Privatwohnung | Nowigrad/Silberstein - Ein Privathaus mit Büro

Lange Zeit war Nowigrad kein Teil von Redanien, lange Zeit konnte die größte (mit ca. 30.000 Einwohnern) und zweifelsohne auch die reichste Stadt den Status einer freien Handelsstadt halten. Nach den letzten Kriegen aber ist sie mehr oder weniger zur inoffiziellen zur Hauptstadt der freien Nordländer, vor allem Redaniens geworden seit Dijkstra als Regent zusammen mit dem Handelsrat von hier aus die Fäden zieht.
Als Heimat des Kults des Ewigen Feuers hat in der Stadt allerdings auch das Wort des Hierarchen Gewicht.
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ERZÄHLER
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Wenzel nahm den Tee entgegen, hielt ihn allerdings nur in den Händen und schenkte Sokolov einen schwer zu deutenden Blick, den er mit einem: "Damit wären wir quit.", unterstrich. Anstalten seine Stiefel auszuziehen machte er allerdings weiterhin keine. Er würde nicht hier auftreten wie ein Pilger oder gar Bettler, so sehr er den Hausherrn damit auch kränken mochte. Immerhin war er hier nicht zu einem Höflichkeitsbesuch, da konnte er die Höflichkeiten auch vorerst sein lassen. Statt also weiter auf das Thema Protokoll, Respekt und Stiefel einzugehen, nahm er die Mappe aus dünnem Leder und legte sie Sokolov in den Schoß. Er hatte gelernt, dass der Freiherr eher ein Mensch war, der gern schnell zum Punkt kam und so hielt sich Wenzel einfach nicht weiter an Nebensächlichkeiten auf.
Er hielt den unangetasteten Tee in den Händen und wartete, dass sein Gegenüber die Mappe öffnete.
Die Zeichnungen darin stammte allesamt vom gleichen Künstler und sie waren einzigartig in Detailgüte und Perfektion. Lediglich Kohle, doch so perfekt, dass Slava im ersten Moment an eine alte Fotografie denken musste, während da nicht die Hintergründe gewesen, die skizzenhaft ausliefen, je weiter sich etwas vom Hauptmotiv entfernte. Er sah Personen, Szenerien, alles Dinge und Momente, die er kannte. Doch das erschreckendste an den Bildern war, dass sie auf faszinierende Weise den ganzen Moment einfingen. Emotionen transportierten. Sie wirkten real. Momentaufnahmen, eben fast wie Schnappschüsse. Sie wären schön, wirklich schön, wenn ihr Inhalt nicht solcher Zündstoff gewesen wäre. Niemand der Augen im Kopf hatte, konnte sie missdeuten. Doch neben Szenen, die Jarel und Slava auf der Straße vor den Kerkern zeigten, gab es auch Portraits von Valjan, Schura und Valentine, Zeichnungen von fremdartigen Rucksäcken und Gegenständen. Dann wieder Jarel, der den Balkon dieses Hauses erklomm. Und ein Bild von diesem Raum. Diesem Bett.
"Bevor Ihr fragt, es sind Kopien. Und sie sind nicht verfälscht. Derjenige, der sie angefertig hat, kann nur darstellen, was er gesehen hat. Fragt mich nicht wieso, ich habe es versucht, aber er zeichnet immerzu identisch. Von diesen Bildern könnte er hundert machen und eines wäre wie das andere. Was nicht heißt, dass es in dieser Stadt nicht jemanden gäbe, der daraus eine hübsche Montage machen könnte. Inklusive der Signatur, die im Orden einem Siegel gleichkommt. Dieses Siegel hat vor dem Gericht des Hierarchen Bestand."
Er ließ Sokolov in aller Ruhe blättern und sprach derweil einfach weiter.
"Freiherr, wie Ihr ahnt, hat mich die Erkenntnis betrübt, dass Ihr schon länger eine Freundschaft mit dem Klingenmeister pflegt und noch mehr, dass gerade er mich für einen solchen Unmenschen hält, dass man es vor mir verheimlichen muss. Dabei bin ich Freundschaften meiner Ritter mit den guten Bürgern und Bürgerinnen der Stadt nicht feindlich gesinnt." Liebschaften, Prostituierte - Kavalliersdelikte, die nur noch die fanatischsten unter ihnen anzuprangern versuchten. Wenzel stellte sich meistens taub und blind, es sei denn, man stieß ihn mit der Nase darauf. Selbst die Sache mit Nagall und Lebenstein hätte er unter den Tisch fallen lassen, wäre die Anklage nicht mitten unter allen Ritterbrüdern und im Angesicht des Ewigen Feuers erhoben worden. Sicher, so einfach, wie er es daher sagte, war es nicht. Unvorbereitet damit konfrontiert, hätte die Welt unter Umständen anders ausgesehen, dessen war sich Wenzel mehr als bewusst. Eine intensive Freundschaft mit einem Mann hatte auch der Komtur erst mit einigen Gläsern Rotwein verdauen müssen, aber letzten Endes überwog seine Erleichterung, dass Jarel nicht mit dem Hierarchen gegen ihn spielte oder für den Regenten an seinem Stuhl sägte, sondern dass es eben "nur" eine pikante Affäre war. Er hatte sich selbst die Frage gestellt, ob er bei einem anderen Ritterbruder ebenso liberal reagiert hätte und er musste vor sich selbst zugeben, dass dem nicht so war. Nun saß er hier und versuchte herauszufinden, ob es das Risiko wert war. Ob es sein Weltbild wert war.
Er stellte den becher mangels Alternativen neben dem Stuhlbein ab. Äußerlich betont entspannt beobachtete er Sokolov, einen Arm aufgestützt, den Zeigefinger leicht auf der Oberlippe liegend.
"Mein Klingenmeister ist eine zu wichtige Figur in einem Spiel, dessen Ausmaße Ihr als Außenstehender nicht im Mindesten begreifen könnt und ich werde nicht zulassen, dass diese Sache ihn und seine Position gefährdet. Ich weiß, dass ich Euch damit auch etwas gegen mich in die Hand gebe, aber ich denke Ihr seid Euch bewusst, dass wir uns im Fall des Falles sehr bald wieder sehen." Eine Drohung? Nein, noch nicht wirklich. Eher ein Handel. Ein Pakt mit dem Teufel, ohne das der Teufel dabei war.
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Vyacheslav Sokolov
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Lebenslauf: Slava

Dann legte von Herrenloh ihm die Mappe hin...
Slava sah sich die Zeichnungen an, zuerst erstaunt ob der Tatsache, dass etwas derartiges hier möglich war. Hätte ihm das jemand in seiner Welt gegeben, er hätte eine hochwertige Computergenerierte Graphik vermutet aber keine Zeichnung.
Das stammte von einem Menschen, nein... Wesen... hm. Eine kleine Meldung flammte in Salvas Bewusstsein auf, Interessant.
Natürlich reichte von Herrenloh auch gleich eine Drohung mit. Man könne das zusammenmontieren. Sicher. Und einen Stempel drauf machen. Vor dem Gericht des Hierarchen... Natürlich war er nicht unverwundbar und wenn das geschah dann würde sich Dijkstra sicher nicht vor ihn stellen. Er machte sich eine geistige Notiz, bei Zeiten Fotos vom Hierarchen und von Herrenloh machen zu lassen. Von wegen Montage.
Die hier mochten Zeichner haben, aber er hatte jetzt wieder Photoshop, und wie er erfahren hatte ließ sich damit ein Krieg vom Zaun brechen, nein, falsch, ein Sondereinsatz. Fuck.
Aber vorerst wollte er keine Drohung zurück geben, er hob nur eine Augenbraue, sparte sich den Atem. Bewahrte äußerlich Ruhe zeigte sich unbeeindruckt.
"Die kann ich behalten? ...Sie sind wunderschön. Das eine oder andere lasse ich mir vielleicht sogar einrahmen."
Das mit Jarel, der an seiner Fassade hochkletterte sah er sich etwas länger an, lächelte.
Das Bett... fuck.
Jahrelanges Training verhinderte, dass er die Fassung verlor, er schluckte nicht einmal.
Das war ihm tatsächlich nicht einmal in seiner Welt passiert, dort hatte er es immer verstanden, seine Spuren soweit zu verwischen, dass ihn niemand privat ausfindig machen konnte. Privat hatte er nicht existiert, oder zumindest keine Verbindung zwischen den verschiedenen Tarnidentitäten und seiner Realen Person.
Hier... er war ihm schon verdammt schnell auf die Schliche gekommen... für eine mittelalterliche Welt.
"Bemerkenswert. Wirklich. Bei uns kennt man eine Technik, die sich Photographie nennt, über eine Linse und einen Verschluss, ähnlich wie das menschliche Auge wird eine Chemikalie belichtet die sich dann verfärbt und das Abbild konserviert, aber hier ist das noch nicht erfunden... Daher, ganz erstaunlich. wo bekommt man so etwas... so einen? Ich hätte das wirklich auch gerne."

Und der Komtur sprach von seiner 'Freundschaft' mit Jarel. Einer besonderen Freundschaft.
Slava wurde kurz heiß und kalt - noch blasser werden war schließlich nicht drin. Es bestand kaum ein Zweifel daran, was er meinte.
Und er ging davon aus, dass der Herzmonitor, den Doktor Kostjunari zwei Stockwerke tiefer überwachte genau das zeigte. Und er hätte es auch genau vorhersagen können was nun geschah... in dem Moment tauchte Schura auf.
"Alles in Ordnung?" auch wieder in dem schnellen russisch.
"Ja. Ja, alles gut."
eine glatte Lüge, sein Herz schlug ihm fast bin zum Hals.
Dann war er wieder mit dem Gast alleine.
Ruhe bewahren.
Klar denken.
Beweise die die Flammenrose vorlegte, die von einem Anderling stammten waren sicher angreifbar.
Deswegen ist er direkt gekommen, ohne Anklage. Er will nur die Muskeln spielen lassen.
Es war also raus. Irgendwie hatte es ja etwas Gutes...
Was ihm aber daran nicht gefiel, er stellte es dar, als wäre es nur ein Kavaliersdelikt dass Jarel jederzeit hätte bereden können. So war es nicht. Jarel mochte in solchen Dingen vielleicht leicht in Panik geraten aber er war Harmoniebedürftig und hätte alles daran gesetzt das zu thematisieren, hätte er nur eine Chance gesehen. Aber von Herrenloh sprach nach wie vor von einer 'besonderen Freundschaft' er konnte nicht einmal das Wort 'schwul' oder 'homosexuell' in den Mund nehmen. Ertappt, mein Guter.
"Ich bedaure selbst, dass es so gelaufen ist."
Gab er schließlich zu. Jetzt aber musste er seine Worte mit bedacht wählen.
"Glaubt mir bitte, dass ich selbst ein wenig überrascht war von der... Entwicklung."
Ein wenig Eingeständnis, nicht unschuldig zu sein... Aber die Beweise lagen auf dem Tisch.
Er musste es so formulieren, dass sich von Herrenloh nicht getadelt fühlte. Standen diese Religiösen Leute nicht allesamt auf Gleichnisse und Analogien? Einen Versuch wäre es wert.
"Auch wenn ihr es nun als Lappalie abtut, das ist es keineswegs, und das ist euch auch klar, sonst würdet ihr es beim Namen nennen. Das ist es im übrigen auch nicht in meiner Welt. Da wo ich herkomme hätte mich diese 'Freundschaft' alles gekostet. Und ich konnte mir nicht vorstellen, dass das hier anders ist ...und Jarel im übrigen auch nicht."
Er brauchte kurz um zu verschnaufen.
"Ich ließ in meiner Welt eine Frau und einen Sohn zurück. Ich hatte dort ein Leben und eine gute Position, ich war Oberst im Auslandsgeheimdienst, Terrorbekämpfung und Spionageabwehr. Im Grund habe ich dort etwas ähnliches gemacht wie ihr hier, nur ohne Religiösen Hintergrund und meine Welt ist zur Gänze frei gewesen von Magie... bis jetzt. Und auch frei von Elfen." Ein Bruchteil eines Grinsens zu der Anspielung.
"Es ist eine weit entwickelte Welt, eine aufgeklärte Welt... Mit Bildern wie diesen haben wir dort täglich gearbeitet und noch mehr, beeindruckendes, dass man sich hier kaum vorstellen kann. Aber hätte ich dort eine 'Männerfreundschaft' unterhalten wie ihr es so schön umschreibt, ich wäre ohne Umschweife hinter Gittern gelandet... oder im Einsatz verschwunden. Man war dort nicht zimperlich. Ich selbst war nicht zimperlich. Und dann riss es mich in diese Welt und nichts war mehr wie es sein sollte. Mich trafen gewisse Erkenntnisse selbst wie ein Schlag ins Genick."
Der Herzinfarkt? Ein Boomerang dazu? Er lernte auch immer noch mehr über sich selbst...
"Mir wäre es deutlich lieber gewesen, ich treffe eine nette Frau und gründe meinetwegen noch einmal eine Familie... Aber da hatte das Schicksal... das Feuer oder was auch immer wohl andere Pläne."
Noch eine Pause. Er blinzelte kurz.
"Aber Jarel zerreißt es schier, nicht mit euch darüber sprechen zu können. Er wollte euch zweifellos nicht hintergehen. Schützen vielleicht... ich maße mir nicht an zu wissen wie eurer Verhältnis ist, von Rittervater zu ehemaligem Knappen. Ich habe allerdings einen Sohn, auch wenn der noch nicht in dem Alter war, in dem Mädchen... oder auch Jungs interessant gewesen wären, trotzdem wäre es an mir gewesen ihm zu signalisieren, rechtzeitig, dass ich ihn so akzeptieren werde wie er ist, das er auch mit so etwas zu mir kommen kann - auch wenn die Gesellschaft in der wir leben 'Männerfreundschaften' ächtet, auch wenn ich einen Beruf hatte, der diese ächtet und verfolgt... Auch wenn er mir mit der Offenlegung einer solchen Beziehung das Genick hätte brechen können... ich hätte ihm klar machen müssen, dass ich zugehört hätte und ihn nicht verstoßen. Ich tat das auch nicht, weil ich nicht daran gedacht hatte. Ich war beruflich permanent unterwegs gewesen. Er hätte sicher angenommen, dass er es verheimlichen müsse und sich verstecken wenn er eine besondere Freundschaft mit einem Jungen einginge. Ich weiß ja selbst nicht, wie man als Elternteil zu solchem Weitblick kommen kann... ich bin bei Leibe nciht das Musterbeispiel eines Vaters, aber ich dürfte ihm dann, wenn ich es herausfinde, weil ich meine beruflichen Quellen einsetze um ihn zu überführen keinen Strick daraus drehen. Ich müsste mich vielmehr zu ihm an den Tisch setzen und mich bei ihm entschuldigen, ihm sagen 'Artjom, es tut mir leid, dass ich nicht für dich da war.' Entschuldigt... wenn das jetzt wieder respektlos war. In meiner Welt geht man die Dinge vielleicht direkter an als hier."
Er brauchte kurz Luft. Der lange Monolog hatte ihn angestrengt und daran wie aufgeregt sein Armband grün blinkte sah er das auch. Vermutlich stand Schura bereits ein Stockwerk tiefer und lauschte.
Er atmete tief durch und sprach nun wieder ruhiger.
"Und dann... ihr könnt es doch sicher nachfühlen. Die Familie de Bruytier hat Gewinne mit dem Handel mit Nilfgard gemacht. Das hätte euch auch zu Fall gebracht."
Wenn... viele Wenn's. Wenn sie überlebt hätte, wenn er geblieben wäre.
"Hättet ihr das nicht verheimlicht? Oder wärt ihr sogar weggelaufen? Ich will so etwas nicht einsetzen müssen um Druck auszuüben, das erscheint mir nicht fair und ich trample nicht gerne auf den Gefühlen anderer herum. Ich bedaure, dass wir nicht von Anfang an ehrlich waren, das bedauere ich aufrichtig, ich hoffe ihr glaubt mir trotzdem, dass ich es nun bin. Es liegt mir auch nichts daran, Jarels Position zu gefährden, auch wenn ich meine Position dafür zweifellos nutzen könnte. Er bedeutet mir dazu zu viel und auch wenn man mir das meist nicht glaubt, ich stehe zu meinem Wort."
Er mußte es nicht laut aussprechen, aber seine Augen taten es.
'Ich liebe ihn und ich werde für ihn kämpfen, bis zum letzten.'
Das es ein Kampf war, das sah man ihm aber auch an, bleich und kurzatmig war er nach dem vielen reden.
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Wenzel von Herrenloh
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Ja, die Bilder waren bemerkenswert und Sokolov ahnte vielleicht nicht, wie oft sein eigener Vorgesetzter in Person des Regenten schon Seitenhiebe gegen von Tretogor und Hemmelfart ausgeteilt hatte, wenn solche Bilder aufs Tablett kamen. Sicher wünschte sich jeder seiner Zunft einen Athanas, aber er gehörte zur Glaubensbruderschaft und auch Wenzel machte nur sehr zögerlich Gebrauch von ihm. Es fühlte sich nach Missbrauch an, denn als Antrieb brauchte man lediglich die Aussicht auf Lob für die schönen Bilder. Athanas' Geist war einfach gestrickt und er saugte Lob geradezu auf, wenn er auch alles andere Zwischenmenschliche scheute. Sei es seiner Begabung oder seines Äußeren wegen. Athanas war ein Kind vom Reißbrett de Aldersbergs und die Bruderschaft sah es als ihre Pflicht an, ihm ein Leben in Frieden zu ermöglichen. Doch wie es manchmal so war, heiligte der Zweck eben die Mittel. Wenzel lächelte entsprechend freudlos und reagierte nur mit einem: "Bedaure."
Der junge Mann kam einen Moment später wieder nach oben, doch Wenzel beobachtete nur das Gerät an der Hand des Freiherrn. Es war für ihn immer wieder schwer, sich vorzustellen, dass andere Welten existierten, in denen es - wie sagte Jarel? Tech-no-lo-gien - also Geräte, Apparate wie diesen, gab und noch viel mehr. Manchmal war er sich wie ein kleiner Junge vorgekommen, der erstaunt Geschichten von Wundern zuhörte, wenn er Jarel dazu gebracht hatte, eine wenig von seiner Heimat zu plaudern. Es klang nach Fantastereien und doch sah er nun dieses Ding vor sich, dass den anderen Mann auf den Plan rief, ohne dass Sokolov etwas sagen oder tun musste. Es - achtete? - auf ihn. Der Mann im Bett schickte seinen Diener wieder fort und Wenzels Blick kehrte zu Sokolovs blassen Zügen zurück.
"Hat man versucht, Euch zu vergiften?", fragte er in die entstandene Pause hinein.
"Nein... das kann ich niemandem anlasten als höchstens mir selbst. Herzinfarkt... Herzanfall... Herzriss?"
Und er setzte ein undefinierbares Grinsen auf. "Das Alter." wohl wissend, dass er deutlich jünger war as sein Gast. Seine Art von Humor. Schwer nachzuvollziehen.
Wenzel versuchte den Begriff zu deuten und kam aus dem Wundern noch nicht heraus. Das war er glaubte verstanden zu haben, war in der Regel tödlich. Ein Aussetzen dieses Organs überlebte man nicht und doch saß Sokolov vor ihm und machte Witze, wenn auch bleich wie der Tod. Wenzel schluckte das schlechte Gewissen hinunter, dass ihn zu überfallen drohte - er war nun einmal hier, hatte seine Karten weitestgehend auf dem Tisch und musste Sokolov nun zum Spielen zwingen. Doch er musste auch zugeben, dass es ihm Respekt abrang, wie der Mann sich zu stellen versuchte. Andere hätten diesen Zustand als Vorwand benutzt, um Zeit zu schinden oder am Besten ganz zu verschwinden. Doch der Freiherr saß hier, bot ihm Tee an und grinste frech.
Doch dann wurde er wieder ernst. Er bedauerte es. Wenzel schwieg, sah sein Gegenüber einfach nur an und hörte, was dieser zu sagen hatte. Und es war viel. Immerhin war dieser Sokolov nicht so aufgekratzt und brauchte außerdem Atempausen, sodass Wenzel, der niemand war, der andere überschrie, Gelegenheiten hatte, den Redeschwall zu durchbrechen. Zwar behielt er sich auch gut im Kopf, was andere an Wortfluten über ihm ausschütteten, aber so war es deutlich leichter. Er wurde ja auch nicht jünger und die Jugend kam ihm oft genug so hektisch vor.
Der Komtur sprach ruhig in die entstandene Pause hinein. "Oh, man kann es tatsächlich auf einen sehr einfachen Nenner herunter brechen. Ein Ritter des Ordens der Flammenrose stellt sein Leben und Wirken in den Dienst des Ewigen Feuers. Um fest im Glauben zu sein, entsagen bereits die Knappen allen weltlichen Lastern und in dieser Hinsicht ist die Lesart sehr eindeutig." Ihre Umsetzung bestenfalls oberflächlich. Niemand konnte ernsthaft glauben, ein Haufen junger Männer, von denen mehr als die Hälfte den Weg zum Orden aus finanziellen Gründen fanden, würde mit dem Eintritt postwendend zu Mönchen. Selbst unter den altgedienten gab es genügend Rumtreiber. "Einem Ordensritter ist jede Art von Verbindung untersagt und Euch stünde eine standesgemäße Heirat auch besser zu Gesicht."
Sokolov unterrichtete ihn sogleich davon, dass er genau das in der Welt, aus der kam gehabt hatte. Frau. Kind. Eine gute Position. Ein Ort, der viel weiter entwickelt war, als dieser hier - genau wie jener, den Jarel seine Heimat nannte. Und ohne dass der Freiherr es vielleicht gewollt hatte, fühlte von Herrenloh sich beleidigt, indem Sokolov die aus seiner Sicht Rückschrittlichkeit dieser seiner Welt hervorhob. Sie mochten keine leuchtenden Armbänder hervorbringen oder fliegende Schiffe, wie die, von denen Jarel manchmal erzählt hatte, aber sie hatten ihre ganz eigenen Errungenschaften. Und zum Teufel sie boten diesen Reisenden an, Teil davon zu sein, und wenn es ihnen nicht gefiel, sollten sie doch dahin zurück gehen, woher sie gekommen waren.
Frei von Elfen. Von Herrenloh ließ einen Mundwinkel leicht zucken. "Dafür andere Terroristen.", spielte er diesen Ball einfach zurück. Denn wozu brauchte es sonst eine Terrorabwehr? Doch er verstummte wieder, ließ Sokolov reden. Von Jarel, von seinem Sohn, der Art wie er hätte mit ihm umgehen müssen. Wenzel verengte die Augen. Für ihn war das ausgemachter Blödsinn - Männer konnten Kameraden sein, Freunde, Schwertbrüder, verschworen bis in den Tod. Aber Partner im Sinne einer Ehe? Liebende? Das überstieg einfach seine Vorstellungskraft oder vielleicht auch seinen Willen. Es war einfach Wider die Natur - wieso sollte eine Gottheit, welchen Namens auch immer so etwas wollen? Es fehlte schlicht die einfachste Logik: solchene Verbindungen konnten keine Nachkommen entspringen. Also war es Unfug. Und da er es als Unfug betrachtete, war es für ihn auch ganz klar, dass man es beenden konnte und dann würde sich schon alles wieder zurecht rütteln. Jarel zurück ins Glied und diesen selbsternannten Freiherrn dahin, wo der Pfeffer wuchs.
Und der wagte es nun seinerseits, ihm Wissen vor die Nase zu halten, dass ihm nicht zustand. Trotz aller Haltung und Ruhe, die Wenzel bisher bewahrt hatte, blitzte vor seinem inneren Auge das Bild von zwei aquamarinblauen Augen auf, die ihn angriffslustig über einen Duelldegen hinweg anfunkelten. Das Lächeln darunter herausfordernd, die Züge umrahmt von goldblondem Haar auf dem die Sonne reflektierte. Hatte sich der Komtur bisher betont neutral gegeben, so verhärtete sich jetzt der Zug um die Lippen und der Ausdruck der Augen. Da war keine Wehmut - da war Ärger. Zorn darüber, dass Sokolov hier eine Parallele zog, die es nicht gab - die es nicht geben durfte und die Wenzel verleugnen würde, bis er selbst ins Feuer ging.
Liebe. Liebe gab es von Vater zu Sohn. Unter Brüdern. Von Mann zu Frau. Wenzel kämpfte hart damit, wie Sokolov dieses Wort - in seinen Begriffen - missbrauchte. Mit einem missmutigen und zugleich ungewohnt heftigen: "Liebe!", stand er schließlich auf, verschränkte die Hände im Rücken und ging zum Fenster. "Schwärmerei. Wahnsinn und Dummheit." Man hörte ihm an, dass er wütend war, selbst wenn Sokolov ihn nicht annähernd so gut kannte wie Jarel. Dabei zählte er genau die Attribute auf, die Liebe ausmachen konnten und denen er selbst dereinst beinahe verfallen war. Doch bei der Flamme, Katharina war eine Frau gewesen. Wenigstens das. Er blickte über die Dächer, auf die friedlich die Sommersonne fiel und rang mit seiner Beherrschung. Auch ihm bedeutete Jarel viel, wenn auch auf vielschichtigere Weise, sonst stünde er nicht persönlich hier und würde eine Lösung suchen, anstatt einfach Tatsachen zu schaffen und beide Männer noch in der Nacht verhaften zu lassen. Sokolov vertraute eindeutig zu sehr auf seine Position, doch in manchen Fällen war es in dieser ach so primitiven Welt nur eine Frage des richtigen Timings. Stand erst die Anklage und waren die Delinquenten in Arrest, konnte der Regent kaum noch etwas ausrichten.
Von Herrenloh wandte sich um.
"Ihr sagt, in Eurer Welt geht man die Dinge direkter an als hier. Das zeigt mir, wie wenig Ihr diese Welt kennt. Eure Position mag Euch bis zu einem gewissen Grad schützen, doch diese Bilder wären Rechtfertigung genug gewesen, Euer Haus zu stürmen und alle die darin leben unter Arrest zu stellen. Statt dessen stehe ich hier und lasse mich von Eurem Knappen und Euch beleidigen, weil ich die jahrelange Arbeit nicht gefährden will, von der Ihr - so hoffe ich - keinen Schimmer habt. Aus diversen Gründen stehe ich vor meinem Klingenmeister, aber vor Euch stehe ich nicht. Im Gegenteil - Ihr seid mir im Weg und ich will, dass das ein Ende hat. Liebe! Unfug! Heräsie! Die Ewige Flamme verpflichtet ihre Anhänger auf Lebenszeit - mein Großmeister verpflichtet uns auf Lebenszeit. Den Kampf könnt Ihr niemals gewinnen. Aus Sicht des Ordens seid nur eine unangenehme Stechmücke und einmal zerquetscht, dreht die Welt sich weiter, denn ich werde diese Sache ungeschehen machen. Das, Freiherr, ist die Macht meiner Position." Die Erwähnung der Familie de Bruytier und die Arroganz mit der Sokolov selbst in seinem derzeitigen Zustand noch auftrat, machte Wenzel wütend und wer keine Demut kannte, dem konnte auch der Komtur nicht mit Wohlwollen begegnen.
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Vyacheslav Sokolov
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Eine standesgemäße Heirat. Ja und vermutlich gab es durchaus Damen der Oberschicht, die die zu gerne mitspielen würden, sogar wenn es nur zum Schein wäre. Er hatte jetzt grundsätzlich auch nichts gegen die Gesellschaft von Damen, aber eines sprach gravierend dagegen. Das, was von Herrenloh sich offenkundig so gar nicht vorstellen konnte.
Der Rest. Verdammt. Der Punkt ging an ihn.
Beziehungsweise war es Jarel, der sich diesen Überritt geleistet hatte. Dazu konnte er nicht viel sagen. Jarel hatte sich entschieden, diese Regel zu ignorieren, nicht er. Jarel war auf ihn zugekommen. Er hätte ja gerne behaupten, das er das nicht gewusst hatte, aber das wäre gelogen gewesen. Er musste sich eingestehen, er war - solange es eben nur eine Affäre war, ein Experiment, einfach egoistisch genug gewesen, es zu ignorieren. Er hatte ja nur ausprobieren wollen, es sollte nie etwas ernstes werden. Und dann war es doch geschehen. Und dann war es zu spät gewesen.
So machte er nur ein etwas resigniertes Gesicht dazu, er konnte nicht widersprechen, wollte nicht einmal. Über diesen Punkt gab es einfach nichts zu streiten.

Dass der Großkomtur sich von der Erwähnung seiner Welt beleidigt fühlte war ihm indes nicht klar. Im Gegenteil, er hatte eigentlich betonen wollen, wie sehr ihn eben verblüffte was diese Welt hervorbrachte und er hatte keineswegs seine als die moralisch überlegene darstellen wollen. Im Gegenteil, denn ihm war durchaus klar, dass sie das nicht war, Technik hin oder her.
"Terroristen, ja. Ich habe nie behauptet, dass meine Welt friedlich war, ist. Im Gegenteil, im Grunde unterscheidet uns wenig, nur die Größe der Waffen mit denen wir und bekriegen und die Höhe des Kollateralschadens, den wir damit anrichten. Der Mensch, so scheint es, bleibt immer gleich.
Und ich auch habe auch nie bestritten, das ich diese Welt nicht kenne, dazu stehe ich offen. Ich lese und recherchiere nach bestem Wissen und Gewissen, aber alles braucht seine Zeit. Der Vorteil, ich habe auf manches einen unverbauten Blick von außen, der Nachteil, ihr werdet ja nicht müde mir diesen unter die Nase zu reiben."

Irgendwie hatte er gehofft, man könnte mit dem Mann vernünftig reden, einen kurzen Moment lang hatte es auch den Anschein gehabt, nun aber... Er stellte sich als noch sturer und engstirniger heraus als Anfangs angenommen. Zu gerne hätte er mit ihm philosophiert, immerhin glaubte er die Ursprünge der Kolonisten auf dieser Welt zu kennen und dabei hätte er sich gefreut verschiedenes mit einem vom Kaliber dieses Mann es erörtern, aber ihrer beider Positionen waren und blieben wohl unverrückbar.
Dabei hätte er ihm gerne erklärt, dass es eine dritte Sphärenkonjunktion geben würde oder bereits gab, das war es worüber er viel lieber hätte sprechen wollen, dass die Krone die Hilfe des Ordens brauchen würde - oder wahlweise umgekehrt - um das in den Griff zu bekommen, das es so furchtbar kleinlich war, dass sich Elfen und Menschen in den Haaren hatten angesichts dessen was im schlimmsten Fall geschehen konnte.
Er hatte das eine oder andere über die bereits vergangenen Ereignisse gelesen und immer wieder war es ihm wie Schuppen von den Augen gefallen. Sie befanden sich nicht in einem Fantasy Film, das war verdammte Science Fiction. Eine Katastrophe kosmischen Ausmaßes und der Rest der Welt stritt sich um ein paar Hektar Land Macht und ein wenig verpfuschte Geschichte.
Und dann entlud sich auch postwendend die Standpauke über ihn.
So langsam hatte er eine klare Karte all der Klippen und Felsen die den Landstrich namens von Herrenloh umgaben, nur dass er an jede einzelne angefahren war und das Schiff schon beinahe Leck.
Von nun an hieß es Schwimmen.
"Ihr seid hier hereingestürmt haut mir diese Bilder um die Ohren. In denke, auch was beleidigendes Verhalten angeht sind wir längst quitt."
Dass es ausgerechnet Demut war, die von Herrenloh erwartete, das hatte Slava vielleicht sogar am Anfang an begriffen. Bei allem aber gab es da eben auch eine rebellische Seit in dem Mann, die, selbst wenn er sich in der Ausbildung so vielen hatte gefallen lassen müssen doch widerstandsfähig gemacht hatte. Dieser Kern, den bisher niemand hatte zerstören oder auch nur ankratzen können, der ihn ausmachte und ihm eben jede Stärke verlieh, dass er trotz allem immer noch lebte, über den sollte er nun stolpern?
Und von Herrenloh hatte sich sichtlich in Rage geredet.
Was war es das ihn so aufbrachte?
Eine erhebliche Diskrepanz wie sie wohl ihrer beider Positionen wahrnahmen - und zwar hatte Slava sie auf Augenhöhe gesehen. Auch wenn er ein Reisender war, er kannte seine Gehaltsklasse und von Herrenloh stufte ihn eindeutig darunter ein. Das würde sich so schnell nicht lösen lassen.
Es hatte also vermutlich wenig Aussicht, auf dieser Ebene sachlich und argumentativ weiterzukommen.
Eine Weile schwieg Slava, begann sich neu zu sortiern.
Umdenken.
Sein Vorwurf war klar. Und sein Besuch bestand vor allem aus Vorwurf. Auch wenn er die Bilder so ruhig präsentiert hatte, es war ein Gesetzt des Ordens gebrochen wurde... Das stand unumstößlich fest.
Er war nur bereit eine bedeutungslose Affäre zu akzeptieren... Liebe dagegen nicht.
Slava biss kurz die Zähne zusammen. War es das nun? Musste er sich tatsächlich beugen? Um Jarels willen?
Er war vielleicht in seiner Dreistigkeit immer ein kleines bisschen zu weit gegangen, hatte damit das Wohlwollen verspielt, das sie gebraucht hätten.
Aber Jarel hatte bewusst Gesetze übertreten.
Was würde geschehen... selbst wenn er die Verlobung löste...
Er konnte es fast vor sich sehen und dazu musste er nicht einmal diese besondere Gabe der Zone haben. Menschenkenntnis reicht auch aus.
Einer wie Jarel würde das nicht akzeptieren, nicht um ihn zu schützen, er müsste ihm schon glaubhaft machen dass es für ihn aus sein, aber das konnte, andernfalls würde der immer der Liebe folgen, nicht dem Gesetz. Er war stur und auch manchmal etwas Gefühlsduselig und wenig pragmatisch.
Er selbst wäre vielleicht sogar kompromissbereiter gewesen, war es früher. Er hatte alles seinem Beruf untergeordnet auch wenn es ihn viel gekostet hatte. Aber nicht Jarel. Der würde eher fliehen als sich beugen. Jakob zurücklassen oder ihn mitziehen? Der Schaden wäre enorm...
Und auch er hatte sich verändert, nein, nachgeben wollte er nicht.
Die Situation war verfahren.
Nicht zuletzt seinetwegen.
Notfalls mit dem Kopf durch die Wand gehen.

Er musterte den Großkomtur eine Weile. Genau das war vermutlich auch ihm klar, deswegen war er hier. Aber wenn er ernsthaft nach einer Lösung suchte, dann ging auch er vor wie ein Dampfhammer. Sehr viel undiplomatischer als mit diesen Zeichnungen hereinzuplatzen war auch von seiner Seite kaum möglich gewesen. Er war vermutlich selbst verzweifelt und wollte sich auch das nicht anmerken lassen.

Er nahm sich Zeit einen Gang runter zu schalten. Er hatte noch einiges an Munition bereit gehabt, er war nicht wehrlos.
Eine Andeutung und Schura hätte den Gast von unten ins Visier genommen und in dieser Welt traute er es sich durchaus zu, eine Leiche verschwinden zu lassen. Vermutlich wußte niemand, dass er hier war... Gut, vielleicht war sein Fotoapparat in der Nähe, trotzde, legte er es drauf an...
Zudem konnte er ebenfalls solche Bilder erzeugen, könnte von Herrenloh ebenso damit erpressen wie den Hierarchen selbst.
Gut, man müsste sie auf Papier bringen, am Tablet konnte man solche Montagen machen aber an einen Drucker hatte natürlich keiner gedacht.
Man könnte es abzeichnen lassen... es gäbe sicher Möglichkeiten.
Es hätte auch genügt, die Briefe offen zu legen oder sie Hemmelfart zuzuspielen, der würde kurzen Prozess mit dem Großkomtur machen.
Warum lenkte dieser sture Esel nicht einmal ein als er ihm gezeigt hatte dass er ihn ebenso in der Hand hatte?

All das ging ihm durch den Kopf, aber weitere Drohungen halfen ihm jetzt nicht weiter.
"Ich wollte euch hier nicht brüskieren, ich entschuldige mich erneut. Ich rechne es euch hoch an, dass ihr hergekommen seid. Allerdings habt ihr mich auch mit den Bildern derart überfallen und versucht nun mich damit zu erpressen, oder wenigstens Druck aufzubauen... welche Reaktion von mir habt ihr denn da erwartet? Dass ich demütig das Knie beuge, euch mit allem Recht gebe? So gut könnt ihr mich einschätzen, dass ihr das nicht ernsthaft habt erwarten können."
Noch eine kurze Pause, er hatte bereits begonnene ein andere Tonalität anzuschlagen, nicht mehr aggressiv.
"Ich würde gerne eines wissen... wenn ihr noch eine Chance hätte, zurückgehen an einen Zeitpunkt unmittelbar vor der Schlacht, mit eurem heutigen Wissen und Katharina de Bruytier retten könntet... Was würdet ihr tun? Danach... Würdet ihr zum Orden zurückkehren oder durchbrennen mit ihr, in dem Wissen, dass sie auch hätte verloren sein können? Ich will es nicht einmal hören, aber vor dem Hintergrund würde ich gerne von euch wissen:
Wie soll das eurer Meinung nach enden?
Denn... wenn ich eine vorsichtige Hypothese wage... einer wie Jarel Moore würde vermutlich eher weglaufen als sich zu fügen, oder er würde etwas sehr dummes tun, wenn ihr ihn genau vor diese Wahl stellt, vor die ihr ihn stellen wollt. Nicht ich bin es, der euch hier das Messer auf die Brust setzt, und mich zu beseitigen wird das Problem nicht lösen... Aber das wisst ihr sicher, deshalb seid ihr ja hier. Also vergesse ich einmal alle Drohungen, die ihr ausgesprochen habt und fange von vorne an. Wenn euch eine Lösung einfällt mit der alle drei leben können und die nicht wenigstens einen vollständig ins Unglück stürzt."

Und kurz kamen ihm die Worte der Strugazki Brüder in den Sinn, aus einem Roman, der auch als Prophezeiung der Zone hätte dienen können. 'Glück für alle, umsonst, niemand soll erniedrigt von hier fortgehen.' Und oftmals wurde über die Bedeutung diskutiert die sich je nach Kommasetzung grundlegend änderte und zwar zu: 'Niemand soll umsonst erniedrigt werden.'
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Wenzel von Herrenloh
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Ähnlich wie Sokolov rang auch von Herrenloh mit Gewalt um Fassung. Er würde nicht von 'einem Gang runter' sprechen, denn von Getrieben hatte er keinen Begriff. Er zügelte sich höchstens und das nun mit Macht, denn er bemerkte wohl, dass ihm die Kontrolle entglitt. Nicht der Situation, aber über sich selbst. Er hatte tatsächlich anfänglich das Gespräch suchen wollen, wusste aber aus leidiger Erfahrung, dass bei den Leuten des Regenten Überheblichkeit und Respektlosigkeit zu den Einstellungskriterien gehörte. Nun trat er innerlich einen Schritt zurück und versuchte die Situation von außen zu betrachten. Zwei Positionen, die unverrückbar schienen; zwei Männer, die es gewohnt waren, zu bekommen, was sie wollten.
Plötzlich sah er Jarel wie einen Zankapfel zwischen ihnen hängen. Doch nein, es war mehr als das.
Dieser Mann dort im Bett hatte die Frechheit, sich nicht vor der Autorität und der allgegenwärtigen Drohung, die Wenzel in seiner Person und der Orden als Institution darstellten, zu fürchten. Er konnte es nicht, weil er - wie er unumwunden immer wieder zugab - diese Welt kaum kannte. Damit hatte er sich unter anderem provozieren lassen, weil es sich nach eben dieser Überheblichkeit anfühlte. Welche Reaktion hatte er also erwartet? Die, die immer irgendwann kam natürlich. Die Angst vor dem Gericht des Hierarchen, vor dem Feuer und der Verdammnis.
Wenzel hielt dem taxierenden Blick aus Sokolovs Augen stand, selbst als er wieder von Katharina anfing und vom was-wäre-wenn. Er hätte Sokolov am liebsten dafür schlagen mögen, dass er ihn immer wieder auf diesen gedanklichen Pfad zwang, welcher ihm selbst schon oft genug quälte, seit er sich mit diesem Problem auseinander setzen musste. Sich an Brenna erinnerte, an das Feldlager und tausend seltsam glückliche Zufälle. Niemand kannte diesen Fetzen seiner Vergangenheit, nicht einmal Jarel und nun holte dieser Emporkömmling sie hervor. Er ahnte schon, dass jemand die Briefe abgefangen hatte oder es einfach zu viele Ohren in einem Heerlager wie diesem gegeben hatte.
Und zu guter Letzt Jarel. Sein Klingenmeister davon laufen? Der Ritter war die Pflicht in Person! Das Mensch gewordene Regelwerk ihrer Zunft. Hatte er zumindest bis vor einigen Tagen gedacht - wie viel davon war Realität?
Der Großkomtur brauchte einen Moment, diesen neuen Gedanken zu verdauen und wandte sich noch einmal dem Blick aus dem Fenster zu. Die Sonne spiegelte auf den Dachziegeln, warf einen Reflex herüber, der wieder verging.
Mit dem Ausstoß des Atems durch die herrschaftliche Nase drehte von Herrenloh sich wieder zu Sokolov um, verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich gegen die schmale Fensterbank.
"Was bringt Euch zu der Annahme, dass ich an einer Lösung für uns alle drei interessiert bin? Ich habe diese Zusammenarbeit legitimiert, als eine Art Erstversuch, aber ich kann und werde keinen Präze..."
Ein Geräusch drang durch die niemals ganz dicht schließenden Fenster. Ein Geräusch, das man nicht so schnell vergaß, wenn man im Krieg gewesen war und es tausendfach gehört hatte. Im gleichen Moment brüllte Sokolov und Wenzel ließ sich eher der Kombination aus eben dem Geräusch, der Dringlichkeit des Rufs und der plötzlich berstenden Scheibe wegen zu Boden fallen. Dennoch traf ihn etwas mit der Wucht eines Hammers und Schmerz explodierte in seiner Schulter. Er schlug auf dem Boden auf, Scherben regneten auf ihn nieder und ein weiteres Geschoss durchschlug die Scheibe.
Dann war dieser Alexander da, im Arm etwas, was auch Wenzel als Waffe erkannte, obwohl es fremdartiger nicht aussehen konnte.
"Links, beim vorderen Schornstein.", presste er zwischen den Zähnen hervor, sich an den Reflex erinnernd. Verdammte Streiterei! Wieso war er auch so unaufmerksam gewesen? Wenzel hielt sich mit der Hand die Halsbeuge der Seite, auf der er deutlich einen Fremdkörper in seiner Schulter stecken spürte. Ebenso fühlte er das Blut seinen Rücken hinunter laufen, doch lange Zeit für Selbstuntersuchung hatte er nicht, da gab die Waffe des Mannes am Fenster ein dumpfes Geräusch von sich und es begann verbrannt zu riechen.
Der Komtur zuckte zurück und begann sogleich aufgrund der schmerzhaften Bewegung zu fluchen, wie es eher einem Seemann als einem Mann des Ewigen Feuers geziemte.
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Vyacheslav Sokolov
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Lebenslauf: Slava

Sie waren beide nicht die geborenen Diplomaten. Der Großkomtur setzt vor allem auf Einschüchterung und das schien auch so weitestgehend sein Hauptinstrument zu sein. Und er fürchtete nicht den Tod als schlimmste Konsequenz und war regelrecht dazu konditioniert sich eben nicht einschüchtern zu lassen. Das konnte nur schief gehen.
Das zumindest hatte er begriffen, noch einmal von vorne beginnen.
Was ihn zu der Annahme brachte, er such nach einem Konsens? Die Frage wäre leicht zu beantworten gewesen...
Aber da war etwas und noch ehe er so recht reagieren konnte, oder war es ihm noch gelungen '"Runter!" zu brüllen? Ja, war es... aber trotzdem schlug der Armbrustbolzen in der Schulter seines Gastes ein.
Stimmt, es waren zwei Schuss gewesen, das wurde ihm klar als er das Geschehen nun rekapitulierte.
Und dann war auch schon Schura da. Der Komtur gab Anweisung, und Schura kniete schon am Boden, berechnete vermutlich die Flugbahn aus Einschlagwinkel und der fehlenden Butzenscheibe. und er schoss schnell, zweimal, die AK war auf Einzelfeuer gestellt und hatte zum Glück einen Schalldämpfer.
Und dann war der Spuk schon vorbei.
Die Frage "Seid ihr verletzt?" erübrigte sich im Grunde. Aber ein wenig erinnerte Slava sich doch an ein kleines bisschen Höflichkeit, und das obwohl der Kirchenmann echt alle Register zog beim Fluchen. Vielleicht war nicht alles verloren. Irgendwie mochte er ihn, vielleicht beeindruckt ihn dieser Mensch sogar auf eine gewisse Weise, nur eben anders als dieser es wollte - war es eben schwer, Slava einzuschüchtern. Ochotnik, der in der Zone fast alles gesehen hatte.
Hätte er das von Herrenlos erklären können, vielleicht hätte er es begriffen.
"Glaub ich hab ihn... sauberer Kopfschuss."
Schura grinste.
"Bist du ok, Chef?"
"Du Vollidiot, Schura, ich wollte den Kerl befragen!" fauchte der ihn statt eines Lobes an.
"Na, das wird jetzt schwer."
Kam die recht unbeeindruckte Antwort.
Und schnell wurde klar, dass der etwas robustere Umgang einfach Usus war wenn nicht in deren Welt, zu auf jeden Fall zwischen diesen Männern.

"Wie schlimm ist es, Großkomtur?" Wollte Slava dann doch wissen, deutlich höflicher im Tonfall als eben noch.
"Und du, Schura, hol Doktor Kostjunari und geh dann mit Valentine die Umgebung absuchen. Findet den Schützen, stellt alles sicher was er bei sich hatte."
"Verstanden. Aber dann passt du selbst auf dich auf, Chef."
Und er warf ihm den PDA zu auf dem sein Puls gerade gefährlich die 140er Marke knackte.
Er atmete gleich tief durch, mehrmals, das half ein wenig.
Dann war auch der Arzt schon oben bei ihnen und Schura erklärte ihm immer noch in sehr einfachen Worten und mit reichlich Grammatikschnitzern was geschehen war, doch ein paar deutliche Fortschritte waren bereits zu erkennen in der kurzen Zeit.
Der Arzt hatte, anders als alle anderen anwesenden, offenbar ein wenig mehr Ahnung von Etikette. Er deutet eine Verbeugung an als er neben von Herrenloh stand.
"...ehrwürdiger Herr Großkomtur, wenn ihr erlaubt sehe ich mir das an."
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Wenzel von Herrenloh
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Wenzel winkte den Arzt mit einer ungeduldigen Geste heran.
"Ich wäre dafür, dass Ihr es Euch nicht anseht, sondern dieses Ding entfernt. Ich atme, so schlimm kann es also nicht sein."
"Ich entferne es so schnell es geht, aber ich muß mich vergewissern, dass der Bolzen beim herausziehen keinen zusätzlichen Schaden verursacht. Derzeit verschließt er vielleicht noch Blutgefäß, euer Ehrwürden. Wollt ihr mir nach unten folgen oder soll ich meine Instrumente hierher holen?"

Möglicherweise konnte sich Slava gleichzeitig ein Grinsen nicht ganz verkneifen, als er hörte wie besonders freundlich und ehrfürchtig sich der Art gab.
"Er steckt nicht tief, also los..." Er wollte sich erheben, aber der Schmerz, der mit der Körperspannung einher ging, belehrte ihn eines besseren. Ungehalten murrte er: "Seid so gut und holt sie her."
Zumal er hier noch nicht fertig war.
"Natürlich." Der Arzt nickte und machte sich mit einer kleinen Verbeugung wieder auf den weg nach unten um seine Ausrüstung zu holen.
"Galt der nun mir oder Euch?", fragte er an Sokolov gewandt, doch sein Blick wanderte immer wieder ab zu jener Waffe in der Hand des anderen Mannes. Sie war mit nichts vergleichbar, was Wenzel kannte - und der hatte auf den Schlachtfeldern des Kontinents wahrlich einige Fernwaffen und deren Projektile zu Gesicht bekommen. Jemanden auf diese Distanz mit einer Armbrust zu treffen erforderte Geschick, ein gutes Auge und einen verdammten Haufen Glück. Dieses Ding dagegen - es war sofort einsatzfähig gewesen, wirkte vergleichsweise leicht und kam augenscheinlich ohne Sehne oder andere Mechanik aus. Wenzel war trotz allem Schrecken sofort fasziniert. Unter Umständen würde das gedämpft, sollte er die Leiche zu Gesicht bekommen, aber gerade siegte der Truppführer.

Schura hatte die AK und auch den PDA nun an Slava übergeben und war zusammen mit Valentine unterwegs, den Toten zu bergen. Slava musterte von Herrenloh nun einen Moment, überlegt ernsthaft. Dann meinte er sehr entschieden: "Vermutlich mir. Euer Besuch dürfte eher spontan gewesen sein, um einen solchen Anschlag vorzubereiten braucht es zumindest einen oder zwei Tage. Er selbst wird wohl nicht mehr sprechen."
Wenzel nickte - sah er beides auch so - und verfiel in Schweigen. Tödlich auf diese Distanz. Schnell, unauffällig... Man konnte die Rädchen hinter seiner hohen Stirn förmlich arbeiten sehen. Nach einer Weile seufzte er - oder wollte es, aber der tiefere Atemzug erinnerte ihn sofort wieder an den Fremdkörper und der wiederum an Brenna. Wenn er damals so etwas gehabt hätte... Aber was, wenn der Gegner auch so etwas hatte? War man dann nicht wieder am selben Punkt? Ein Vorteil blieb nur ein Vorteil, wenn die anderen ihn nicht besaßen und ohnehin war es müßig, weiter darüber nachzudenken. Er konnte das Rad der Zeit nicht zurück drehen. Das goldene Auge war und blieb das Ende eines Anfangs. Vielleicht auch der Anfang einer Strafe. Er blinzelte, weil sein Blick sich am Teppich festhielt, zwang sich, Sokolov wieder zu fokussieren. Eine Verwundung dieser Art ließ auch den Körper eines Veteranen reagieren, zumal er nicht vollgepumpt mit Adrenalin dem nächsten Gegner gegenüber stand.
"Ich wünschte fast, die Flamme hätte Euch den Weg zum Orden geleuchtet.", sagte er überraschend, blinzelte erneut, wobei er die Augen einen Moment länger zusammenkniff. Dann wäre die Angelegenheit eine Ordensinterna und wenn es eine wirklich verschworene und geheimniskrämerische Gemeinschaft in diesem Teil der Welt gab, dann waren es die Ritter der Flammenrose. "Ich mache Euch an Angebot. Ich denke noch einmal über die Sache nach und dafür dürfen sich meine Leute diese... Armbrust genauer ansehen." Womit auch klar war, dass er nicht vorrangig an Sokolov als Person und vielleicht brillantem Kopf - wie Jarel schwor - interessiert war. Etwas umständlich setzte er sich schließlich auf, fluchte dabei erneut unflätig und zog die Beine in einen offenen Schneidersitz.
So hatte er sich diesen Besuch nicht vorgestellt - weder den Anfang, noch den Mittelteil und schon gar nicht das Ende.
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Vyacheslav Sokolov
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Lebenslauf: Slava

Eine Art Friedensangebot?
Hätte ihn die Flamme direkt zum Orden geführt. Sicher wäre vieles anders gelaufen. Besser? Das war fraglich. Interessant wäre es gewesen.
"Ein wenig bedaure ich das auch."
Und er meinte es sogar ernst. Allerdings wusste er sehr gut, dass er im Orden nur Ärger gestiftet hätte. Er war keiner, der Grenzen akzeptierte, welche Diagnose ihm die Psychologen der Armee gestellt hatten wusste er im übrigen auch und dass hatte er auch nur lesen können weil eben das wohl auch stimmte.
Andererseits... Sollte er doch bei Dijkstra in Ungnade fallen... vielleicht gab es nun einen Plan B.
Dann das Angebot. So formuliert klang es gut. nicht wie Cyrons einzige zwei Alternativen wie ein Ultimatum.
Er nickte.
"Ich werde das Angebot annehmen, ich werde euch eine dieser Waffen zur Verfügung stellen, allerdings nicht diese, die ist ist moderner aber auch fehleranfälliger. Ich habe noch meine eigene... Allerdings, und bitte versteht das nicht als Respektlosigkeit, ich muss auf einer Sicherheitsunterweisung bestehen und einer von uns wird vor Ort bleiben, also Lebedew oder ich. Vorzugsweise ich selbst, ich kann eine solche Waffe mit verbundenen Augen zerlegen und wieder zusammensetzen, ich kann euch die Einzelteile und ihre Funktionsweise erklären. Jeder in meiner Welt, der täglich mit so einem Sturmgewehr arbeitet wird daran ausgebildet. Zumindest jene, die keine Verbrecher sind. Unsachgemäßer Gebrauch kann dem von euch, das damit hantiert das Leben kosten." Er hatte den Namen des Gerätes, in dem Fall allerdings den russischen Ausdruck einfach eingebaut, es sollte nicht wie eine Belehrung klingen, aber dann wusste von Herrrenloh wovon die Rede war und er musste es nicht als Armbrust bezeichnen.
Und beide hatten wohl den gleichen Gedanken. Dieser Tag lief absolut nicht so wie er sich das vorgestellt hatte. Gut, In Slavas Fall die letzten paar Tage.
Dann war der Arzt wieder da.
Er hatte seinen Koffer und holte daraus verschiedenes. Eine Flasche, offenkundig Desinfektionsmittel, eine Zange, dem was man verwendete um ein Projektil in eine Wundkanal zu suchen gar nicht unähnlich, dann abgekochte Tücher, Tupfer, salbe, ein Nähset.
Alles sah ein wenig moderner aus als man es hier kannte, aber eindeutig in dieser Welt gefertigt.
"Seid ihr soweit?"
Während der Arzt auspackte hatte Slava seinen PDA beobachtet. Der Puls war wieder normal. Dann aber fiel ihn ein kleiner blinkender roter Punkt an dem Gerät auf. Einen kurzen Moment stieg sein Puls wieder.
'Verdammt, Schura, du Hund!' schoss ihm durch den Kopf. Jetzt wußte er auch, warum der immer so schnell vor Ort gewesen war.

Der Komtur wirkte kurz überrascht. "Ich war eher davon ausgegangen, dass ich jemanden schicke, als das jemand damit zu uns kommt." So eine Waffe gab niemand aus der Hand. Den Rest nickte er einfach ab, dann winkte er den Feldscher heran, damit der ihn endlich von dem Bolzen befreite.

Slava zuckte nur mit den Schultern.
"Es kann auch gerne jemand herkommen. Nur zum Ausprobieren würde ich etwas mit mehr Platz bevorzugen."
Der Arzt machte in der Zwischenzeit ein in einer Art und Weise geduldiges Gesicht, das eindeutig signalisierte, 'der Bolzen könnte schon längst raus sein, wen die Herren endlich ruhig wären und mich arbeiten ließen'.
Also schwieg Slava. grinste wieder. Auch Ärzte waren irgendwie überall gleich.
Dieser desinfizierte alles, auch seine Hände und Slava fühlte sich an seine Welt erinnert. Nur die Latexhandschuhe und der Kittel fehlten.
Irgendwann zog er dann doch den Bolzen heraus.
Slava ließ ihn sich geben. es gab sicher auch hier Spezialisten für Waffen und Geschosse, dem würde er das ding zeigen. Mit Armbrustbolzen kannte er sich kaum aus, abgesehen davon wie herum man die benutzte. Aber gab es Spuren, die auf die Waffe schließen ließen?
Und dann war der Arzt irgendwann fertig, vernähte und reinigte noch einmal und legte einen Verband an.
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Wenzel von Herrenloh
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Platz, ja, damit konnte er dienen. Er nickte und ließ sich vom Arzt aus Wams und Hemd helfen, wobei sich Arm und Muskulatur rund um den Bolzen sperrten. Wenzel mahlte mit den Zähnen, ließ die folgende Prozedur aber sonst schweigend über sich ergehen. Er musste nachdenken.
Wie er kurz vor dem Schuss schon hatte andeuten wollen, konnte er keinen Präzedenzfall schaffen. Es war einfach unmöglich, dass ein Ritter - egal welcher - eine für alle offenkundige Beziehung führte. Nach dazu so eine. Wenzel hatte fast den Eindruck, sein Gehirn weigerte sich, diesen Aspekt mit ins Bild zu nehmen. Er hatte selbst genug Verhandlungen beigewohnt, die jenes Vergehen zum Inhalt hatten und immer hatte er es als sinnvoll erachtet. Hatte später seine Unterschrift unter Urteile gesetzt, die Bürger, manchmal Knaben oder Mädchen, auf den Scheiterhaufen brachten. Er konnte das nicht einfach für falsch erklären, weil das falsche daran aus seiner Sicht auf der Seite der Verurteilten lag.
Der Arzt legte einen Verband an und Wenzel streifte sein Hemd über. Das Wams betrachtete er, steckte sogar einen Finger durch das Loch. Zu schade aber auch um das gute Leder, aber vielleicht konnte man es reparieren. Er zog auch das wieder an, ließ es aber offen. Für jemanden, auf den man gerade geschossen hatte, wirkte er bei all dem erstaunlich gefasst und aufgeräumt. Tatsächlich war die Diskussionspause sogar gut, damit er sich dem Problem von neuem und vielleicht einem anderen Winkel nähern konnte.
Doch vorerst beschloss er, bei der Sache mit dieser Waffe zu bleiben, mit der Sokolov sich diesen anderen Blickwinkel gerade erkauft hatte. Ein Stück weit Ablasshandel, aber auch Wenzel war bei aller Linientreue auch Pragmatiker. Er saß nun wieder auf dem Stuhl, wo all das seinen Anfang genommen hatte und betrachtete die kaputte Scheibe. Butzenglas war nicht gut geeignet, um hindurch zu zielen, aber trotzdem hatte Lebedew getroffen. Ihn selbst hatte der Angreifer wohl nur als Schemen erkannt und für Sokolov gehalten. Wie also funktionierte das? Die hellen Augen richteten sich auf das - wie hatte er es genannt? - Sturmgehwähr und folgten dem Lauf. Er musste aufpassen, dass diese Technik nicht unter Hexenwerk fiel und das ging bei vielen seiner Brüder schneller, als man mit den Fingern schnippen konnte. Da nahm er sich nicht mal aus. Wenzel hatte nur den Vorteil, dass Jarel seinen Horizont schon um einige Meilen erweitert hatte. Was ihn gedanklich wieder zu jenem schwarzen Fleck auf eben dieser Landkarte führte, den er jetzt aber einfach nicht näher ausleuchten wollte.
Statt dessen wies er auf das Gehwähr. Was auch immer das Ding mit Wind zu tun hatte.
"Das Beste wäre beides. Wenn Ihr mich für engstirnig haltet, wird Waffenmeister Wiskieak Euch einen neuen Maßstab setzen lassen. Bringt ihm bei, dass es kein Zauberstab ist und dann machen wir in der Komturei auf unserer Schießanlage weiter."
Wenzel rieb sich mit der unverletzten Linken den Bart. Wiskieak stand dem Hierarchen zu nahe, als dass er hier leichtfertig sein durfte.
"Schickt mir eine Note, wann und wo wir uns einfinden sollen." Womit auch klar war, dass Wenzel höchstselbst weiter mit von der Partie war. Er lächelte schmal, als ihm aufging, dass Sokolov dann auch zwangsläufig Athanas kennenlernen würde, denn er brauchte den Zeichner.
Zuletzt geändert von Wenzel von Herrenloh am Freitag 20. Januar 2023, 06:05, insgesamt 1-mal geändert.
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Vyacheslav Sokolov
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Der Kerl war wirklich auch hart im Nehmen, etwas, was wiederum Slava durchaus imponierte. Dass er ein Kriegsveteran war wusste er dabei durchaus. Trotzdem steckte er die Verwundung und auch alles was er nun gesehen hatte wirklich mit Fassung weg. Viele aus dieser Welt hätten das wohl anders gesehen.
Dass er nur etwas gegen einen Präzedenzfall hatte bei dem sie ihre Beziehung öffentlich machten ahnte er nicht... dabei ging es ihm nur darum, dass Jarel keinen Ärger bekam nachträglich und sie es nicht beenden mussten. Dass sie sie im Geheimen führen mußte, damit rechnete er, nur der Kreis der Mitwisser musste offenbar etwas größer gesteckt werden als ursprünglich veranschlagt.
Und er sah wie von Herrenloh die Waffe musterte und das Fenster. Er glaubte begriffen zu haben.
"Das unförmige Ding oben ist eine Zieloptik."
Er richtete sich etwas auf. Es war ihm als ging es schon viel leichter. Dass es vermutlich das Adrenalin war erwog er schon. Er beugte sich etwas vor, griff das Gewehr, vergewisserte sich, dass es gesichert war und hielt es von Herrenloh hin.
"Das erleichtert das Zielen. Ließe sich auch auf eine Armbrust montieren und kann auf jedenfalls auch hier hergestellt werden."
Zu 'engstirnig' grinste er noch.
"Ein wenig schon um ehrlich zu sein... und ich nehme an, ihr haltet mich für Arrogant. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen." Noch lächelte er, aber als dann der Name fiel wurde er schlagartig ernst.
"Wiskieak... Aus der Familie des Handelsrates... Vertrauen sie ihm bedingungslos?"
Was er vermeiden wollte war, dass die Waffe ihren weg nach Nilfgard fand.
Die Frage an sich klang Anfang vielleicht unverfänglich, aber allein dass er sie stellte bedeutete einiges. Er würde die Frage nicht stellen, wenn er nicht etwas wusste. Aber das wiederum war Teil seines stimmen Angebotes. Er wünschte eine Zusammenarbeit und er wäre auch bereit Informationen zu Teilen. Ihm ging es um das Wohl der Stadt, nicht um Animositäten, und er war bereit nun seinerseits einen Vorschuss zu geben.
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Wenzel von Herrenloh
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Wenzel nahm die Waffe vorsichtig entgegen. Der verletzte Arm wollte nicht so mitspielen, wie er sich das vorstellte, trotzdem wog er das Ungetüm in den Händen und hob es dann, wie er es bei Lebedew gesehen hatte. Manchmal war es schon verrückt, was man trotz des spontanen Chaos alles wahrnahm... ähnlich wie eine Armbrust legte er den hinteren Teil an die Schulter und wie bei einer Armbrsut auch gab es einen Abzug, von dem er die Finger ließ. Er brauchte einen Moment, bis er darauf kam, ein Auge zu schließen und durch die Zieloptik - noch so ein Wort - zu spähen. Überrascht öffnete er beide Augen wieder und zog die Brauen in die hohe Stirn, bevor er wieder hindurch sah und anfing den Lauf mal hierhin, mal dahin zu schwenken. Nicht allzu ausladend, denn schließlich schwenkte man eine geladene Armbrust auch nicht herum. Sokolovs Worte hörte er, stimmte ihm geistig zu, was die Arroganz anging und verzog keine Miene bei der Erwähnung des Namens, den er selbst ins Spiel gebracht hatte.
Ohne den Blick aus der Zieloptik zu lösen, sagte er: "Ich könnte Euch jetzt wieder sagen, dass ein Ritter der Flammenrose aller weltlicher Laster entsagt und das gilt auch für alles, was mit der Familie einher geht. Aber das werdet Ihr mir nicht abnehmen, wenn Ihr schon so fragt." Es juckte ihn eine weitere Butzenscheibe für Zielübungen zu benutzen, einfach um herauszufinden, ob er auch damit treffen konnte und wie es sich anfühlte. Aber zum einen wäre Sokolov sicher nicht begeistert, wenn er seine Fenster zerstörte und zum anderen hatte Wenzel keinen Begriff, wie der Rückstoß dieses Gewährs im Vergleich zu einer Armbrust war. Seine verwundete Schulter wäre sicher alles andere als begeistert... er ließ die Waffe sinken und reichte sie Sokolov zurück.
"Ich sollte meinen ranghohen Rittern vertrauen können." Das schloss auch Jarel ein und auch hier gab es ja eine Baustelle. Wenzel musterte Sokolov prüfend, als versuche er zu ergründen, was er mit diesem Kerl anstellen sollte. Scharfsinnig und gleichzeitig so dumm. Gut informiert und furchtbar lückenhaft wissend. Und nun kam er auf Wiskieak zu sprechen, auf den er auch Jarel bereits angesetzt hatte - wie lange würde es also dauern, bis Sokolov ohnehin wusste, dass es hier Unstimmigkeiten gab? All das schmeckte ihm nicht.
"Bedingungslos vertraue ich den Wenigsten - das sollte Euch kein unbekanntes Phänomen sein." Er lächelte farblos, wurde allerdings sofort wieder ernst. "Familie kann man sich bekanntlich nicht aussuchen, aber ich weiß, worauf Ihr hinaus wollt. Levin ist ein Cousin von Rat Gregori, richtig. Aber ich kann nur betonen, dass er der Waffenmeister des Ordens ist und diese Dinge sind sein Fachgebiet. Mehr als die Sicherung aller Unterlagen durch den Klingenmeister anzuordnen, kann ich Euch nicht versprechen."
Wie seltsam sich die Dinge manchmal fügten. In einem Moment rasselten die Säbel, im nächsten saß man am Verhandlungstisch.
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