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Re: Der Tempel des Ewigen Feuers
Verfasst: Mittwoch 9. August 2023, 08:44
von Svettele Fini Banik
„Ach, Herr Ritter von Alensbach.“ Die Priesterin der Melitele sah von ihrer Kerze auf, deren Wachs in der Glut langsam schmolz und so den Docht schließlich entzündete. Aber schon auch spannend zu beobachten. „Ich hatte ebenso nicht erwartet hier zu sein, war auf jeden Fall eine interessante Predigt. Aber Erzpriesterin Varelia ist gerade sehr beschäftigt. Es gab wohl einen Notfall bei den Häusern der Einkehr, wenn auch nicht mehr Hände gebraucht wurden. Deshalb stand ich ein bisschen unschlüssig herum und dachte mir: ‚Die Sonntagsmesse soll toll sein, wann hast Du schon die Gelegenheit?‘ In Nowigrad hab ich bestimmt anderes zu tun und… kenne Deine Feind und so.“ Sie hätte ihm beinahe den Ellenbogen in die Seite gestupst, konnte sich aber noch beherrschen und lachte dafür, ließ es aber gleich wieder bleiben, als die lauteren Töne in der Tempelhalle hallten. Sie hüstelte, sah von links nach rechts. Sie war es nicht gewesen. „Die Akustik ist schon toll hier. Wäre nichts für uns, stellt Euch vor hier bekommt jemand wehen. Dann kann ganz Wyzima mithören und…“ Sie unterbrach sich, blickte auf die angebotene Kerze.
„Oh, Danke für das Angebot, aber nein Danke. Behaltet Eure Kerze, sie ist Euch bestimmt wichtiger und ich wüsste eh nicht, wie sie es bis in den Tempel schaffen soll ohne dass ein Windstoß sie ausbläst. - Wahrscheinlich sollte ich Euch auch nicht länger aufhalten.“
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers
Verfasst: Mittwoch 9. August 2023, 20:22
von Liam von Alensbach
Ihr Lachen entlockte ihm ein Schmunzeln und anderen Messebesuchern einen empörten Blick. "Und, wie fandet ihr sie?" fragte er mit gesenkter Stimme. Die Mundwinkel verzogen sich jedoch, als scheine er sich die Geräuschkulisse schmerzhafter Laute hier vorzustellen. Eine Vorstellung, die ihm nicht gefiel.
"Ich habe meine Gebete, Schwester Svettele. Die Kerze ist ein Symbol, das zwar jeder entzünden kann, doch nicht daran glauben. Nehmt sie mit Euch und wenn sie von einem Windstoss niedergezwungen wird, dann entzündet sie wieder. Keine Hoffnung ist je verloren, auch nicht diese."
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers
Verfasst: Mittwoch 9. August 2023, 21:08
von Svettele Fini Banik
„Danke, Ser.“ Schwester Svettele nahm das Geschenk an sich. „Na schön, ich konnte es schließlich nicht entzünden, aber ja es bleibt die Hoffnung es beim nächsten Mal besser zu machen“, murmelte sie. Sie sollte mehr Respekt und Andacht zeigen, man war hier nicht auf irgendein Bauernhof unter einfachen Leuten wie sie es gewohnt war. Sie nahm die Kerze entsprechend andächtig an und legte sie auf ihrer Handfläche ab. Sie hätte ein kleine Laterne mitnehmen sollen wie die anderen Kirchgänger. Oder eine Dienerin mit einer Laterne und einem langen Scheit, um gemütlich diesen an der Schale zu entzünden und dann die Laterne, wie es die hohen Herrschaften haben machen lassen.
„Die Messe war... imposant, besonders der Chor.“ Ihre Stimme war nun gedämpft, der Situation und der Umgebung angepasst und sie wandte sich leicht vom Feuer ab, damit andere dorthin gehen könnten. „Es schien als würden die Lieder von überall gleichzeitig zu hören sein, die Baumeister und Sänger haben hier wirklich etwas Wundervolles geschaffen. - Richtig Fahrt nahm sie auf als äh... der Großmeister... wie heißt es? Seine Exzellenz das Wort ergriff. Er scheint ein guter freier Redner. Jemand dem man gerne zuhört und der einen mitnimmt. Und ich glaube er hat mich beim Rausgehen bemerkt, das war mir etwas peinlich.,,“ Ihre Mundwinkel zogen sich verlegen leicht nach oben.
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers
Verfasst: Donnerstag 10. August 2023, 16:11
von Liam von Alensbach
"Musik ist einer der Schlüssel zum Herzen. Nur wenig hat solch einen Zugang in das Innerste eines lebenden Wesens, wie die Klänge von Gesang und Instrument."
Liam ging neben ihr, weg von der Schale und in Richtung Ausgang. Dabei erzählte er der Schwester von der Architektur der Kirche, wie sie durch ihre Bauweise den Chor bis in den letzten Winkel des Gebäudes tragen konnte. Der Ritter vermied es jedoch zu sehr ins Detail zu gehen, das würde sie bestimmt langweilen. "... Lothar von Tretogor ist ein Mann, den man in einer Schlacht neben sich stehen haben möchte." kam er auf den Grossmeister zu sprechen. "Er weiss genau wie man seine Kameraden führt und motiviert. Fähig und charismatisch zugleich." Schwach zuckte der rechte Mundwinkel. "Er wird genauso erstaunt gewesen sein wie ich, dass eine Schwester der Melitele der Messe beiwohnt. Sie traten durch den hohen Rundbogen hinaus ins Freie, wo manch Messebesucher noch einen Plausch abhielt. "Im übrigen kann ich Euch noch keine Auskunft darüber geben, wann ich nach Novigrad aufbrechen werde. Sollte es Euch zu lange dauern, werdet ihr bestimmt reisende Händler oder dergleichen finden, die ihr begleiten könnt."
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers
Verfasst: Donnerstag 10. August 2023, 20:37
von Svettele Fini Banik
Fini konnte zur Musik nur nicken. Bei Melitele wurde auch viel gesungen und gespielt. „Welches Instrument spielt Ihr, Herr Ritter? Oder singt ihr lieber?“ Bei der Hochzeitsfeier hatte Liam sich doch recht bald zurück gezogen. Sie folgte ihm brav nach draußen und hörte seinen Ausführungen aufmerksamer zu als vielleicht angenommen: „Also, alles nur ein bisschen Mathematik. Ein paar Formeln und schon klingt es schön. Beeindruckend, Ser.“ Die Priesterin ließ ihre Augen neugierig über den Tempelraum schweifen.
Auf dem Hof plauschte auch Lothar höflich mit jedem. Sehen und gesehen werden war immer noch wichtig, gerade neben dem Großmeister. Man musste wissen, ob sich etwas gegenüber letzter Woche geändert hatte. Die Leute und Lothar ebenso, so fiel sein Blick nur sehr kurz auf die beiden, bevor er sich wieder einer älteren Dame zuwandte. Ganz in der Nähe auch strategisch verteilt ein paar seiner Leibwächter, für diese war Lothars Bad in der Menge eher anstrengend. Wenn auch nicht ganz so aufregend wie unangesprochen für alle sichtbar auf die Kanzel treten.
„Ich möchte in keiner Schlacht stehen... allein diese Schreie...“ Fini schluckte, hielt brav ihre Kerze etwas fester, als ob ihr das Trost schenken könnte.
Auf seine Erklärung zur Reise musste sie doch kurz lächeln: „Keine Sorge, ich hatte noch keine Zeit mir bereits Gedanken über einen Aufbruch zu machen. Nowigrad war so lange alleine, da werden ein paar Tage nicht auffallen. Außerdem hat mein Hintern nichts dagegen sich etwas auszuruhen.“ Sie zwinkerte.
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers
Verfasst: Samstag 12. August 2023, 15:33
von Liam von Alensbach
"Ich spiele kein Instrument, davor habe ich mich stets erfolgreich drücken können. Nur auf den Gesang wurde bestanden, doch auch das ist bereits ein Weilchen her." Er lachte leise. In der Tat war der Tempelraum ein beeindruckendes Gebäude, wo wenn nicht hier konnte man die ewige Flamme in seinen Herzen spüren?
"Irgendwann stirbt etwas in Euch. Je mehr Schlachten ihr schlagt, desto gleichgültiger wird man. Das ist ein Schutzmechanismus der eintreten muss um nicht vollkommen einzugehen. Aber er verhindert keine Alpträume, keine Gefühle oder Emtionen. Es sollte Euch nicht unbekannt vorkommen, Schwester. Auch ihr behandelt furchtbarste Verletzungen, auch bei Euch ist der Tod nicht immer weit. Bei Soldaten ist das genau gleich." Ihm entging nicht, dass sie ihre Kerze fester hielt als zuvor.
"Ihr habt Euch wacker geschlagen." merkte er an, ein Mundwinkel zuckte nach oben. "Ich werde es Euch wissen lassen, sobald ich mehr in Erfahrung gebracht habe. Die Schwesternschaft hier in Wyzima wird sicherlich erfreut sein Euch noch ein paar Tage Länger unter ihrem Dach zu wissen."
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers
Verfasst: Montag 14. August 2023, 08:09
von Svettele Fini Banik
Finis Gesicht wurde ernster, als der Ritter von dem Teil erzählte, der starb und sie dachte über seine Worte nach.
„Ist es genau gleich? Ja, wir kämpfen um jedes Leben und manchmal verlieren wir. Aber man hat immer sein Bestes gegeben. Man ist in einer Umgebung des Helfens. - In einer Schlacht... einem Scharmützel... einem Überfall, da ist so viel Tod um einen und... es hört nicht auf. Verzeiht, ich sollte nicht.“ Sie musste einatmen, um ein paar Erinnerungen zu verdrängen.
„Es ist ein schöner Nachmittag und man sollte einen Mittagsschoppen trinken statt an solches zu denken...“ Sie räusperte sich. Besah sich ihre Kerze. Wie waren sie auf das Thema gekommen? Ach ja, der Großmeister, der noch immer hofierte, während Liam ihre Reiseerfahrungen lobte.
„Danke für die tröstenden Worte, Herr von Alensbach.“ Ihre Gesichtszüge wurden wieder sanfter. Die Anrede noch immer so förmlich, aber hatte inzwischen gemerkt, dass er das brauchte.
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers
Verfasst: Freitag 18. August 2023, 10:07
von Liam von Alensbach
"Mit dem Tod haben wir beide den selben Gegner. Wir wollen nicht sterben und ihr, Schwester, tut alles damit niemand stirbt." Liam hob einen Mundwinkel an, doch das milde Lächeln auf seinen Lippen war von bitterer Natur und sein Blick wurde aufmerksamer. Ihre Worte klangen persönlich, ihre Stimme hatte sich leicht verändert. Der Moment in welchem sie einatmete verriet dem Ritter mehr als sie vielleicht wollte. Aber er schwieg nur und bohrte nicht weiter nach.
"Ihr braucht Euch nicht zu entschuldigen." sagte er nur. "Dann kommt, gönnen wir uns einen Mittagstrunk und sprechen nicht mehr über den Tod und das Grauen." Der Ritter sah kurz über die Menge hinweg, suchte den Grossmeister, der noch immer umringt war von wichtigen Persönlichkeiten oder solchen, die sich dafür hielten. Er war froh nicht selber in dieser Position zu sein. Sein Blick kehrte zu Fini zurück. "Ich war lange nicht mehr in Wyzima. Zeit für einen kleinen Ausflug?"
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers
Verfasst: Freitag 18. August 2023, 17:26
von Svettele Fini Banik
Fini folgte dem Blick zum Großmeister des Ordens: „Die Novizinnen meinten er wäre der wahre Herr der Wyzimas. Auch wenn der Tempel sich natürlich nicht Politik einmischt… mein Tempel nicht Euer Tempel.“ Die ewige Flamme hielt das bestimmt anders. Sicher auch in Nowigrad. Sie würde sich wohl noch Gedanken dazu machen müssen, wie sie selbst es dort halten würde. Aber für Politik hat sie bestimmt keine Zeit, genauso wenig wie jetzt.
„Mir ist noch nichts zugetragen worden, deshalb gehe ich davon aus, dass ich noch ein wenig Zeit habe und ich war noch nie in Wyzima. Bis jetzt kenne nur die Straßen zwischen den Tempeln und so.“ Sie wollte nach seinem Arm greifen hielt sich aber zurück. Zum Einen hatte sie eine Kerze in der Hand zum Anderen war es vielleicht gerade nicht ganz schicklich hier vor den Augen aller so vertraut mit ihm umzugehen: „So bin auf Eure Führung angewiesen, Ser. Was sollte man gesehen haben? Neben diesem prachtvollen Gebäude versteht sich.“
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers
Verfasst: Freitag 18. August 2023, 18:16
von Liam von Alensbach
"Er besitzt grossen Einfluss." sagte Liam nur. "Wie steht ihr zur Politik, Schwester? Interessiert Euch das?"
Der Mann an ihrer Seite bemerkte ihr Vorhaben nicht, denn sein Blick glitt bereits wieder über die sich zerstreuende Menge. "Eine gute Frage... ich war schon sehr lange nicht mehr in Wyzima. Im Kaufmannsviertel soll es hübsche Lehmziegelhäuser und Brunnen geben, wenn wir glück haben dann ist der Markt noch offen. Ich habe nichts gegen eine Kleinigkeit zu essen und einem kühlen Becher Wasser oder Most. Ausserdem ist das Ratshaus einen Besuch wert und das Gasthaus Neu-Narakort. Ich habe gehört, der Wein dort soll vorzüglich sein."
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers
Verfasst: Montag 21. August 2023, 11:37
von Svettele Fini Banik
Sie hatte den Kopf zur Politikfrage geschüttelt und dann doch mit den Schultern gezuckt.
„Möglicherweise werde ich mehr müssen.“ Ihr Gesicht sagte, dass sie sich nicht wirklich darauf freute. Aber Fini würde sich der Herausforderung stellen. Wie immer.
„Neu-Narakort? Das klingt doch nett, dann trinken wir dort den versprochenen Schoppen.“ Das Thema gefiel er weitaus besser und ihre Worte klangen etwas überschwänglich. Aber: Nicht einhängen! Räuspern, hüsteln, auf Distanz bleiben und die Kerze halten. Vielleicht auch die Klappe.
„Ihr müsst mir nur den Weg zeigen, Ser.“
Brav folgte sie dem Ritter…
<weiter>
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers
Verfasst: Samstag 26. August 2023, 15:04
von Lothar von Tretogor
Während Lothar unermüdlich den Schein wahrte, stahl sich das Pärchen davon. Dem Großmeister war dies durchaus aufgefallen, doch gerade war dafür keine Zeit. Es war die Stunde des Ordens, der Kirche und natürlich musste er ein paar Mal seine spontane Predigt erklären. Aber wenn die ewige Flamme einen packt, dann musste man handeln. Seine leichte Abwesenheit, seine plötzlich Eingebung, das konnte er alles auf seinen Glauben schieben, der ihn während der Messe berührt hatte. Manche glaubten ihm das nicht, andere sahen Wahrhaftigkeit in seinem Tun. Viele irgendwas dazwischen. Der Großmeister war ein Mann des Glaubens, aber genauso ein Politiker, das hatten in den letzten Jahren alle bemerkt. So schüttelte er auch zum Abschied die Hände, tauschte Worte aus und lächelte noch mehr bis er sich Zurückziehen konnte. Er war gespannt, was Jakob ihm erzählen könnte und hatte ebenso schon mit Nachdruck gesagt bekommen, dass die Statthalterin ihn erwartete. Einer ‚Bitte‘, der er nachgehen würde und die ihr gegenseitiges Kompetenzgerangel nur zu deutlich machte. Der Großmeister kam Sonntags zur Statthalterin nicht umgekehrt, aber er brauchte sie, deshalb gönnte er ihr diesen Sieg – was beide wussten.
Aber endlich konnte er sich verabschieden und ging mit zwei seiner Leibwächter ab. Zwischen all dem musste er sich noch frisch machen. So nahe am Feuer sitzen war immer recht warm, gerade im Sommer.
<zu Lothars Büro>
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers
Verfasst: Freitag 3. November 2023, 11:44
von Lothar von Tretogor
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von:
Lothars Büro (Tanz mit der Statthalterin) → Refektorium
Datum: 18:33 Uhr, 29. August 1278, Sonntag
betrifft: Jakob, Liam?, Flammenrosenritter beim Abendessen
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Der Besuch bei der Statthalterin hatte wie immer eine gewisse Konzentration erfordert, die Lothar mehr forderte als ein Tanz zur Musik oder auf dem Schlachtfeld. Die Diplomatie war für ihn stets notwendiges Übel gewesen und etwas wovor er sich gerne drückte. Jetzt war sie ihm in die Großmeisterroben gefallen. Zumindest war die neue Statthalterin umgänglich, nachdem der erste Stadthalter nur ein paar Wochen nach Abreise des Kaisers diesen tragischen Unfall am See hatte. Es bestand deshalb Interesse auf beiden Seiten sich irgendwie miteinander zu arrangieren. Die Kirche der ewigen Flamme war etwas worauf sich genügend Wyzimer einigen konnten, solange es um Führung statt Fürsorge ging. Für Letzteres waren die Priesterinnen zuständig. So war von Tretogor in eine unerwartete Position gerutscht, die er nicht sonderlich mochte, aber genug Ehrgeiz hatte sie auszufüllen.
»Refektorium«
Eine der ersten Erneuerung des Großmeisters war dieses gemeinsame Abendessen des Ordens am Sonntag. Ausnahmslos aller. Schon als Offizier hatte Lothar die Nähe bis zum Rekruten gesucht, denn im Zweifel musste er sich auf alle verlassen können. Die Mehrheit konnte sich mit diesem Ereignis anfreunden, auch weil über die Jahre hinweg die größten und skrupellosesten Zweifler zu oft durch versterben den Orden verlassen haben. Wozu hatte man einen Jarel? Dennoch nahmen ein paar der Höhergestellten nur das Notwendigste ein und zogen sich dann wieder zurück, sobald man es sich erlauben konnte. Von Lothar wusste man, dass er bei dieser Gelegenheit gerne die Tische der Ritter oder gar Knappen besuchte und neben der Gesellschaft Interesse an ihren Ansichten oder Geschichten zeigte. Diesmal wirkte Lothar allerdings etwas abgelenkt. Wer ihn genauer im Augen behalten hatte, hatte sehen können, dass von Thwyth ihm noch etwas zugeflüstert hatte und dies schien ihn ein wenig zu beschäftigen.
Vom Tisch der Knappen hielt er sich heute Abend, jedoch ferner. Denn über ihn und Jakob wurde schon genug getuschelt, sodass der Blick des Großmeisters Jarels Mündel nur für einen Moment streifte, wie dieser umringt von anderen Knappen natürlich von seinem Duell heute morgen mit dem Großmeister erzählen musste. Die meisten hatten selten einen Kampf auf so hohen Niveau so hautnah erleben können.
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers
Verfasst: Freitag 3. November 2023, 20:41
von Jakob von Nagall
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von:
Meliteletempel → Ordenskloster - Refektorium
Datum: 18:33 Uhr, 29. August 1278, Sonntag
betrifft: Lothar, Liam?, Flammenrosenritter beim Abendessen
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Vom Meliteletempel war es nicht sonderlich weit bis ins Ordenskloster und Jakob reichte es sogar noch für eine Katzenwäsche mit Kleiderwechsel. Doch schon in der Kammer, die er sich mit den Knappen aus Wyzima teilte, traf er auf Maxim, der sich zu so etwas wie einem Lieblingsfeind zu entwickeln begann. Dem jüngeren Knappen schien es in seinem Ehrgeiz nicht zu passen, dass der Neue aus Nowigrad schon nach einem Tag der Mittelpunkt des Buschfunks war. Die Harfe, der Zweikampf mit dem Großmeister und all die scheinbaren Extrawürste.
"Was willst du eigentlich hier, von Nagall? Warum verschwindest du nicht wieder in eure so geliebte, freie Stadt, hm?" Maxim stülpte sich einen Überwurf im typischen Rostrot über den Kopf und schlang einen Gürtel um seine Mitte, sah den anderen Knappen bei all dem nicht an. Früher hätte Jakob je nach Laune einfach geschwiegen oder dem frechen Kerl die Nase platt gehauen. Heute dachte er wirklich eine Weile über eine Antwort nach.
"Ich bin hier, weil mein Rittervater mich her sandte. Ich kehre zurück, wenn man mich zurück schickt. So lange werde ich mit meinen Brüdern hier lernen und arbeiten." Auch er sah nicht auf, sondern wickelte weiter in Ruhe seine Fußlappen und die Lederstreifen um die Unterschenkel.
Maxim schnaubte abfällig.
"Arbeiten nennst du das. Arschkriechen nenn ich es. Und zwischendrin Schürzen jagen."
Schon fühlte Jakob doch wieder den altvertrauten Zorn in seinem Magen aufflammen. Kurz schloss er die Augen, presste die Lippen zusammen und rang mit seiner Beherrschung. Ganz konnte er allerdings nicht aus seiner Stimme verdrängen, wie es um sein Gemüt stand, als er sagte:
"Ich folge den Weisungen, die man mir gibt - wie ein jeder von uns, Bruder Maxim." Und nun sah er doch auf, fand sofort Blickkontakt zu jenem jungen Mann, der von der ersten Minute lang, der Rivale hier gewesen war. Jener unter den Knappen, der bisher das Feld geführt hatte und schon in der ersten Einheit Federn gegen ihn hatte lassen müssen. Nun spürte Jakob deutlich, dass dieses erste Training noch nicht vergessen war. Unter Lothars Augen besiegt von dem Neuling aus Nowigrad...
"Welche Weisungen empfängt man so von einem verräterischen Ritter, der sich lieber in Frauenklöstern rumtreibt anstatt sich seinen Mitbrüdern zu stellen?", schoss Maxim und zerstörte damit jeden Versuch Jakobs, das hier auf diplomatische Art zu lösen. Selbst beleidigt werden war das eine. Jarel so denunziert zu hören, war eine andere Nummer. Das Zimmer war nicht groß - Jakob musste nur auf die Beine kommen und einen Schritt nach vorn machen, dann stand er so dicht vor Maxim, dass seine Nase fast die des anderen Knappen berührte.
"Verrat, sagst du? Ich bin ganz Ohr. Was soll er denn verraten haben?", wollte er bedrohlich leise wissen.
Maxim starrte ihn einen Moment lang in die Augen, dann verzog er die Nase.
"Euer Ordenshaus an den Regenten eurer stinkenden Stadt und damit seine Heiligkeit Hierarch Hemmelfart an Dijkstra.", zischte er zurück und gab Jakob einen Stoß vor die Brust, der diesen auf Abstand bringen sollte.
"Man sagt, er steckt mit dem Kopf so tief in Dijkstras Arsch wie du in von Tretogors!", setzte er noch nach. Das reichte. Jakobs Kontingent an Selbstbeherrschung war für diesen Tag aufgebraucht und der angestaute Druck aus dem Gespräch mit Slava musste irgendwo hin. Schon flog die erste rechte Gerade auf Maxims Gesicht zu. Doch der hatte damit gerechnet, zog den Kopf weg und holte seinerseits aus. Er traf Jakob an der Lippe, doch der ließ sich davon nicht beeindrucken, sondern setzte mit der Linken nach, welche seine bessere Hand war. Ein Haken, den Maxim nicht kommen sah, traf diesen hart am Kinn und der andere Knappe stolperte rückwärts gegen den kleinen Waschtisch. Benommen schüttelte er den Kopf und wollte gerade wieder zum Angriff über gehen, als Luka und Janusz herein kamen. Schnell erfassten sie die Situation und während Janusz sich vor Maxim aufbaute und beschwichtigend die Hände hob, versuchte der kleine Luka Jakob zu halten, indem er ihm von hinten die Arme um die Brust schlang.
Janusz drehte sich wie ein Kreisel zwischen den Streithähnen.
"Hört auf. Hört auf. Seid ihr verrückt? CvT schleicht da draußen rum! Aufhören. Dem is' egal wer angefangen hat, der wird's beenden klar?"
Ein paar Minuten später war Ruhe eingekehrt. Jakob tupfte sich die aufgeplatzte Lippe mit einem feuchten Tuch, Maxim kühlte seinen Kiefer, der bereits Farbe annahm. Beide schwiegen.
>>Refektorium<<
Es war voll. Jakob hatte noch nie gleichzeitig so viele Ritterbrüder und Knappen, Meister und sogar den Großmeister selbst in einem Raum gesehen. Zwar gab es nach Ständen unterteilte Tische, trotzdem speisten alle zusammen. In Nowigrad war ihm das noch nie passiert. Jarel aß oft mit ihm zu Abend, aber das dann meist privat in seinem Haus. Ansonsten aßen die Knappen zusammen, während die Ritter sich selten unters Volk mischten. Das hier war fast zu viel für ihn. Der Lärm, die Gerüche, das Durcheinander der Stimmen. Nach der kleinen Einlage von eben wollte er am liebsten irgendwo allein sein, wusste aber, dass das nicht möglich war. Also Zähne zusammenbeißen und durch. Janusz schleppte ihn zu einer Bank und drückte ihn mitten im Getümmel nieder. Fragen stürzten auf ihn ein, meistens den Kampf mit Lothar betreffend. Er bemühte sich, zu antworten, wich oft genug aus, wiegelte ab, versuchte dem Ansturm einfach irgendwie in das alt hergebrachte Schweigen zu entkommen, aber sie ließen ihn nicht. Man bohrte, zerrte, fragte. Es war wie ein Märtyrium, aber er gab sich alle Mühe, das nicht nach außen zu zeigen. Versprach beim nächsten Training eine bestimmte Schrittfolge zu zeigen, jenen Hau und diese Parade.
Endlich kam das Essen und er bekam etwas Ruhe. Runter brachte er keinen Bissen, zu sehr wühlte ihn der Trubel auf und sprudelte immer noch das Adrenalin in seinen Adern. Eine Weile hatte er es vermieden zum Tisch der Herren zu sehen, an dem Lothar saß, aber als es allmählich ruhiger auch um den Großmeister wurde, warf Jakob hin und wieder einen Blick zu diesem hinüber. Lothar schien dies entweder zu erwarten oder zu ahnen, denn es dauerte nicht lange, da kreuzten sich ihre Blicke und Jakob deutete durch ein leichtes Nicken an, dass er Neuigkeiten habe. Er hoffte nur, dass Lothar ihn nicht wieder vor aller Augen zu sich zitierte, denn das gäbe wohl nur neuen Zündstoff. Andererseits - was konnte er dafür, dass die Dinge lagen wie sie eben lagen. Vielleicht wurde es auch einfach Zeit für ein bisschen mehr Selbstvertrauen.
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers
Verfasst: Montag 6. November 2023, 15:04
von Lothar von Tretogor
Der Großmeister hatte das Nicken kaum merklich aufgenommen, sich wieder abgewandt und schmunzelte über die Worte eines Gesprächspartners an seinem Tisch, als hätte es den stillen Kontakt nicht gegeben. Während Jakob noch einmal nach diesem Dreher gefragt wurde, stand Lothar auf und steuerte auf den Tisch mit den Jungrittern zu. Auf den Weg jedoch wurde er von Cvjetko von Thwyth aufgehalten. Es gab einen kurzen Wortwechsel, Lothar deutete auf seinen Mund, der andere blickte sich um und nickte. Die beiden Herrn trennten sich, der Großmeister nahm Platz bei den jungen Rittern, die vor einem Jahr wahrscheinlich noch am Knappentisch gesessen haben und wurde dort respektvoll aber herzlich begrüßt. CvT hingegen schnappte sich sehr diskret den kleinen Luka und zitierte ihn wohl in sein Büro oder Folterkammer wie es unter der Hand hieß. Eine Kleinigkeit, die von Janusz und Maxim ebenfalls bemerkt wurde. Erster bewahrte die Haltung, letzterer wurde zunehmend unruhig und kurz nachdem Luka wieder im Refektorium erschien, bat man Maxim hinaus. Die Art von Blick den er Jakob noch zu warf, kann man sich vorstellen ohne hinzusehen. Luka hielt sich vom Knappentisch etwas fern und suchte noch mehr zu Essen - heute gab es mal soviel jeder nehmen konnte. Zumindest Jakobs Zimmergenossen wussten was nun wahrscheinlich gleich kommen würde. Maxims rechte Gesichtshälfte war über den Abend zunehmend blauer geworden und die Ehrlichkeit Lukas bekannt. Es dauerte nicht lange und Jakob wurde genauso in die Folterkammer zitiert. Dort war es immerhin leiser.
»‚Folterkammer’«
Von Thwyth saß bereits an seinem Schreibtisch, als Jakob eintrat und deutete etwas gelangweilt auf den Hocker gegenüber, der für den Besuch zur Verfügung stand. Er hatte sich den Abend anders vorgestellt, aber manchmal hatte man eben keine andere Wahl und im Grunde seines Herzens war er doch recht stolz auf diese vier und wie sie den Konflikt gelöst hatten. Aber das würde er ihnen erst sagen, wenn sie die Ritterschaft erlangt hatten – oder auch nicht. Schließlich galt es einen Ruf zu wahren.
Cvjetko schaute streng und zog theatralisch die Luft ein, nachdem sich Jakob gesetzt hatte. „Du weißt, was ich zu sagen habe?“ Er wartete beliebig lange irgendeine Art von Bestätigung ab, stand darauf mit einem „Gut“ auf und ging zur Tür. Er wartete dort schweigend bis der Großmeister dazu kam, nickte dem zu und verließ sein eigenes Büro.
Erst als man alleine war und die Tür geschlossen, ergriff Lothar das Wort: „Und so hat der Knappe seinen Großmeister zu sich zitiert.“ Er kam um Jakob herumgelaufen, verschränkte die Arme und lehnte sich stehend an den Tisch. In seiner Stimme lag kein Vorwurf eher Erheiterung. „Du hast meine Aufmerksamkeit.“
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers
Verfasst: Mittwoch 8. November 2023, 19:54
von Jakob von Nagall
Eine Weile ging das Treiben weiter, dann stieß Janusz Jakob plötzlich in die Seite und zischte: "Feuer und Asche, schau - Luka muss antreten. Ihr seid sowas von geliefert." Sein Blick huschte zu Maxim, der ihm und Jakob schräg gegenüber saß und auch Jakob tauschte einen Blick mit dem jüngeren Knappen, dessen Kiefer 2019 als Farbpalette für ein Automodell hätte herhalten können. Plötzlich war man sich irgendwie wieder einig, nur wussten sie alle, dass der kleine Luka das schwächste Glied der Kette war - einschließlich CvT. Es kam, wie es kommen musste: Maxim war der nächste und keine halbe Kerze später wurde auch Jakob in die Amtsstube des Rittersergeanten gebeten. Innerlich schon darauf vorbereitet, nun Rede und Antwort stehen zu müssen, war der Knappe mehr als nur überrascht, von der seltsam flachen Art des Ritters, der sonst für seine harte Hand bekannt und gefürchtet war. Was er sagen wollte? Kurz keimte in Jakob der aufmüpfige Gedanke, sich einfach blöd zu stellen, aber dann siegte die Vernunft. "Ja, Ser.", murmelte er und versuchte dabei möglichst schuldbewusst auszusehen. Van Thwyth erhob sich daraufhin, ging zur Tür und Jakob brauchte sich gar nicht umsehen, um den Gang Lothars am Geräusch zu erkennen.
Der Knappe brauchte nur einen Hauch länger als Lothar zum Tisch brauchte, um den Hocker nach hinten zu schieben und auf ein Knie zu gehen. "Exzellenz...", murmelte er noch, da traf ihn schon das leise Amüsement des Großmeisters. Der Knappe, der den Großmeister zu sich zitiert. Hatte er das? Er war sich eigentlich keiner Schuld bewusst und bevor er es verhindern konnte, entschlüpfte ihm: "Der Großmeister, der sich von einem Knappen zu sich bitten lässt." Schnell biss er sich auf die Zunge. Harfenstunden hin oder her, Lothar war und blieb das Oberhaupt seines Ordens und er sollte ihm gegenüber lieber nicht zu frech werden. Andererseits schätzte der Mann Direktheit und Ehrlichkeit - nur in welchem Maß, das musste Jakob erst noch ergründen. "Entschuldigt... aber ich bringe Nachricht aus dem Tempel der Melitele."
Sich nun der vollen Aufmerksamkeit seines Dienstherrn bewusst, hob er auch den Blick, um jenem des Älteren zu begegnen und Stand zu halten. "Der Ritter Jarel Moore ist inzwischen so weit hergestellt, dass er gern mit Euch sprechen würde. Außerdem ist ein Gesandter des Regenten von Nowigrad eingetroffen, der die Gelegenheit ebenfalls wahrnehmen möchte und um eine Audienz bei Euch bittet." Und jetzt kreuzte er innerlicht die Finger, dass Lothar nicht zu tief nachbohren würde, was es mit diesem Gesandten auf sich hatte. Angespannt wartete er ab.
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers
Verfasst: Donnerstag 9. November 2023, 10:24
von Lothar von Tretogor
„Der Knappe war zuvor sehr bemüht darin sich zu verstecken.“ Ihm gefiel diese Konversation bereits jetzt, nur an diese Kniefälle würde er sich nie gewöhnen. Aber er verstand die Notwendigkeit, gaben sie trotz all der kleinen Frechheiten darüber Auskunft wer wo stand. „Ein Großmeister sollte nicht vergessen ab und an Großmut zu zeigen, Jakob von Nagall.“ Lothar stieß sich vom Tisch ab, reichte Jakob eine kräftige Hand und zog ihn wieder auf seine Beine: „Und nicht an falsche Eitelkeiten festhängen.“
Es gab gerade Wichtigeres, Persönlicheres, Menschlicheres. Der Tisch fand wieder Verwendung als Lehne und Lothar verschränkte die Arme vor der Brust, als er Jakob lauschte. Natürlich bringt er Kunde aus dem Tempel der Melitele, deshalb war er selbst hier. Ritter Jarel Moore. Es tat gut den Namen aus seinem Mund zu hören, statt wie gestern darum herum zu reden. Auch wenn in Lothars Augen der Titel nicht passte, aber es hatte Entscheidungen in Nowigrad gegeben, in die er nicht rein reden durfte, wollte. Also auch Moore würde ihn empfangen. Die Mutter ihn gnädigerweise durchlassen. Es folgte ein erleichtertes Nicken, endlich. Was in Verwunderung über ging. Ein Gesandter des Regenten von Nowigrad? Sigi? Was muss der sich wieder überall einmischen und warum hatte ihm niemand gemeldet, dass ein solcher Gesandter durchs Tor gekommen war? Selbst die Statthalterin hatte davon keinen Schimmer, deren Netz sollte andere Quellen haben als seines. „Hmm…“ war deshalb vorerst alles was er dazu sagte. Ein wenig wirkte es, als würde er nach den gekreuzten Fingern Ausschau halten, wie er den Knappen musterte. Was hatte Jarel der Krone Nowigrads verraten, dass ihre kleinen Finger bereits mit ihm hier ankommen? „...wie kommt dieser Gesandte auf die Idee ausgerechnet Dich um eine Audienz bei mir zu bitten, statt den offiziellen Weg zu gehen?“
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers
Verfasst: Freitag 10. November 2023, 17:00
von Jakob von Nagall
Jakob ergriff Lothars schwielige Schwerthand mit seiner von Narben verunstalteten Rechten. Nicht seine Schwerthand, dennoch war der Griff so fest, wie es mit den zerfurchten Muskeln, die sich unter dem Ärmel verbargen, eben möglich war. Er schmunzelte, als der Großmeister ihn auf die Füße zog und freundlich die Fronten klärte, die zwischen ihm und dem Älteren allerdings noch nie sonderlich fest gefügt gewesen waren.
Der Knappe verschränkte die Hände im Rücken und konnte das Unheil quasi kommen sehen. So gut kannte er Lothar dann inzwischen doch, dass dieser ihn nicht einfach so entkommen lassen würde. Slava. Wieso sollte er den eigentlich immer wieder decken und sich halbgare Wahrheiten aus den Fingern saugen? Natürlich wegen Jarel. Und sich selbst. Fast hätte er geschnauft. Der Russe hatte ihn inzwischen auch schon so tief in alles rein gezogen, dass er zwangsläufig mitspielen musste, damit er nicht als Idiot oder Schlimmeres dastand. Verflucht sei dieser Kerl.
Jakob hob leicht die Brauen und dazu die Schultern einen Deut. "Nun, es gibt den offiziellen und es gibt den schnellen Weg." Er tat es schon wieder. Innerlich schüttelte er über sich selbst den Kopf, beschloss aber dann, es als so eine Art Sühne für die Sache mit der AK zu betrachten, auch wenn Slava das wohl nicht so einfach abtun würde. "Vermutlich hätte er den offiziellen Weg gewählt, wäre ihm nicht bei seinem Gang zur Andacht im Tempel ein Knappe unseres Ordens begegnet, den er zudem in seiner Heimatstadt schon das ein oder andere Mal gesehen hat." Er wusste, dass er ein miserabler Lügner war, aber er gab sich Mühe und hielt den Blickkontakt zu Lothar. Und ein kleiner Hieb auf Slavas Kosten. Die wenigsten Männer huldigten Melitele, es sei denn sie wurden von irgendeiner Krankheit geplagt. "Ihr werdet feststellen, dass er sehr überzeugend sein kann." Immerhin das war sie reine Wahrheit. Überzeugend bis nervtötend besserwisserisch und das im Schwall. Aber er traute Lothar zu, Slava Herr zu werden. Wie gern wäre er bei dem Gespräch Mäuschen.
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers
Verfasst: Freitag 10. November 2023, 21:37
von Lothar von Tretogor
So schief wie Lothar den Kopf hielt brauchte man keine große Menschenkenntnis, um zu verstehen, dass er nicht restlos von Jakobs Worten überzeugt war. Vielleicht sogar ein bisschen enttäuscht, dass dieses Wortwahlspielchen wieder los ging. „So so.“ Die rechte Hand fuhr grübelnd über den Bart des Großmeisters. Lebkuchenspuren würden sich erst später am Abend dort finden, noch war dafür nicht die Zeit.
„Was hat den Knappen denn daran gehindert diesen bisher namenlosen Gesandten sanft aber bestimmt mitzuteilen wo es zum offiziellen Weg geht, um die Überlegenheit der Flamme gegenüber der Krone zu zeigen? Und hat der Knappe diesen in dessen Heimatstadt ebenso das ein oder andere Mal gesehen? Und kann mir erklären, um wen es sich handelt? Womit hat er sich dieses Sonderrecht meine Sorge um Deinen Rittervater zu missbrauchen verdient?“ Während ein prüfender Blick auf Jakob lag, griffen Daumen und Zeigefinger nach ein paar Barthaaren und spielten damit herum.
„Er weiß zu überzeugen? Weil er Dich auf dem Weg zur Andacht mit Deinem Mädchen gesehen hat?“ Was sollte er von einem Mann wie Dijkstra schon erwarten? Der stellt keine Idioten ein und seit der Putzfrau war sich Lothar sicher, dass der Regent seine Augen in Wyzima hatte. Wobei die Dame sicher nur die Ablenkung des wahren Spions in seinem Orden ist.
Und das Mädchen? Ein Schuss ins Blaue. Der häufigste Grund warum die Knappen zum Tempel der Melitele gingen. Und Jakob hatte seine erste Nachfrage in diese Richtung übergangen. Kein Bestreiten, denn so frech war er nicht, sondern Schweigen um nichts sagen zu müssen, was man seinem Großmeister nicht sagen will.
„Diese Waffe der Überredungskunst kann man aber sehr leicht entschärfen, wenn Du mich nicht weiter im Dunklen lässt, sodass wir finden eine Lösung finden können. Keine übliche Nachrede, wenn der Großmeister schon davon weiß. Diese Audienz wird wohl so ähnlich wie gewünscht stattfinden, aber warum sein Spielchen mitspielen?“ Er lächelte mitfühlend: „Willkommen in der Politik, von Nagall“ und klopfte Jakob väterlich auf die Schulter. Da war kein Spot in der Stimme mehr Fürsorge.
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers
Verfasst: Samstag 11. November 2023, 09:25
von Jakob von Nagall
Lothar ließ einfach nicht locker und fing auch wieder mit dem Mädchen an, das er Jakob so gerne andichten wollte. Aber da biss er aktuell tatsächlich auf Granit und der Knappe verriet sich mit keiner Faser. Er blickte sem Großmeister ruhig in die Augen und überlegte einen Moment, was er jetzt mit dieser Misere anstellen sollte. Er wusste, er war kein guter Lügner, also blieb nur die Wahrheit. Allerdings welche Wahrheit, konnte er ganz gut steuern, darum entschied er sich für jene seine eigene Person betreffend.
"Die ganze Geschichte?", fragte er also und bekam dafür ein typisches Lotharnicken. Der Großmeister wirkte sogar fast etwas erleichtert und Jakob atmete durch. Hoffentlich machte er jetzt nicht den Fehler seines Lebens... Der Jüngere lehnte sich neben Lothar an den Tisch, die Hände rechts und links auf die Tischkante abgestützt.
"Ihr müsst wissen, Exzellenz, dass ich nicht aus Nowigrad stamme. Auch nicht aus Temerien oder einem anderen der nördlichen oder südlichen Reiche. Ich kam vor etwas mehr als einem Jahr her; aus einem Land, das man Deutschland nennt und in einer anderen Sphäre liegt. Der Orden, von dem ich kam, nennt sich 'Arme Ritterschaft Christi und des salomonischen Tempels zu Jerusalem - Pauperes commilitones Christi templique Salomonici Hierosolymitanis' und mein Glaube war der an den einen Gottvater, seinen Sohn und die Heilige Mutter Maria. Doch der HERR hielt es in seiner unendlichen Weisheit für eine gute Idee, mich durch ein Portal in diese Welt zu schicken. Vielleicht auch zur Strafe, weil ich meinen Glauben und damit ihn anzweifelte. Ich landete in einem Sumpf in Velen und von da begann meine Reise nach Nowigrad, auf der ich sowohl den Freiherrn von Sokolov traf als auch meinen Rittervater, der mich auf- und annahm, zum Glauben an das Ewige Feuer und in Arme dieser Bruderschaft hier führte. Also ja, ich kenne den Freiherrn schon eine Weile, aber uns verbindet nicht gerade eine Freundschaft. Trotzdem ich habe ihm zugesagt, dass ich Euch fragen werde, weil ich ohnehin auf dem Weg war, um Euch die Nachricht von Jarel zu bringen. Vergebt also einem dummen Knappen, der keine Ahnung vom politischen Parkett hat, schon gar nicht von dem dieser Welt." Verdammt viele Worte für den so sonst so kurz angebundenen jungen Mann. Nicht ganz ohne Kalkül, hoffte er doch, Lothars Aufmerksamkeit nun auf andere Dinge gelenkt zu haben, als auf die Beziehung von Slava und Jarel oder irgendeinem Mädchen im Tempel. Dafür würde Slava noch büßen.