Est Tayiar - die verfluchte Elfenstadt

Der Landstrich im Pontar Delta und südlich von Nowigrad wird 'Grashügel' genannt, diese grenzen an Graufeld, bereits ein Teil von Velen.
Südöstlich des Pontar liegen die Sturmfelder.
Benutzeravatar
ERZÄHLER
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 540
Registriert: Samstag 6. November 2021, 15:47
Lebenslauf:

"Es ist nicht nötig, dass sie überhaupt hier ist. Sie ist ein halbes Kind und dies hier ist eine Armee. Doch wenn sie schon hier ist, werde ich sie nicht behandeln wie ein Kind.", schnappte Rhiaenna heftiger, als es vielleicht nötig gewesen wäre. Hier lag mehr verborgen, als nur der Unmut über unzureichende Hilfskräfte und eben so schnell, wie sie aufgebraust war, kühlte sie auch wieder ab.
Die Heilerin beobachtete den Elf ungeniert beim Umziehen. Immerhin konnte man so einen Blick auf den Neuling werfen und entscheiden, ob er sich vielleicht auch als Bettgefährte eignete. Letztlich wusste man nie, ob eine Nacht nicht die letzte war und so vertrieb sich Rhiaenna gern die freien Nächte mit verschiedenen Elfen der Kommandos. Vorausgesetzt sie war nicht zu müde. Doch es gab nichts besseres für die abendliche Entspannung.
Sie hob den Blick, als seine erste Frage sie erreichte, zuckte leicht die Schultern. "Jeder, der Schierling von Pferdekümmel unterscheiden kann. Ich kann da nicht sonderlich wählerisch sein und sortiere dann hier vor Ort den Unfug aus.", erwiderte sie leichthin und begann ihre eigenen Vorräte aufzustocken, nur dass sie keine Tasche trug, sondern vielmehr dutzende davon in Form von Beuteln, Einschüben und Lasche an Gürtel und in der Tunika.
Ihre Bewegungen verlangsamten sich etwas bei der zweiten Frage. Torjen. Heiler wie sie. Anderling auf andere Art. Die Druiden boten deb Menschen die Stirn,. obwohl sie selbst recht menschlich waren. Eine seltsame Fügung.
"Ich trauere um jeden, der sinnlos sterben muss. Unsere Zunft ist nicht für den Tod sif dem Schlachtfeld da. Wir geben Leben, darum tragen wir eindeutige Kleidung. Sicher schmerzt mich sein Tod, aber was soll ich schon tun? Verzweifeln ist keine Option." Rhiaenna wartete bis Cyron fertig war, dann verließ sie das Laboratorium und führte ihn zurück in das provisorische Lazarett.
Viel Zeit für Gespräche und Fragen blieb nicht mehr, denn in der Ferne hörte man schon den Hufschlag von Pferden.
Gherets Kommando war schwer getroffen. Pfeile und Bolzen waren allgegenwärtig in Panzer und Fleisch, dazu Schwerthiebe und stumpfe Traumata. Kaum einer, der nicht der irgendwie versehrt war. Rhiaenna sortierte mit grimmiger Routine die Schwer- und Leichtverletzten, die Unrettbaren und schon halb toten. Sie nutzte dazu einen simplen Lippenstift, malte Kreise, Kreuze und eine Rune. Ihre Helfer kannten das Prozedere, banden den neuen Heiler einfach in ihre Routinen ein, als wäre er schon immer Teil dieser Maschinerie.
So vergingen die hellen Stunden, irgendwann wurden Fackeln und Laternen entzündet. Wäre nicht das Stöhnen der Verwundeten gewesen, Est Tayiar hätte fast einen märchenhaften Eindruck gemacht.
Benutzeravatar
Cyron
Spieler Level 3
Spieler Level 3
Beiträge: 262
Registriert: Montag 22. August 2022, 12:11
Lebenslauf:

Der aufbrausenden Art seiner ‚Vorgesetzen‘ nach zu urteilen lag hier einiges im Argen.
Und – wie alle Heiler an der Front – war auch Rhiaenna überlastet.
Vielleicht konnte er zumindest hier etwas Entlastung schaffen.
Schweigsam nahm er siech die Tasche, bestückte sie mit allem, was er für nötig hielt und als die Verwundeten eintrafen, funktionierte er auf die übliche professionelle Art.
Nur mit seinen magischen Fähigkeiten musste er sparsam umgehen. Die Quelle in der Nähe war zwar eindeutig zu spüren, nur darauf zugreifen konnte er nicht.
Es war ihm fast so, als würde da unten ein reißender magischer Fluss tosen, der mit unaufhaltsamer Macht und unglaublichem Druck unter seinen Füßen voran preschen. Sollte er hier zu arglos seine Finger hineinstecken, würde es ihm mitreißen und vermutlich den Verstand kosten.
Doch auch ohne magische Fähigkeiten tat er, was er konnte. Es war noch Platz nach oben, aber ungeschickt war er auch darin nicht.
Stunden später hockte er auf einer Bank, mit Blut und anderen Körperflüssigkeiten besudelt, betrachtete mit leuchtenden Augen die, denen sie gemeinsam das Leben gerettet hatten und betete für die, denen diese Chance nicht vergönnt war.
Es fühlte sich richtig an. So richtig wie schon lange nicht mehr.
Er war stolz auf seine Profession.
Und vollkommen ausgelaugt. Das tat Rhiaenna also den ganzen Tag? Bewundernswert.
Mit einem Gähnen wischte er sich mit dem Ärmel über das Gesicht und verschmierte das Blut damit zu einer grotesken Kriegsbemalung.
Wurde höchste Zeit, sich zu waschen. Vielleicht war danach noch Zeit über den Zugang zur magischen Quelle zu meditieren.
Wie verbrachte man hier eigentlich die Abende? Ob es hier Musikinstrumente gab?
Benutzeravatar
Emyja
Spieler Level 1
Spieler Level 1
Beiträge: 51
Registriert: Dienstag 14. Juni 2022, 19:28
Lebenslauf:

Kaum das Gheret in ihren Einflussbereich geraten war, hatte sie seine emotionalen Fänden eingefangen, an sich gebunden und daran gezogen. Zu ihr und nur zu ihr wollte der Befehlshaber von einer Sekunde auf die andere, vergessen waren die Verletzten seines Kommandos, vergessen auch sein eigener unnütz in der Jacke angeklemmter Arm. Sie ließ ihn durch den Schild, der ihren Turm vor unbefugtem Zutritt beschützte und empfing ihn in dem kleinen Arbeitszimmer, dessen Boden mit den Symbolen des magischen Zirkels bedeckt war, die immer leicht zu phosphoreszieren schienen. Die Hexe saß auf einem Scherenstuhl an einem Tisch, vor sich das komplizierte Konstrukt aus Spiegeln, Edelsteinen und Drähten, das ihr die Kommunikation mit 'Empfängern' ermöglichte, die einige ihrer Spione bei sich hatten. Das Licht im Inneren des zentralen Kristalls verlosch eben, als Gheret eintrat und sofort ein Knie beugte. Emyja ignorierte ihn zunächst, notierte sorgfältig etwas in ein Buch, das aufgeschlagen neben dem Apparat lag.
"Du bist hier, also ist die Passage verloren.", stellte sie nach einem Moment des Schweigens fest.
"Die Redanier sind mit einer berittenen Einheit und einem Fähnlein Schützen...", weiter ließ sie ihn nicht kommen. Ihre magischen Finger waren bereits in seinen Organismus gekrochen, folgten dem ureigenen Element der Wildhexe, die sie einst gewesen war, entlang von Blutbahnen und hinein in das feine Gespinst aus Äderchen bis in die entlegendsten Spitzen. Und dann zog sie systematisch zu, ließ den Blutstrom stocken, weil die Venenklappen nicht mehr arbeiteten und sich verkrampften. Gheret starrte seine Finger an, die plötzlich bleich wurden, konnte sehen, wie die totenblässe seinen Arm erklomm und unter dem Leder verschwand. Taubheit kroch ihm über die Glieder, arbeitete sich auf sein Zentrum zu und Panik breitete sich in seiner Brust aus.
"Ausflüchte. Diese Passage ist sehr wichtig für uns Gheret, ich dachte, das hätte ich klar unterstrichen." Emyja sprach noch immer, als hinge ein Teil ihrer Gedanken bei den Notizen. Ruhig, fast ein wenig abwesend.
"Herrin, unsere Krieger sind nicht minder wichtig.", wagte er es zu widersprechen, doch seine Stimme brach, als ihm der Brustkorb eng wurde. Die Muskeln bekamen keinen frischen Sauerstoff, alles wurde zäh und langsam. Und kalt. Keuchend sackte der Halbelf vornüber.
Sein Glück war, dass sie dieses Kunststück nicht lange aufrecht erhalten konnte, wollte sie nicht alles andere aus den Fingern verlieren.
Das grüne Augenpaar richtete sich flammend auf Gheret und wenn dieser geglaubt hatte, das allumfassende Taubheitsgefühl und die Atembot wären schlimm, dann belehrte ihn die Rückkehr der Durchblutung gleichzeitig in alle Glieder eines Besseren. Zumal die Hexe den Nerven ihres Opfers noch zusätzliche Impulse gab. Gheret mahlte mit den Zähnen und stöhnte gequält unter dem Griff der Hexe, die weiterhin seine Emotionen in ihrem Bann hatte, wie die fast aller in einem gewissen Kreis, sodass er tatsächlich Reue empfand, Schuld und den Wunsch, zu gefallen.
Emyja hatte sich erhoben und war zu ihm getreten, in der Hand eine Schale.
"Herrin, Ihr wisst, ich bin nur hier, um Euch zu dienen.", presste Gheret hervor. Emyja beugte sich zu ihm hinunter und umfasste sein Kinn mit eisernem Griff, doch ihre Stimme war in seinen Ohren ein milder, warmer Regen. "Das wirst du auch weiterhin." In einer raschen Bewegung zog sie ihm eine scharfe Klinge quer über die Wange, während ihre Hand und ihr Wille ihn unerbittlich festhielten. Blut rann über Gherets Kinn, tropfte in die Schale. "Und dieses mein Zeichen wirst du tragen." Sie tauchte die Finger in das Blut, zeichnete damit Muster aus Linien und Wirbeln auf die versehrte Gesichtshälfte und die Halsseite, eine Beschwörung murmelnd, die den Kreis, in dem sie sich befanden, zum Glühen brachte. Am Ende nahm sie einen Schluck aus der Schale und versprengte den Rest im Kreis - die Bilder auf Gherets Haut flammten auf, er heulte auf und stürzte aufs Gesicht...
Emyja trat zurück.
Als Gheret wieder aufsah, war das blutige Kunstwerk zu einer fein gearbeiteten Tätowierung geworden. Nur der Schnitt gähnte noch inmitten all der Muster und blutete heftig.
Die Hexe lächelte. "Ich brauchte ohnehin einen neuen Schlüssel. Du bist jetzt an mich gebunden, Gheret. Trage deine Schuld ab. Und jetzt lass mich allein."

Gheret stolperte hinaus, verwirrt und blutend, bis ihn jemand einfing und zu den Heilern brachte. Emyja blieb zurück, stieg in das nächste und einzig intakte Geschoss des Turms, wo sie schlief und ihre wenigen Kleider aufbewahrte. Manches änderte sich nie - auch nicht, dass ihr Äußeres immer schon nachrangig für sie gewesen war. Doch das Blut wollte sie sich abwaschen, bevor sie wieder nach draußen ging. Sie füllte eine Schale mit Wasser, blickte hinein...
Ein Schiff wankte auf den Wellen eines breiten Flusses.
Ufer voller Rietgras und Schilf.
Ein Segel brennt.
Von Bord dringt Schlachtenlärm herüber, Klingen sprechen, Männer sterben. Das Wasser des Flusses färbt sich Blutrot und so tut es der Himmel.
Emyja erkennt inzwischen, wenn sie eine Vision hat. Eilig versucht sie sich umzusehen - Wo? Wer? Wann?
Schwarze Augen tauche aus der Dunkelheit auf, explodieren in goldenen Sternen und Blut.
Nacht, es ist Nacht.
Wann - wann??
Die Umgebung verschwimmt, wird wieder klar. Ein kleines Bootshaus, darin eine Laterne. Die Übergabestelle. Die Übergabe!

Mit einem wütenden Aufschrei fegte Emyja die Wasserschale mitsamt Krug von ihrem Tisch, eine dunkle Pfütze auf ihrem Boden kreierend. Ihre Wut bebte auch als emotionales Echo durch all die Geister mit denen sie verwoben war, schürte Panik bei den einen und Zorn bei den anderen. Dieser verfluchte Emporkömmling von einem Anderweltler! Wenn sie ihn je in die Finger bekäme, würde sie ihm die Haut in Streifen abziehen. Mit einem weiteren wütenden Aufschrei warf sie das Messer Richtung Tür, wo es singend in einem Balken stecken blieb.
Benutzeravatar
ERZÄHLER
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 540
Registriert: Samstag 6. November 2021, 15:47
Lebenslauf:

Gheret war vom Pferd gesprungen, hatte es anderen überlassen, dieses zu fangen zu sich zu kümmern und war direkt zum Turm der Hexe marschiert. Rhiaenna hatte sich kurz an seine Seite geheftet und er in kurzen Worten erklärt, was geschehen war, wer verwundet und wer tot, wer seiner Ansicht nach der Mühe nicht wert war. Dann war er durch den magischen Schild am Turm gelassen worden und Rhiaenna hatte die schwachen Kräfte ihrer Heiler so gewinnbringend eingesetzt, wie sie konnte. Cyron band sie ein und sie war froh, dass es kaum Anleitung bedurfte. Er wirkte routiniert, fast erschreckend routiniert. So kannte diese Art der kalkulierenden Professionalität, obwohl sie nie hatte so sein wollen. Doch die Umstände brachten es mit sich und so verfiel auch sie in jenes verbissene Tun, das die einen mit groben Anweisungen garnierten und die anderen mit stoischer Stille. Rhiaenna pflegte eine Mischung aus beidem und niemand wagte es, ihr zu widersprechen oder gar zu langsam zu reagieren.
Das Kommando war von den Redaniern völlig aufgerieben worden, anders konnte man das Jammerbild, das die Überlebenden abgaben, nicht deuten. Rhiaenna wusste wenig über die Einsätze der Kommandos oder die Pläne der Hexe, sie wusste nur, dass Gheret einen bestimmten Abschnitt des Deltas hätte halten sollen, weil dort Boot passieren mussten, die ihnen Nachschub von der Küste her brachten. Nun gehörte die Passage wohl wieder dem Regenten... Die Heilerin bemühte sich, nicht über solche Dinge nachzudenken, während sie arbeitete, aber es gelang ihr nicht immer.

Irgendwann war das Nötigste erledigt und sie ließ ihren Heilern etwas mehr Leine. Um Verbände anzulegen oder Wasser einzuflößen brauchte es kein Fachpersonal. Die dunkle Elfe gesellte sich zu ihrem Neuzugang, in der Hand eine kleine Steingutflasche. Darin ein einfacher Brand, der hier im Lager weit verbreitet war. Sie hielt ihm die Flasche hin, nachdem sie selbst ein paar kleine Schlucke genommen hatte. "Gute Arbeit."
Sie wollte sich gerade neben ihn setzen, da fegte der Impuls aus Emyjas Turm durch das Lager und sorgte dafür, dass sich viele Köpfe ganz automatisch in Richtung der zerbrochenen Ruine wandten. Von einem Moment auf den anderen schlug Rhiaenna das Herz bis zum Hals und die Hand, die die Flasche hielt, zitterte.
Benutzeravatar
Cyron
Spieler Level 3
Spieler Level 3
Beiträge: 262
Registriert: Montag 22. August 2022, 12:11
Lebenslauf:

Der Heiler hatte nach der Rückkehr des aufgeriebenem Kommandos funktioniert wie ein eine gut geschmiertes Maschine. Er flickte, heilte, spendete Trost, hatte für jeden ein warmes Wort.
Bei einem der Verletzen hatte er mehr als das. Für den Elfenmischling kam jede Hilfe zu spät. Selbst wenn ihm seine vollständigen Kräfte zur Verfügung gestanden hätten, wäre es knapp geworden. Aber so…es blieb ihm nichts anderen als dem jungen Mann einen tiefen Schlaf und schmerzfreien Tod zu schenken. Ob er Familie hatte? Eltern? Eine Liebste? Es hatte keinen Sinn, darüber nachzudenken. Einzig für einen Segen und ein kurzes Gebet war Zeit gewesen, dann ging es mit dem nächsten Verletzen weiter…und den nächsten…und dem nächsten.

Zum Glück waren alle zumindest notdürftig versorgt, als die Wut der Hexe wie eine Springflut durch die Seelen der Anwesenden spülte.
Auch Cyron wandte seinen Blick Richtung Turm.
Zum einem, weil er den Impuls ebenfalls verspürte, zum anderen damit nicht auffiel, dass der Einfluss der Hexe auf ihn nicht so tief wurzelte, wie er vorzutäuschen versuchte.
Aus den Augenwinkeln sah der Heiler sich um. Beeindruckend, so viele Personen auf einmal zu manipulieren. Und gefährlich, sollte sie jemals dazu kommen sich einzig auf ihn zu fokussieren.
Vorsichtig nahm Cyron Rhiaenna die Flasche ab und genehmigte sich einen kleinen Schluck.
Zu gerne hätte er die Flasche geleert, egal wie scharf das Zeug aus der Steingutflasche schmeckte.
Nur leider war dieser Körper den Rauschmittelmissbrauch seines früheren Lebens nicht gewohnt, ganz abgesehen davon, dass er sich Unkonzentriertheit hier und jetzt nicht erlauben konnte.
„Ist es erlaubt eine Messe für die Toten zu halten?“, fragte er sanft als er davon ausging, seine dunkelhäutige Kollegin war wieder ausreichend bei ihm um ihn zu wahrzunehmen.
Benutzeravatar
Cyron
Spieler Level 3
Spieler Level 3
Beiträge: 262
Registriert: Montag 22. August 2022, 12:11
Lebenslauf:

Cyrons Stimme holte sie aus der kurz aufkeimenden Angst und sie überließ ihm die Flasche, um sich endlich wie beabsichtigt zu setzen.
"Ich bin mir nicht sicher, ob die Geister und Ahnen noch mit uns sind.", erwiderte sie leise und nahm die Flasche zurück. Entschlossen nahm sie einen weiteren Schluck.

"Du zweifelst, dass wir das richtige tun?", fragte Cyron wie immer sanft, wie immer lächelnd.

Rhiaenna sah ihn einen langen Moment schweigend an, dann seufzte sie tonlos.
"Wir - unser Zunft - tun das Richtige. Sie,", sie wies mit dem Kinn vage in Richtung der Verwundeten, "kämpfen und sterben für etwas, bei dem ich mir nicht sicher bin, ob es überhaupt noch existiert."

Warm legte der Elf eine Hand auf die Schulter seiner Kollegin.
"Sei so gut, erläutere mir was du damit meinst."
Äußerlich freundlich und ruhig, war er innerlich über alle Maßen aufmerksam. Gab es ihn schon, den Samen der Auflehnung? Wie weit ging das? Gab es noch mehr Personen?

"Die Zukunft unseres Volkes.", gab sie bitter zur Antwort und nahm einen weiteren Schluck.

Jarel Moore (Sarray/Sindra/Cy) — gestern um 19:43 Uhr
"Du weißt, ich bin neu hier.", erklärte Cyron vorsichtig. "Es geht um ein Leben in Freiheit, um Gleichberechtigung, um Leben und Leben lassen, richtig?"
Er hatte einiges mitbekommen. Einiges erklärt bekommen, verstand aber immer noch nicht alles. Darum...lieber noch einmal mit allen Details.

Rhiaenna atmete ein weiteres Mal durch, erhob sich.
"Komm. Ich kann das Blut nicht mehr riechen."
Sie führte ihn fort und zu einer weiteren Besonderheit Est Tayiars: der Grotte. Der magische Knoten lag im Zentrum einer heißen Quelle, die die Grotte speiste und natürliche Becken mit dampfendem, schwach nach Schwefel riechendem Wasser füllten.
"Früher wurde das Wasser in ein Badehaus geführt, heute gibt es nur noch die Grotte."
Die dunkle Elfe schälte sich aus ihren blutigen Kleidern und stieg in das dampfende Wasser, das sich rosa färbte. Da es stetig über den Rand quoll, klärte es sich mit der Zeit wieder.
Rhiaenna wartete, bis Cyron neben ihr Platz genommen hatte, dann nahm sie den Faden wieder auf.
"Freiheit, sagen die einen. Anderen geht es meines Erachtens nach ums Prinzip, wieder andere wollen Rache. Es gibt wenige, die den wahren Grund noch kennen. Ich weiß, ich kämpfe für das Leben, aber an Tagen wie heute, ist mir nach Aufgeben." Sie seufzte, legte den Kopf auf dem von Kalk und Mineralien überwachsenen Rand ab. "Was die Menschen gegen uns aufgebracht hat, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass unser Volk einmal zu oft verraten wurde. Nur leider gibt es auch keinen Ort, an den wir gehen könnten. Dol Blathanna bietet keinen Raum für alle Elfen." (Bearbeitet)

Cyron seufzte leise, als er ins Wasser stieg. Nicht nur die Wärme tat gut, er konnte auch das Rauschen der Energien spüren, das Reißen und Strömen. Wenn er doch nur den Zugang finden könnte...
"Gibt es noch weitere Länder oder Orte, an denen wir Zuflucht finden könnten?"

"Bist du der Meinung, wir sollten überhaupt irgendwo Zuflucht suchen?" Sie klang schläfrig, hatte die Augen halb geschlossen und schielte ihn aus den Augenwinkeln an.

"Ich denke noch nicht. Ich versuche noch alles zu verstehen. Sind alle Länder so zu Elfen wie dieses?"
Ungefragt plantschte Cyron hinter Rhiaenna, legte ihr die Hände auf die Schultern und versuchte ihrer offensichtliche Verspannung durch eine Massage zu lösen.

Sie ließ ihn gewähren, drehte sich etwas in Position und strich sich das schwarze Haar aus dem Nacken und über eine Schulter, welches wie ein dunkler Ölfilm schimmernd auf dem Wasser trieb.
"Die Nördlichen Königreiche sind extrem - uh, ja, da... - Nilfgaard schien eine ganze Zeit lang liberaler, aber sie haben sich nach dem Krieg auch nicht als gute Verbündete erwiesen. Oh, da weitermachen, ja..."

Er war gar nicht so schlecht in dem, was er da tat. Vielleicht hier und da eine Spur zu vorsichtig, aber er wusste, wo er Druck ausüben musste.
"Also sind alle Länder ungefähr gleich schlimm, was den Hass auf Anderlinge angeht. Dann ist der Versuch unsere Lage zu verbessern die richtige Richtung."

Rhiaenna störte es nicht, dass die Massage nicht perfekt war. Sie genoss einfach, was er anbot. Auch da war sie Pragmatikerin.
"Nilfgaard ist anders, heißt es. Aber nach dem Krieg haben sie die Anführer der Korps von Elfen und Zwergen an den Norden ausgeliefert. Treue Gefolgsleute wie Aevnes Bruder Isengrimm. Trotzdem kann man dort als Anderling unbehelligt leben, aber ich für meinen Teil kann hier nicht fort gehen."

"Warum nicht?"
, fragte er und versuchte einen kleinen Kunstgriff.
Er versuchte tatsächlich in den nahen Energiefluss einzugreifen und die gewonnenen Kräfte an seine Kollegin weiter zu geben.
Und da nicht einmal weil er helfen wollte, sondern um den Zugang zur Quelle zu finden.
Aber - sollte es gelingen - würde er Riaenna das sicher nicht auf die Nase binden.
Der Zugang funktionierte. Nicht perfekt, ein wenig holprig, aber die Heilerin spürte die Anstrengungen der letztmalig Tage ein gutes Stück von sich fort rücken und neue Kraft in sich aufsteigenn
"Was bindet dich hier?"

Ein kleines Seufzen begleitet von Entspannung in den Schultern war die Reaktion auf seine Bemühungen. Rhiaenna lächelte sogar ein wenig.
"Mmh, du bist gut... Dich behalte ich.", schnurrte sie fast. Doch dann wurde sie wieder ernst.
"Meine Tochter. Sie lebt und... arbeitet in Nowigrad. Sie ist überzeugt von unserer Sache. Ich könnte sie nie zurück lassen, auch wenn wir selten einer Meinung sind."

Er lächelte warm, sich wenn sie es nicht sah.
Ein wenig führte er die Massage noch fort, bevor er sachte von ihr abließ und sich neben ihr an den Rand lümmelte, die Augen schloss und zu entspannen versuchte.
"Die Möglichkeit Frieden zu schließen ist ausgeschlossen?"
Hakte er vorsichtig nach.
Er durfte das. Er durfte nachfragen und sich dumm stellen, schließlich war er nicht von hier.
Und auch wenn er schon verschiedene Seiten gehört hatte, er musste einfach noch einmal nachfragen.

Sie streckte sich etwas bedauernd neben ihm im Wasser aus und schloss die Augen.
"Ich würde es sofort, aber ich bin nur eine einfache Heilerin. Die Gräben sind tief, Jahrhunderte alt."

"Diese Welt ist in Umbruch. Ich bin erst kurz hier. Das ist nur vielleicht ein Nachteil. Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass sich genau dies als Vorteil erweist. Ich laufe nicht in jahrelang ausgetretenen Pfaden und habe noch kein festes Bild von all dem. ", erklärte er entspannt und unaufgeregt.
"Wenn es noch mehr gibt wie uns, die den Krieg satt sind und sich Frieden wünschen, ich würde es versuchen. Verhandlungen. Reden. Und wenn es schief geht...wäre ich kein großer Verlust."
Er seufzte und ließ sich etwas tiefer ins Wasser gleiten.
Bei Malornes schiefen Geweih.
Das tat so gut.

Rhiaenna drehte den Kopf und musterte das Profil Cyrons. So unbedarft...
"Solche Gedanken solltest du hier im Lager nicht allzu offen äußern.", sagte sie leise. Dann lächelte sie dennoch.
Benutzeravatar
Cyron
Spieler Level 3
Spieler Level 3
Beiträge: 262
Registriert: Montag 22. August 2022, 12:11
Lebenslauf:

Ein paar Tage gingen ins Land. Cyron fügte sich ein. Mehr als das. Wie es seine Art war, hatte er seine Finger überall, verdingte sich als Feldscher, Heiler, Seelsorger, Geschichtenerzähler, hielt für die Verstorbenen eine Messe. Er fand sogar jemanden, von der er sich eine Laute lieh um Abends am Feuer erst einige salbungsvolle Glaubenslieder zum Besten gab, und später – nachdem einiges an Alkohol ausgeschenkt worden war – Lieder, deren Text auf den ersten Blick rätselhaft und auf den zweiten versteckt zotig waren.
Kurz gesagt: Keine vier Tage später kannte jeder im Lager seinen Namen, seine Funktion und wusste womit man sich an ihn wenden konnte.
In den Nächten suchte er – zu seiner eigenen Überraschung – tatsächlich Rhiaennas Nähe.
Er war nicht der beste Liebhaber, eher zu vorsichtig und zögerlich, aber immerhin gab er sich Mühe und bleib, wärmte das Bett und war mit Zärtlichkeiten sehr freigiebig.
Und er war da. Immer.
Benutzeravatar
ERZÄHLER
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 540
Registriert: Samstag 6. November 2021, 15:47
Lebenslauf:

Nach ihrem gemeinsamen Bad hatte Rhiaenna sich zunächst weiter kühl und neutral gegeben, hatte beobachtet und sich ein wenig gewundert, wie schnell Cyron Fuß fasste. Selbst die Kommandanten kannten schon sehr bald seinen Namen und saß er anfangs noch allein bei dem, was er 'Messe' nannte, so gesellten sich bald andere zu ihm. Seelen, die Halt in dem suchten, was er ihnen brachte. Es faszinierte Rhiaenna allmählich und zugleich begann sie Angst um ihn zu haben. Es war nie gut, sich derart ins Rampenlicht zu rücken.
An einem dieser Abende, als die Feuer herunter gebrannt waren und Stille ins Lager einkehrte, schlüpfte sie wie selbstverständlich zu ihm unter die Decke. Er war etwas zögerlich, aber umsichtig und Rhiaenna suchte fortan öfter seine Nähe, genoss was er geben konnte. Immer häufiger flüsterte sie ihm in der Dunkelheit ihre Sorgen zu, eng in eine wärmende Umarmung geschmiegt. Und sie forderte mehr Massagen ein, wies ihn zuweilen etwas forsch zurecht, wenn er mehr streichelte als massierte, aber sie wurde Teil derer, die sich fast unmerklich um ihn scharten.

Es hätte alles recht gut weiter laufen können, doch eines Tages kam Eflynn zu ihnen ins Labor. Rhiaenna hatte gerade mit Cyrons Hilfe an einer neuen Tinktur gearbeitet, als die junge Elfe die Tür öffnete. Sie lächelte, doch das Lächeln erreichte die hellen Augen nicht. Ein Zustand, der Cyron inzwischen bitter vertraut war, denn er trat immer dann ein, wenn die Hexe das Kind von irgendwo mit geistigen Klauen griff und zu Botengängen schickte oder einfach zu sich zitierte. Eflynn klang dann immer etwas verträumt, fast als stünde sie unter einer Droge.
"Meister Cyron, die Herrin wünscht dich zu sprechen.", sprach sie melodisch und doch etwas zu schleppend. Die Hände vor sich gefaltet und in einer leichten Verbeugung verharrend.
Benutzeravatar
Cyron
Spieler Level 3
Spieler Level 3
Beiträge: 262
Registriert: Montag 22. August 2022, 12:11
Lebenslauf:

Er seufzte nur. „Einen Moment.“ Kurz sah er mit einem gequälten Lächeln zu Rhiaenna, näherte sich ihr, drückte ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange und folgte Elfynn.
Wie er es hasste, wenn die Hexe die Kleine derart missbrauchte. Das er selber schon so oft selber eben dies getan hatte – und das leichtfertig und gedankenlos – war ihm in dem Moment – sagen wir – ‚entfallen‘.
Er folgte dem Mädchen, dass ihn so sehr an seine Urenkelin erinnerte, und konzentrierte sich.
Wenn nun das Gespräch folgte, dass er erwartete – und fürchtete – durfte sie ihm nicht in die Karten sehen. Zumindest nicht in die echten. Nur in die, die sie sehen ‚durfte‘.
Lächelnd folgte er dem Mädchen dorthin, wohin sie ihn brachte.
Nur keine Angst zeigen…
Benutzeravatar
Emyja
Spieler Level 1
Spieler Level 1
Beiträge: 51
Registriert: Dienstag 14. Juni 2022, 19:28
Lebenslauf:

Die Nachrichten, die aus dem Westen und den Fluss herauf kamen, waren in höchstem Maße unzufriedenstellend. Man hatte sie vom Seeweg abgeschnitten und die Späher berichteten wenig Gutes vom Pontarufer. Es hieß zwar immer, man solle den Boten nicht für die Botschaft bestrafen, dennoch war eben dieser Bote nur mit knapper Not dem Turm wieder entkommen. Mit ihrer Beherrschung stand es schon lange nicht mehr zum Besten - war sie früher schon keinem Konflikt aus dem Weg gegangen, so traf ihr Jähzorn nun willkürlich jeden, der unglücklicherweise gerade verfügbar war. Teilweise nährten Wesenszüge derer, die sie in sich aufgenommen hatte, diese Eigenschaft von ihr, teilweise waren es wohl auch einfach erste Anzeichen des Wahnsinns, der ihren Verstand zu vergiften begann. Die Gier nach absoluter Kontrolle, die Macht in den Händen, sich diese Kontrolle zu erzwingen und die Verachtung für das kleine, zerbrochene Ding, das so überflüssige Ding wie Mitgefühl, Trauer und Freude zu empfinden imstande war, und das sie tief in ihrer Seele eingesperrt hatte, machten die Hexe zu einem unberechenbaren Wesen. Denn nach außen ließ sie nur noch, was sie als Stärke bewertete und dazu gehörte eben auch die Kraft ihres Zorns. Das schnell lodernde Feuer ihre Temperaments.
Nun, der Bote überlebte ihren Wutanfall, doch das, was seine Gefährten ins Lazarett brachten, war ein tumbes, nur noch die Füße voreinander setzendes Häuflein Nichts mit leerem Blick, stumm wie ein Fisch. Es kam Emyja natürlich zu Ohren, dass der neue Heiler sich an diesem Boten verdient gemacht hatte und damit den zweiten ihrer Untergebenen heilte, dem sie Heilung verwehrte. Manchmal sprach die Stimme der Heilerin auch aus ihr und wollte Verständnis wecken für den Fremden, der doch nur sein Bestes tun und den Lebewesen helfen wollte, die man zu ihm brachte. Dann flüsterte auch Eflynn Worte der Beschwichtigung und wenn jemand Emyja beschwichtigen konnte, dann war es das hellhaarige Elfenkind. Dann wieder gab es Momente, da drohte ihr Zorn über solche Aufsässigkeit sie zu übermannen und wieder war es Eflynn, die an ihren Rockschößen hing und sie anflehte, gnädig zu sein. Noch abzuwarten. Doch auf was? Auf was sollte sie warten?! Sie brauchte Gewissheit! Sie brauchte auch über diesen die Kontrolle, denn etwas sagte ihr, dass er nicht so harmlos war, wie er gerne mit seinem Auftreten und dem forwährenden Lächeln suggerierte. Einem Lächeln, dass sie ihm irgendwann in die Wangen schnitzen würde, wenn er so weiter machte.
Doch ruhig. Sie übertrieb. Sie steigerte sich sicher in etwas hinein.
Also hatte Emyja eines schönen Nachmittags nach Eflynn gegriffen und sie nach dem Heiler Cyron geschickt. Sie würde ihn in ihren Turm lassen, in ihr Refugium und dann würde sie weiter sehen. Mit Hilfe des illusionisten, den sie vor langer Zeit in sich aufgenommen hatte, wirkte das Untergeschoss des Turms größer und auch intakter, als es in Wirklichkeit war. Durch hohe Fenster fiel rötliches Licht - Fenster, die es eigentlich nicht gab und Licht, das nicht vom Wald gedämpft war. Die Mauern verloren sich nach oben hin in einen Himmel aus dreidimensionalen Sternbildern, durchwoben mit Planeten, die ein silbrigblaues Licht herab warfen. Allein die Regale und Möbelstücke waren real, ebenso all die Utensilien darauf, die Bücher und der magische Zirkel am Boden, der bläulich schimmerte.
Cyrons Faden hielt sie bereits in ihren Fingern seit Eflynn ihn getroffen hatte und würde ihn auf diese Art durch den Schild lassen, der den Zugang zum Turm blockierte. Emyja selbst saß wie fast immer in einem Scherenstuhl an ihrem Arbeitstisch, ein Buch aufgeschlagen, einen Kelch mit Wein zwischen den gläserenen und metallenen Apparaturen, die sie für wusste der Himmel was verwendete. Der Geruch von Äther, Ozon und Wasserminze lag in der Luft, aus einer Schale dampfte es weiß. Der Dampf floss über die Tischkante und verlor sich auf dem Boden in einem fadenscheinigen Nebelteppich. Die Hexe war - ungewöhnlich genug - in ein langes, dunkelgrünes Kleid gewandet, das am Hals hoch schloss, sich ebenfalls eng um Brust, Bauch und Taille schmiegte und von dort zu Boden floss. Auch die Ärmel schmiegten sich hauteng an die Arme. Irritierenderweise hatte sie langes, lockiges Haar, flammend rot und offen über ihren Rücken wallend. Letzteres stieß den Betrachter dann wohl mit der Nase darauf, dass nicht nur der Raum teilweise eine Illusion war. Würde Emyja durch den Schild treten, wäre auch ihre Erscheinung von einer Sekunde auf die andere gänzlich so, wie man sie im Lager kannte. Doch hier im Turm lebte sie in ihrer Welt, in einer Vergangenheit, die nur sie kannte und die nur wenige zu Gesicht bekamen. Und noch weniger konnten davon berichten.
Benutzeravatar
Cyron
Spieler Level 3
Spieler Level 3
Beiträge: 262
Registriert: Montag 22. August 2022, 12:11
Lebenslauf:

Cyron erschien, eben dieses Lächeln auf den Lippen, welches Emyja so sehr auf die Palme brachte.
Die Illusion nahm er wahr. Auch erkannte sie als genau solche: Als gepflanztes Hirngespinnst. Und er ließ sich darauf ein, sprang regelrecht in den breiten, klaren Fluss, in die seichte Strömung und ließ sich treiben.
Einzig als er die Erscheinung wahrnahm, die sich die Hexe gegeben hatte brachte ihn das kurz aus der Fassung. Nicht, weil er sie nicht attraktiv fand – das tat er tatsächlich – sondern weil er in ihr mit den langen roten Locken und eben diesem hoch geschlossenen Kleid einen Moment seine älteste Tochter sah. Nairy. Das Kind, dass einer Affäre entsprungen war. Seiner Affäre mit der Frau seines besten Freundes. Lange hatte er sie belogen. Sie, und später auch ihre jüngere Schwester, ebenfalls sein Kind. Sehr lange. Erst als Nairy ihr erstes eigenes Kind bekam hatte sie begriffen, dass der alte Mann mehr gewesen war als der Heiler an der Seite ihrer stets kranken Mutter, der Mann, der ihr mit Heilung und Glauben zur Seite stand. Der Priester, die Hebamme, der Heiler, bester Freund des Mannes, der die Mädchen für seine hielt, der immer so heilig auftrat und immer lächelte, immer für sie da war und für sie sorgte, auch über den schrecklichen Tod der Mutter hinaus.
Ein Blinzeln, ein Schlucken, dann vertrieb er den Gedanken und die Sehnsucht, sperrte sie weg.
Er würde sie nie wiedersehen.
„Mylady. Ihr wolltet mich sprechen?“ Er tat vor sie, mit gehöriger Entfernung, die rechte Hand flach auf die linke Brust gelegt, den linken Arm nach hinten ausgestreckt, den Oberkörper gebeugt, den Blick gesenkt. Er hatte keine Ahnung, ob man das hier überhaupt so machte, aber die Gestik war sicherlich auch hier verständlich.
Er war hier. Sie die Schlange, er der Mungo, der so tat als wäre er ein Kaninchen. Zumindest in seinen eigenen Augen.
Er hatte keine Angst. Was hatte er schon groß zu verlieren? Einen Moment glitten seine Gedanken zu Rhiaenna. Er mochte sie, wärme ihr gern das Bett. Wer weiß, vielleicht wurde ja irgendwann mehr daraus.
Sollte er vielleicht doch Angst haben?
Nein. Er lächele, warm, verbindlich, freundlich, harmlos.
Antworten