Seite 22 von 25
Re: Hafenviertel | Im Kerker von Nowigrad
Verfasst: Donnerstag 7. Dezember 2023, 20:24
von Valjan Novka
‚Und es nimmt mich mit…‘
Das wusste sie inzwischen zu gut. Auch Slavas Gerede von einem schnellen Tod gefiel Valeska genauso wenig und sie musste kurz schlucken. Dazu dann dieser Blick vom ihm, als ob sie ihr etwas sagen würde, was sie nicht hören soll und er deswegen beleidigt sein könnte. Sie sollte irgendwas sagen, um zu zeigen, dass sie auch auf seiner Seite ist. Fühlte sich gerade ein bisschen an, wie mit seinen Eltern. „Wer mit den Geistern spricht, fürchtet den Tod nicht…“ So. Doch sie hatte Valeskas Tod gefürchtet?
Wenn er ihr vorher erklären würde, was man erreichen möchte, wäre es leichter hier zu helfen. Aber wahrscheinlich will er genau das nicht? Sie so nutzen, wie es ist. Ohne sich zu verstellen. Also natürlich niedlich, unscheinbar und schützenswert zwischen den wahren Raubtieren hier sein. Valeska atmete ein, bliebt stehen, hörte weiter zu – mit den großen Ohren. Sie hatte eben wieder von diesem Tier geträumt, dösen in der warmen Sonne.
Re: Hafenviertel | Im Kerker von Nowigrad
Verfasst: Donnerstag 7. Dezember 2023, 20:33
von Nahuela Mughwadi
Nahuela betrachtete Valeska noch einen Moment nachdem der Oberst seine Rede beendet hatte. Kleiner Fuchs mit großem Herzen... Sie lächelte leicht und wie immer war der Zug um die Lippen nicht ganz frei von Spott. Dann wandte sie dem Mann im Raum ihr Gesicht wieder zu und die Züge darauf fanden zurück zum Ernst, der dieser Lage wohl angepasster war.
Wie erklärte man einem Nordmann die Hitze des brennenden Sandes? Die Serrikanierin richtete sich etwas auf und hob die Hände mit den Handflächen gegen die steinerne Decke gerichtet. "Ihr hört, aber ihr hört nicht zu, Oberst von Sokolov. Ich wünsche mir nicht zu sterben, ich fürchte den Tod aber auch nicht. Dies hier...", ihre Hände beschrieben elegant zwei Kreise zu beiden Seiten ihres Kopfes, fast als sei die Bewegung Teil eines Tanzes, "...saugt mir das Leben aus den Adern, unweigerlich. Ihr könnt das so wenig ändern als ihr den Lauf der Sterne anhalten könnt. Nur gibt es ehrenvollere Wege zu den Geistern. Mehr habe ich nicht gesagt." Sie ließ die Hände sinken und sank vornüber, um die Unterarme locker auf den Knien abzustützen, die Hände entspannt dazwischen. Nun war das spöttische Funkeln in ihren Augen wieder da und ihre Lippen kräuselten sich leicht.
"Ich zweifle nicht, dass ihr sie öffnen könnt. Ich warne Euch aber auch - tut es aus der Ferne und verabschiedet Euch gedanklich vom Inhalt." Der Spott verflog von einem Atemzug auf den anderen und die Kapitänin wurde wieder ernst.
"Freie Rückkehr für meine Männer auf mein Schiff. Ich gebe ihnen eine Botschaft mit, dass mein erster Offizier keine Maßnahmen gegen Eure Stadt ergreifen soll. Was die Kisten anbelangt..." Nahuela öffnete kurz die Hände, ließ sie dann wieder sinken, "...was Ihr verlangt, wäre Hochverrat für mich." Hier hingerichtet werden oder in Nilfgaard - wo lag da schon der Unterschied?
Re: Hafenviertel | Im Kerker von Nowigrad
Verfasst: Donnerstag 7. Dezember 2023, 20:34
von Vyacheslav Sokolov
Ein kurzer Blick zu Valjan.
Hätte sich diese Gelegenheit nicht so unvermittelt ergeben, er hätte sie vermutlich eingeweiht, vielleicht aber auch nicht. Ohne ihr Wissen funktionierte manches besser und wozu, sie unnötig in Gefahr bringen? Wenn es schief ging würde nur sein Kopf rollen.
Außerdem drängte die Zeit, sehr lange wäre die Gefangene nicht mehr zu sprechen, er musste den Moment jetzt nutzen. Welche Frist sie noch hatten... nur wenige Tage vielleicht.
"Ich fürchte den Tod selbst nicht. Ich habe mich oft genug mit ihm getroffen, wir haben uns nett unterhalten und für später wieder verabredet. Wir sind so etwas wie alte Bekannte." scherzte er, aber es war auch eine ernste Bitterkeit hinter den Worten.
Aber das war es nicht. Sie hatte kein Vertrauen, aber das war gerade auch nicht nötig.
Ganz unvermittelt hatten die Verhandlungen begonnen und er war genau an der richtigen Stelle herausgekommen, ohne allzu große Umwege.
Es gab noch ein Schiff, nun hatte er es amtlich und Novka auch. Vermutet hatte er es ja. Maßnahmen gegen die Stadt. Wenn seine Informanten Recht hatten statteten die Nilfgarder ihre Schiffe bereits mit Kanonen aus. Schwarzpulver war bekannt und Gusseisen auch. Wer hatte es ihnen verraten? Eigentlich sollten Kanonen noch ein Anachronismus sein im 12ten Jahrhundert.
Auch ein Reisender?
Nicht ausgeschlossen, aber darum würde er sich ein anderes mal kümmern. Er hatte eine Stadt zu verteidigen. Er war nicht ganz unvorbereitet gewesen, er hatte sozusagen mit so etwas gerechnet, deshalb gab es die Ballisten. Kanonen hatten sie auf die Schnelle nicht giessen können. Nicht ganz die gleiche Reichweite, aber ungleich präziser, vor allem wenn man ein einzelnes Schiff ins Visir nehmen wollte. Chancenlos waren sie nicht, selbst wenn die Crew 'Maßnahmen' ergriff. Aber wer ahnte schon was noch alles geplant war.
"Wenn ihr die Kisten für mich öffnet gebe ich eure Männer frei und lasse sie mit einer Botschaft zum Schiff zurückkehren. Wenn ihr diesen Hochverrat für mich begeht, dann stelle ich euch unter meinen Schutz."
Viel versprechen konnte er nicht. Freiheit für eine Nilfgarder Kapitänin? Klang nach einem Risiko...
Nun, Schura arbeitete für ihn und Valentine hatte es getan. Konnte das hier wieder klappen?
Re: Hafenviertel | Im Kerker von Nowigrad
Verfasst: Donnerstag 7. Dezember 2023, 20:39
von Valjan Novka
Valeska musste an Schuras Worte über Slavas Beinahetode denken, passiere ihm jeden Tag, war schon in der Zone so. Auch ihr Blick ging zwischen den beiden anderen im Raum für einen Moment hin und her. So wirklich wohl fühlte sie sich nicht, auch wenn es spannend war zu zuhören. Fürchtete sie den eigenen Tod? Ja. Ihre Eltern alleine lassen wäre furchtbar. Sie schwieg, schloss kurz die Augen, wollte den Gedanken nicht näher an sich heran lassen und ließ das Gespräch weiter auf sich einprasseln.
„Два Муж.. и, Два Жена..“ Mehrzahl keine Ahnung. Vielleicht konnten sie sich nicht gegenseitig in den Kopf sehen, doch sie hatten zumindest eine fremde Sprache gemeinsam. Falls man Spitzfindigkeiten in der Wortwahl finden wollte, um noch irgendwelche Gefangene zu behalten oder nicht den Feind zu stärken, könnte man nur die Männer zurück zum Schiff schicken.
Die Parallelen zu Valentine und Schura sah Valeska auch. Sokolov hatte schon eine komische Art Freunde zu finden.
Re: Hafenviertel | Im Kerker von Nowigrad
Verfasst: Donnerstag 7. Dezember 2023, 20:43
von Nahuela Mughwadi
Leicht hob sie das Kinn. Es wirkte wie eine Herausforderung, war aber eher Ausdruck von Irritation in ihrem Kulturkreis. Er besuchte den Tod. Hieß das, er wandelte bereits in der Geisterwelt? Wieso brauchte er dann sie, um den Geistern eine Frage zu stellen, wo sie ihm doch scheinbar bereits antworteten?
Ein seltsamer Mann, dein Oberst., hallten ihre Gedanken zwischen Valeskas Ohren wider. Ith'fiah. Die Schlange sprach aus jeder Faser seines Körpers und durchdrang sein Tun. Gerade deswegen würde sie vorsichtig bleiben, gleichzeitig fiel es ihr erstaunlich leicht zu glauben. Schützen wollte er sie. Wenn das Kaiserreich jemanden tot sehen wollte, wurden erstaunliche Energien freigesetzt - das hatte sie oft genug erlebt. Schutz war zudem nur so lange überhaupt ein Thema, so lange Nowigrad frei blieb. Sie war lange Teil der Maschinerie gewesen, die existierte, um das zu ändern. Konnte sie überhaupt daran glauben, dass die Nordlinge gewinnen könnten?
Sie sah ith'fiah lange in die Augen, anders als asad'hi, die sich von zu viel Blickkontakt schnell provozieren ließ. Und auch jetzt spiegelten ihre Pupillen wieder kurz, als sie den Kopf leicht kippte. Es erschien ihr wie Wahnsinn, eine Nilfgaarder Offizierin beschützen zu wollen, die gleichzeitig ein Wandler war. Die ganze Stadt wäre gegen ihn.
"Wer sagt mir, dass Ihr meine Männer nicht hinrichten lasst, sobald die Kisten geöffnet sind? Wer sagt mir, dass sie nicht bereits längst an Euren Galgen verrotten?" Ein Schiff gegen eine Stadt - sie wusste eigentlich selbst, dass sie keine wirkliche Waffe in der Hand hatte, aber etwas Schaden konnte Cyrrin mit der Leviathan schon anrichten, bevor ihm die Kugeln ausgingen. Im Grunde war sie nur neugierig, denn in Trance hatte sie bereits die vier Leute besucht, war ihren Blutzeichen nachgeschlichen. Sie waren hier, großteilig unversehrt, aber sie wollte hören, was Oberst Sokolov dazu sagen würde. Die schnelle Zunge der Schlange erleben, die sich um sie ringeln wollte, um... Was zu tun? Sie wirklich schützen oder mit Haut und Haar verschlingen?
Ich habe dich schon einmal gefragt, ob du ihm vertraust. Bleibst du bei deiner Antwort, fennek?
Re: Hafenviertel | Im Kerker von Nowigrad
Verfasst: Donnerstag 7. Dezember 2023, 20:44
von Valjan Novka
Zu dem seltsamen Oberst bekam Nahuela keine Worte, sondern nur eine schweigende Zustimmung. Zu allem. Zum militärischen Rang, zu seltsam, zu Mann und auch zum Possessivpronomen. Ihr Oberst. Hm. Natürlich fiel ihr sofort jemand ein, der da widersprechen würde. In ihrem Gesicht sah man dazu aber keine Regung und sie hielt den Blick leicht gesenkt, lauschte dieser Verhandlung. So etwas hatte sie nie gelernt.
Erst als die Kapitänin ihre Frage nach dem Vertrauen wiederholte, ging ein Ruck durch ihren Körper und Valeska fixierte die andere Frau. Die Feldwebel stieß sich von der Wand ab, ging zwei Schritte und setzte sich neben Nahuela auf die Pritsche. Ein paar Herzschläge sah sie sie an, bevor sie den Kopf abwandte und Slava musterte, wie er dort in dieser Zelle im Halbdunkel auf dem Boden hockte. Sie lehnte sich zurück und schloss die Augen, als sie sprach, nicht dachte: „Meine letzte Woche war viel zu ereignisreich für jemand wie mich. Aber mein Idealismus hofft, dass Sokolov die Schlange mir helfen kann mein Zuhause zu schützen. - Wer sonst? Er ist gerissen und wahnsinnig genug dafür.“ Sie lächelte dünn, suchte Slavas Augenkontakt. „Ja, ich vertraue ihm, Kapitänleutnant.“
Ein leicht resignierter Blick auf Nahuela, vielleicht hatte Valeska es sich selbst erst jetzt so deutlich klar gemacht und ganz vielleicht hatte Schura damit zu tun.
Re: Hafenviertel | Im Kerker von Nowigrad
Verfasst: Donnerstag 7. Dezember 2023, 20:46
von Vyacheslav Sokolov
Valeskas Denkweise gefiel Slava, spitzfindig, scharfsinnig. Aber damit auch nicht ungefährlich. Das war eine, wenn die noch weiter aufstieg konnte sie durchaus auch an seinem Stuhl sägen. Besser wenn er dann erst gar keinen Stuhl brauchte. Männer... Sollte er wirklich nur die Männer frei lassen? Spielte ihm aber ausreichend in die Karten um diese Gelegenheit nicht zu nutzen.
Die Frage, die der Erklärung voraus ging war wohl nicht für seine Ohren bestimmt gewesen. Den ungefähren Inhalt konnte er sich aber erschließen, anhand von Valeskas Antwort.
Ein wenig amüsierte es ihn sogar. Vielleicht hätte er es auch als Respektlosigkeit werten müssen. Gerissen und wahnsinnig. Sie vertraute ihm. Nun lächelte er doch. Gerissen und wahnsinnig. Hatte er schon oft gehört, nur noch nicht hier.
"Ihr werdet mir in der Hinsicht wohl vertrauen müssen. Ihr seid meine Gefangene und nicht so direkt in der Position, Forderungen zu stellen. Umgekehrt wäre es wohl genauso. Aber ihr habt mein Wort und ich pflege das zu halten. Hier im Norden hält man das so."
Eine kleine Spitze. Aber er lächelte dazu.
Re: Hafenviertel | Im Kerker von Nowigrad
Verfasst: Donnerstag 7. Dezember 2023, 20:52
von Nahuela Mughwadi
Die Serrikanierin wandte weder den Kopf, als Valeska sich zu ihr setzte, noch erwiderte sie deren suchenden Blick. Sie beobachtete ith'fiah, während die Wächterin davon sprach, dass sie Vertrauen gefasst hatte zu einem, den sie im gleichen Atemzug als wahnsinnig betitelte. Begannen so nicht Heldenepen?
"tana'nin gab seinem kleinen Bruder anenka, die Weberin, cha'rab, den Späher und Ratgeber, fennek, den klugen Fuchs und den treuen taquarru'na." Die Geschichte sprach nicht von asad'hi. Die große Katze stand immer am Rand der Geschichten, galt als Schleicherin, Jägerin und schwer zu begreifen. Manchmal auch falsch und hinterhältig, keinesfalls treu.
Nahuela versuchte auf die Geister zu hören, die sich wie immer um ith'fiah scharten, als sei er ein Pol, zu dem es sie zog. Seine Worte waren allerdings nicht direkt geeignet, das Wohlwollen der Serrikanierin zu wecken, denn nicht nur Nilfgaard lag südlich von hier und ihr Volk hielt viel auf den Wert des einmal gegebenen Wortes. Aber er war nur ein Mann - gegebenenfalls konnte sie darüber hinweg sehen, wenn er endlich aufhören würde, sich so arrogant zu geben. Ith'fiah.
Sie seufzte und hob die Brauen. "Forderungen stellt Ihr, Oberst. Ihr fordert Verrat, Ihr fordert Vertrauen. Ich stelle nur einen Gegenwert auf, den Ihr auf der Schale lassen könnt oder nicht. Ich bin eine Gefangene, ganz recht. Aber noch bin ich auch Kapitänleutnant Mughwadi von der Kaiserlichen Marine und in Euren Hoheitsgewässern wartet ein gut ausgestattetes Kriegsschiff auf meine Rückkehr. Ich weiß, gegen eine Stadt gibt es nur ein bisschen Kollateralschaden - ein paar Fischer, Familien, Soldaten, Menschen und Anderlinge. Zu vertreten. Es ist Krieg, nicht wahr?" Während sie sprach entrollte sie ihre Jacke, die sie zu einem Bündel gedreht am Kopfende der Pritsche hatte liegen lassen und zog sie mit ruhigen Bewegungen an. Während sie die Schnallen schloss, sprach sie weiter. "Ihr werdet die Kisten mit Magie oder Gewalt öffnen und das Ergebnis wird sein, dass Ihr so schlau seid, als zuvor. Wenn Ihr meinem Rat folgt, kommt dabei vielleicht niemand zu Schaden." Wieder vollständig bekleidet beugte sie sich vor und stützte eine Hand auf dem Knie ab.
Das Funkeln in ihren Augen war verräterisch - genoss sie etwa dieses Katz und Maus Spiel? Und das, obwohl sie eher die Rolle der Maus hatte... "Lasst meine Leute gehen. Ich möchte es sehen, ich gebe ihnen die Botschaft mit. Dann gibt es ein paar Opfer weniger und Ihr bekommt den Inhalt der Kisten." Das mit dem Vertrauen konnte man auch andersrum spielen. Vielleicht waren die Kisten es auch nicht wert? Oder sie gar nicht in der Lage, sie zu öffnen ...
Re: Hafenviertel | Im Kerker von Nowigrad
Verfasst: Donnerstag 7. Dezember 2023, 20:55
von Valjan Novka
‚Im Moment fühle mich nicht klug – nur müde. So unglaublich müde.‘
Und Angst. Da war Angst. Es ist Krieg, nicht wahr? So einfach hatte sie gesagt. Nur ein paar Fischer wie Olgas geliebter Mann. Ein gut ausgestattetes Kriegsschiff. Valeska hatte davon gehört, aber erst jetzt kam diese Tatsache so nah. Krieg. Er wartete vor der Tür ihres Zuhauses. Vor der Tür ihrer Eltern. Nahuela beachtete sie nicht wirklich, beobachtete lieber die Schlange. Sie sah zu dieser Frau auf. Was sie alles war. Was sie alles konnte. Was sie alles wusste. Was wäre aus ihr selbst geworden, wenn sie in ihrer Kultur geboren wäre? In der sie sich nicht jeden Brotkrumen erkämpfen musste nur weil sie eine Frau war, sondern nach ihren Fähigkeiten geschult. Sie zog ihre Beine an, schlag die Arme darum und legte dort ihren Kopf ab. Sie schloss Augen. Sie hätte sich nicht hinsetzten sollen. Sie war zu müde.
„Ihr könnt durch mich sehen…“ Ohne aufzusehen kam ein Murmeln über ihre Lippen, das immer leiser wurde: „Wer ist tana'nin? - Wo finden wir anenka? Und wozu braucht der kleine Bruder all die Leute?“
Re: Hafenviertel | Im Kerker von Nowigrad
Verfasst: Donnerstag 7. Dezember 2023, 21:00
von Vyacheslav Sokolov
Es war Krieg. Im Krieg gab es Kollateralschäden. Fuck. Das war der Hebel, den sie ansetzen konnte.
Ließ er zu dass die Stadt schaden nahm, dass Zivilisten starben wo er es hätte verhindern können... das würde auf ihn zurück fallen.
"Krieg bleibt immer gleich, hm?" Ein Zitat, das Valentine hin und wieder gebraucht hatte. 'War Never Changes'
Langsam taten ihm doch die Knie weh, er stand auf um sich ein wenig zu bewegen. Ging ein paar Schritte auf und ab.
"Ein Kompromiss, ich lasse eure Männer gehen, die Frauen bleiben mir als Pfand, bis die Kisten geöffnet sind. Dann lasse ich auch sie gehen."
Und er gewann noch ein wenig Zeit.
Und sie sprach in Rätseln.
anenka, die Weberin, gute Frage, nächste.
cha'rab, den Späher und Ratgeber. War das Cyron gewesen? Wen nutzte er als Berater? Doktor Kostjunari? Der war kein Späher. Schura vielleicht... Oder Ion? Die Hexer? Nein, eher der Elf.
fennek, war ihm schon klar und den treuen taquarru'na hatte er auch schon gehört. Jarel. Wieviel wusste sie über die Beziehung zu ihm? Fuck...
Nur wer war anenka?
tana'nin war der Drache wenn er sich recht erinnerte, und der kleine Bruder war die Schlange, also er.
anenka? Weberin? Sicher auch eine Metapher. Die Alchemistin? sie war bei dem Einsatz dabei gewesen. Die Zwergin? Sie konnte ihn aber nicht ausstehen. die Prostituierte? Hier tappte er wirklich im dunkel. Vielleicht nicht einmal eine Frau? Das war vermutlich irreführend.
"tana'nin ist der Drache, richtig? Der kleine Bruder ist die Schlange und ich werde all diese Leute brauchen um das Schicksal dieser Stadt zu bestimmen, vielleicht das Schicksal... eines großen Teils des Kontinents. Wer ist die Weberin, was tut sie?"
Re: Hafenviertel | Im Kerker von Nowigrad
Verfasst: Donnerstag 7. Dezember 2023, 21:15
von Nahuela Mughwadi
Sie erkannte ihren Fehler als Sokolov sich erhob und seinen Kompromiss formulierte. Die Müdigkeit machte sich einfach auch bei ihr bemerkbar und zwar in dem Sinne, dass sie die Gemeinsprache nicht zweifelsfrei korrekt verwendete, denn diese war genau wie Nilfgaardisch eine Fremdsprache für die Serrikanierin. Folglich hatte sie die Begrifflichkeiten so verwechselt, dass es Sokolov in die Karten spielte. Mistkerl. Ihre Wut darüber spiegelte sich nicht auf ihren Zügen, doch fennek bekam sie zu spüren. Unsanft gab Nahuela Valeska einen Stoß gegen die Schulter, der diese fast von der Pritsche warf. Von einem Herzschlag zum anderen wurde aus der Schwester wieder der Offizier.
"Schlafen kannst du außer Dienst." Schneidend die dunkle Stimme. Natürlich wusste sie selbst, dass das ein Wunschtraum war und bliebe. "Und ich kann dich nur hören, nicht sehen was du siehst.", blaffte sie, als wäre es Valeskas Schuld oder diese nicht Willens, ordentlich zu lernen. Dann erhob sich Nahuela ebenfalls, verschränkte die Hände im Rücken und spannte die Schultern. Das Sitzen machte sie träge im Kopf und ließ sie die Müdigkeit nur stärker spüren. Ihr Fehler wäre ihr so vielleicht nicht passiert.
Angriffslustig wirkte sie dafür jetzt. Gereizt. Ihr gefiel dieser Kompromiss nicht. "Kein guter, keiner auf den ich eingehen werde. Das wisst Ihr ebenso wie ich, Oberst." Wer sich würdig zeigte in ihren Augen, der wurde gleichwertig behandelt. Niemand betrat ihr Schiff, ohne diese Hürde genommen zu haben, egal ob Frau oder Mann. Das hatte die Armee sie gelehrt. Der Mann vor ihr war über diese Schwelle noch nicht gekommen und sie empfand sein Angebot als anmaßend. Dann doch lieber sterben, gemeinsam mit ihren Matrosen.
'Bist du ihm so wenig wert, sayiir fennek...' Vertrauen war so leicht zu verlieren.
Al amr' kaefhiran-sahl in'tasara achad, 'asihr-kinna'u kasaba achad.
-- Es ist leicht jemanden zu besiegen, aber es ist schwer jemanden zu gewinnen.
Nahuela folgte Sokolov mit den Augen, anders als ein gewöhnlicher Soldat, der die Fliegen auf der anderen Seite der Wand angestarrt hätte. Sie konnte ihre Ränge nicht gegeneinander aufwiegen, aber Befehlshaberin blieb Befehlshaberin, das schüttelte sie nicht so leicht ab. Nein, so leicht gab diese Frau die ihr Getreuen nicht her.
"Alle oder keiner. Ihr habt mich, mein Wissen, die Geister wissen das längst. Wozu feilschen als seien die Leben unserer Leute nur Teppiche auf einem Basar? Fürchtet ihr eine Serrikanierin nimmt ihr Wort weniger ernst als ein Nordling?" Diese Spitze ließ sich leicht wenden. Sie hatte Valeska, er Livja, Marieann, Thom und Rudvig. Es waren genug gestorben.
Geister.
Da war noch eine Frage gewesen. Nahuela lächelte halb, doch es erreichte ihre Augen nicht. "tana'nin ist der große Drache, Zerrikanterment. Der Schaffer. Der Vernichter. Ihr tragt das Blutzeichen seiner kleinen Brüder, ganz recht. All jene, die Ihr braucht, habt Ihr längst um Euch. Anenka ist die Spinne, Weberin der Netze und Hüterin vieler Geheimnisse." Der Mann, der dieses Zeichen trug, war allerdings weniger filigran als das Blutzeichen suggerierte. Sie wartete, ob die Münze von allein fiel.
Re: Hafenviertel | Im Kerker von Nowigrad
Verfasst: Donnerstag 7. Dezember 2023, 21:17
von Valjan Novka
Der Stoß kam unerwartet, aber die Zelle war nicht groß und so gab es nicht viel Platz wohin Fennek hätte fallen können. Dennoch wurde sie davon wieder wacher. So unfair war es auch nicht, es war ihr Hinweis der Sokolov darauf gebracht hatte. Aber auch Valeskas Gesichtszüge verfinsterten sich auf die Zurechtweisung und ihre Stimme wurde ein wenig schärfer.
„Du siehst nicht durch meine Augen, Nahuela, Du siehst durch mein Herz.“ Was konnte sie schon groß verheimlichen? Oder sie anlügen? Wenn sie in ihrem Kopf herum geisterte? Ihre Gedanken, ihr Streben kannte? Und nach… vorgestern.
Sie sah auf, blieb aber sitzen. Nachdem jetzt beide Offiziere standen oder gar gingen, war eh nicht viel mehr Platz.
,Das weiß ich noch nicht, große Katze.‘ Sie merkte nur, dass sie an seiner Schale kratzte. ,Er ist skrupellos genug. Aber ich hab mich entschieden und ich wünsche mir ihm vertrauen zu können. Genauso wie ich mir wünsche Euch vertrauen zu können, Kapitänleutnant Mughwadi. Naiv, nennt man das wohl. Aber irgendjemand muss damit anfangen…‘ Und ohne Hoffnung wird es auch nicht besser.
Valeska seufzte hörbar und in Gedanken. Verfolgte diese Verhandlung und Verhör. Waagschalen, Verrat, Loyalitäten nach oben, Verantwortung nach unten. Und eine Spinne... eine dicke, fette Spinne... in einem Netz und Beute... Essen. Ja. Verdammt warum ist ihr das nicht gleich eingefallen?
„Und Füllerin der Speisekammer, damit die anderen etwas zum leer fressen haben.“ Dass sie gerade nur müde und nicht hungrig war hatte nur einen Grund: jemand finanzierte Schuras Speisekammer.
Re: Hafenviertel | Im Kerker von Nowigrad
Verfasst: Donnerstag 7. Dezember 2023, 21:33
von Vyacheslav Sokolov
Die heftige Reaktion entging dem Agenten nicht. Er hatte sie wütend gemacht... wollte er das? Eigentlich nicht. Eher mitleidslos sah er zu wie Valeska sich wieder hochrappelte. Es hätte seine Position geschwächt, ihr jetzt zu helfen... und ihre ebenso.
Schaffer, Vernichter... und eine Spinne im Netz. Eine Idee hatte er nun wenigstens, wen sie meinte - auch wenn ihm nicht ganz klar war woher sie ihr Wissen zog. Hatten die Nilfgarder einfach gute Agenten oder waren es wirklich Geister?
Zu schade, dass er das vermutlich nicht mehr herausfinden würde.
"Ich feilsche nicht, ich traue euch auch nicht bedingungslos, ebenso wenig wie ihr mir. Ich will aber auch gar nicht bewerten, wie ernst eine Serrikanierin ihr Wort nimmt, ich räume lediglich ein, dass ein dem Feind gegebenes Wort vielleicht nicht ganz so bindend ist wie eines euren eigenen Leuten gegenüber.
Ich wurde bereits mehrmals von euren Kameraden belogen. Also bin ich vorsichtig. Ich habe euch ein Angebot gemacht. Wenn ihr eure Zusage ernst meint habt ihr nichts zu befürchten, dann kommen alle eure Leute frei. Meint ihr es aber nicht ernst, dann sterben die Frauen und dann ist die Abmachung hinfällig. Also werde ich auf eure Hilfe verzichten. Was bedauerlich ist, denn ich hätte mich wirklich darüber gefreut, mich noch öfter mit euch zu unterhalten."
Er richtete sich auf. Das war nicht leicht, die Knie schmerzten und der Rücken auch. Sein Körper war einfach in einem deutlich mieseren Zustand als er es wahrhaben wollte.
"Es geht um das Leben eurer Leute. Ich hab euch das Angebot gemacht sie freizulassen, alle, nur nicht sofort, sondern erst wenn ich habe was ich will. Das war das einzige Angebot, das ich machen werde und ich lasse mich nicht erpressen."
Damit wandte er sich zum Gehen.
Lieber opferte der den Inhalt der Kisten als dass er auf eine Lüge hereinfiel, denn in seinen Augen konnte sie sich nur gegen das Angebot wehren wenn sie nicht vorhatte ihren Teil zu erfüllen. Schade, denn er hätte sich vorstellen können...
Egal.
Valeska würde er schon irgendwie frei bekommen, wozu hatte er Magier wie Ion oder auch diesen Ziehsohn Arvijds auf seiner Seite. Da würde es sicher einen weg geben.
"Und denkt nicht, ihr könnt auch Valeskas Leben in die Waagschale werfen, ich werde schon einen Weg finden, zu verhindern, dass sie mit euch in den Tod geht. Komm mit, Feldwebel, wir gehen."
Re: Hafenviertel | Im Kerker von Nowigrad
Verfasst: Donnerstag 7. Dezember 2023, 21:45
von Nahuela Mughwadi
Die schwarzen Augen der Serrikanierin folgten dem Offizier des Nordens mit einer Unerbittlichkeit, die diese "Verhandlungen" für beendet erklärt hätte, wäre da nicht der gedankliche Hauch gewesen, der Nahuela aus Richtung fenneks streifte und sie den Kopf ganz wenden ließ, um den Feldwebel zu betrachten. So jung, voller Ideale und - ja, vielleicht naiver - Vorstellungen. Ihre Matrosen wussten alle genau, worauf sie sich einließen, als sie sich für diese Mission gemeldet hatten und der Tod im Gefecht oder am Strang war natürlich eine Option. Doch fennek war blind in diese Bindung gerannt... Eine Dummheit, für die ihr die Fuchsohren langgezogen gehörten und die sie fraglos bereits bereute. Sie darum opfern? Eigentlich sollte es ihr weniger ausmachen - ein Nordling. Ein Feind. Nahuela begegnete dem Blick der jüngeren Frau und ließ den Oberst vollständig aus ihrem Fokus fallen - das Gespräch mit ihm war vorbei, da konnte er Entscheidungsträger sein, so viel er wollte. Die Serrikanierin in diesem Kapitän konnte oft genug dann doch nicht aus ihrer Haut, vor allem wenn man(n) ihren Stolz verletzte, ob nun wissentlich oder durch Zufall.
Valeska wollte ihr vertrauen und Nahuela brauchte dieses Vertrauen, um ihr eigenes Leben hoch genug zu halten. Und auch der Kapitän wollte der Jüngeren gern trauen, wollte ihr das eigene Leben zurück geben, aber nicht ohne wenigstens versucht zu haben, das Beste für sich selbst heraus zu holen. Doch nicht um jeden Preis. Nicht mehr... Denn so sicher sich der Oberst gab, Nahuela wusste genau, dass es keine Lösung ohne ihren Willen gab. Sie könnte die Kette hier und jetzt entfernen, aber genau dieser Gedanke sorgte dafür, dass sie vor sich selbst zugeben musste, dass Sokolov gewonnen hatte.
Und trotzdem! Die Arroganz der nördlichen Zauberer war selbst in ihrem Land bekannt, doch sie wussten längst nicht alles und Sokolovs Arroganz war für die Katze wie ein Wind in den Schnurrhaaren. Es reizte sie zum Fauchen.
Doch da war fennek, zwischen ihr und der Schlange. Ein unschuldiges Kind, an das sie inzwischen mehr band, als nur eine Kette. Schon hörte sie die Stimme Eathelieans, der sie verhöhnte. Als Frau neige sie zu zu viel Weichheit. Oh wie sie ihn eines Besseren belehrt hatte - oder genauer gesagt diese Aussage präzisiert: Frauen gegenüber neigte sie vielleicht manchmal zu Weichheit.
Die Härte wich aus Nahuelas Zügen und sie ging vor Valeska in die Hocke.
"Ja, ich kenne dein Herz, sayiir fennek. Nur darum bin ich noch hier." Zielsicher griff sie nach ha'daja und schob die Finger unter das Leder, woraufhin sie deutlich spürte, wie das Band sich verengte und gegen ihre Haut spannte. Schmerzen wie von Nadelstichen zogen sich entlang der Linie des Leders, doch zugleich fühlte sie auch die Geisterwelt klarer werden, die Müdigkeit weichen.
Da waren Antworten auf unausgesprochene Fragen.
Da war Bewegung in ihrem Rücken und sie hob die freie Hand in jene Richtung, nicht abwehrend, sondern mit nach oben geöffneter Handfläche und auf dieser formte sich das nebulöse Abbild einer Eule mit weit gestreckten Flügeln, die zu einem Schakal schmolz, der zu einem Schmetterling explodierte, der sich flatternd in Nebel auflöste und einen Raben formte, bevor er ganz verging.
Die Geister flüsterten laut und erst als eine von Valeskas Händen, die wohl ähnlich unangenehme Schmerzen haben musste, sich um Nahuelas Arm spannte, die geweiteten Augen um Erlösung flehten, ließ die Serrikanierin das Schmuckstück los und zog die junge Frau näher, nahm ihr Gesicht in beide Hände.
Schon wieder. Schon wieder!
"Ich kann dein Leben in keine Waagschale werfen, es liegt bereits darin. Aber ich nehme es heraus, wenn ich kann. Kapitänleutnant Mughwadi würde diesen Verrat nicht begehen, aber Nahuela Mughwadi sem Gwhanelvelth hat den Mut dazu, weil die Geister sagen, dass es das wert sein kann."
Re: Hafenviertel | Im Kerker von Nowigrad
Verfasst: Donnerstag 7. Dezember 2023, 21:56
von Valjan Novka
Valeska. Vor beinahe zehn Jahren hatte sie diesen Namen abgelegt. Ihren angeschnittenen Zopf vor ihren Eltern auf den Tisch geknallt und erklärt, was sie zukünftig machen würde. Dass sie den Namen ihres kleinen Bruders angenommen hatte, dass sie nun Rekrut bei der Wache sei, dass sie nicht die Kinder von irgendeinem Typen austragen würde, sondern lernen zu kämpfen, ein Schwert zu führen und sich selbst sowie andere zu beschützen. Seitdem hatte sie ihn und sich versteckt. Und jetzt?
Jetzt stahl er sich einfach zurück.
Kam aus dem Mund dieses Mannes, vor dem selbst der Katzenhexer Respekt hatte, den vor drei Jahren niemand kannte und der jetzt dabei war ihre Heimat gegen das Imperium zu rüsten.
Sie sah zu Slava, der sich wieder aufgerichtet hatte und er sagte, was er sagen musste sowie ihren Namen. Es tat so unerwartet gut ihn zu hören, würde sie irgendwann vielleicht heraus kommen können?
So in Gedanken bekam sie kaum mit, wie Nahuela plötzlich so nahe vor ihr war und nach der Kette griff. Sie riss die Augen auf, als die Nadelstiche kamen, sie zog die Luft ein und schluckte jeden Aufschrei hinunter, das würde nur jemanden dazu holen, sodass nur ein leises Keuchen aus ihrer Kehle drang.
Ihre Linke umklammerte den Schwertgriff, um die Schmerzen irgendwo abzuleiten. Aber da war mehr, was Valeska wahrnahm. Plötzlich war die Müdigkeit verschwunden und sie spürte etwas, schloss die Augen, sah etwas um oder hinter Nahuela. Schatten, Nebel, Eulen, Raben. Valeskas Augen huschten, verfolgten die Schmetterlinge. Geister, Blutzeichen, Visionen? Die Rechte hatte Nahuelas Handwurzel gepackt, mehr aus Reflex und hielt sie fest, aber zog sie nicht weg, als ob es ein Kontakt sei, mit dem sie etwas mit Nahuela teilen konnte: die Schmerzen, aber auch die Wahrnehmung und eine gewisse Fürsorge.
Dennoch ließ sie sich erleichtert zu ihr ziehen und den Kopf leicht hängen. Sie nickte. „Danke Nahuela... “ Valeska atmete schwer, musste was sie gespürt hatte erst verarbeiten, während ihre Hände nach den Schultern der Serrikanierin griffen, um sich festzuhalten. „...ich pass auf Deine Frauen auf.“
"Kehib li-dae'm sarrathon 'haque dae'm-ila zaman nicha'ja.", damit erhob sich die dunkle Frau mit graziler Eleganz.
Valeska nickte, sie würde sich bemühen und versuchte sich in der Sprache der Serrikanerin: „Alam r käfhi'ran saal in taschara ach'ad, aschir kienau ka'saba ach'ad.“
Die Feldwebel stand weniger grazil auf, mehr ruckartig, denn die Müdigkeit kehrte zurück. Ein bisschen verzog sie das Gesicht, als ihre Hand sich für einen Moment auf ihren Bauch legte, bevor sie neben der Tür Haltung annahm.
Re: Hafenviertel | Im Kerker von Nowigrad
Verfasst: Donnerstag 7. Dezember 2023, 22:01
von Vyacheslav Sokolov
Er drehte sich noch einmal um...
Und er hatte es schon einmal gesehen, kannte mittlerweile die Wirkung, die diese vermaledeite Kette hatte.
Elektronische Fußfesseln, das sagte ihm etwas, aber so ein magisches Halsband... Abermals sträubte sich etwas in seinem Verstand das ernst zu nehmen, was er vor ich sah.
Und doch kannte er ja selbst die Kette, die die Zone ihm angelegt hatte, und das ganz ohne so ein seltsames Schmuckstück. Je weiter er den Radius auf dem Kiew lag hinter sich gelassen hatte... Aber das Portal hatte ihn von der Kette gelassen. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen während er angespannt die Szene verfolgte.
Er war bereits kurz davor gewesen, die Tokarev zu ziehen - aber man nahm eine Waffe nicht nur in die Hand um zu drohen, man musste auch bereit sein abzudrücken und das war er nicht. weder würde er eine Gefangene erschießen noch Valeska in Gefahr bringen.
Auf Cyron hatte er geschossen weil der außer Kontrolle gewesen war und er wußte was er dann anrichten konnte. Hier? Hier war alles weit davon entfernt.
Es war weniger als ein Zucken der Hand, eher die kühle Abwägung.
Aber sie lenkte ein.
Sie würde den Verrat begehen.
Er ja im Grunde auch.
Es konnte dermaßen in die Hose gehen, allein schon dass er nun Gefangene freiließ, vielleicht sollte er ihr noch erklären, dass es das größere Symbol in seiner Welt war, denn für den Regenten und für die Redanische Armee war jeder männliche Nilfgarder deutlich gefährlicher. Indem er genau diese freiließ zeigte er viel deutlicher, dass es ihm ernst war mit der Abmachung.
Die Frauen freizulassen wäre sicher leichter zu rechtfertigen gewesen, aber es fühlte sich falsch an, in mehrfacher Hinsicht.
Vielleicht erklärte Valeska es ihr, irgendwann, oder er. Später.
Jetzt lächelte er nur.
"Wenn ihr bereit seid können wir los. Je eher wie die Dinger öffnen umso schneller kommen auch die Frauen frei. Mit wem müsst ihr sprechen, und in welchem Rahmen um die Botschaft zu übermitteln?"
Re: Hafenviertel | Im Kerker von Nowigrad
Verfasst: Freitag 8. Dezember 2023, 06:21
von Nahuela Mughwadi
Sie hatte es gespürt, war kurz sie und zugleich asad'hi gewesen, wie zwei Seiten einer Münze. Während sie Valeska im Griff hielt, sprang die große Katze auf den Mann in ihrem Rücken los... Nein, auf die Cobra, die sich ihrerseits aus dem Mann hob, den Schild bedrohlich gespreizt, die langen Zähne im weit aufgerissenen Maul gebleckt. Asad'hi fauchte wild, die Ohren an den Kopf gepresst, bereit zum Sprung und die Cobra spie der Katze ihr Gift entgegen. Wild tanzten die Geister, flüsterten, schrillten, kreischten und asad'hi ging in dem Tanz auf, zerstob, zerfaserte.
Und Nahuela hatte abgelassen. Die doppelte Sicht auf die Dinge verwirrte ihren Kopf einen Moment lang, doch sie stand sicher. Sicherer als fennek jedenfalls, mit der sie Worte in ihrer Sprache wechselte, auch wenn es nur Redewendungen waren. Valeska lernte schnell - die Anerkennung war ein Blick und ein Heben des Kinns.
Dann wandte Nahuela sich dem Oberst zu, der sich ihnen wieder zugewandt hatte. Ob Valeskas oder des Chaos, das er irgendwie in der unsichtbaren Welt ausgelöst hatte wegen, würde die Serrikanierin heute nicht mehr ergründen. Aber sie betrachtete ihn einmal mehr mit anderen Augen.
"Meine Meisterin pflegte zu sagen: ziele nur, wenn du auch treffen willst - es sei denn die Geister raten dir ab. Ihr seid kein Mann, der nicht schießt, aber ich sah ith'fiah schießen, Ihr aber schießt nicht. Warum? Weil Ihr doch mehr zuhört, als ich dachte. Ihr nennt es vielleicht Instinkt, ich nenne es die Stimme der Geister. Ihr hört sie sehr genau, Oberst von Sokolov." Während sie sprach war sie sehr langsam vorwärts gegangen, bis sie direkt vor ihm stand. Schlagdistanz für asad'hi. Die Serrikanierin blickte ihm dabei ernst in die Augen.
"Und genau deswegen, werde ich Euch glauben. Meine Matrosen, gegen die Kisten." Das wirre Flüstern der Geister erstarb augenblicklich und das Durcheinander in ihrem Kopf fand wieder zu alter Ordnung. Ein Blick zu Valeska. "Ich brauche sauberes Wasser und ein paar Minuten Privatsphäre. Bootsmann Rudvig wird uns zu den Kisten begleiten. Es bedarf zwei autorisierter Personen." Nun wählte sie ihre Worte sehr genau, wodurch ihre Rede leicht schleppend geriet. "Er wird auch die Nachricht zur Leviathan bringen. Dafür braucht es nicht mehr als ihn. Einverstanden?"
Re: Hafenviertel | Im Kerker von Nowigrad
Verfasst: Freitag 8. Dezember 2023, 07:53
von Valjan Novka
Valeska brauchte etwas länger bis sie wieder zu sich oder auch zu Valjan fand. Man würde wieder rausgehen und da konnte sie keine Weiblichkeit brauchen.
Sie lauschte, beobachtete: die Schlange und die große Katze. Sie hatte mehr gesehen als es ihr lieb war, obwohl sie die Augen nicht geschlossen hatte, sprangen die Blutzeichen durch ihr Blickfeld. Das Knistern zwischen den beiden konnte sie so genauso wahrnehmen.
Er hätte nicht geschossen, sagte sie. Neugierig musterte Valeska den größeren Mann. Hatte er eine dieser Waffen dabei? Schura hatte angedeutet, dass es die auch in kleiner Handarmbrustgröße gäbe. Beängstigend. Diesen fehlenden Hinterkopf würde sie so schnell nicht vergessen.
Dass Nahuela Wasser wollte, konnte Valeska verstehen. Waschgelegenheiten gab es auch für die Wache wenige, vielleicht mal in der Nähe der Küche, aber sonst ging es für alle an die öffentlichen Brunnen. Das ganze Geplantsche in Slavas Wohnung war purer Luxus. Aber...
„Ich kümmere mich um Schüssel und Wasser.“ Ein fragender Blick zu Slava. Er würde es Abnicken müssen, denn die Gefangenen waren in den Händen der Männer des Regenten, da hatte der Feldwebel nur Befugnisse, wenn sie sich frech nahm. Aber direkt unter den Augen des Freiherrn vielleicht nicht.
<zu den Docks>
Re: Hafenviertel | Im Kerker von Nowigrad
Verfasst: Freitag 8. Dezember 2023, 09:43
von Vyacheslav Sokolov
Kurz runzelte Slava die Stirn. Zielen. Sie sprach nicht von leeren Drohungen sondern vom Zielen. Mit einer Waffe. Wusste sie von der Tokarev in einem Holster unter der Jacke? Konnte sie ja eigentlich gar nicht. Oder?
Warum er nicht schoss. Hatte er zugehört?
Den Geistern?
Nicht einmal die Zone hörte er hier noch... Konnte sie sehen was er sah? So schlimm wie früher war es bei weitem nicht mehr. Keine verschiedenen Wege, nur noch die Ahnung davon, dass es auch eine Täuschung sein konnte.
Sich selbst gegenüber musste er allerdings eingestehen, dass er so wenig von all dem begriff, von der Welt der Geister und der Magie und dass seine Bereitschaft, es einfach zu akzeptieren danke seiner Herkunft wiederum recht gering war.
Sei's drum. Irgendwie war er ans Ziel gekommen, über den Weg konnte er sich später immer noch Gedanken machen.
"Ich halte mein Wort. Ihr bekommt einen Zuber mit Wasser und ein paar Minuten Ruhe und danach treffen wir Bootsmann Rudvig beim Lagerhaus. Ich werde alles veranlassen."
Eigentlich fügte es sich hervorragend.
Er nickte auch Valeska zu. Bald wieder Valjan. Das Wasser war genehmigt. Notfalls schloss er kurz eines der Badehäuser am Hafen, im Tausch gegen die nötigen Kronen war alles möglich.
Er lächelte. tief durchatmen vor Erleichterung würde er erst draußen. Ganz draußen, außer Hörweite. Und vielleicht auch erst wenn wirklich nichts mehr schief gehen konnte. Er pfuschte ja zugegebenermaßen an Dingen herum, von denen er dilettantisch wenig verstand. Eigentlich ein Wunder, dass doch so wenig schief ging.
Allerdings hatte er keinerlei Scheu, weiterzumachen. Wenn er an etwas nicht litt, dann war das, was man in der westlichen Welt seiner Heimat als 'Impostersyndrom' kannte.
"Ich leite alles in die Wege, willst du hier warten Valeska?" Noch einmal der Name, den er eigentlich nur im Beisein Nahuelas verwendete oder eben wenn sie zu zweit waren. Derzeit verschwendete er noch keinen Gedanken daran, ob es irgendwann möglich sein würde, offiziell als Frau Dienst bei der Wache zu tun. Erst Recht würde es für Valjan schwer werden, denn ihm speziell würde man definitiv etwas wie einen Betrugsversuch vorwerfen wenn es rauskäme... Dafür hatte er noch keine Lösung. Einen Plan B zwar, aber keine Lösung.
<weiter an den Docks>
Re: Hafenviertel | Im Kerker von Nowigrad
Verfasst: Freitag 8. Dezember 2023, 15:43
von Nahuela Mughwadi
Nahuela schüttelte leicht den Kopf, lächelte.
"Eine Schüssel und ein paar Minuten allein reichen voll und ganz."
Wieder hörten sie beide nicht zu. Sie hatte doch gesagt, sie brauchte keine Annehmlichkeiten. Ihr Wunsch hatte ganz praktische Hintergründe.
Kaum hatte sie, was sie brauchte und war allein, machte sich die Serrikanierin daran, den Schlüssel aus seinem Versteck zu holen. Nicht angenehm, aber einer der wenigen Orte, an denen in der Regel niemand nachsah. Ein zeitlich begrenzter Lagerort, aber der so ziemlich beste. Sie brauchte nur ein paar Minuten, dann hatte sie einen nicht mal daumenlangen Schlüssel mit mehrseitigem Bart zu Tage gefördert, den sie an ein Lederband hängte, das ihren Gürtel scheinbar nutzlos geziert hatte. Beim Unflat blieb ein blasenartiges Gebilde zurück, aber wer prüfte schon die Eimer in den Zellen?
Nochmal Waschen, Abwasser ebenfalls in den Pisspott, dann wurde sie auch schon abgeholt und hinaus geführt.
Licht. Luft. Sie konnte nicht anders, als den Kopf in den Nacken zu legen und die Augen zu schließen. Sonne. Wind. der ferne Geruch des Meeres. Einmal tief durchatmen. Dann ging es zum Lagerhaus und da war auch ihr Bootsmann. Etwas mitgenommen sah er aus, aber sonst wohlauf. Sie nickte Rudvig zu und dieser wollte salutieren, aber seine Fesseln hinderten ihn auf halbem Wege an der Bewegung.
weiter