schon tot.

Re: Taverne | Neu-Narakort im Händlerbezirk

Verfasst: Freitag 8. November 2024, 12:31
von Vyacheslav Sokolov
Slavas Prämisse war es immer schon gewesen, den Informationsfluss zu steuern. Vor allem dahingehend, was über ihn gesagt wurde. Ob er sich in bestimmten Kreisen als Hehler und Ganove ausgeben wollte oder verschweigen musste, dass er für die Regierung arbeitete – er hatte ein gutes Gespür dafür entwickelt, welchen Weg Informationen nahmen. Nicht zuletzt hatte er, obwohl ein Kinder der 80er (was in Russland noch schwerer wog) sich schnell die modernen Kommunikationswege zunutze gemacht: Was man über Odnoklassniki* postete, Bilder und Statusmeldungen über WhatsApp und Telegram. Anfangs war das ungewohnt gewesen, doch bald beherrschte er das Instrument. Bis er aus dieser Welt gerissen wurde.
Hier nahmen Informationen völlig andere Wege. Einerseits war es womöglich leichter, etwas zu verbergen, aber dafür frustrierend langwierig, etwas in Umlauf zu bringen und ein Bild zu verändern. Er kannte die sozialen Codes noch nicht ausreichend und auch wenn er schnell lernte und aufmerksam beobachtete, fehlten ihm viele Feinheiten.
Als Person des öffentlichen Interesses war es ohnehin schwer, zu verbergen, dass er vor einem Jahr in dieser Welt einfach nicht existiert hatte. Daran biss selbst er sich die Zähne aus. Ein Niemand konnte behaupten, er stamme aus Kaedwen, aber jemand wie er musste nur einem Anderen mit Zugriff auf ein Adelsregister ausgesetzt sein...
So hatte er sich nach einer Weile entschlossen, es mit der Wahrheit zu versuchen. Ausnahmsweise.
Er lernte, dass er damit sogar in vielen Fällen Sympathiepunkte gewann. Der Titel, den er jetzt trug, half wohl dabei. Der Adel konnte sich vieles erlauben, wofür der Pöbel gehängt worden wäre, und von jemandem in zu guter Kleidung wurde oft ein geringes Maß an Offenheit nicht erwartet. Wenn er dann doch ehrlich war, spielte ihm das meist in die Hände. Also lernte er auch, das zu nutzen.

Dass die Dame am Nebentisch offenbar Liams Frage mitgehört hatte, wäre ihm im Traum nicht eingefallen. Er war immerhin Spezialist in Abhörtechniken, und bei der Anzahl an Menschen im Raum hätte es schon eine gut positionierte Wanze direkt am Tisch gebraucht, dazu noch Störfilter, um ein klares Wort zu verstehen... Doch an Magie dachte er eben nicht und das musste es wohl sein. So kam er gar nicht auf den Gedanken, dass die Frage gehört worden sein könnte.

Und so gesehen hielt er es für besser, die Karten auf den Tisch zu legen, ehe es jemand gegen ihn verwenden konnte.
Ruhig hörte er sich auch die Komplimente an – für ihn waren es jedenfalls welche. Er wurde nicht einmal rot, obwohl er mit seinem Teint geradezu prädestiniert war, unpassend Farbe zu bekennen.
Wenn er Schmeicheleien einsetzte, dann, weil er etwas erreichen oder manipulieren wollte. Es war nicht so, dass ihm das nicht bewusst war. Er kämpfte auch nicht wirklich dagegen an. Er hatte erkannt, wie er strukturiert war, und versuchte wenigstens, es ab und zu ernst auch zu meinen. Im Großen und Ganzen jedoch haderte er nicht damit, sondern empfand es als nützlich.
Aus welchem Holz war nun Liam geschnitzt?
Jedenfalls nicht aus demselben.
Er durfte allerdings nicht den Fehler machen, ihn zur Gänze mit Jonathan zu vergleichen. John war geradlinig gewesen, keine Spur eines Narzissten, und der hatte auch keinerlei machiavellistische Züge an den Tag gelegt. Er war natürlich auch nicht dumm und konnte listig sein, aber eine derartige Täuschung war ihm fremd. Wenn er etwas sagte, meinte er es auch so. Eine sehr lobenswerte Eigenschaft, doch eine, die einerseits leicht zu durchschauen war und andererseits es Slava – der überall einen doppelten Boden vermutete – manchmal auch schwer machte, ihn wirklich zu verstehen.

All das schien auch auf Liam ebenso zuzutreffen. Ein Blick in die klaren, grauen Augen verriet ihm jedoch, dass auch bei Liam noch etwas dahinter lag. Es wäre übertrieben, es eine dunkle Seite zu nennen, doch etwas beschäftigte ihn und nagte an ihm. Bei John war es die Familie gewesen. Er hatte seinen Sohn und seine Frau zurückgelassen und musste sich mit dem Gedanken abfinden, sie vielleicht nie wiederzusehen – oder wenn, dann nur durch die Glasscheibe eines Besucherraums im Gefängnis. Alles, um sicherzustellen, dass... Ja, er hatte es immer pathetisch formuliert: dass die Menschheit nicht unterging. Slava bewertete die Gefahr geringer. Zuerst war nur Kiew in Gefahr gewesen, und bis das Phänomen London erreicht hätte, wären Jahre vergangen. Aber vielleicht hätte sich das Wachstum doch beschleunigt, vielleicht wären neue Infektionsherde entstanden, wie in Fukushima... Letztlich hatten sie es ohnehin nicht aufhalten können.

Und dafür hatte John sich entschieden, mit den Russen zu kooperieren. Offiziell war das zu dem Zeitpunkt nicht möglich gewesen, also hatte er Landesverrat begangen. Nun steuerte Slava, was er Johns Leuten zurückspielte – als... Doppelagent? Irgendwie so. Slava war es herzlich egal, wie sie es nannten. Er hatte einen Deal mit dem Engländer und versuchte, fair zu sein. Doch er sah auch, dass der Mann zwischen den Fronten zerrieben wurde – ohne dass man großen Druck ausüben musste, allein durch die Position, in der er sich befand, zwischen Freund und Feind.
Den Ritter den er vor sich hatte schätzte Slava dagegen eine Spur robuster ein.
Dennoch vermischte Liam sich zusehends mit Jonathan. Aber Liam lebte. Kurz blitzte die Frage auf, ob da mehr hätte sein können. Doch sie verflog rasch. Und eines musste Slava Liam gegenüber sein: vorsichtig. Er durfte sich nicht zu jener Arroganz verleiten lassen, in die er ein ums andere Mal verfiel.

"Ja, man könnte euch Bestechlichkeit vorwerfen. Ja, konfrontiert mit süßem Gebäck... das kann einen schon schwach werden lassen."
36 Jahre im Orden. Wie alt mochte der Mann sein? Älter also, als er ihn zunächst eingeschätzt hatte.
Und ja, er war ein Taktiker. Er hatte nicht ganz zufällig nach de Aldersberg gefragt, aber jetzt war der falsche Zeitpunkt. Später würde dieser Mann noch einmal Thema werden und zwar kein kleines.
"Ich habe gelesen, was die Schreiber der Krone... seien wir ehrlich, was Dijkstra diktiert hat. Und so sehr ich den Regenten schätze, mich würde auch der Blickwinkel eines Zeitzeugen interessieren, der eine andere Sicht kennt. De Aldersberg muss charismatisch gewesen sein, und mir scheint, er hatte Visionen und ein Ziel. und er hat über den Tod hinaus Anhänger."
Ehe während er sprach der Kaffee kalt wurde trank er, auch um eine kurze Pause zu haben.
"Meine Welt heißt ‚Erde‘. Sie ist dieser gar nicht unähnlich, was Landschaften und Vegetation angeht. Im ersten Moment habe ich nicht einmal bemerkt, dass es eine andere Welt ist, doch die Sterne unterscheiden sich. Und in meiner Welt gibt es ausschließlich Menschen. Keine Elfen, keine Zwerge und keine auch Magie."
Und noch verheimlichte er den Umstand, dass diese Welt, wenn es auch die gleiche hätte sein können wie die Erde, eher dem Bild vor 700 Jahren entsprach. Eines nach dem anderen.
„Und zu eurer Einschätzung... Ja, ich habe gekämpft. In meiner Welt nennt man es nicht so schnell Krieg; gerade mein Land war bestrebt, jeden Einsatz als eine Operation gegen Terroristen zu betiteln. Meine Einheit war dem Orden dabei auch gar nicht unähnlich: Unsere Aufgabe war es, die Menschen vor allem Fremden zu schützen. Das hieß, zuerst in Erfahrung zu bringen, was es war, die Gefahr einzuschätzen und so viele Informationen zu sammeln wie möglich.“
Um es dann zu vernichten oder selbst einzusetzen.
„Euch halte ich für ruhig und überlegt. Ihr beobachtet lange, sammelt Fakten und Meinungen ehe ihr dann eure eigene Meinung bildet und in der Regel die richtigen Schlüsse zieht. Trotzdem wart ihr lange von der... wie sagt man... von der Bildfläche verschwunden...? Exil ist besser, oder?"
Er benutzte ein zusammengesetztes Wort tatsächlich aus 'Bild' und 'Ebene', das so in dieser Sprache wenig Sinn machte. Erst dann legte er mit Exil nach, Ob das Manöver gelang, die Andeutung hinter mangelndem Sprachverständnis zu verbergen - er hätte geschickter vorgehen können, aber es war eben ein Spiel, ein vorsichtiges Umkreisen uns Austesten der Grenzen.

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* russische Alternative zu Facebook

Re: Taverne | Neu-Narakort im Händlerbezirk

Verfasst: Freitag 8. November 2024, 19:33
von Liam von Alensbach
Liam würde es Slava hoch anrechnen, dass dieser die Karten auf den Tisch legte. Doch war der Ritter auch misstrauisch genug die Worte aus dem Mund des Freiherren mehrmals abzuwägen bis er entschied ob er ihnen glauben oder sie mit Vorsicht behandeln wollte. Und er war auch nicht so gutgläubig zu denken, dass ein solcher Mann ihn nicht aufgrund eines Planes nun vor sich sitzen hatte. Solche Charaktere wie der Freiherr überliessen nichts dem Zufall und von Alensbach war überzeugt, dass man nur solange wertvoll für einen Politiker war, bis der Plan erfolgreich verlief oder scheiterte. Hier machte er keine Ausnahme und dass er Jarel kannte war noch ein anderes Kapitel. Eines, dass irgendwann zur Sprache kommen würde wenn das vorsichtige herantasten vorbei war. Manchmal entdeckte er in Slavas Augen etwas, dass er nicht ganz deuten konnte. Es war so als würde er ihn anschauen wie einen alten Freund, einen Bekannten. Doch die Momente waren so kurz, dass der Ritter sich nicht sicher war ob er sich das einfach nur einbildete. Es war leicht zuviel hinein zu interpretieren, aber auch leicht sie zu übersehen.

"Eine Schwäche die wir alle uns nicht erlauben können," merkte der Ritter in aller Ruhe an, bevor er sich einen Schluck aus seinem Becher gönnte. Er hatte Apfelmost bekommen und die Süsse war eine willkommene Erfrischung. Über den Rand hinweg lag sein Blick auf dem Sprechenden. Die Aufmerksamkeit liess er nicht missen, einerseits aus Respekt, andererseits aus eben jener Wachsamkeit mit der er dem Freiherren ständig begegnete. Und weil es ihn eben auch interessierte. Aufrichtig. Als von Alensbach den Becher abstellte, nickte er vage. "Er hat viel bewirkt," gab Liam zu, doch er klang dabei ein wenig Einsilbig. So als wäre er auf der Hut. Nicht unbedingt wegen Slava, sondern mehr um seiner selbst Willen. Es gab genügend Ordensbrüder die noch immer de Aldersberg für seine Erfolge bewunderten. Egal was er noch getan hat, schliesslich war alles nur für den Orden. So die überzeugende Meinung. Kritiker lebten gefährlich.

"Erde...," lässt er das Wort auf der Zunge zergehen. "Hat es Euch erschreckt als ihr festgestellt habt, ihr seid nicht mehr auf dieser... Erde?" Wie sich das wohl anfühlen musste plötzlich an einem anderen Ort zu sein? Heraus gerissen aus dem Umfeld das man kennt, fort von Freunden und der Familie. Wie sich plötzlicher Verlust anfühlte wusste der Ritter, doch er war ja nicht auf einer anderen Welt gelandet. "Ihr sagt... ihr wart selbst in einer Organisation, ähnlich wie die des Ordens. Doch warum seid ihr nun zu jenem Titel gelangt den ihr nun tragt? Die Waffe gegen Bürokratie getauscht? Es klingt als wärt ihr ein Späher gewesen. Ein Informant, ein Spitzel." Es war eine nüchterne Feststellung. Und natürlich konnte auch das Wort ein Schwert sein. Scharf und schmerzhaft. Aber die Gestalt Slavas sah nicht so aus als wäre sie dazu gemacht hinter dem Schreibtisch zu versauern und die Feder zu schwingen. Das Wort, nun... das konnte er. Liam sollte sich vielleicht geschmeichelt fühlen ob der Beschreibung seiner Person, aber er war auf der Hut. War das ernst gemeint? War es eine Finte? Gedacht dazu um ihm Honig um's Maul zu schmieren? Und dann dieses Wort... Bildfläche. Die grauen Augen betrachteten den Freiherren in aller Ruhe. "Was lässt Euch zu dem Schluss kommen dass ich das gewesen sein sollte?" Im Exil. Von der Bildfläche verschwunden. Nicht auf den Zügen verriet das Misstrauen, das sich hinter den Worten versteckte. Aber sie wussten beide, dass sie hier waren um gegenseitig ihre Positionen auf dem Schachbrett zu finden. Auf welcher Seite auch immer.

Re: Taverne | Neu-Narakort im Händlerbezirk

Verfasst: Sonntag 10. November 2024, 11:04
von Vyacheslav Sokolov
Misstrauen war zu jeder Zeit angebracht, jemandem wie Slava gegenüber. Das galt für jeden, Freund wie Feind.
Natürlich würde er nicht zögern aus allem einen Vorteil zu ziehen, allerdings versuchte er auch immer einen Vorteil für den jeweils anderen Beteiligten zu bieten, denn sich auf Kosten anderer zu bereichern war kein Verhältnis das von Dauer war. Zumindest konnte man sich darauf verlassen.
Dabei gab es jedoch immer wieder ein Missverständnis.
Er war tatsächlich nicht sehr gut darin wirklich weit vorher zu planen. Versuchte er das ging es regelmäßig schief. aber er hatte einen Instinkt dafür entwickelt, wie er die Weichen zu stellen hatte damit es lief und manchmal war er selbst erstaunt wie gut das funktionierte. Und dann im zweiten Schritt war er gut im Improvisieren und tat im Nachhinein einfach so als hätte er es genauso geplant gehabt. Darin hatte er viel Übung.

Apfelmost zum Frühstück wäre für Slava undenkbar gewesen, aber so unterschieden sich eben die Geschmäcker. Speck und Rührei dagegen waren willkommen, die hatte er noch geordert und die kamen nun. Eine Menge, die für beide reichte. Dazu frisch gebackenes Brot.
So lange ruhte die Unterhaltung.
Die einsilbige Antwort Liams hatte Slava dabei wenig weitergeholfen, die Gründe konnte vielfältig sein, entweder er war noch ein Anhänger und hatte gelernt vorsichtig zu sein oder er war keiner und befürchtete von einem gehört zu werden.
"Ihr habt ja sicher den Plan des Großmeisters gehört, dass ihr Klingenmeister in Nowigrad werdet und ich hoffe auf eine ebenso gute Zusammenarbeit wie mit eurem Vorgänger. Und genau an der Stelle kommt das Erbe de Aldersbergs ins Spiel. Ehe ich euch hier ins Vertrauen ziehe würde ich gerne von euch hören, dass ihr auf der richtigen Seite steht. Nicht dass ich Zweifel habe, aber ich würde es dennoch gerne hören."
Er dachte dabei an die Dokumente, die der Sperber ihm überlassen hatte, die durchaus das Potential hatten einen Krieg innerhalb der Stadt heraufzubeschwören. Und er zweifelte keinen Augenblick daran, dass der Magier genau das im Sinn gehabt hatte als er ihm dieses prekäre Material überließ. Aber er hatte nicht damit gerechnet, dass Slava hier nicht kopflos losstürmte. Noch zögerte der Freiherr. Ihm lag wenig daran, den Orden derart zu diskreditieren.

Dann gingen die Fragen wieder in eine andere Richtung.
"Erschreckt ist das falsche Wort." begann er und machte dann eine kurze Pause. "Erst wollte ich es nicht glauben, dann nicht wahrhaben. Aber alles leugnen half nichts. Dann habe ich lange nach einem Rückweg gesucht und versuche es nun als Chance zu begreifen. Das ist nicht in jeder Lebenslage möglich, aber ich gebe mir Mühe."
Er dachte vor allem an seinen Gesundheitszustand. Ein Herzinfarkt in seiner Welt war schon schlimm genug, in dieser war das geradezu eine Katastrophe.
"Ich war in einer Sondereinheit der Regierung. Mein militärischer Rang war der eines Oberst. Zu dem Titel bin ich gelangt, weil Dijkstra wohl der Ansicht war, ich wäre ihm nützlich, jedenfalls nützlicher als mich in den Reihen seiner Feinde zu wissen. Und damit der Rat mich auch anerkennt war wenigstens ein niedriger Adelstitel nötig...
Spitzel und Informant… nicht ganz. Ihr müsst wissen, auf meiner Welt unterscheidet sich die Art und Weise des Kampfes grundlegend von der auf dieser Welt. Man zieht nicht mit Schwert und Schild gegen den Feind, in der Regel bekommt man dessen Gesicht überhaupt nicht mehr vor die Augen. Entsprechend habe ich auch nie gelernt mit einem Schwert umzugehen und ich fürchte das werde ich auch nicht mehr lernen. Entsprechend musste ich meine anderen Talente nutzen. Ich hatte also nicht groß eine Wahl. Auf dem Feld tauge ich nicht mehr viel."

Dass er kurz nach einer schweren Verletzung hergekommen war hatte er fast selbst wieder verdrängt. Er wäre so oder so körperlich nicht in der Lage gewesen zu kämpfen.
Das Exil. Er musst kurz nachdenken, wie kam er darauf.
"Das klang zwischen den Worten mit. Bei von Tretogor aber vor allem bei Moore. Ihr wart offenbar lange weg und seid erst jetzt wieder aufgetaucht um gleich in den Posten des Klingenmeisters berufen zu werden. Es hat auch niemand etwas erwähnt wie 'kommt aus der Komturei … zurück' sondern nur 'zurück'. Daraus schließe ich, dass es etwas wie eine Auszeit war... aber ein Ritter nimmt aber keine Auszeit, auch das habe ich schon gelernt. Also wurde sie euch in irgendeiner Weise verordnet. Ich würde darauf tippen, dass man euch geraten hat für eine Weile zu verschwinden... bis Gras über irgendetwas gewachsen ist. Ab dann nennt man es wohl 'Verbannung' oder 'Exil' oder etwas in der Art."
Ein 'Ihr müsst mir nicht sagen worum es ging' fügte er nicht an, aber es folgte auch keine Frage, er endete mit der Feststellung und wenn Liam wollte war das Thema damit auch erledigt - oder er äußerte sich dazu.

Re: Taverne | Neu-Narakort im Händlerbezirk

Verfasst: Montag 11. November 2024, 19:58
von Liam von Alensbach
Es brauchte wohl noch ein wenig Überzeugungsarbeit, dass Liam seinem Gegenüber abnahm, den Vorteil nicht nur einseitig nutzen zu wollen. Dafür lebte der Ritter bereits zu lange in einer Welt in die jeder auf den Vorteil sich selbst bedacht war und der Adel, sowie die Politik sich sowieso nur für sich und ihre Ränkespiele interessierten. Dass Slava kein Stratege war, wusste der Ritter nicht und daher nahm dieser an, dass er immer einen Plan hatte. Dass Slava seine Züge immer bereits weit im voraus plante und damit genau wusste, welche Figur er wohin zu schieben brauchte. Eine davon zu werden, das war nicht in Liams Sinn.

Als die Schankmaid mit den grosszügigen Portionen Speck und Rührei an den Tisch kam, hatte er nichts dagegen einzuwenden. Mit einem guten Frühstück startete es sich sowieso am besten in den Tag, das frisch gebackene Brot tat sein übriges, dass für einen Moment tatsächlich einträgliches Schweigen herrschte. Das musste man auch können. Zu schweigen ohne dass es unangenehm wurde. Und sowie Slava eben Kaffee trank, mochte Liam Apfelmost zum Frühstück. Ein bisschen einen Zuckerschub am Morgen war nie schlecht und da sein Magen bei Most nicht rebellierte, konnte er davon trinken soviel er wollte.

"Mir war nicht bewusst, dass es sich schon herumgesprochen hat," entgegnete Liam und wirkte nicht sonderlich erfreut darüber. "Von Tretogor hat dies Vorgeschlagen, das ist wahr, doch das letzte Wort hat noch immer von Herrenloh und ich bezweifle, dass er sich mit diesem Vorschlag einverstanden gibt." Ihm war bereits zu Ohren gekommen, dass Erhard in Novigrad war und dieser Umstand bereitete dem Ritter unbehagen. Er hoffte nur, dass dies ein Gerücht war und der alte Veteran bereits ins Gras gebissen hatte. Wenigstens von de Ardh wusste Liam, dass dieser im Kerker festsass - und dort gehörte er auch hin. Der Gedanke an seinen einstigen Rittermeister liessen Wut und Zorn in sich aufsteigen, die er mühsam herunterschluckte. Gut, dass er dies hinter einem Schluck Most verbergen konnte. "Sollte es jedoch so kommen, dass ich entgegen aller Erwartungen den Posten des Klingenmeisters übernehme, dann wisset, dass ich Lothar von Tretogor diene und seine Visionen des Ordens in Nowigrad so gut es mir möglich ist vertreten werde." Da also verriet von Alensbach wem seine Loyalität gehörte. "Mit wem mein Vorgänger zusammengearbeitet hat und wie weit die Beziehungen dahingehend waren - wir kamen nicht dazu uns darüber auszutauschen," und zwar aus Gründen, die Slava sich denken konnte.

Interessiert hörte er Slava zu. Sich in einer vollkommen fremden Welt zurecht zu finden zeugte von starkem Willen und einer verdammt guten Anpassungsfähigkeit oder Zähigkeit oder einem sturen Dickschädel. Oder eine Mischung aus allem. Die Unterarme lagen auf dem Tisch, als der Freiherr von seine Einheit sprach. "Ich verstehe das nicht ganz, Ser... ihr sagt, in Eurer Welt gehe man nicht mit Schwert und Schild gegen den Feind vor. Doch mit was dann? Magie? Wie kann es sein, dass ihr ihn gar nicht zu Gesicht bekommt?" Letzteres irritierte den Bruder und das liess er sich auch anmerken. Was für eine Art der Kriegsführung war das? Doch dann zuckte unvermittelt ein Mundwinkel. "Es ist nie zu spät um zu lernen die Klinge zu führen. So manch einer hat erst auf dem Schlachtfeld das erste mal ein Schwert in der Hand und Kriege damit überlebt, das waren keine jungen Burschen." Traurig aber war. Beides war traurig.

Slava zählte eins und eins zusammen und Liam nickte. Aber eine Antwort zu dem Thema blieb er dem Freiherren schuldig. Es einzige und allein der Ausdruck von Anerkennung.

Re: Taverne | Neu-Narakort im Händlerbezirk

Verfasst: Mittwoch 13. November 2024, 21:47
von Vyacheslav Sokolov
Es war vollkommen legitim und sogar dringend angeraten, Slava zu misstrauen. Es spielte fast keine Rolle, ob er manipulierte, weil er einen komplexen Masterplan auf ein bestimmtes Ziel hin langfristig verfolgte, oder ob er einfach aus Prinzip manipulierte, um dann, wenn er es brauchte, darauf zugreifen zu können und um Spielfiguren auf Vorrat zu haben.
Denn so oder so: Er manipulierte, und man war eine Spielfigur.
Allerdings musste man zu seiner Verteidigung sagen, dann man es bei ihm sogar als Spielfigur oft besser hatte als in der Sammlung manch eines anderen. Denn er behandelte alle Personen gleich. Er unterschied kaum zwischen Mann oder Frau, Anderling oder Mensch, sogar zwischen 'straight' oder 'queer' – auch wenn das Einteilungen seiner Welt waren und er von der Nationalität wegen schon fast dazu verpflichtet war. Es war ihm letztlich egal, er sammelte Informationen, um die Person in das komplexe Gefüge einordnen zu können. Vielleicht wie bei einem Uhrwerk: Wenn er wusste, wer welches Zahnrad war, dann wusste er auch, wo er im Bedarfsfall drehen musste.
Aber umgekehrt sah er sich selbst genauso als Werkzeug – nur eben als eines, das darum wusste.

"Es hat sich nicht herumgesprochen, da kann ich euch beruhigen. Nur bis zu mir kam die Information eben. Sie findet immer einen Weg." Das Grinsen verließ kaum die Augen und war nur eine winzige Spur einer Andeutung um die Mundwinkel. Aber es war da, unverkennbar.
"Dann warten wir einmal auf Herrenlohs Entscheidung."
Allerdings schien er kaum zu bezweifeln, dass dieser einverstanden sein würde.
Von dem, was er wissen wollte hatte er dagegen genug gehört. Auch Slava nickte nur und kommentierte nicht weiter.
Mit Jarel reden. Da war etwas gewesen, ja.
"Das ist bedauerlich. Ich hoffe sehr, ihr könnt das noch nachholen."
In Gedanken verfluchte er gerade einmal Jarels Sturheit. Sich über den Vorfall zu schämen und ihn zu bedauern, war das eine, aber es gab in seinen Augen keinen Grund, sich gleich derart zu verkriechen. Gerade jetzt wäre es wichtig gewesen, alte Freundschaften zu pflegen und sich ihres Rückhalts zu versichern. Aber Jarel hatte weder von Tretogor aufgesucht noch von Alensbach - davon jedenfalls ging Slava aus, und zumindest bei einem fand er Bestätigung. Da konnte er noch so viel zu seiner Verteidigung in die Wege leiten und seine eigene Position gefährden – wenn dieser Sturschädel all das torpedierte, konnte sein Gang zu Lothar auch umsonst gewesen sein. Dieser Gedanke und ein etwaiger Fluch, der daran hing schaffte es nicht bis zu den Augen.
Noch ein Schluck Kaffee. Dem Gebräu gelang es trotz seiner Bemühungen, kalt zu werden, er musste schneller trinken. Bierkrüge aus Steinzeug waren eben nicht wirklich geeignet Kaffee lange warm zu halten. Aber so hatte er noch etwas Zeit, nachzudenken: Über modernes Kriegswesen und Schusswaffen.
"Vereinfacht ausgedrückt: Wir haben die Sache mit der Artillerie perfektioniert. Womit wir kämpfen, geht weit über eine Armbrust oder eine Balliste hinaus – auch was die Reichweite angeht. Es gibt keine Infanterie mehr, wie man sie hier kennt. Wir nennen sie noch so, aber sie hat sich mit der Kavallerie vermischt, und auch deren Kampfweise hat sich sehr verändert. Ich kann hervorragend mit den Waffen meiner Zeit umgehen nur mit dem Schwert werde ich in diesem Leben wohl nicht mehr die von mir angestrebte Perfektion erreichen. Deswegen baue ich aus, was ich gut kann." Mit Worten umzugehen.
"Sollte der Krieg auch Nowigrad erreichen - dann hilft es mir nicht ein Schwert führen zu können. Ich verwende lieber all meine Anstrengungen darauf das ganze Szenario abzuwenden. Eine einzelne Klinge wird hier wenig ausrichten, das eine oder andere Wort aber vielleicht schon."
Das verbarg auch, dass er vermutlich auch körperlich nicht mehr in der Verfassung war. Das würde er aber nicht vor Liam zugeben, gab er es ja nicht einmal vor sich selbst zu.
Noch eine Pause, in der er die Anwesenden einschätzte. Das nächste konnte durchaus auch als Köder für etwaige Nilfgarder Spione dienen, sollten welche auf ihn angesetzt sein. Sobald er es allerdings sagte, konnte auch klar sein, dass es absichtlich platziert war, es sei denn, er war nur paranoid und es gab gar keine Zuhörer oder sie dachten nicht derart mehrstufig wie er.
"Ich habe Waffen aus meiner Welt mitgebracht. Sie liegen allerdings unter Verschluss in Nowigrad, und dort bleiben sie auch. Der Regent kennt sie, und auch Herrenloh hatte Gelegenheit sich damit... vertraut zu machen. Ich kann sie euch zeigen, wenn ihr dort seid, dann versteht ihr mich vielleicht besser."
Nun lehnte er sich wieder zurück, trank den Rest des nur noch lauwarmen Kaffee's. Er stellte keine Fragen mehr nach Liams Vergangenheit, sondern beobachtete nur aufmerksam.
"Was wären denn eure Pläne gewesen?"

Re: Taverne | Neu-Narakort im Händlerbezirk

Verfasst: Freitag 22. November 2024, 22:23
von Liam von Alensbach
Liam schnaubte leise, aber es lag auch eine Spur des Amusements darin. Sie findet immer einen Weg... ja, so schien das auch hier gewesen zu sein. Viele wussten ja nicht um den Entscheid des Grossmeisters, also konnten es nicht sehr viele sein, die Slava dies zugetragen hatten. "Es bleibt uns nichts anderes übrig, Ser," nickte der Ritter, der innerlich schwer hoffte, dass von Herrenloh sich gegen ihn entschied. Auch wenn das für Lothar bestimmt kein guter Ausgang werden würde, denn er konnte jeden Verbündeten brauchen.

"Ich muss Euch nicht erklären, warum ein solches Gespräch derzeit nicht möglich ist," sprach Liam, dessen Stimme sich um einige Grade abkühlte. Mit Jarel zu reden war das letzte, was er gerade brauchen konnte. Und weil er wusste, dass Moore auch gerne Emotional reagierte, war ihm noch weniger danach mit ihm Worte zu wechseln. Er brach ein Kanten Brot entzwei und tunkte ein Stück davon in die Marmelade, die auf seinem Teller war. So als spüre er, wie Slava nachdachte. Über die Fragen, die seiner Welt galten. "Ihr sagt, die Reichweite gehe über jene einer Balliste oder Armbrust hinaus. Was kann ich mir darunter vorstellen? Gehören Waffen mit dieser Reichweite auch zu denen, mit denen Ihr umzugehen wisst?" Liam schob den Teller beiseite, denn er hatte wohl genug gefrühstückt und legte die Unterarme auf dem Tisch ab. Seine Haltung spiegelte ehrliches Interesse an seinem Gegenüber. Der Blick war klar auf Slava gerichtet. "Glaubt ihr denn, der Krieg wird Nowigrad früher oder später erreichen?" Die Frage war offen, sie konnte verschieden gedeutet werden. Schliesslich würden Slavas Anstrengungen, sollte der Krieg hereinbrechen, wohl keine Früchte tragen. Eine herbe Niederlage könnte es durchaus sein. "Ihr habt Waffen mitgenommen?" Liam hob überrascht die Brauen. "Wie kann das sein? Hattet ihr in dem Moment, als in dieser Welt gelandet seid, Waffen bei Euch?" Waffen aus einer anderen Welt. Wie die wohl aussehen mussten? Was die anstellen konnten? Irgendwie war es auch sehr befremdlich und Liam hatte das Gefühl, sehr primitiv auf den Freiherren zu wirken. "Haltet ihr uns nicht für sehr primitiv, Ser? Für Rückständig?" fragte er schliesslich, denn ihm war ganz klar, dass diese andere Welt wohl kaum mit dieser hier zu vergleichen war. Scheinbar nicht was die Waffen anging und auch anderen Krams.

Er gönnte sich noch einen Schluck aus dem Becher, stellt ihn vor sich ab und faltete die Hände auf der Tischplatte. Seine Pläne. "Ich wäre wieder aufgebrochen um das Land zu bereisen, ich hätte geholfen wo Hilfe gebraucht wird und ich hätte unter dem Sternenhimmel geschlafen. Wie ich es über jahrzente getan habe." Er zuckte die Achseln. "Die Reisen lehren Demut, Ser. Sie lehren zu verzichten, sich auf das wesentliche zu fokussieren und sie lernen einen starken Willen und stabiles Selbstbewusstsein." Liam hob den Mundwinkel. "Es mag für Euch vielleicht befremdlich klingen, doch die Einsamkeit die einem stets begleitet, ist eine im positiven Sinne." Und er wäre frei. Keine Ketten, keine Pflichten, kein Verrat. Der letzte Gedanke liess sein Blick für einen flüchtigen Moment dunkel werden.

Re: Taverne | Neu-Narakort im Händlerbezirk

Verfasst: Freitag 22. November 2024, 22:28
von Hailey Yasu Michaels
Von dem ganzen Gespräch der beiden Männer hatte sie nicht wirklich etwas mitbekommen. Mit der Zeit hatte sie gelernt unliebsame Geräusche, somit auch Gespräche, größtenteils komplett auszublenden, oder eher zu ignorieren. Dann speicherte ihr Gehirn nicht sinnlose Dinge ab. Es wäre manchmal sicher amüsant gewesen zu wissen welcher arrogante Spross eines Adeligen neulich den Nachttopf aus dem Fenster warf unter dem ein Herzog gestanden hatte. Wahrscheinlich war es der eigene Vater gewesen. Wofür aber war diese Information gut? Jemand der in solcherlei Richtungen dachte mochte damit sicher um drei Ecken irgendwelche Ränke schmieden. Hailey allerdings interessierte so etwas kein Stück. Für sie gab es wichtigere Dinge.

Heute war das erst einmal die Reihenfolge des Frühstücks, dort konnten viele Fehler begangen werden. Zum Beispiel war es wichtig für ein Brot mit Marmelade nicht zuviel Butter zu nehmen. Das verfälschte den Geschmack der Früchte und die Butter wurde eh nur obligatorisch verwendet. Trocken war ein Brot mit Marmelade sicher nicht, und wenn man nicht aufpasste fehlte Butter am Ende für den Aufschnitt. Dann musste der Kaffee in genau dem Tempo getrunken werden das er nicht kalt wurde. Denn kalter Kaffee war... urgs. Manchmal, wenn das Brot schon etwas älter war, brauchte man mehr Butter, sowas warf ihre ganze Routine durcheinander und der ganze Tag litt unter solchen unplanmäßigen Dingen. Es gab also viele viele Dinge die man beim frühstücken falsch machen konnte.
Und in die Verlegenheit nochmal nach Butter fragen zu müssen wollte sie nicht kommen.
Sie wollte hier sicher nicht unnötig für Aufmerksamkeit sorgen.

Ihr Plan war es ein paar Erledigungen zu machen, zur Bank, zum Meliteletempel und zum Schmied musste sie noch. Sie brauchte ein neues Scharnier für ihre "Zahnbürste" und dieser Schmied wusste was sie haben wollte. Es hatte lange gedauert bis sie die ganzen Einzelteile zusammen hatte. Die 'Borsten' aus Oxenfurt, den Stiel aus Nowigrad, die kleine 'Schachtel' für den Kopf der auf den Stiel kam. Und schließlich das Scharnier aus Wyzima. Sie hatte lange gebraucht um das selbst zusammen zu bauen, aber sie wollte auch nicht das jemand das sah. Also war ihr ganzes, nicht existentes, handwerkliches Geschick gefragt gewesen.

Jetzt hatte sie noch ein wenig Kaffee und eine Scheibe Brot. Und den Rest genoss Hailey ganz in Ruhe. Sie hatte sich vorgenommen maximal 2 Wochen hier zu bleiben und hoffte in einer Woche alles erledigt zu haben. Denn eigentlich wollte sie wieder nach Nowigrad.

Es gab Dinge zu erledigen.

Re: Taverne | Neu-Narakort im Händlerbezirk

Verfasst: Mittwoch 27. November 2024, 00:12
von Vyacheslav Sokolov
Slava nickte schweigend. Es war ihm sehr wohl klar, dass ein Gespräch undenkbar war solange Jarel nicht den ersten Schritt machte, aber er hatte es erwähnen müssen, sonst hätte es nach zu viel Kommunikation mit Jarel ausgesehen. Aus Liams Tonlage sprach Enttäuschung, und Slava wollte nicht weiter daran herumbohren.
Waffen und Waffentechnik waren interessanter.
"Ein guter Scharfschütze kann ein Ziel in fast einem Kilometer Entfernung treffen. Üblich sind mehrere hundert Meter, aber der Rekord liegt bei über dreieinhalb Kilometern. Da besteht nicht die geringste Chance, den Schützen zu entdecken, ehe man getroffen wird."
Er dachte an seine eigene Erfahrung. Er hatte es weder gehört noch gesehen, und obwohl er solche Szenen schon oft miterlebt hatte, dauerte es bis er es verstand: Aus vier Löchern in seinem Unterleib sickerte rotes Blut. Dieser Moment waren in seinem Gedächtnis geblieben, das niedrige Vordach unter dem er gestanden hatte - später würde er erfahren, dass das seine Rettung gewesen war, der Schütze hatte von seiner erhöhten Position aus nicht den Kopf ins Visier nehmen können – dann war es schwarz geworden. Was folgte, waren nur Bruchstücke: Momente im Hubschrauber, ein Fenster und der Lärm, Augenblicke im Krankenhaus, Lichter an der Decke.
Klarheit kam erst viel später, im Krankenzimmer. Bis dahin waren Monate vergangen und sie hatten ihn wieder aus dem künstlichen Koma geholt. Es war mehr als knapp gewesen – es hätte eigentlich zu Ende sein sollen.
Die wenigen Bilder hatten sich eingebrannt, vor allem das Blut an seinen eigenen Fingern. Manche Details hatte er erst später rekonstruieren können.
Das jedoch blieb, wenn er an Scharfschützen dachte.
"Ich selbst bin allerdings keiner. Die sturmgewehre, die ich dabei hatten sind aber gefährlich genug. Auch deren Reichweite kann einige hundert Meter betragen … weswegen sie eben unter Verschluss liegen." Damit niemand außer ihm Zugriff auf eine solche Waffe hatte.
"Sie sehen etwas wie eine Armbrust aus, nur ohne den Bogen." Und mit etwa der 5fachen Reichweite und dabei einer deutlich höheren Präzision... Wie lange es wohl dauern würde, bis hier wenigsten die ersten Musketen gebaut wurden? Vielleicht weniger lang wenn er mithalf...
Ein guter Scharfschütze, ein gutes Gewehr … Er hatte nur eine Handvoll AKs. Keine Dragunov oder Vintorez. Mit diesen könnte man vielleicht den Krieg schnell beenden, aber wenn den Nilfgardern nun plötzlich Musketen gegenüber standen? Vielleicht auch hier in Wyzima. Konnte man die Stadt befreien?
Vielleicht waren es ja nicht nur Visionen eines Größenwahnsinnigen.
"Der Krieg hat Nowigrad bereits erreicht. Noch steht kein Heer vor den Toren – noch nicht. Aber die Krone hat den Versuch der Nilfgaarder vereitelt, die Tore für sie zu öffnen. Derzeit versuchen sie immer wieder, die Stadt von innen heraus anzugreifen, und mein entschlossenes Ziel ist es, das zu verhindern."
Mit allen Mitteln. Mit seinen Mitteln.
Aber hielt er diese Welt dafür für rückständig und primitiv?
Wenn er ganz ehrlich war… wirklich ehrlich:
"Ich muss gestehen, das habe ich anfangs gedacht. Und manches scheint mir in meiner Welt immer noch besser – wie die medizinische Versorgung. Anderes war allerdings schlechter, die Atemluft zum Beispiel. Und hier kann man mit Magie manches bewerkstelligen, was wir noch nicht einmal mit all unserer Technik erreichen. Allerdings muss ich gestehen, dass mir die Magie höchst suspekt ist. Dennoch… unterschätzen werde ich diese Welt, vor allem ihre Bewohner, nicht. Das habe ich gelernt. Ich habe größten Respekt."
Und meinte das sogar ernst. Oder spielte er nur so gut, dass er es selbst glaubte?
Jedenfalls hielt er inne, als Liam sein bisheriges Leben beschrieb.
Sie waren sich gar nicht so unähnlich. Die Sperrzone um den havarierten Reaktor war seine Einsamkeit gewesen. Zwar hatte er immer seine Einheit hinter sich gehabt, aber gerade in den letzten Jahren hatte er sich zunehmend auf Alleingänge verlegt. Allein und manchmal sogar unbewaffnet war er einfach losgezogen, um zu beobachten, was die Zone ihm erzählte. So verrückt das auch klang – da gab es so vielem zu lauschen…
Nun war das alles in weite Ferne gerückt, und er konnte gut nachvollziehen, warum ihn nicht zuletzt sein Vorgesetzter Markin für vollkommen verrückt abgestempelt hatte. Einzig seine Erfolge hielten ihn im Rang und in seiner Funktion. Doch es war klar: Alle warteten nur auf ein Scheitern, um diesen untragbar gewordenen Verrückten abzusetzen. So gesehen hätten die Schüsse auch aus den eigenen Reihen kommen können.

Aber jetzt saß er hier, Liam gegenüber.
"Was hat euch dann zurück nach Wyzima geführt?"
Sein Interesse war aufrichtig – so aufrichtig, wie es bei ihm eben möglich war. Doch er hinterfragte weder die Reise noch die Einsamkeit. Diese hatte er sofort verstanden. Eher wollte er klären, was diese beendet hatte.

Re: Taverne | Neu-Narakort im Händlerbezirk

Verfasst: Samstag 30. November 2024, 18:51
von Liam von Alensbach
Da Slava ein Soldat gegenüber sass, konnte er sich sicher sein, dass dieser auch aufmerksam den Ausführungen lauschen würde. Natürlich war es schwer für den Ritter sich diese Waffen auch nur annähernd vorzustellen, aber er versuchte es immerhin. "Aus einem Kilometer?" Liam schien sich die Strecke erstmal im Kopf zurechtlegen müssen. Verflucht, das war ja kaum zu fassen. Mindestens dreimal die Weite die ein Armbrustbolzen fliegen konnte. Das war wahrlich beeindruckend und beängstigend zugleich. Der Nahkampf, Auge in Auge mit dem Gegner, das kannte von Alensbach. Doch aus der Ferne... da war eine Hilflosigkeit, die er hasste. Das war kein Kampf mehr. "Sturmgewehr..." wiederholte Liam und runzelte die Stirn. Sturm, hatten die etwas mit einem Sturm zu tun? "Was ist ein Gewehr und warum werden sie Sturmgewehre genannt? Liam kannte den Kurzbogen, Langbogen, Reiterbogen, die Armbrust... aber ein Gewehr? Slava musste in einer wahrhaftig sonderbaren und gefährlichen Welt gelebt haben. Wie eine Armbrust aber ohne Bogen. Wie sollte man dann damit überhaupt schiessen? "Verzeiht, Ser, aber... wie kann man mit einer Armbrust ohne Bogen denn schiessen?" Das war alles zu abstrakt, natürlich kannte man die Technik von Gewehren und Pistolen und dergleichen noch nicht. Und Liam versuchte sich nun die Armbrust ohne Bogen vorzustellen.

Als die Sprache auf den Krieg gelenkt wurde, da verdüsterten sich seine Züge. "Ich wünsche Euch viel Erfolg dabei, Ser, das zu verhindern. Doch wenn es schon im Innern schwärt, dann... stehen Eure Chancen beileibe nicht sonderlich gut." Die ehrliche Sorge in seiner Stimme war jene eines Mannes, der sich alles, aber keinen Krieg wünschte. Soldat hin oder her, er wollte nicht wieder zurück in die dunklen Stunden der Schlachten. Gut, dass Slava dann auch von anderem Sprach. Der Atemluft zum Beispiel. "Wie meint ihr das?" hakte der Ritter nach. "Was hat die Luft in Eurer Welt so vergiftet?" Es musste riesig oder sehr mächtig sein, wie sonst konnte etwas die Luft einer ganzen Welt vergiften. Oder schlechter machen. Und dann war da noch die Magie. Manche hassten sie, andere liebten sie. "Es ist immer von Vorteil niemanden und nichts zu unterschätzen." raunt Liam, der sich zurück lehnt im Stuhl, die Arme locker vor der Brust verschränkt. Er macht den Anschein eines Mannes der gerade mit einem guten Kumpel ein Gespräch führt. Es ist nicht zu deuten ob das nun eine vorgeschobene Vertrautheit ist oder ob er es ernst meint.

Als er auf die Frage nach der Rückkehr nach Wyzima sagte er ohne zu zögern: "Eine Frau." sWahrlich, im ersten Augenblick wollte man ihm das abnehmen, so bierernst wie er Slava anschaute. Doch dann, nach einem Moment zuckten die Mundwinkel verräterisch nach oben und schenkten Liam einen schelmischen Ausdruck. Er hätte Lügen können, doch von Alensbach war ein ehrlicher Mann und auch wenn die Ehrlichkeit ihn manchmal hart traf, hielt er daran fest. "Ich habe Unterkunft bei einer Familie gefunden. Doch des Nachts wurden wir von Räubern überfallen. Ich habe sie abgewehrt, aber einer davon hat mich gebissen und die Wunde hat sich so schwer entzündet, dass ich in Fieberträume gefallen bin. Man brachte mich zum Tempel der Melitele nach Ellander. Dort pflegten mich die Schwestern gesund und als Dank habe ich eine der Ihren, Schwester Svettele, das Wort gegeben sie nach Nowigrad zu bringen. Doch als wir in Wyzima ankamen... haben sich gewisse Dinge von selbst ergeben. Gerade bin ich hier gestrandet." Mit Aufgaben und Problemen und Ereignissen, die ihm hätten gestohlen bleiben können. "Und wie ihr seht, hält das Schicksal überhaupt nichts von meinen Plänen."