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von/nach: Nach der Rücker von der 1. Expedition -
einige Tage nach der Rückkehr
Datum: Juli 1278 (nach Slavas Rückkehr - und während Jarel mit Jake unterwegs ist)
betrifft: niemanden direkt
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Es war später Abend, der Mond warf nur mageres kühles Licht durch ein Fenster. Einsätze aus Rohhaut trübten das Licht noch weiter, so dass nur ein unscharfer heller Fleck am Boden blieb, kaum genug um ein paar Staubflöckchen tanze zu sehen.
Es war sehr sauber in der kleinen bescheidenen Hütte, erstaunlich sauber, aber dass war wohl nötig, wenn man sich Heiler nannte und Alchemist.
Der Mann im dunklen Anzug saß ruhig auf einem Stuhl im schatten, wartete. Seine Finger spielten nervös mit einer Münze. Er war zu lange Raucher gewesen, ganz ruhighalten fiel ihm schwer, vor allem wenn er nur wartete. Sobald aber jemand ihn erblickte würde seine Maske perfekt sitzen. Er trug dunkle Kleidung, seine Hosen waren nicht pechschwarze, vielmehr von einem dunklen graugrün. Er mochte die Farbe irgendwie, und seine sauber und eng geschnittene Jacke erinnerte einen Reisenden vielleicht entfernt an eine Uniformjacke einer fremden Kultur, doch hier hätte er damit vielleicht einfach neue Modetrends gesetzt. Seine alten Armeestiefel von einer fremden Welt hatte er gegen neue getauscht, glattes festes Leder, poliert so dass der Dreck einfach abperlte, und ihm gefiel auch die Metapher dahinter.
Irgendwann hörte er Schritte draußen.
Er hatte Jarel beschatten lassen, einfach weil er wissen wollte, ob es ihm gut ging, sie hatten sich lange nicht gesehen, und nun... er würde es nie zugeben, aber er schämte sich ein wenig, ihn nicht kontaktiert zu haben, sich einfach zurückgezogen zu haben. Und nun nutze er seine neuen Möglichkeiten. Der Mann der ihm gefolgt war hatte ihn in dieses Haus gehen sehen. Mit Geschenken. Dann war er mit einer der Frauen spazieren gegangen und sie kamen Arm in Arm zurück. Der talentierte unauffällig junge Mann hatte ihm berichtet, dass der Ritter vermutlich eine Affäre mit der Alchemistin hatte. Was er nun davon halten sollte wusste er nicht genau. Aber ehe er einfach glaubte was augenscheinlich wahr war wollte er nachfragen. Dass hatte er, zugegeben, aus Filmen gelernt. Nichts hasste er so sehr, wie Missverständnisse, die dramaturgisch dadurch aufgebauscht wurden, dass die zwei Parteien nicht miteinander redeten, aber ihre annahmen und Erwartungen hochschraubten. Also wartete er nun hier, um zu reden.
Jemand näherte sich. Fröhlich pfeifend. Es folgte das Geräusch eines Schlüssels im Schloss, das herumdrehen des Schlüssels und Öffnen des Schlosses.
Die Tür wurde schwungvoll aufgestoßen, jemand trat ein. Jemand kleines. Die Zwergin, von der der Spion berichtet hatte. Mit Schwung war sie einen Beutel in die Ecke und wollte gerade ihre Schuhe ausziehen, als das Pfeifen erstarb sie erstarrte.
Erstaunlich schnell zog sie einen silbern blitzenden Dolch und hechtete auf den Tisch, wollte ihn überwältigen.
Der dunkel gekleidete Mann bewegte sich nicht einmal schnell, aber gezielt. Er schien zu wissen wohin er greifen musst und entwand mit einer schnellen Bewegung der Zwergin den Dolch. Er war dazu nicht einmal aufgestanden. Den Dolch legte er einfach auf eine Anrichte nicht weit entfernt.
"Ganz ruhig. Ich bin nur hier um zu reden. Ihr müsst Sarray Cestay sein, richtig?" Er sprach mit schwachem Akzent, rollte das R vielleicht ein wenig zu stark, betonte manche Vokale zu dunkel und schien eine Neigung zu besitzen das 'o' wie ein 'a' auszusprechen, vor allem wenn es unbetont war, ansonsten sprach er flüssig, hatte eine ruhige und freundliche Stimme, wenn er das so wollte.
Sarray hockte auf dem Tisch wie ein sprungbereiter Frosch und starrte auf ihre leere Hand, dann auf den Dolch.
Es dauerte ein wenig, bis sie ihre zu einem Stummen "O" verzogenen Lippen zum Reden benutzen konnte.
"Was wollt ihr, Hexer. Elexiere gibts nur auf Bestellung.", versuchte sie bedrohlich zu sagen, was bei der doch sehr hellen und sich gerade auch überschlagenden Stimme nicht wirklich gelang.
Für sie war klar: So schnell bewegten sich nur die genetisch veränderten Haustiere der Magier. Ihr Herz war ihr in die Hose gerutscht, das würde sie sich aber niemals anmerken lassen.
Plötzlich fiel ihr etwas ein. "Wenn ihr Ljerka etwas angetan habt, sorge ich persönlich dafür, dass ihr eurem Knie Beischlaf leistet, Hurenspross.", zischte sie.
Slava grinste, auch wenn man es im Dunkel nicht gut sehen konnte. Er war drauf und dran, das Bild aus einem mittelmäßigen Agentenfilm zu verwerfen, das er abgeben wollte. Die Zwergin war zu unterhaltsam, und er den Fluch hatte er so auf noch nicht gehört. Respekt, den würde er sich merken. "Ich bin kein Hexer, und ich würde mich gerne mit Ljerka Veskewi unterhalten, ich hoffe sie kommt bald zurück. Aber ihr könnt mir gerne ein Glas Wein anbieten, oder was auch immer ihr dahabt. Macht gern Licht, dann könnt ihr euch überzeugen, dann ich kein mutierter Hurensohn bin."
Sarray legte den Kopf schief, griff wie eine zuschnappende Kobra ihren Dolch und kletterte fluchend und murrend auf der anderen Seite des Tisches herunter. Dem sonderbaren Besucher nicht den Rücken zuwendend nahm sie eine dreiflammige Öllampe von einem der Schränke - wobei sie diese beinahe herunter geworfen hätte- weil sie Slava nicht aus den Augen ließ, stellte sie auf den Tisch und entzündete zwei der Dochte mit einem Streichholz.
Im Licht der im ersten Moment rußenden Flamme besah sie sich den Eindringling genauer.
"Wer seid ihr? Was wollt ihr?" Den Dolch behielt sie in der Hand und kletterte auf den dritten der drei Stühle, den mit den extralangen Beinen.
Auf die Idee ihm etwas anzubieten kam sie nicht.
Er wäre bereit gewesen, aufzufangen, was auch immer sie umwarf. Das Risiko von offenem Feuer in so einer Hütte war ihm durchaus bewusst.
"Ihr könnt mich 'Faron' nennen. Ich will mich mit Madame Veskemi unterhalten. Aber bis sie auftaucht... Ihr kennt einen Ritter der Flammenrose?" eher eine Feststellung als eine Frage.
Im Licht konnte man ihn nun besser erkennen.
Er trug die Haare immer noch kurz, was etwas untypisch war und einen etwas zwischen 5-Tagebart und Vollbart, aber kurz gestutzt, das verdeckte einen Teil der Narben in seinem Gesicht, die durchaus zu einem Hexer gehören konnten. Allerdings waren seine Augen die eines Menschen, zwar intensiv grün und als fixiere eine Kobra ihr Opfer, aber es waren keine Katzenaugen. Ansonsten war er eher vom blassen rotblonden Typus, jene Männer, die zu einer teigigen undefinierten Statur neigten, aber er hielt sich fit. Seine Größe war im Sitzen schwer zu beurteilen, aber er war sicherlich nicht klein gewachsen.
Seine Hände spielten wieder mit der Münze ohne hinzusehen.
Die Zwergin war, wie man von ihnen annahm klein und sehr blond. Irgendwie niedlich, wie er fand, das sture Kinn vorgeschoben. Nur niedlich sollte man dieses Volk nicht nennen, die waren wehrhaft, hatte man ihm zumindest berichtet.
Sarray starrte, antwortete nicht. Der Flammenritter. Sie hätte ahnen müssen, dass das Ärger gab.Die Ritter durften keine Frauen haben.
"Schickt euch die Komturei?"
Womit sie - ungewollt - zugab, dass sie den Ritter tatsächlich kannte.
Sie fragte nach der Komturei. Slava war schnell im Denken, er würde es später auflösen müssen, aber für den Moment... "Es ist also richtig, er hat eine Affäre mit der Alchemistin?"
Also hatte sie recht. Die Komturei schickte ihn.
Statt zu antworten, legte sie die Hand mit dem Dolch auf den Tisch und starrte Slava weiter düster an.
Wurden die Frauen auch bestraft, wenn die Männer über sie her stiegen?
Sie würde Ljerka verteidigen. Und wenn sie fliehen mussten....
Sarray sah sich hektisch um. Verdammt. So viel aufgebaut. So viel verloren.
Ihr Blick war ihm Antwort genug. Eine Affäre also, so schnell... Er hatte zu tun gehabt, und Jarel hatte nichts besseres zu tun, als sich eine Frau vorzunehmen. Und er nahm es fast persönlich, dass es eine Frau war. Vollkommen egal, dass er selbst bei Huren gelegen hatte, das hatte andere Gründe gehabt. Seinem Gesicht sah man nichts an und er wäre aufgestanden und einfach gegangen, aber der Zufall wollte wohl, dass er blieb.
Die Türe öffnete sich und Ljerka kam zurück. Sie hatte wieder einmal Medikamente ausgeliefert, das nahm nun immer wieder viel Zeit in Anspruch, erlaubte es ihr aber auch unterwegs Besorgungen zu machen. Als sie nun zurückkam war irgendetwas... seltsam.
...und sie öffnete die Tür und fand Sarray und einen Mann vor, dunkel gekleidet. Auch sie hatte zunächst den Verdacht, dass er ein Hexer sein konnte, aber da waren keine Schwerter, und die Augen waren menschlich, wenn auch unheimlich.
"Was ist hier los, wer ist dein Gast?" wollte sie von Sarray wissen.
"Iss nich meiner.", meckerte sie agressiv. "Ist deiner. Sucht den Flammenritter. Hat sich selber rein gelassen."
Noch immer versuchte die Zwergin auszuloten, welche Folgen dieser Besuch hatte.
Einen Moment kam ihr die Idee, den Typen abzumurksen. Aber nein. Sie war keine Mörderin.
Außerdem versuchte ihr Instinkt ihr dringlichst zu verklickern, dass auch beide Frauen gemeinsam dem Typen nicht über waren.
Er wirkte gefährlich. Wie ein Mungo.
Die Zwergin wirkte ungehalten. Ljerka musterte den Mann, kam zur gleichen Einschätzung wie die Zwergin, ein gefährlicher Mann, dunkel gekleidet, kaum bewaffnet... und erinnerte sich an Jarels vorletzten Besuch ehe er selbst mit seinem Knappen nach Wyzima aufgebrochen war. Und dann zog sie wohl den richtigen Schluss, und ehe sie den Verstand einschaltete fragte sie schon: "Seid ihr Vyacheslav?" Den Namen hatte sie versucht sich einzuprägen.
Und dieser gestattete sich ein wölfisches Lächeln.
"Ertappt." er grinste.
Trotzdem war Ljerka nicht beruhigt, eher im Gegenteil.
"Achduscheisse!" Denn nun wurde ihr bewußt, wen sie da der Funktion nach vor sich hatte.
Und sie warf Sarray einen schnellen Blick zu, nicht dass diese noch etwas unüberlegtes tat.
Die Augen der Zwergin wurden groß. Ljerka hatte vor kaum etwas Angst. Und nun diese Reaktion auf den Fremden!
Ihre Finger krampften sich um den Griff des Dolches. Die Fingerknöchel der Zwergin traten genauso weiß hervor wie ihr Gesicht blass wurde.
Hektisch sah sie zu Ljerka, dann wieder zu Slava. Wo waren sie jetzt wieder hinein geraten?
Sie brachte keinen Ton raus. Nicht einen Piep.
"Wollt ihr etwas trinken?" Versuchte sie es nun mit Höflichkeit. Der Gast blieb einfach sitzen.
Jarel hatte sie gewarnt, mit ihm zu sprechen, aber nun war er hier. Der Mann der nun wohl den Redanischen Geheimdienst übernommen hatte, innerhalb weniger Monate, und er war ein Fremder, also musste er etwas an sich haben.
"Ihr seid..." und sie wollte es Sarray erklären, "...der... also..." Slava musterte sie unterdessen mit wachsendem Interesse. Er ließ sie ausreden, er war selbst gespannt, was sie über ihn sagen wollte.
"Ihr habt den... also unser Regent... Sigismund Djikstra..." Sie eierte herum. "Stimmt es, dass ihr seinen Geheimdienst leitet?" brachte sie es dann doch auf den Punkt.
Und der Typ sollte etwas mit Jarel am Laufen haben. Nur irgendwie glaubte sie nicht daran.
Sarray klappte der Unterkiefer herunter. Noch ein bisschen bleicher und man würde die Wände durch sie hindurch sehen können.
Sie wollte in einem Loch verschwinden. Das war ja noch schlimmer als die Komturei.
Sie gab einen kieksenden Laut von sich. "Wir haben doch nichts verbrochen...und der Ritter...ist hier nur Kunde..."
Naja. Nicht ganz. Immer noch glaube Sarray, dass Jarel und Ljerka etwas laufen hatten.
"Ich nehme gerne etwas zu trinken." erwiderte der Mann nun, genoss es noch eine Weile, wie sehr ihn die beiden fürchteten.
Ljerka griff einfach nach einer Weinflasche. Es war nicht die, die Jarel ihr geschenkt hatte, auch wenn es vielleicht passend gewesen wäre, aber es war ein Geschenk gewesen.
Sie reichte ihm ein anderes Glas, trockener Weisswein, sie kannte ja seine Vorlieben nicht.
Er blieb nur ruhig sitzen. "Sarray Cestay bestätigte mir eben, dass ihr beide eine Affäre habt, Der Ritter Jarel Moore und ihr, Ljerka Veskewi. Das ist doch richtig, oder?"
Und nun war Ljerka sprachlos. Wieder blickte sie zu der Zwergin.
"Eh!", murrte Sarray. "Ich hab gar nichts gesagt!"
Hinter ihrer Angst wuchs Wut. Hab wütend, halb warnend sah sie zu Ljerka.
Obwohl ihr langsam schwante, dass sie zwischen den Zeilen mehr gesagt hatte, als sie wollte.
"Es stimmt auch gar nicht. Wir sind nur Freunde. Gute Freunde, aber auch nicht mehr. Em... also... Mein Herr? Ser?" versuchte Ljerka das Ruder herumzureißen.
Sie hatte sich kurz umgedreht als sie ihm den Wein eingegossen hatte - und Slava erkannte durchaus die Haarspange, die Jarel geschnitzt hatte. Zweierlei Dinge sagte ihm das: Zum einen kannte er sie schon länger, er hatte sie nicht erst nach ihrer Ankunft getroffen, aber es bedeutet auch dass sie ihm viel bedeutete. Die Frage war nur wie viel. Tatsächlich nur Freunde?
Es fiel ihm selbst schwer, Grenzen einzuhalten. Auch wenn sie wohl ein paar Jahre älter war als er, er hätte sie flachgelegt, sie war tatsächlich genau die Art Frau, die ihm gefiel, etwas maskulin... alles andere, all die kurvigen aufgebrezelten Mädels auf ihren hohen Hacken und den knappen Röcken waren sicher auch gut um sich abzureagieren, aber sie hatten den Stellenwert von Prostituierten, nur dass man meist nicht einmal bezahlen musste.
Und er konnte es nicht vermeiden, dass da etwas in ihm nagte und bohrte.
Doch was fast noch schwerer wog: Jarel hatte von ihr von ihm erzählt, sogar seinen Namen genannt, ausgeplaudert für wen er arbeitete. Er war zu sanft unter seiner Schale, zu vertrauensselig, das hatte er immer befürchtet.
"Ja, das sehe ich. Sehr sehr gute Freunde." etwas an seiner Stimme machte klar, dass er nicht daran glaubte.
Sarray zog die Stirn kraus. Ljerka leugnete. Natürlich. Aber etwas stimmte hier nicht.
"Was kümmerts euch?", brummte sie, sichtlich irritiert davon, wie scharf der Mann darauf reagierte.
Ljerka fühlte sich in die Ecke gedrängt. Nun ahnte sie warum Jarel nicht wollte, dass sie mit ihm sprach. Der Mann hatte nur Minuten gebraucht um Sie und ihre Freundin neu zu positionieren und im Grund zu Gegnern zu machen. Die Zwergin glaubte ihr nicht ganz und sie wollte nicht auch noch erzählen, dass Jarel Männer liebte, speziell diesen. Nur was er an ihm fand erschloss sich ihr nicht. Sie hätte ihm tatsächlich am liebsten von ihm abgeraten.
Aber nun war er einmal hier. Flucht nach vorne.
Was kümmert es euch, wollte Sarray wissen, und sie durfte nichts erklären.
Und er selbst würde wohl nichts erklären, er saß nu da und musterte sie aus seinen Schlangenaugen.
"Er machte sich Sorgen, weil ihr euch nicht bei ihm gemeldet hattet, Ser, Anscheinend wart ihr verabredet. Darüber haben wir gesprochen. Mehr nicht."
Verabredet? Sarray Verwirrung wuchs. Was hatte der Flammenritter mit dem Oberspion zu tun? Die beiden Parteien waren sich doch spinnefeind, oder nicht?
Hatte der Ritter seinen Orden verraten? War er auch ein Spion?
Die Zwergin beschloss, dem Ritter die Augen auszukratzen, sollte sie ihm noch einmal begegnen. Wegen dem Klotz steckten sie jetzt in einer Scheiss....bekackten...Sohn eines...
Im Hirn der Zwergin spulten sich eine ganze Reihe unflätiger Flüche ab, die alle hinaus wollten. Und nicht durften.
Hätte sie geahnt, wie gerne der Oberspion die Flüche gehört hätte... Aber der beobachtete noch eine Weile die Interaktion zwischen den beiden ungleichen Frauen. Klar war, die eine wußte bereits zu viel über sie beide. Auch wenn es ihm grundsätzlich egal war ob man ihn der Männerliebe bezichtigte, zu verlieren hatte er allmählich doch genug. Und auch wenn klar war, dass es wieder jemanden geben musste, der den Geheimdienst führte, er wollte auch nicht, dass ihn jemand auf der Strasse erkannte. Er wollte ein Niemand bleiben.
"Ich gehe nun besser. Danke für den Wein." er trank noch aus, auch wenn er ihn deutlich zu herb war, aber zumindest aus Höflichkeit, er war so erzogen worden, dass er nichts wegkippte. "Wenn auch nur ein Wort von dem, was ihr wisst verbreitet wird..." und er sah vor allem Ljerka an "...dann werde ich es erfahren und brauche ich gar nicht zu drohen, eure Phantasie erledigt das für mich."
Und er stand auf, es zeigte sich, dass er tatsächlich groß war, etwas größer als der Ritter, die Uniform saß gut, betonte die schmalen Hüften und die breiteren Schultern. Die Statur eines Kämpfers. Ja, die Phantasie erzeigte genug Bilder, was so einer einem antun konnte.
Ljerka nickte nur. Während er sich unter dem Türsims hindurchduckte.
"Gehabt euch wohl, die Damen." Er lächelte zum Abschied. Und als er weg war und außer Hör- und Sichtweite, wie Ljerka annahm atmete sie tief durch.
Sarray stürzte zur Tür und schloss von innen ab. Dann lehnte sie die Stirn gegen die Tür und schnaufte laut.
"Und was wollte der Typ nun?", fragte sie, als sie sich endlich so weit beruhigt hatte, dass ihr Hirn wieder halbwegs funktionierte.
"Müssen wir jetzt hier weg?"
"Wenn ich den Ritter noch einmal sehe, trete ich ihm so fest in die Eier, dass die mit seinem Mandel Tischball spielen. Und deine Affaire solltest du schnellstens einstampfen. Wenn er keine Eier mehr hat, ist das eh zweckfrei. Wo hat der uns reingezogen? Wie lange spioniert der uns schon nach? Ob der von den Pilzen weiß oder dem hexerzeuch, was wie Fistech funktioniert? Können wir überhaupt noch raus gehen."
Sie stockte, ah verängstigt zu Ljerka und tat etwas, was sie in in so einer Situation nur selten tat:
Sie fasste sich kurz.
"Ich hab Angst."
Ljerka atmete tief durch. sie musste es ihr sagen, auch wenn das vielleicht noch mehr Schwierigkeiten bedeutete.
"Für Fisstech oder andere Betäubungsmittel interessiert einer wie der sich sicher nicht..." Sie lehnte sich an die Wand. Das war echt zu viel. "Und wir haben keine Affäre, wirklich nicht... aber vielleicht wäre es besser so... Jarel... er liebt Männer... dieser Typ da eben, der ist seine Affäre. Ich glaube ich decke ihn nur."
Aber sie gab Sarray insofern recht, mit Jarel mussten sie ein Wort reden, von dem musste er die Finger lassen. Es wunderte sie kaum, dass er so schnell die Macht an sich gerissen hatte, der war wirklich ein eiskalter Hund und der ging über Leichen.
Sarray stand da und starrte mit offenem Mund ihre Freundlin an. Mit der gebückten Haltung, den baumelnden Armen und dem verstandfreiem Starren sah sie aus wie ein schlecht dressiertes Äffchen. Es dauerte einige Sekunden, bis in Sarrays Augen flackernd das Licht wieder sacht zu glimmen begann.
"Der Klotz-Ritter ist schwul? Und du bist die beste Freundin ? Ich...er...es....ist ja..."
Sie ging zurück zum Stuhl. Gerade als sie darauf klettertern wollte, ging das Licht vollständig an.
Mit einer Stimme, so hoch und ungläubig, dass die Gläser der Aufbauten zu vibrieren begannen stotterte sie: "Der Ritter und der Oberspion ..." Sie stockte und setze neu an. "diehabenwasmiteinander?!.
Und dann - endlich auf dem Stuhl siztzend -noch panischer. " UnderdenktdubistseineNebenbuhlerin?!
"Ich bin keine Nebenbuhlerin. Der Klotz-Ritter..." kurz gelang es ihr doch zu lachen. "...ist mein schwuler bester Freund. Ich finde, jede Frau sollte einen haben." Das war der gute Teil. Nun kam der beängstigende. "Und der Oberspion... zumindest scheint er auf beiden Hochzeiten zu tanzen. Und sie haben was... ja.... und Jarel war unglücklich, weil er ihn vielleicht abserviert hatte... ich wollte mit ihm reden, das habe ich ihm angeboten, aber Jarel hat mich gewarnt... Jetzt weiß ich auch warum. Der Mann ist furchtbar."
"Wir müssen weg." Sarray war in Panik. "Mir ist schlecht. ich muss kotzen. Wie schnell denkst du finden wir was neues? Oxsenfurt? Zu nah..ich will hier nicht wegziehen. Aber wenn wir im Fadenkreuz von so etwas..."
Sie sprang wieder vom Stuhl und begann auf und ab zu laufen. Für eine Zwergin war dafür genug Platz.Sie murmelte, gestikulierte und fluchte.
Typisch Sarray. Das würde dauern, bis sie sich eingekriegt hatte.
"Ich glaub nicht, dass wir weg müssen. Ich hoffe der kreidet seine privaten Probleme nicht uns an. Wir haben ja nichts getan... wenn dann ist er auf Jarel wütend, und er wird hoffentlich wissen, worauf er sich eingelassen hat. Hoffe ich zumindest. Wir bleiben, Sarray, beruhig dich."
nur so ganz war ihr selbst auch nicht nach Ruhe. Sie wäre nun auch gerne panisch herumgerannt.
Vor allem weil Jarel gerade auf dem Weg nach Wyzima war... andererseits wußte der das sicher und hatte sich den Zeitpunkt bewusst ausgesucht.
Sarray flitze immer noch auf und ab. Das Endete erst, als sie aus Unachtsamkeit gegen die Tischkante rannte.
Die Lampe wackelte bedrohlich. Die Zwergin rieb sich wild fluchend die Stirn.
"Wo ist der Schnaps?", zischte sie und klettert endlich wieder auf den Stuhl.
Ljerka reichte ihr wortlos die Flasche, hielt die Öllampe fest. Nach der Zwergin nahm auch sie einen großen Schluck. Die Flasche war schon halb leer.
"So ein Mist aber auch. da sind mir Hexer schon lieber als Politik."
"Politik ist nur ein anderes Wort fürs künstlich herbeigeführte Fegefeuer.", murrte die Zwergin, nahm Ljerka die Schnapsflasche mit einem Ruck weg, setze sie an und leerte sie auf den Flaschenhals schielend.
"Ich geh ins Bett. Weck mich nicht vor Donnerstag."
Immer noch schimpfend trabte sie in Richtung ihres Bettes.
Über die Zwergin konnte Ljerka nur grinsen, aber die hatte Recht. Politik war zu kompliziert, zu gefährlich. Da wollte sie sich raushalten, aber was wenn sie nun wirklich zwischen den Fronten standen? Andererseits, besser war es abzuwarten. Einer wie der fand sie auch in Oxenfurt wieder oder wo auch immer auf dem Kontinent und wegrennen sah erst recht schuldig aus.