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Re: Im Eisvogel
Verfasst: Mittwoch 9. November 2022, 08:35
von Arvijd Kostjunari
Portale und Welten. Sein blick hellte sich auf. Er mochte den Mann sofort, einer mit dem man philosophieren konnte, spontan dachte er an ein Glas mit schwerem Rotwein, an seine Bibliothek und Gespräche über den Lauf der Welten bis spät in die Nacht. Er vermisste das schmerzlich. In Wyzima war selten jemand zum Reden da gewesen, Jarel, der von Zeit zu Zeit dort auftauchte war fast der einzige und der trank keinen Wein.
"Sagt, mögt ihr Rotwein?"
War daher die für ihn so typische aus dem Zusammenhang gerissene Frage, die in seinem Kopf absolut Sinn machte.
Er blickte Cyron an, und auch dieser Herr Sokolov schien der Unterhaltung gespannt zu folgen wie einem Theaterstück.
"Ich bin durch und durch unmagisch." Der Arzt schmunzelte als er auf die Fragen des Elfen antwortete.
"Ich habe die Chirurgie gelernt, Operationen mit Skalpell und Nadel und Faden. Ich war gut darin, aber in dieser Welt sind allein die hygienischen Standards dermaßen... schlecht. Ich kann kaum das leisten was ich früher vermochte. Dabei war ich in der Lage abgetrennte Gliedmaßen wieder anzunähen und Organe zu transplantieren... Fast wäre es mit gelungen eine Querschnittslähmung abzuwenden, aber immerhin rettete ich das Leben des jungen Mannes."
Allerdings war das mit magischer Unterstützung gewesen. Kurz dachte er voll Bedauern zurück. Weniger an den Patienten als daran, was er zusammen mit Emyja hätte erreichen können.
"Hier wäre das undenkbar. Dennoch werde ich nicht eher eine Ruhe geben bis ich wieder etwas bewegen kann."
Stur wer er zweifellos. Und noch hatte der Elf keine Ahnung, dass dieser Mann vielleicht in der Lage war dessen epische Lebensspanen noch zu übertreffen. Vorausgesetzt niemand brach den Fluch.
"Den Ritter Moore kenne ich aus Wyzima. Dort habe ich im Tempel der Melitele praktiziert. Er kommt jedes Jahr dort vorbei, manchmal mehrmals in einem Jahr zur Einkehr."
Einen kurzen Moment stockte er als er wieder an die Reisenden dachte, an das Portal und als ihm schlagartig klar wurde, weshalb er wohl im See gelandet war. Er erinnerte sich nicht, aber es war wohl davon auszugehen, dass er Amirs Schicksal geteilt hatte.
"Wer weiß... es gibt wohl einige mehr davon, wie ich nun lernen musste. Dann seid ihr also aus der Welt des Ritters?"
Er vermied es immer noch diesen Herren Sokolov anzusehen, der sich geduldig ihm gegenüber hingesetzt hatte und ebenfalls einen Tee bestellte. Er verfolgte einfach die Unterhaltung der beiden doch der Arzt war sich gewiss, dass er schon bald einige Fragen würde beantworten müssen.
Re: Im Eisvogel
Verfasst: Mittwoch 9. November 2022, 08:48
von Vyacheslav Sokolov
Slava saß tatsächlich ruhig mit am Tisch, lauschte und hörte dem Arzt zu. Jedes Wort legte er sorgsam in seinen mentalen Karteikästen ab und ähnelte darin vielleicht sogar wirklich einem gewissen Leutnant, jetzt Hauptmann, von dem er bereits gehört, den er aber bisher nie getroffen hatte.
Er bestellte Tee und überlegte wie man es dem Arzt ermöglichen konnte wieder im Rahmen seiner Fähigkeiten aktiv zu werden. Nicht aus Menschenfreundlichkeit, auch darin glich er wohl dem anderen, viel mehr weil gute Ärzte immer nützlich waren, ihm vor allem.
Und er achtete auch penibel auf Cyrons Reaktion, vor allem als der Arzt nun von 'Ritter Moore' sprach. Das konnte nun interessant werden.
Er lehnte sich zurück und trank den Tee.
Re: Im Eisvogel
Verfasst: Mittwoch 9. November 2022, 11:21
von Cyron
„Ich liebe Rotwein!“, flötete der Elf und lauschte den Ausführungen des Arztes mit steigender Begeisterung.
„Ich stand lange Jahre einem Kloster mit angeschlossenem Lazarett vor.“, ereiferte sich Cyron. Er hatte sich von der Stimmung des Arztes mit Freuden mitreißen lassen.
Etwas erreichen. Vielleicht ein Krankenhaus aufbauen. Großes bewirken. Helfen. Einen Moment strahlte er regelrecht, öffnete den Mund und wollte gerade beginnen hochtrabende Pläne und riesige Ziele zu erörtern, als seine Miene gefror.
Der Elf drehte den Kopf und sah Slava fragend an.
„Wäre es hier überhaupt möglich, etwas wie ein Krankenhaus aufzubauen? Mit Hilfe von einem Chirurgen mit ungewöhnlichen und herausragenden Kenntnissen und magischer Unterstützung durch einen Elfen?“
Das lange Elend kaute einen Moment an seiner Unterlippe.
„Oder landen wir dann beide auf dem Scheiterhaufen? Wegen Wissens und Fähigkeiten, die nicht von dieser Welt sind?“
Nicht auffallen hatte sein Gastgeber gesagt. Nicht auffallen, weil man sonst schnell Freiheit und Kopf verlor.
Im Kopf des Elfen überschlugen sich die Gedanken. Erst einmal galt es herauszufinden, was überhaupt ging, bevor er sich völlig in Unmöglichkeiten verrannte.
„Ich bin aus der Welt von….Ritter…Moore.“ Cyron blinzelte kurz und seine Mundwinkel zuckten, er ging aber nicht weiter auf den Titel ein.
Ritter. Im Ernst? Die Moralvorstellungen des Ritters hatten zwar nie zu seiner Berufswahl gepasst, aber Ritter? Rit-ter? Naja….im Grunde konnte er sich das sogar vorstellen. Irgendwie.
Aber darüber konnte er später nachdenken.
„Wir stammen aus derselben Welt. Er wohnte in einem Dorf in der Nähe und ich war sein behandelnder Arzt, bis er vor mehr als fünfzehn Jahren verschwand.“, erklärte der Elf
Re: Im Eisvogel
Verfasst: Mittwoch 9. November 2022, 11:53
von Vyacheslav Sokolov
Da hatten sich die beiden richtigen gefunden.
Der Chirurg sprang sofort auf die Vorschläge des Elfen an, ein Krankenhaus... Natürlich lag das auch in seinem Interesse, eine bessere medizinische Versorgung.
"Ganz platt gesagt... es gibt eine Chance weil ihr Männer seid, die Wissen angesammelt haben... In einer Welt wie dieser landen immer noch Frauen leichter auf dem Scheiterhaufen. Nichts desto trotz ist Vorsicht geboten. Man kann nichts über's Knie brechen. Ich muss selbst erst meine Stellung festigen um einen Hebel anzusetzen ohne mich nicht selbst damit rauszuwerfen."
Er atmete tief durch, trank Tee.
"Aber im großen und Ganzen unterstützte ich die Idee natürlich. Lasst mir nur Zeit. Ich weiß schon wie ich es anstelle, aber das muss zur rechten Zeit im rechten Moment geschehen, sonst bin auch ich den Kopf los."
Es musste ihm gelingen, dass die Idee von einem anderen kam und dazu wiederum kam ihm bereits eine Idee. Kurz grinste er und ein fast heimtückisches Flackern in den grünen Augen verriet, dass es wohl mit Manipulation und Strippenziehen zu tun hatte und dass er keineswegs vor hatte den geraden rechtschaffenen Weg zu nehmen.
Vor Slavas innerem Auge dagegen begannen sich Schachfiguren zu positionieren. Zumindest was ein solches Vorhaben anging waren die Weichen bereits gestellt.
"Es kann funktionieren. Ich werde euch bei Gelegenheit jemandem vorstellen, behaltet diese Ideen und den Idealismus dann einfach bei."
Soviel zur guten Tat für heute.
Es war ihm dabei auch nicht entgangen wie Cyron den 'Ritter'' betont hatte. Nun, das würde heute Abend noch ein längeres Gespräch geben. Wobei für Slava die Sachlage recht klar war, Jarel hatte nie auch nur in irgendeine dieser Organisationen gepasst, aber er sucht immer nach Halt und war darüber dann geradezu selbst schädigend loyal. Aber er hatte Ehre und ein Gewissen, weit mehr als die meisten.
Re: Im Eisvogel
Verfasst: Mittwoch 9. November 2022, 12:00
von Arvijd Kostjunari
Dieser Meister Cyron schlug genug in die richtige Kerbe. Ein Krankenhaus.
Doch einiges schien von dem Wort und der Erlaubnis des Menschen abzuhängen. Wer mochte das also sein? Jemand, der selbst seinen Stand erst festigen musste. Der Blick des Arztes wanderte von ihm zu dem Elfen. Ganz geheuer war ihm der Mensch nicht, und er gehörte zu jenen, die einen, obwohl sie etwas mitteilten mit weniger Wissen stehen ließ als man vorher gehabt zu haben glaubte. War das eine Antwort gewesen?
Er jedoch hörte was er hören wollte. Ja.
Man würde es ihm ermöglichen, ein Krankenhaus aufzubauen. Alles zu seiner Zeit. Dafür hatte er Verständnis.
"Dort wo ich her komme hatte ich damit bekommen mein Anwesen auszubauen. geräumige Krankenzimmer, Fließend Wasser mittels einer Zisterne auf dem Dach, Zentralheizung. Ein heller Operationsraum... Es muss möglich sein. Lediglich das Wissen meiner Welt fehlt mir. Ich hatte Bücher über Anatomie, Krankheiten... meine eigenen Forschungen umfassten viele Artikel. Ich habe lange auch in der Gerichtsmedizin meiner Heimatstadt gearbeitet, müsst ihr wissen."
Hinter dem echten Bedauern über den Verlust der wertvollen Bibliothek stand noch etwas, der Verlust der vielen Erinnerungen.
Re: Im Eisvogel
Verfasst: Donnerstag 10. November 2022, 14:47
von Cyron
Der Elf musste sich gehörig einbremsen, nicht mit Vollgas in etwas hineinzusteuern, das bei falscher Vorgehensweise nicht nur scheitern würde, sondern ihn auf den Scheiterhaufen bringen könnte.
Aber er mochte en Enthusiasmus des Arztes. Da gab es viel Potential zum Austausch.
„Wie sieht es denn bisher mit der medizinischen Versorgung aus?“, richtete er seine Frage an Slava.
„Außer von den Damen aus Ferneck habe ich bisher noch nichts in dieser Art kennenlernen dürfen. Vielleicht wäre es auch angebracht, eine Lehranstalt…“
Er verstummte. Das griff nun wirklich zu weit.
Statt diesem Luftschloss nachzujagen, beschäftigte er sich lieber mit den Bemerkungen des Arztes.
„Ihr habt selber geforscht? Im Fachgebiet der Chirurgie?“, hakte er nach.
Was seine Brüder und er ganz voran für Forschungen betreiben hatte, ließ er lieber außen vor.
Die Weitläufigen Laboratorien unter dem Kloster würde er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nie wieder sehen. Das sollte er hinter sich lassen.
Re: Im Eisvogel
Verfasst: Donnerstag 10. November 2022, 18:38
von Vyacheslav Sokolov
"Es gibt Ärzte in der Stadt, es gibt auch eine Gilde beziehungsweite Zunft der Ärzte. Ich will nicht behaupten, dass sie allesamt Dilettanten sind, entsprechend dem hiesigen Entwicklungsstand sind sie sicher fähige und vernünftige Leute, aber wir alle kommen wie es aussieht aus deutlich weiter entwickelten Welten. Habt ein wenig Geduld, Cyron. Ich sehe was ich tun kann um euch in die Gilde zu bringen, aber überlasst das bitte meiner Regie. Eine Universität gibt es im Übrigen in Oxenfurt, als ich diese vor einem Jahr besucht habe war allerdings der Lehrbetrieb eingestellt. Bisher wurde dieser nicht wieder aufgenommen."
Er hatte tatsächlich auch den Plan, noch einmal nach Oxenfurt zu reisen... aber auch jetzt schon hatte sein Tag zu wenige Stunden um alles umzusetzen was er vor hatte. Eines nach dem anderen. Er lehnte sich etwas zurück, ließ vor allem den Arzt nicht aus den Augen. Dessen kritischen Blick bemerrkte der Agent wohl.
"Auf welchem Stand befindet sich eure Welt, Doktor Kostjunari?"
Re: Im Eisvogel
Verfasst: Donnerstag 10. November 2022, 18:47
von Arvijd Kostjunari
Wie er den Menschen einzuordnen hatte wußte Arvijd immer noch nicht. Er schien sich in dieser Welt Macht und Einfluss gesichert zu haben, vielleicht sogar über Wissen und Fertigketen, die wiederum und seiner Welt stammten. Wenn dies in der Medizin gefährlich war, in der Politik wiederum schien es zu funktionieren.
Und er war einer, der sich selbst als nicht allzu gering erachtete. Sie sollten es ihm überlassen... - wohlgemerkt, dies war seine Selbsteinschätzung. Bisher hatte er ja noch nicht viel von ihm kennengelernt. Zwar schätzte der Arzt es durchaus, wenn einer nicht pausenlos versuchte, sein Licht unter jeden Scheffel zu stellen, aber dieses Exemplar hier trat doch ein wenig arrogant auf.
Da war ihm der Elf deutlich sympathischer.
"Ich habe in den letzten Jahren vor allem den Tod erforscht. Ich habe über umfassende Niederschriften zu Obduktionen verfügt, aber ich habe auch an anderen Themen gearbeitet. Über die Transplantationsmedizin zum Beispiel und die Faktoren, die es erlauben oder erschweren, dass fremde Organe vom Körper angenommen werden oder nicht. Darüber hinaus habe ich mich auch sehr viel der Unfallchirurgie gewidmet und viele Erfahrungen sammeln können."
"Blutgruppen. Wir kennen 4, mit Rhesusfaktor im Grunde 8." fiel ihm der Mensch fast ins Wort. "Versucht man verschiedene zu mischen kommt es zu Gerinnung. Manche sind untereinander kompatibel, andere nicht."
Arvijd starrte ihn einen Moment fassungslos an, das eben war diese Arrogant, die er nicht sehr schätzte. Er selbst war seit beinahe 300 Jahren Chirurg, hatte an der Universität gelehrt. Und was war dieser Mensch mit seinen vielleicht 40 vielleicht 50 Jahren? Er ahnte schon, dass man sich in so einer Welt leicht verschätzte, weil die Menschen früher verbraucht aussahen, andererseits kam dieser hier aus einer, wie er es nannte, fortschrittlicheren Welt.
"Seid ihr Arzt?" Wollte er also etwas konsterniert wissen. Er mochte es nicht, wenn man ihm wie einem Studenten sein Unwissen aufzeigte. Sicher, es mochte Welten geben, in denen höheres Wissen existierte als in seiner, doch das konnte man auch höflicher anbringen.
Was ihn aber vor allem wurmte, dass der Mann ihm vermutlich gerade so lapidar den Schlüssel hingeworfen hatte.
"Nein, aber das gehört in meiner Welt bereits zur Allgemeinbildung... falls es euch beruhigt, ich war lange mit einer Ärztin verheiratet."
Arvijd beruhigte das nicht. Er kniff nur die Augen ein wenig zusammen.
"Dass mag sein, junger Mann, ich sehe euch das nach, weil wir alle nicht von hier sind, aber in meiner Welt begegnet man einem Altgedienten Chirurgen mit etwas mehr Respekt. Wenn ihr denkt, ihr wisst mehr als ich, dann unterhalten wir uns gerne später, unter vier Augen. Aber in der Öffentlichkeit verbitte ich mir solcherlei Zurechtweisungen."
Noch einem Moment musterte er den Mann kalt, dann blickte von ihm zu dem Elfen.
"Wusstet ihr das?"
Re: Im Eisvogel
Verfasst: Freitag 11. November 2022, 08:05
von Vyacheslav Sokolov
Der Arzt hatte Courage, das musste man ihm lassen.
Einen Moment blieb Slava in der Rollte, spielte ein wenig konsterniert, aber im Grunde war es ihm herzlich egal. Standesdünkel kannte er nicht, aber es verriet ihm ein wenig mehr über den Arzt und dessen Welt. Auch wenn der seine Frage nicht beantwortet hatte konnte er dessen Gesellschaft auf wohl etwas zwischen dem 16ten und dem 17ten vielleicht noch 18ten Jahrhundert eingrenzen, wobei er eher zur späteren Variante tendierte. Kein Adel, gehobenes Bürgertum, das sprach für den Beginn der Industrialisierung, aber er kannte noch keine Blutgruppen.
Ging man von einem analogen Entwicklungsverlauf aus - und das musste er denn etwas anderes hatte er nicht - ließ das doch eine recht genaue Einordnung zu, auf vielleicht das Jahrhundert genau. Und in der Epoche, in der er ihn vermutete reichte das wohl auch noch. Schwierig wurde es erst ab den 19hunderter Jahren.
Der Arzt legte also Wert darauf, ihn seines Standes gemäß zu respektieren. Gut, sollte er haben, auch wenn er ihn nur vom Hörensagen kannte, es schien ihm wichtig und er rief sich ins Gedächtnis, dass er zwar Jarels Freund war, weswegen er in den Fehler verfallen war ihm auch gleich vertrauter zu begegnen, aber vermutlich hatte der Mann wiederum von ihm noch nie gehört. Auch das eine Erkenntnis, Jarel hatte nichts von ihm erzählt. Immerhin. Der Alchemistin hatte er ja offenbar die ganze Lebensgeschichte aufgetischt.
Nachdem er sich angemessen geknickt gezeigt hatte grinste er wieder.
Re: Im Eisvogel
Verfasst: Freitag 11. November 2022, 10:31
von Cyron
Mit einer Ärztin verheiratet.
Cyron war dem Gespräch aufmerksam gefolgt.
Der Chirurg und sein Gastgeber waren sich offensichtlich nicht ganz grün, was einer kritischen und wachsenden Beziehung nicht zur Gänze abträglich sein musste. Ganz im Gegenteil. Man konnte die durch die Reibung entstehende Hitze oft zur Flamme des Fortschritts formen.
Auch dass weder hier, noch in der Welt aus der sein Kollege kam die Blutgruppen bekannt waren erstaunte den Elfen. Wie passte das mit der Transplantationsmedizin zusammen?
Er würde es herausfinden. Ganz sicher.
„Ob ich was wusste?“, antwortete er im besonders ruhigen Ton und versuchte dabei die Wirkung seiner Stimme zu nutzen, um allgemein die Mütchen zu kühlen. Allerdings wusste er nicht einmal, ob er diesen Trick in dieser Welt überhaupt einzusetzen vermochte.
„Die unterschiedlichen Blutgruppen? Ja, die sind bei uns ebenfalls bekannt. Ich freue mich schon darauf, wenn wir und bei einem guten Rotwein über die Transplantationsmedizin unterhalten.“, flötete er und lächelte versöhnlich.
„Wir hätten sogar einen Pateinten hier, der noch immer unter den Spätfolgen leidet. Vielleicht finden wir gemeinsam Lösungen. Das könnte wirklich erbaulich werden.“ Cyron hatte noch immer nicht begriffen, dass Jarel auch Arvijds Patient war, auch wenn er diesem seine Medizinische Vorgeschichte erst von sehr, sehr kurzer Zeit offenbart hatte.
Der Elf nahm einen Schluck Tee.
Über Fragen von Respekt, Alter und Standesdünkel dachte Cyron nicht nach. Für ihn war Respekt etwas, dass man sich bei jeder Person neu verdienen musste und dass er seines Standes wegen immer anders behandelt worden war…hatte er schlicht verdrängt.
Re: Im Eisvogel
Verfasst: Freitag 11. November 2022, 11:21
von Vyacheslav Sokolov
Slavas Äußerung war nicht ganz unbedacht gewesen, noch immer schlugen zwei Seelen in seiner Brust. Ihm selbst war es, zumindest de meiste Zeit über herzlich egal, was man von ihm dachte. Aber Jarel würde Probleme bekommen und zwar in mehrfacher Hinsicht, wenn seine Beziehung zu ihm bekannt werden würde, und dann war da auch noch Viktor... Slava hatte nicht vergessen, dass dieser Arzt mit Viktor gekommen war und auch wenn er aus Erfahrung wusste, dass Menschen oftmals gar nicht miteinander redeten, so war das keine Garantie dass nicht doch irgendwann durch einen dummen Zufall die Sprache drauf kam, und für den Fall musste er dem Arzt gegenüber die richtige Legende präsentieren.
Das war die Denkweise, die er gelernt hatte. Der Arzt würde das Bild zu sehen bekommen, dass Viktor sehen durfte.
Einen Moment länger hing sein Blick am Elfen fest.
Vielleicht hatte es ja funktioniert, vielleicht war es aber auch einfach seine Art, Konflikte nicht eskalieren zu lassen wenn es ihm rein gar nichts brachte.
"Ich wollte nicht respektlos sein, Doktor. Ich bin kein Arzt, ich habe zwar Psychologie studiert aber auch nie direkt in dem Bereich praktiziert. Allerdings hab ich eine gewisse Erfahrung als Patient, da kann ich euch vermutlich in Sachen Unfallchirurgie auch noch dass eine oder andere liefern."
So ganz konnte auch Slava seine Arroganz nicht ablegen, aber immerhin hatte er seine Ausdrucksweise so gewählt, dass sie weniger belehrend klang. Er war einen steinigen Weg gegangen um zu erreichen was er erreicht hatte und auch wenn er einer Familie entstammte, die dem Äquivalent des Adels nahe kam, so hatte er trotzdem gezeigt, was er konnte.
War das so?
Wieder blitzen die Erinnerungen an die Zone auf, was Cyron ihn hatte sehen lassen.
Hatte er wirklich alles aus eigener Kraft geschafft? Er war auf einem guten Weg gewesen, aber die letzten Meter verdankte er vielleicht doch dem Wissen, das die Zone ihm gegeben hatte. Den unzähligen Versuchen die sie ihm erlaubt hatte... Dabei ahnte er nicht einmal, dass der Arzt beinahe über ähnliche Erinnerungen verfügte. Den eigenen Tod.
Für den Moment schluckte Arvid das, musterte nun seinerseits den jungen Mann.
In tatsächlichen Jahren mochten sie beide nur wenige Winter trennen, die Narben in seinem Gesicht erzählten von dem was er bereits angedeutet hatte.
Bei der Erwähnung der Psychologie horchte er auf. In seiner Welt hatte es das Fach als solches nicht gegeben, aber mit seiner Lebenserfahrung wusste er sehr wohl, was die Seele eines Menschen für einen Einfluss auf den Genesungsverlauf hatte.
Und noch etwas mußte er vor sich selbst eingestehen.
"In meiner Welt war ich was das Wissen um die Medizin anging den meisten weit voraus. Das blieb ich auch in dieser Welt, bis ich nun auf euch treffe." Gab er zu, um dann doch noch zu der Antwort auf die zuvor gestellte Frage zu kommen.
"Den Entwicklungsstand einer Welt wiederzugeben, auch nur einer Stadt ist äußerst schwer. Im Militärwesen wäre dies wohl die Erfindung des Schießpulvers, in den Wissenschaften der Buchdruck..."
Slava nickte dazu. Er fand es interessant, dass der Arzt zuerst ans Militär dachte. Schätzte er seine Interessen so ein oder waren das die eigenen?
"Wie sieht es mit der Elektrizität aus?" wollte er nun wissen.
Das ihn der Arzt einen Moment länger musterte war Antwort genug.
"Elektrische Spannung, wie bei einem Blitzeinschlag, die kann man nutzen um Licht zu erzeugen und Maschinen zu bewegen."
Der Arzt nickte, aber Slava war klar, dass das eine Täuschung war.
"Wir betreiben Maschinen mit Dampf oder mit Magie, aber viele Apparate dieser Art gibt es nicht."
"Wie stark Arbeitsteilig ist eure Gesellschaft gewesen?" war die nächste Frage.
"Aus eurer Sicht vielleicht weit weniger stark als aus meiner." mutmaßte er. "Noch vor wenigen Jahrhunderten war es möglich, dass jeder jeden Beruf ausüben konnte, aber mittlerweile ist die Spezialisierung so weit fortgeschritten, dass es Jahre der Ausbildung und des Studiums bedarf. gut, in der Medizin ist dies schon länger der Fall, aber im Handwerk war es noch leichter zu wechseln. Und ich habe mich auch tatsächlich ein wenig mit der Geschichte befasst, vor allem natürlich der Medizingeschichte." schloss er.
Und wieder erkannte Slava, dass der Mann ebenfalls versuchte sein Denken in eine Richtung zu lenken mit dieser Erwähnung.
Wer der von Cyron erwähnte Patient war wußte er nur zu gut, schwieg aber noch. Auch der Arzt sagte nichts dazu. Kannte er Jarel gut genug? Kurz stahl sich vielleicht ein Lächeln auf Slavas Lippen als er sich vorstellte, wie ein Arzt den anderen anschwieg, weil sich beide eisern an das Patientengeheimnis klammerten.
Cyron befragte er nicht zum Entwicklungsstand seiner Welt. Er wußte bereits von Luftschiffen und Bomben und damit war diese Welt seiner ein gutes Stück ähnlicher als die meisten anderen.
"Kennen die Ärzte eurer Welten eigentlich den Hippokratischen Eid? Also dem Patienten verpflichtet zu sein, Schweigepflicht und so weiter? Bei uns wird der so genannt, vielleicht trägt er bei euch jeweils einen anderen Namen."
Re: Im Eisvogel
Verfasst: Freitag 11. November 2022, 15:56
von Cyron
Cyron hatte einen Moment in seinen Tee gestarrt und nicht mitbekommen, dass er mit der Frage gemeint war.
Erst, als er Slavas fragenden Gesichtsausdruck sah setze er an zu antworten.
„Ich bin Diener Malornes. Dem gehörnten Gott der Wälder. Und ja, auch bei uns gibt es einen Eid dem Patienten zu dienen, ihm niemals zu schaden und seine Geheimnisse zu wahren.“
Er nickte.
War das ein Hinweis darauf, hier nicht über den Schattenwolf zu reden?
Die beiden Spione hatten eine Beziehung. Aber wusste sein Gastgeber ALLES vom Schurken?
Immerhin war die Sache zwischen den beiden noch wirklich sehr frisch.
Re: Im Eisvogel
Verfasst: Freitag 11. November 2022, 18:18
von Arvijd Kostjunari
"Auch die Ärzte meiner Welt schwören einen vergleichbaren Eid. Wie kommt ihr darauf?"
Aber dieses Mal blieb blieb der Mensch eine Antwort schuldig.
"Könnt ihr mir über die medizinischen Möglichkeiten eurer Welt erzählen? Habt ihr eine Möglichkeit gefunden, vielleicht an weiteres Wissen zu gelangen, Anatomische Zeichnungen? Ich wäre für alles Dankbar, was mir eine Arbeit ermöglichen würde, die über das nähen von Platzwunden hinausgeht."
Er blickte vor allem Cyron an.
Re: Im Eisvogel
Verfasst: Freitag 11. November 2022, 19:46
von Cyron
Cyron rieb sich den nicht vorhandenen Bart und dachte nach.
„Die Medizin in meiner Welt ist nicht an die Technik gebunden. Vielleicht ist es Rückblick kurzsichtig. Aber auf Azeroth ist Magie allgegenwärtig. Stellt euch vor, ihr könntet ein erkranktes Organ reparieren, ohne den Körper zu öffnen.
Oder eine Verbrennung von innen her generieren lassen.
Und wenn bei größeren Schäden wie zum Beispiel nach einer Schlacht doch eine Eröffnung nötig ist, müsst ihr sie nicht nähen, sondern lasst sie einfach zusammenwachsen.“
Cyron atmete durch.
„Ich besitze nur einen einzigen Gegenstand, der mir auf meiner Heimat geblieben ist.“
Er hielt seine Hand hoch und präsentierte den Seigelring an seine linken Ringfinger. „Keine Bücher, keine Pergamente, nur das, was sich hier drin befindet.“
Der Elf tippte sich an die Schläfe.
„Aber wenn wir beiden uns zusammentun und austauschen…“ Cyron breitete die Arme in einer umfassenden Geste aus.
„Nur…“, seufzte er und sah in Richtung Slava. „Ich bin neu hier, habe keinen Rückhalt, keinen Rang, keine Gemeinschaft, keine Mittel. Ich kenne nicht einmal die Mechanik dieser Welt, habe keine Ahnung von den Ränken der Politik hier und habe meinen Platz noch nicht gefunden. Und daher bin ich dankbar für die Möglichkeiten, die mir gegeben wurden und hoffentlich noch werden.“
Er wandte sich wieder in Arvijds Richtung.
„Nur müssen wir unsere Möglichkeiten sorgsam eruieren, bevor wir beide auf einem Scheiterhaufen landen.“
Er seufzte und starrte wieder in seinen Tee.
„Was nicht heißt, dass mir das Warten leicht fällt.“
Re: Im Eisvogel
Verfasst: Freitag 11. November 2022, 20:16
von Arvijd Kostjunari
"Diese Art der Heilung ist mir nicht unbekannt, nur bin ich bedauerlicherweise ohne jedes Talent zur Magie geboren worden."
Er bedauerte es sichtlich, hatte er doch gesehen, wozu Magier in der Lage waren, sogar Kolja. Kurz dachte er daran ihn zu erwähnen, er hätte auch helfen können, er hatte seine Anatomiebücher verschlungen, wenn auch um effizienter zu töten.
Kurz blickte er auf den Siegelring. Der brachte einen nicht weiter. Auch er hatte sein ganzes Wissen zurück gelassen, vieles trug er im Kopf, aber es war bei weitem nciht genug.
"Und was spricht dagegen, jetzt schon eine kleine Praxis zu eröffnen? Sich langsam einen Namen zu machen?"
Re: Im Eisvogel
Verfasst: Freitag 11. November 2022, 20:21
von Vyacheslav Sokolov
Ein wenig kamen ihm die beiden Ärzte wie kleine Kinder vor, die man einbremsen musste ehe sie vor lauter Begeisterung Unsinn anstellten.
"Ich stelle euch in den nächsten Tagen eine Heilerin und eine Alchemistin vor, die sich erst vor etwas mehr als einem Jahr hier eine Existenz aufgebaut haben, sie wissen was es dazu braucht. Meister Cyron kennt sie bereits. Und Was Bücher angeht, ich versuche aufzutreiben was sind finden lässt. Über eine kleine Sammlung verfüge ich, aber vergesst bitte nicht, der Buchdruck ist eben noch nicht erfunden, bei jedem Band handelt es sich um eine Abschrift von Hand."
Und damit waren Bücher wertvoll. Was er in Oxenfurt also gesehen hatte konnte einem den Magen auf links drehen.
Weder Arzt noch Elf antworteten noch, und wenn, es hätte auch gut sein können, dass Slava die Worte gar nciht gehört hätte.
Viktor marschierte direkt an ihnen vorbei, blickte sie an und blickte durch sie hindurch und verschwand dann nach draußen. Viktor hatte sich verändert, zweifellos, nur wie sehr, das würde er erst sehen müssen.
"Entschuldigt mich kurz..." wandte er sich an Cyron und den Arzt.
Dann stand er auf und folgte Viktor.
<geht hier weiter>
Re: Im Eisvogel
Verfasst: Samstag 12. November 2022, 20:29
von Cyron
Sein Gastgeber war aufgesprungen um dem Fremden zu folgen.
„Ist das der zweite Reisende?“, fragte Cyron und sah den beiden hinterher.
„Dabei dachte ich, die beiden kennen sich.“ Der Elf rieb sich den nicht vorhandenen Bart.
Und schon war er Weg.
Machte nichts, mit dem Arzt konnte man sich hervorragend unterhalten.
„Ihr seid mit dem Herrn zusammen angekommen? Aus derselben Welt? Wie war das? Konntet ihr erkennen, dass es sich um ein Portal handelt oder habt ihr es vielleicht sogar gesucht? Ich habe Familie hinter mir gelassen. Eine große Familie. Und ich kann mich immer noch nicht mit dem Gedanken anfreunden, sie nicht wiederzusehen….“
Er seufzte, nahm einen Schluck Tee und sah Arvijd aufmerksam an.
Re: Im Eisvogel
Verfasst: Samstag 12. November 2022, 20:45
von Arvijd Kostjunari
"Nein..." Arvijd schüttelte nur langsam den Kopf während er dem Menschen hinterher blickte.
"Ich bin schon einige Jahre in Wyzima und dieser Herr ist zusammen mit zwei anderen Männern aus einem Portal gefallen. Ich habe es selbst nicht gesehen... auch damals nicht als ich hindurch geraten bin. Ich erinnere mich an nichts..."
Es war nur eine halbe Lüge. Er erinnerte sich daran, im See zu sich gekommen zu sein, also war er gestorben, vermutlich in dem Moment als das Portal ihn ausgespuckt hatte. Vielleicht sollte er seinen Verbündeten in dieser Welt gleich von vornherein reinen Wein einschenken... Da sprach der Elf von Familie.
"Auch ich habe meine Familie zurück gelassen."
Die wenigen, die noch übrig waren...
"...aber ich glaube mittlerweile, dass mir einige von ihnen gefolgt sind, mein Ziehsohn ist hier auch wenn ich noch nicht zur Gänze begreife wie das möglich ist. Erinnert ihr euch denn, wie ihr herkamt? Und... dieser Sokolov, wer ist er? Er ist auch ein Reisender, soviel habe ich begriffen, aber er tut als hätte er etwas zu sagen."
Re: Im Eisvogel
Verfasst: Samstag 12. November 2022, 21:32
von Cyron
„Gefolgt?“, das Spitzohr machte eben diese lang. „Willentlich gefolgt?“
„Nun…ich war auf der Suche nach jemandem. Meinem Enkel. Er verschwand einige Wochen. Ich nahm mir einen der Jadtwölfe meiner Tochter und meinen Reitwolf und folgte seiner Spur. Ich erinnere mich einige Tage unterwegs zu sein und dann…“
Er breitete die Arme aus und zog die Schultern hoch, verzog dazu seufzend das Gesicht. „Ich kam am Strand zu mir. Hatte mit den Folgen einer Vergiftung zu kämpfen und meine Erinnerungen waren so durcheinander wie ein zu lange gekochter Eintopf. Wie es aussieht, hat sich die arme Seele, die diese Körper vorher bewohnte sich selber gerichtet.“
Er nahm einen Schluckt Tee.
„Möge seine Seele Frieden finden, wenn sein Körper es schon nicht kann. In diesem desolaten Zustand fand mich mein Gastgeber. Er brachte mich unter, stellte mir jemandem zur Seite der mich die Sprache lehrt und einen weiteren Herrn, der mir den Zugang zu den hiesigen Energien näher bringt. Über seine Rolle in dem Gefüge dieser Welt kann ich nichts sagen…“
Naja. Können schon. Aber wollen nicht.
„…aber er scheint genug Geld und Einfluss zu besitzen um vielleicht tatsächlich die Möglichkeit zu haben so etwas wie ein Lazarett einzurichten.“
Der Elf legte den Kopf eine Spur schief. „Ihr traut ihm nicht, nicht wahr?“
Re: Im Eisvogel
Verfasst: Samstag 12. November 2022, 22:00
von Arvijd Kostjunari
"Ihn kenne ich nicht, aber ich traue Männern wie ihm nicht. Politikern... Wenn er als Reisender so schnell zu Macht und Geld und Einfluss kam, dann nicht weil er ein Menschenfreund ist und uneigennützig ein Krankenhaus aufbauen will. Aber gut... Wenn wir für den Moment am gleichen Strang ziehen will ich es versuchen."
Er musterte den Elfen aufmerksam, als suche er nach Anzeichen und Hinweisen auf das was er sagte.
"Ihr seid also nicht selbst körperlich aus eurer Welt gekommen sondern nur euer Geist? Seele? Wie man es nennen mag... das ist tatsächlich interessant. Ganz bemerkenswert. Das wäre wohl was so mancher Theologe gerne gesehen hätte, der Beweis für die unsterbliche Seele."
Ob er einen teil davon ironisch meinte ließ sich aus seiner Mine kaum ablesen.
"Mein Sohn ist hier, wenn ich ihn recht verstanden habe war er viele Jahre hier, aber ich weiß nicht wann er aus meiner Welt verschwand. Vielleicht erst gestern. Wir lebten in verschiedenen Städten. Er aber kam schon vor vielen Jahren hier an und ging dann in eine weitere Welt. Zu postulieren, die Zeit verliefe analog wäre doch vermessen, bei dem wenigen was wir wissen. Wir hatten nicht viel Gelegenheit in Ruhe zu sprechen, aber die wird es noch geben. Wenn jemand Antworten hat, dann er. Er ist auch magisch begabt."