Taverne | Eisvogel

Lange Zeit war Nowigrad kein Teil von Redanien, lange Zeit konnte die größte (mit ca. 30.000 Einwohnern) und zweifelsohne auch die reichste Stadt den Status einer freien Handelsstadt halten. Nach den letzten Kriegen aber ist sie mehr oder weniger zur inoffiziellen zur Hauptstadt der freien Nordländer, vor allem Redaniens geworden seit Dijkstra als Regent zusammen mit dem Handelsrat von hier aus die Fäden zieht.
Als Heimat des Kults des Ewigen Feuers hat in der Stadt allerdings auch das Wort des Hierarchen Gewicht.
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Arvijd Kostjunari
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Lebenslauf: Dr. Kostjunari

Was waren Schattenwandler und was Fae.
Arvijd sah, wie der Mann, den sie Viktor nannten und dieser Sokolov zurück kamen und an einem anderen Tisch Platz nahmen. Sie kannten sich also wirklich.
Wie groß mochte der Zufall sein, dass sich zwei Reisende aus verschiedenen Welten hier trafen? Aber er hatte auch Kolja wieder getroffen und das trotzte wohl jeder Wahrscheinlichkeitsrechnung.
"Schattenwandler sind vermutlich ich weiß nicht genau, wie die Schattenwandler geschaffen wurden, aber sie vereinen auch die Eigenschaften verschiedener Dämonen in sich. Manche sind in der Lage sich in Rauch zu verwandeln andere springen von Schatten zu Schatten, wieder andere haben starke Mentale Kräfte. Sie gleichen uns Menschen und es kommt wohl auch zu Mischlingen, aber sie ziehen all ihre Magie aus Blut und sie können nciht überleben wenn sie nciht wenigstens ab und zu welches trinken und sei es nur in winzigen Dosen. Die Fae dagegen... auch sie können Nachkommen mit Menschen zeugen, was sie genau sind... Ich habe bisher nur einen wirklich von Angesicht zu Angesicht gesehen... allerdings wohl ein Halbblut. Sie sind wohl wunderschön und hoch intelligent, aber es fehlt ihnen jegliches Gefühl und damit ernähren sie sich von den Gefühlen der Menschen. Sie können Portale erzeugen in die Welt der Menschen und verfügen über eine eigene Magie die wohl der der Magier und Hexen gegensätzlich ist oder wenigsten nicht ganz kompatibel. Auch sie können den Geist beeinflussen und es heißt, sie rauben Seelen und können sie an einen anderen Ort bannen..."
Er sann eine Weile nach über den jungen Mann, den damals Leutnant Jaromer angeblich aus einem Gefängnis hinter Spiegeln befreit hatte und ihm die Seele zurückgegeben hatte, überhaupt dachte er darüber nach, was er über den Mann damals gelernt hatte, ohne zu ahnen, dass auch der hier war.
Über den Mann, den der Elf kannte, der seit 15 Jahren hier war dachte er zunächst nicht weiter nach. Dass er Jarel meinte, den er schließlich kannte, darauf kam er gerade nciht. Wie groß sollten denn die Zufälle noch werden?
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Viktor
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Lebenslauf:

Er wählte nicht den Platz an der Wand - das tat er nie. Dennoch hatte er den Raum beim Durchqueren so weit erfasst, dass er auf Nachfrage genau hätte aufzählen können, wie viele Tische besetzt waren, wer welche Art Gefäß vor sich stehen hatte und wo sich Waffen befanden. Zumindest die offenkundigen. Mit dem Rücken zu einem Raum voller Fremder Platz zu nehmen, war ihm lange Zeit schwer gefallen, doch es war eine der vielen Lehren Andrés gewesen. Menschen verlassen sich zu sehr auf ihre Augen - eine einfache Tatsache, die sich jeder Taschenspieler zunutze machte. Dabei hat man so viele Sinne mehr. Viele Jahre später, fand man Maximilian Garcia daher meist mit dem Rücken zum Raum, die Augen sogar halb geschlossen und sich auf Dinge fokussierend, die ebenfalls Bilder zu formen vermochten: Geräusche, Gerüche, Luftbewegungen und letzten Endes etwas, was weithin profan als sechster Sinn - Intuition und Bauchgefühl - bekannt war. Seine Zunft wusste, es war mehr als ein bloßes Gefühl und es war trainierbar. Jetzt und hier beschränkte er sich vorerst darauf, die neuen Gegebenheiten zu klassifizieren, die Menschen einzuteilen und nicht zuletzt auf den Schritt des Mannes, der sich Sokolov nannte, zu lauschen... nicht ganz gleichmäßig, aber fest. Das dieser einen Blick mit seinen Begleitern wechselte, entging ihm allerdings. Etwas, was ihm eigentlich niemals passiert wäre, doch die Umstände würden wohl hinreichend als Entschuldigung dienen. Obwohl er selbst der Letzte wäre, der so eine Entschuldigung suchen oder auch akzeptieren würde - was halfen einem die Umstände, wenn man eine klaffende Wunde im Nacken oder einen Schuss im Bauch hatte? Dahingehend war er streng, auch und vor allem mit sich selbst.
Sokolov stellte zwei Becher auf den Tisch und Maximilian kramte sich des Klanges von Münzen auf Holz besinnend in den Taschen von Viktors Jacke. Aus der Rechten zog er eine Handvoll Muttern und runde Kiesel, aus der linken eine Murmel. Maximilian hob leicht die Brauen. "Da ich bisher den Eindruck habe, dass der Ort, von dem... Viktor ...stammt - und Sie wohl auch, Herr Sokolov, nicht wahr - , meinem Herkunftsort nicht völlig unähnlich ist, sind das hier wohl keine Zahlungsmittel." Er lächelte wieder überaus offen. "Ich danke also für die Einladung und bitte gleich noch um Entschuldigung mich einfach eingeladen zu haben." Neugierig nahm er den Becher und besah sich erst das Gefäß, bevor er an dessen Inhalt roch, ihn schwenkte und noch einmal roch. Man konnte in diesem Fall fast seine Gedanken sehen - Steingut anstelle eines ordentlichen Nosing-Glases oder Schwenkers. Er blickte dem Mann an seinem Tisch in die Augen und schmunzelte. "Wussten Sie, dass der Begriff 'Weinbrand' EU-rechtlich definiert ist? Cognac allerdings ist nach diesem Recht nicht unbedingt ein Weinbrand, wobei mir persönlich in dem Fall Begrifflichkeit und Recht ziemlich gleich sind. Hin wie her, was die Amerikaner Brandy nennen, verdient den Vergleich nicht mit allem, was die alte Welt zu zaubern im Stande ist. Sie merken, ich lenke ab. Cheers." Er hob seinen Becher und nippte vorsichtig am Inhalt, als befürchte er doch eher Brennspritus als wirklich einen guten Brand. Allerdings war er im nächsten Moment schon angenehm überrascht von der zwar durchaus vorhandenen Schärfe, der aber dennoch angenehme Aromen nachfolgten. Er roch noch einmal am Becher und stellte ihn dann vor sich ab.
"Mein... Gastgeber... ist also ein Freund von Ihnen? Sie stammen demnach nicht von hier, aber von einem Ort, an dem es ein Land names Armenien mit einem guten Brandy gibt. Da haben unsere Ausgangspunkte ja schon mal mehr gemeinsam, als mit diesem Ort hier, nicht wahr?", schwenkte Maximilian auf den eigentlich Inhalt des Gesprächs zurück. Zunächst mal die Lage sondieren, nicht das sein Gegenüber irgendwann noch auf die Idee kam, er würde das Bewusstsein Viktors irgendwie knechten oder verdrängen, und sich zu Maßnahmen genötigt fühlen. Wie auch immer die dann aussahen. Maximilian wusste ja selbst noch nicht, wie es mit ihm weiter gehen würde. Bisher war er eher Mitfahrer gewesen und je länger er Zeit hatte, sein eigenes Denken zu benutzen, desto mehr Eindrücke von dieser Reise kamen ihm zu Bewusstsein. Der Ort, an dem er das erste Mal zu träumen begonnen hatte. Ein krankes Stück Land, eine überwucherte Stadt, Gewehrsalven in der Ferne und ein unnatürlich roter Wald. Doch es waren nur die Schattenbilder von Träumen - wirklich nach vorn gekommen, so wie jetzt, war er bisher nie. Was hieß das für jenen, dessen Körper dies eigentlich war? Hatte er sich vor der Heftigkeit dieser Veränderungen verkrochen? "Wir wachten gemeinsam in einem Militärkrankenhaus auf. Ihr Freund hatte einen Unfall mit etwas, was man unter Ihren Leute wohl gemeinhin eine 'Anomalie' nennt.", fügte er etwas abwesend hinzu, als suche er diese Information mühsam heraus. Dabei schaute er an Sokolov vorbei. Erst als er geendet hatte, kehrte das sonst so aufmerksame Paar Augen zu den Zügen des anderen Mannes zurück und er lächelte wieder, fast etwas verschmitzt.
"Was macht Sie hier zum Fremdenführer?", fragt er salopp, wobei er das zunächst geplante Wörtchen 'qualifiziert' etwas entschärfte.
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Vyacheslav Sokolov
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Lebenslauf: Slava

Slava wählte den Platz an der Wand. Für ihn waren es jedoch - abgesehen davon, dass er tatsächlich den Raum im Blick haben wollte - auch noch andere Gründe. Vor allem hier waren die Stühle bei seiner Körpergröße nicht immer die bequemsten und er lehnte sich bei seinem chronisch schmerzenden Rücken einfach gerne an, auch für den Moment Ruhe herrschte. Und er fühlte sich tatsächlich immer noch ein wenig unbehaglich, hatte er so viele Leute in seinem Rücken. Hören und Instinkt reichten da eben nicht, das hatte ihm das Leben beigebracht.
Dass ihm der andere wiederum diesen Platz überließ, obwohl er die Wahl gehabt hatte war ebenfalls interessant. Er schätzte ihn nicht so ein, dass er nicht alles im Blick hatte, dazu war sein Auftreten, die Art wie er sprach, zu souverän. Erst recht, bedachte man die Situation in der er sich befand.
Mit den Bechern, die auf dem Tisch landeten tat dies auch der Tascheninhalt von Viktor.
Muttern und Kiesel.
Und eine Murmel...
Gedankenverloren nahm Slava eine der bereits angelaufenen sechskantigen Metallteile und drehte sie zwischen den Fingen.
"Lange keine mehr in der Hand gehabt. Das hier verwenden die Traditionalisten unter uns, um jene Anomalien aufzuspüren. So gut wie alle davon reagieren auf Materie und damit löst man sie aus."
Jene, die nicht auf Materie reagierten konnte man auch nicht damit entschärfen und wäre man so nahe gekommen war es eh zu spät.
Und Viktor hatte also einen Unfall mit einer Anomalie gehabt. Was erstaunlich genug war. Er musterte den Mann vor sich über einen imaginären Brillenrand hinweg.
"Diese Geschichte ist aber wohl noch länger als die zu dieser Welt."
Dann griff er kurz nach der Murmel. So eine hatte er bei Viktor noch nie gesehen. Da war ein merkwürdiger Schimmer in ihrem Inneren. Doch das Gespräch ging weiter und er legte sie Gedankenverloren wieder auf den Tisch.
Zu der Entschuldigung nickte er nur und lachte dann, als ein Vortrag über EU-Recht folgte. Der Mann gefiel ihm irgendwie. Trotzdem. Er würde auch darüber nachdenken müssen Viktor von ihm zu befreien, wenn dies sein Wunsch sein sollte. Sympathie hin oder her, wenn Viktor noch da war gehörte sein Körper ihm.
Sie stießen kurz an und auch Slava trank.
Er war längst daran gewohnt, das Zeug schmeckte weich im Verglich zu dem Fusel, den sich der Pöbel leistete. Es kam auch immer darauf an, wer brannte. Und nicht alle beherrschten eben ihr Handwerk. Was es hier gab waren keine Industrieerzeugnisse und die Qualität schwankte oft stark. Allerdings war man auch schon auf die glorreiche Idee gekommen, einfach alles zusammenzuschütten um die schlimmsten Ausreißer nach oben und unten zu nivellieren. Bei dem was er bestellt hatte war das allerdings nicht der Fall.
Er bezog gute Gehalt... Sold? Lohn? Was auch immer, er konnte es sich leisten und das schätzte er mittlerweile durchaus. Er wurde zum Snob.
"So ausführlich habe ich offen gestanden über Cognac und Weinbrand nie nachgedacht. Sie haben sicher schon erraten, dass ich zu dem Volk gehöre, dass sich vorwiegend von Vodka ernährt. Die Sprache hier ist übrigens den slavischen Sprachen der Erde nahe, ich habe in diesem Fall nur versucht, den Begriff einigermaßen adäquat zu übersetzen, ohne dass ich genaue Kenntnisse über den Herstellungsprozess habe. Und ich stamme tatsächlich wie sie von der Erde. Dort gibt Armenien... immer noch, nehme ich an... es gibt Europa... die USA, Russland, Deutschland und noch ein paar mehr. Und wo wir schon dabei sind... Bei ihrem Namen würde ich auf Spanien tippen, aber sprachlich wiederum auf die USA, ihr Äußeres dagegen, eindeutig Ukraine." er zwinkerte.
Nahm noch einen Schluck und schob diesen eine Weile im Mund hin und her um das Aroma ganz auszuloten.
"Ja, Viktor ist ein Freund." bestätigte er dann.
Es war komplizierter, sehr viel komplizierter, aber er würde dem Fremden jetzt nicht erklären dass sie eine Militäreinheit waren und Viktor im Grund den Status eines V-Mannes hatte.
"Ich kenne ich schon sehr lange."
Mit am längsten. Die Einheit, die er damals geführt hatte war bis auf die letzte Ausnahme verstorben. Er war Viktor schon des Öfteren über den Weg gelaufen, in der Zone kannte man sich eben, vor allem all jene, die sich dauerhaft dort eingerichtete hatten wie Sidorowitch, der Händler oder der Wolf. Manchen wurden zu etwas wie einer Lokalprominenz, was er immer zu vermeiden gesucht hatte und deswegen hatte er von Zeit zu Zeit seinen Tod vorgetäuscht und dann einen neuen Namen angenommen, was in der Zone an sich recht einfach war. Und so war er im Kordon aufgetaucht, hatte ausgiebig mit Wolf gestritten. Nur einen Fährtenleser wie Viktor täuschte man eben nicht. Und einer wie Viktor sagte einem eben auch die Meinung, vor allem wenn es darum ging, welche Folgen es für die freien Stalker hatte wenn er ein Massaker an den Banditen veranstaltete. Anfangs waren sie mehr als einmal aneinander geraten.
Damals war er Ochotnik gewesen, und egal wie er sich später nannte, Viktor nannte ihn oft immer noch so.
Aber sie waren irgendwie Freunde geworden, irgendwie.
Er trank noch einen Schluck.
Das war lange her, und es gab keinen Weg zurück.
Dass auch Garcia darüber nachdachte, was Slava wohl unternehmen konnte um ihn zu vertreiben hätte er sich wohl denken können. Derzeit ließ er sich jedoch nichts anmerken, behandelte den Mann vor sich, als wäre es richtig so. Für den Moment.
Dass wohl die meisten andern in vergleichbaren Situation fuchsteufelswild geworden wären stand auf einem anderen Blatt.
Wobei, wie konnte man so eine Situation vergleichen? Doch irgendwie nur mit den hirnrissigen Ergüssen eines drittklassigen Regisseurs in einem LowBuget SciFi
Streifen. Insofern würde er sich die Situation erst einmal ansehen und diese später dann bewerten.
Ein weiterer wichtiger Punkt war, dieser Mann hatte wie wohl auch Cyron keinen Zugang zu dem Informationen, die in dem Kopf von Viktor gespeichert waren. Gut oder schlecht? Auch diese Einschätzung musste warten.

Was machte ihn zum Fremdenführer.
Kurz musste er schmunzeln. Das 'qualifiziert'... es war deutlich rauszuhören, kein Zweifel. Indem man die Qualifikation in Abrede stellte brachte man die meisten Menschen dazu, sich zu rechtfertigen und dann erzählten sie meist mehr als sie ursprünglich wollten weil sie die eigenen Fähigkeiten herausheben wollten.
Ließ er sich auf den Fehler ein? Er war sich noch nicht ganz sicher.
"Ich bin etwas über ein Jahr hier und bin recht gut vernetzt, das muss wohl reichen für den Anfang. Aber ich habe diese Portale bereits in meiner, in Viktors Welt erforscht, unter dem, was sie bereits als Anomalie kennengelernt haben steckten auch Portale wie jenes das mich hier her brachte und wohl auch Viktor."
Und die anderen. Nur kurz spannten sich seine Kiefermuskeln. Amir.
Nein, vergessen war er nicht.
Das musste reichen. Kein Wort vorerst über Steine und Kartierung und die verschiedenen Arten von Phänomenen der Zone.
"Ich bin allerdings vollkommen lebendig hier her geraten. Ein Stück von hier entfernt."
Er trank noch etwas.
"Wie sind sie eigentlich gestorben?"
Interessante, wenn man die Frage so stellte. Eigentlich kam das im normalen Leben so gut wie nie vor. Es sei denn man unterheilt sich über ein Computerspiel.
'Wie bist du gestorben?' - 'Ach dieser Mistkerl hatte schon Level 82 und ich hab es zu spät gesehen...'
Aber in der Realität war der Tod doch meist etwas finales.
Für manche eben nicht.
Doch wie viel möglich war, darüber hätte wohl selbst Slava noch gestaunt.
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Viktor
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Maximilian hörte zu, beobachtete die kleinen Gesten und Handgriffe, die Mimik seines Gegenübers. Hätte er geahnt, dass dieser eben noch innerlich Watzlawick zitiert hatte, er hätte wohl herzlich gelacht. Aber auch so begann er den Mann sympathisch zu finden. Erinnerte ihn ein bisschen an Barinov, obwohl man diesen hier leichter zum Lachen brachte, und das nicht mal wegen der Landesverwandtschaft. Mit Alexej hatte man sich gut unterhalten können, sobald man ihn aus der Reserve gelockt hatte. Ein Offizier durch und durch, souverän, menschlich manchmal wirklich hart zu ertragen und zugleich furchterregend scharfsinnig. In Sachen Führung und Einsatzplanung hatte er sich sehr gern auf seinen Rat gestützt, ihn dafür häufiger einfangen müssen, wenn es um gewisse interne Vorgänge ging. Das alles war es aber nicht - natürlich, denn dafür kannte er Sokolov erst seit viel zu kurzer Zeit - es war eher die Art der Gesprächsführung, die irgendwie durchdacht anmutenden Schritte, Geste und Worte. Intuition, mal wieder. An dem Mann war mehr, als er vorgab. Wie bei Barinov.
Anomalien, wie sie es nannten, löste man also mit Materie aus, es sei denn sie reagierten nicht darauf. Physik war leider Gottes nicht sein Fachgebiet, aber er hörte interessiert zu. Immerhin schien es einen Zusammenhang zwischen dem Umfall mit der Anomalie und seinem Wechsel in diesen ihm so fremden Leib zu geben. Ein Körper, der im übrigen unzufriedelstellend präzise war. Sinneseindrücke, Körpergefühl und Geistesleistung fühlte sich falsch an, verwaschen und ungenau. Eben anders. Ein Gefühl das stärker und stärker wurde, je länger er hier weilte. Sollte er häufiger in dieser Form präsent sein, musste er an der Hülle arbeiten. Dringend.
"Amerikaner." Diesmal hatte das Lächeln schon etwas Spitzbübisches. Diese Beschreibung sagte alles und nichts. Auch wenn die US-Amerikaner gerne patriotisch waren und auf ihre Herkunft pochten, so waren sie letzten Endes doch alle nur Migranten, deren Wurzeln irgendwo auf dem alten Europa oder in Afrika lagen. Seine sogar in erster Generation - er selbst war erst mit fünf Jahren in die USA gekommen, doch auf seinem Pass stand, dass er Bürger der Vereinigten Staaten war. Er ließ es so stehen. Für jemanden, der genaugenommen in der Welt zu Hause war, spielte es keine Rolle und gerade war es die aller präziseste Antwort. Auch wenn das aus russicher wie auch ukrainischer Sicht nicht gerade ein Pluspunkt auf der Karte wert war. Nicht mit Krim-Krise, NATO-Osterweiterung und all den schwarzen Vorzeichen, die mal wieder auf Krieg wiesen. Er fragte sich kurz, wie viel davon der Mann vor ihm wusste - wann war "vor einem Jahr", bezogen auf seinen Herkunftsort? Gerade war ihm das zu kompliziert und er spürte wieder die Limitierung durch den fremden Kopf. Also schob er das vorerst auf die Warteliste und wandte sich einfacher zu fassenden Themen zu, die sein Gastgeber ja schon angeschnitten hatte.
"Sokolov... Wie der Schachspieler? Spielen Sie Schach?" Er nippte an seinem Becher, winkte dann halb entschuldigend ab. "Das Klischee-Barometer schlägt zu weit aus, pardon - Vodka und Schach. Sokolov - Sokol... ach ich werde alt. Das ist irgendein Vogel, nicht wahr?" Er war in seiner Funktion durchaus in der Welt herum gekommen und nicht engstirnig genug, zu glauben, mit Englisch selbige erobern zu können. Entsprechend hatte er sich immer schon für die Sprachen seiner Kollegen in aller Herren Länder interessiert und stellte sich auch nicht ganz dumm an, was die Basics anging. Aber jede Sprache, die man nicht sprach, starb. Wegen der örtlichen Sprache machte er sich daher weniger Sorgen als um viel essenziellere Dinge. Doch diesen Gedanken verdrängte Sokolov sogleich mit weiteren Fragen und Antworten. Maximilian nickte nachdenklich. Gut vernetzt also, wohlhabend genug, um dieses Getränk zu zahlen, dass er gerade vor sich hatte und sich zwar angepasst, aber trotzdem feiner zu kleiden als die meisten hier. Er trat souverän auf und zwar in Stiefeln, die verdächtig nach Militär aussahen und klangen. Getreu dem Motto: wenn du etwas über einen Mann wissen willst, schau auf seine Schuhe. Sahen jedenfalls nicht aus wie Replikate. Irgendwie gearteter militärischer Hintergrund also, in kurzer Zeit zu Wohlstand und Netzwerk gekommen... ein Schelm, der dabei Böses dachte. Aber Maximilian ließ all das unkommentiert, sah sich als Gast und vorerst Beobachter, bis er verstand, wie die Welt funktionierte. Ohnehin war er Gast in zweierlei Hinsicht.
Und wieder zog Sokolov gedanklich weiter. Das ihn diese Frage an ein Gespräch zwischen Spielern erinnerte, lag nahe, führte bei Maximilian allerdings auf einen ganz anderen Weg. Denn diese Frage hatte er selbst schon oft gestellt, wenn das Gegenüber reichlich untot war und gern Teil seiner Armee werden würde.
Wie bist du gestorben? Wie hast du vor weiter zu leben?
"Ein Remis. Eine klassische Patt-Situation. Oder nein, das ist das falsche Bild. In einem Remis kann man sich noch einigen." Er nahm den letzten Schluck, überlegte, schüttelte leicht den Kopf. "Das Wie ist eigentlich gar nicht relevant - viel drastischer ist die Tatsache an sich." Seine größte Angst war Realität geworden: er war vor Gabriel von der Welt gegangen und ließ die Seinen mit dem Problem allein zurück. André wäre da, aber der Großmeister des Ordens war seit Jahr und Tag immer ein Mensch. Und wer sollte die Lücke füllen? Wer nachrücken auf den Posten, auf dessen Schultern solche Lasten lagen? Und zu allem Übel war das Schwert noch immer da, wo er es zurück gelassen hatte - halb versenkt im Wüstenboden, wo es Erain festgenagelt hatte, kurz bevor dieser auf ihn schoss. Maximilian betrachtete den Lehren Becher, hob den Blick dann wieder und holte Luft für eine Detaillierung...

Schwärze - Kälte - die Beine werden taub - der Kopf schwimmt.
Stop.


Viktors Körper sackte nach vorn, die Stirn, ob willentlich oder durch Zufall, fiel auf den Unterarm, dessen Hand noch den leeren Becher hielt. Für den Menschen dauerte es einen Moment, bis die Schwärze wich und das gefühl endloser Rotation in seinem Kopf aufhörte. Dies war kein Erwachen aus einem Schlaf, dies war anders. Man hatte ihn vor langer Zeit, noch im Dienst, mit Knüppeln bewusstlos geschlagen und liegen gelassen. Das Erwachen danach war so ähnlich gewesen. Zäh. Er murmelte der Tischplatte den ein oder anderen Fluch zu, ließ die Stirn aber an Ort und Stelle, blinzelte nur krampfhaft. In seinem Hirn lief alles drunter und drüber, als habe jemand die Schachtel mit Gedanken heraus genommen, geschüttelt und püriert, und sie dann wieder eingesetzt. Ein fremder Fetzen jagte den anderen, dazwischen seine eigenen Ergüsse, älteren und jüngeren Datums. All das fand nur mühsam wieder an Ort und Stelle, sodass sich allmählich ein Bild formte und die Erinnerung wieder Form annahm.
Das Portal.
Der Dämon.
Amir.
Sie waren irgendwohin geritten, er war in einem Gasthaus gewesen und dann hatte er abgeschalten. Und jetzt? Mühsam hob er den Kopf, musterte erst die Tischplatte, dann den leeren Becher in seiner Hand, roch daran. Dann endlich hob Viktor den Blick und starrte den Mann vor sich aus gewohnt braunen Augen an. Es dauerte einige Sekunden, bis diese Augen einen Ausdruck annahmen, dann explodierte das Gesicht des Fährtenlesers zu einem Meer aus kleinen und kleinsten Fältchen, als er zu grinsen begann.
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Vyacheslav Sokolov
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Lebenslauf: Slava

Es hätte Slava wohl begeistert, jemanden zu treffen, der Watzlawick gelesen hatte und nicht fragte, ob der bei Kino oder Nau Schlagzeuger gewesen wäre.
Dazu kam es vorerst nicht.
Alexej hatte Jakob ja einmal erwähnt und Slava war trotz seines damals noch vernebelten Verstandes durchaus klar gewesen, dass er genug Ähnlichkeit mit ihm haben musste um Jakob rot sehen zu lassen, und das nicht weil er ein Landsmann war. Wobei er hier eindeutig Kleingeistigkeit konstatierte. Russland war groß, sehr viel größer als die meisten es sich auch nur annähernd vorstellen konnten, und ein Sibirier hatte seiner Ansicht nach wenig mit einem Moskauer gemein. So wie sich ein Hamburger von einem Süddeutschen distanzierte, Engländer von Schotten und in Amerika, Einwanderer und Einwanderer?
Dass auch Garcia diesen Alexej kennen musste nahm er einfach an - dass er ihn gute kannte und sogar schätzte ahnte er allerdings wiederum nicht. Zu klein war der Ausschnitt den Jakob ihm gezeigt hatte, es war nicht mehr als ein undeutlicher Kegel einer Taschenlampe der kurz über ein riesiges Ölgemälde gehuscht war. Der Junge war echt verstockt.
Allerdings würde er wohl noch Zeit haben, sich mit diesem Herrn Garcia zu unterhalten, und - er entschuldigte sich hier geistig bei Viktor - er hoffte er sogar. Der Mann war durchaus interessant, und zwar nicht, wie er sich fast mit einem Grinsen selbst versichern musste, nicht auf die Weise wie er mittlerweile betreffs des eigenen Geschlechts nun umdenken musste. Aber, war das so?
Jarel sah er so, wenn er an ihn dachte und an das bevorstehende Essen, dann stellten sich da tatsächlich romantische Gefühle ein, aber alle anderen Männer, selbst die Faustkämpfer, die sich im hinteren Teil des Gasthauses halb nackt die Fresse polierten interessierten ihn weiter nicht. Zur Zeit gab es viel zu viel über das er nachdenken musste, Garcia holte ihn zurück.
Er wiederholte nur 'Amerikaner' oder war das die Antwort?
Wohl die Antwort. Er durfte sich nicht so sehr ablenken lassen. Er hatte gefragt, woher er kam... Dann war es wirklich die Sprache gewesen, die war es auch so oft, die einen verriet. Und Garcia erwies sich ein ums andere Mal als gebildet und weltoffen, begann Steine auf der Waagschale zu sammeln, mit der Slava Respekt bemaß. Es gab mehrere Schachspieler mit dem Namen Sokolov, auch Pianisten, Autoren.
"Nicht dass ich wüsste. Das ist ein recht verbreiteter Name in Russland. 'Sokol' ist der Falke."
Von einem anderen konnte man allerdings auch gehört haben, ein General Sokolow mit dem tatsächlich eine Verwandtschaft bestand, man fand ihn sogar weit oben in den Suchergebnissen wenn man nur eine Suchmaschine im Internet anwarf. Yandex konnte man verbieten die Ergebnisse zu zeigen, anderen aber nicht und das wurmte ihn. Zwar war das fast zu offensichtlich, als dass jemand den Zusammenhang herstellte, aber es war unumstößlich ein Weg, der zu ihm und seiner Familie führte und das gefiel ihm ganz und gar nicht. Einer der Gründe, weswegen sein Nachname in der Zone nicht genannt wurde. Sein Vorname war ihm immer egal gewesen.
Aber zum Glück allerdings gab es hier keine Suchmaschinen.
Aber selbst wenn er sich immer wieder sagte, dass es keine Rolle mehr spielte, dass er nie wieder zurück kehren würde... Er glaubte sich darin selbst nicht.
"Aber ja. Ich trinke gerne Vodka... Check. ...und ich spiele Schach. Check. Klischee erfüllt. Ich würde auch rauchen wenn es hier Zigaretten gäbe." er zwinkerte.
Die Kurve um sich als unkultivierter Trinker und Spieler darzustellen, wie er es in der Zone getan hatte, würde er aber nicht mehr bekommen. Wollte er auch irgendwie nicht.
Aber der Mann war scharfsinnig und irgendwie vermutete Slava bereits, dass es nur zwei bis drei weitere Gespräche brauchte und er wüsste, er er einst gewesen war. Vielleicht war das nun zu seinem Spiel geworden.
Irgendeines brauchte er es eben immer, eine Grenze auf der er entlang balancieren konnte, immer in Gefahr, auf der eine oder andern Seite herunterzufallen. Nur gegen den medizinischen begriff dafür sträubte er sich. Er hatte es seiner Ansicht nach zu einem viel zu hohen Niveau darin gebracht um sich mit den normalen Borderlinern gemein zu machen, die sich mit Messern die Arme aufschnitten.
Garcia antwortete noch zu seinem Tod. Ein Patt. Aber ohne die Möglichkeit sich zu einiger. Er hatte also jemanden gestellt, auch wenn er nicht viel sagte wurde das aus dem Kontext schnell klar. Und hatte selbst verloren. Kein Patt also. Aber er wollte nicht sagen wer. Also war eben das nicht belanglos. Er erinnerte sich daran, was Jakob gesagt hatte, Vampirjäger. Templer... Er hatte absolut keine Ahnung von solchen Dingen und sein Wissen zog er hier tatsächlich nur aus Westfilmen. Eigentlich Peinlich... Aber einen weiteren Eindruck bekam er: Garcia hatte eine Aufgabe unvollendet gelassen. Ein Gefühl, dass er nur zu gut kannte. Er hatte seine Leute zurück gelassen und konnte sie nicht warnen vor dem was ihnen vielleicht drohte.
Und dann...

Für den Bruchteil eines Moments erschrak auch Slava und wollte eingreifen, doch er bremste sich rechtzeitig denn Garcias Kopf fiel weich auf dessen Arm und weiter geschah nichts als er zusammensackte als hätte man einer Marionette die Fäden gekappt. Er blieb ruhig und beobachtete das Geschehen, die Veränderung in der Haltung. Wahrscheinlich ahnte er schon was er nun sah und wollte keinen Moment verpassen um zu begreifen.

Als sich Viktor nun unter Stöhnen wieder aufrichtete war es tatsächlich Viktor.
Braune Augen.
Interessant wie eine Seele die Augenfarbe verändern konnte. Kurz kramte Slava in seinem medizinischen Halbwissen um die Pigmentierung des Auges. Dass blau unpigmentiert bedeutet wusste er immerhin. Konnte also etwas die Pigmente entfernen und die Augen blau werden lassen? War dann dies die tatsächlich Augenfarbe Garcias oder nur die einzige Möglichkeit, die diese fremde Magie hatte, um eine Veränderung herbeizuführen?
Und veränderten sich auch die Strukturen? Nächstes mal würde er Garcias einmal tief in die Augen sehen müssen... am besten zuvor Viktor. Das Auge glich immerhin einem Fingerabdruck oder war sogar noch besser wenn es um die eindeutige Identifikation ging. Dass dieser Wechsel auch den ganzen Augapfel im Grunde tauschte, das nahm er nicht an. Gut, es war Magie, wer wusste das schon. Noch versuchte er rationale zusammenhänge auch dahinter zu erkennen, als wäre Magie nur eine erweiterte Form der Elektrizität. Das war nun einmal das Denken eines pragmatischen Menschen in Sowjettradition.

Als Viktor ihn dann aber angrinste als hätte er nach dem Aufwachen noch nie etwas schöneres gesehen legte er diese Gedankengänge sorgfältig gefaltet beiseite und grinste ebenfalls.
"Viktor, alter Halunke. Wer hätte gedacht, dass wir uns hier treffen." sprach er ihn nun nahtlos vom englischen ins russische wechselnd an. Und auch er war ehrlich erfreut, Viktor am leben zu wissen, nicht nur den Körper, auch die Persönlichkeit.
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Viktor
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Viktor schüttelte etwas ungläubig den Kopf, warf dann einen Blick in den leeren Becher in seiner Hand und schnupperte daran. Als er wieder auf sah, war der Ausdruck in seinen Augen endgültig der des Mannes, den Slava seit Jahren kannte. "Trinkst du einem alten Mann jetzt schon seinen Schnaps weg, Malchik?", spottete er milde, obwohl er schon ahnte, dass hier etwas gar nicht richtig lief. Er konnte sich nicht erinnern, sein Zimmer verlassen und in den Schankraum gekommen zu sein. Geschweige denn Slava getroffen und mit ihm einen gehoben zu haben. Aber er saß offensichtlich hier und das nicht erst seit gerade eben. So locker, wie seine ersten Worte es Slava also vormachen wollten, war er keinesfalls und dieser kannte Viktor gut genug, um sein Unbehagen zu lesen. Ein Schauspieler war er ohnehin nie gewesen.
Daher war die nächste Regung ein Blick über die Schulter - wo war er, wer war noch da, wo waren die Türen? Wieso saß er so bekloppt? Erst als er diese Bestandsaufnahme auch noch hinter sich hatte, wandte er sich Slava wieder zu und maß ihn mit Blicken.
"Hab denen gesagt: wenn dich einer find', dann ich. So hatte ich's mir allerdings nich' vorgestellt." Wieder ein Blick über die Schulter, weil er meinte, jemand bewege sich in seinem Rücken. Viktor rieb sich die Stirn, hob den Becher. "Kann man da nochmal die Luft raus lassen?" Auch wenn er schon vermutete, dass er den ersten auch getrunken hatte. Trotzdem, die Psyche trank auch mit.
Dann fiel sein Blick auf die Murmel und er griff etwas verzögert danach. Da sie zwischen seinen Muttern und Steinchen lag, kam sie wohl aus seinen Taschen. Die Brauen des Fährtenlesers zogen sich finster zueinander, während er das Blau und Rot schimmernde Innere betrachtete. Er hatte das Gefühl, dass diese Murmel eigentlich Kolja gehörte, denn kurz vor dem Sturz durch das Portal hatte er sie gesehen - das Kind und diese Murmel. "Dieses verdammte Gör... macht sich lustig über uns.", schnaubte er. "Hat sich viel geändert in der Zone, seit du verschwunden bist.", murmelte er nachdenklich, bevor er Slava wieder anschaute.
Er machte eine auffordernde Geste. "Dann fang mal an." Wobei er offen ließ, ob er jetzt ein Verhör oder ein Referat erwartete. Im Grunde war es ihm auch gleich, solange der Becher vor ihm gleich erstmal wieder Inhalt hatte. Ungeachtet der Tageszeit. Die Umstände rechtfertigten auch einen Rausch am Vormittag und überhaupt gab es kaum eine Zeit, die sich nicht für einen Umtrunk eignete.
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Vyacheslav Sokolov
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Er musterte seinen alten Freund lange, sehr lange.
Was musste in ihm vorgehen? Fand sich im Gasthaus wieder, in dem sicheren Wissen, dass nicht er selbst Herr seiner Sinne gewesen war als er hier her kam. Es war vermutlich nicht so schlimm, wie das was ein Controller mit eine Verstand anstellte, rangierte aber mit Sicherheit ganz knapp dahinter.
Zu aller erst orderte Slava noch einmal Cognac.
Ein frischer Becher wurde gebracht, für ihn auch. In der Preisklasse war das drin und man goss nicht einfach aus der Flasche auf den Rest vom Alten Inhalt drauf, selbst wenn zuvor im Glas etwas ganz anderes gewesen sein mochte.
"Ich habe mich mit deinem Untermieter Unterhalten, Maximilian Garcia. Eigentlich ein feiner Kerl. Kultiviert. Würde wohl nichts anstellen was du nicht auch mit deinem Körper machen würdest. Falls dich das tröstet."
Das Grinsen dazu gelang ihm ganz gut. Wäre es einer wie... nun allein er selbst gewesen. Nicht auszudenken. Auch die Dinge, die Viktor von ihm wusste mochten wenig erstrebenswert für ihn sein. Zu viel Alkohol und alles mögliche an anderem Gift, was er sich zumutete.
"Deswegen sitzt du auch schon hier, und er hat schon einen Cognac intus. Ich nehme aber an, den Rausch kriegst du trotzdem zur Gänze zu spüren.
Dass der alte Fährenleser ihn mit 'Bursche' ansprach überhörte er erst einmal, es war lange her, dass er das das letzte mal gehört hatte. Zu lange. Hatte er das vor den Männern getan hatte er sich auch schon mal drüber aufgeregt, wenn auch nur ein wenig gespielt. Viktor hatte eine gewisse Narrenfreiheit, weil er nun einmal über bemerkenswerte Fähigkeiten verfügte ohne die ihre Verluste um ein vielfaches höher gewesen wären.
"Unser Wiedersehen hatte ich allerdings auch anders geplant."
Er konnte nur versuchen zu erahnen, wie es Viktor damit ging, aber weder half es ihm, wenn er jetzt einen auf verständnisvoll machte, noch passte das zu ihm. Er hatte im Studium von dem Phänomen der Multiplen Persönlichkeiten gehört und gelesen und auch einen Fall gesehen, wobei die Lehrmeinung damals noch dazu tendierte, das ganze halb und halb zu den Iatrogenen Phänomenen zu zählen, denn selten hatte jemand ganz ohne das Zutun eines Psychologen oder Psychiaters eine solche Störung entwickelt. Allerdings heute in Zeiten von Google und irgendwelchen Medizinforen müsste man die Statistik auch neu bewerten.
Egal wie, das was man auf der Erde unter MPS kannte war nichts im Verglich zu dem, was er hier erlebte und life sah.
"Das bemerkenswerteste daran ist, dass sich seine Augenfarbe ändert und er eine vollkommen andere Gestik und Mimik hat und auch ganz anders spricht..."
Allein das 'nicht wahr' hinter jeden zweiten Satz.
"Nasdrovje..." er prostete ihm zu. "Und zum Teufel mit der Gesundheit..."
Noch ein schiefes Grinsen.
"Um dich kurz auf den neusten Stand zu bringen... Das hier ist eine Mittelalterliche Welt, etwa 12tes beziehungsweise 13tes Jahrhundert. Es gibt alles was einen Fantasyfilm auszeichnet, Elfen, Zwerge und Magie. Wunder dich also über nichts. Was es in der Zone gab war nichts dagegen. Ich habe ja seinerzeit in der Zone bereits Portale erforscht und kartiert, und ich kann nur vermuten dass ich in eines davon geraten bin. Das bemerkenswerteste ist, dass ich einige meiner Steinchen hier gefunden habe, sogar die Reste eines Trackers. Sprich, von der Zone führen eine ganze Menge an Portalen hierher. Die meisten sind allerdings kaum größer als eine Elle und du hast wohl selbst erfahren was passiert Mann man nicht zur Gänze das Portal trifft."
Er blickte kurz auf die Hand, die so gut verheilt war.
Die Murmel, ja.
"Was hat es damit auf sich? Was für ein Gör und wo hat sich in der Zone verändert? Und... wie lange bin ich eigentlich aus eurer Sicht schon weg?"
Wollte er nun wissen, und: "Hast du eigentlich Hunger?"
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Viktor
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Er hörte zu, schweigend und ohne allzu viele Emotionen dabei zu zeigen, auch wenn es ihm schwer fiel.
Untermieter.
Maximilian Garcia.
Ja, den Namen kannte er aus den zerstreuten Erinnerungen, die ihn während seine Blackouts heimsuchten. Der Mann der gestorben war als er - was - gestorben war? In diesem Ding, das keine Spur, keine Vorwarnung, nicht den kleinsten Hinweis geliefert hatte. Nicht mal die ach so klugen Detektoren waren angeschlagen und sein Instinkt hatte ihn ebenso im Stich gelassen. Man sagte ihm, er hätte Glück gehabt. Vielleicht stimmte das ja sogar. Dieser Maximilian hatte weniger Glück gehabt, war mit einer Kugel im Bauch verreckt und dann irgendwie auf ihn getroffen. Eine Seele ohne Leib - war dann seine Seele auch schon unterwegs gewesen? Hatten sie sich getroffen und waren irgendwie miteinander zurück gekommen, als man ihn reanimiert hatte?
Er widerstand dem Drang da kleine Kreuz aus seinem Kragen zu fischen und die Lippen darauf zu drücken, wie er es oft tat, wenn er unbeobachtet war. Ob Ochotnik das Kleinod kannte, wusste Viktor nicht, aber die Geste war irgendwie zu intim und gehörte nur ihm.
Maximilian Garcia also und er wurde präsenter. Bisher hatte Viktor den fremden Verstand für ein Hirngespinst gehalten und versucht zu ignorieren, aber dass man mit ihm sprechen konnte, dass er eigenständig agierte, war schwer zu verdauen. Trotzdem murrte er zwischen den Sätzen Ochotniks: "So? Er überlässt dir meinen Platz...", zum Thema nichts tun, was er nicht auch tun würde. Sie stießen an, Viktor setzte den Becher noch einmal kurz ab und kippte ihn dann in einem Zug. Auf die Erkenntnis brauchte er dringend einen Schnaps. Etwas skeptisch blickte er dann in den Becher. Vodka war das keiner, aber er kam nicht dazu, nachzufragen.
Nun entgleisten ihm die Gesichtszüge doch ein wenig. Von ihrer Ankunft und der magischen Heilung war er zwar ein Stück weit vorbereitet, aber in einem Buch von Tolkien gelandet zu sein, schlug dem Fass dann doch den Boden aus. Tolkien mit Löchern in die Zone. Löcher, die einem alle mögliche einfach abschnitten. Sein Blick fiel auf seine Rechte. Er hatte sich schon halb damit abgefunden, hatte die Murmel sogar mit der Linken gegriffen und trotzdem sorgte der Anblick der verstümmelten Hand dafür, dass er leicht den Mund verzog.
"Naja, ein Meisterschütze war ich nie. Schrotladung mit dem Sturmgewehr.", zitierte er seinen Chef und Freund, hielt ihm aber zugleich beide Hände über dem Tisch ausgestreckt entgegen. "Zumindest bis vor dem Unfall." Beide schwebten ganz ruhig in der Luft. Keine sichtbaren Zeichen mehr seines fortschreitenden Verfalls.
Viktor nahm die Murmel erneut und drehte sie zwischen Daumen und Zeigefinger der linken Hand. Er hatte Ochotniks Fragen gehört, aber er nahm sich den Luxus heraus, nicht sofort und vollumfänglich Antworten zu formulieren. Zumal er gar nicht auf alle Fragen direkt eine hatte und ihn selbst so einige Fragen umtrieben.
"Hunger, ja. Die kochen gut hier, aber nach ein paar Jahren kulinarisch auf Sparflamme gesetzt wie in Pripyat, kommt einem wohl jede Frittenbude wie Sterneküche vor.", beantwortete er zunächst die einfachste der Frage. Dann: "Anderthalb Jahre in etwa. Obwohl es ihm länger vorkam. Und zum Schluss das Gör und die Zone.
"Die Stalker nennen sie den Geist der Zone. Ein Mädchen, sieht aus wie sechs oder sieben. Wie eine Puppe. Blass, helles Haar, Kleidchen, Schürze, aber Augen, dass einen friert - rot glühend und alles andere als kindlich. Gibt tausend und eine Geschichte über sie inzwischen. Dass sie Militärs in Hunderudel lockt, dass sie Stalker vor Blutsaugern rettet. Fakt ist, dass es sie gibt und immer diese verfluchten Murmeln dabei hat." Er musste an Kolja denken und ihre letzten Sekunden in der Zone. Viktor presste die Lippen aufeinander, war aber verstummt, auch wenn seine Züge und die am Becher spielenden Finger Bände sprachen. Da war mehr, als man in ein paar Sätze packen konnte - viel mehr.
"Markin hat Lew und Amir zurück geholt, als klar war, dass du nicht wieder kommst." Amir.
Er warf einen Blick in den Becher, stellte ihn dann ab und konnte Ochotnik tatsächlich einen Moment lang nicht in die Augen sehen, weil er sich vorkam, als habe er den Jungen verloren. Immerhin war er der mit der Erfahrung in dieser Troika gewesen. Aber mit sowas war auch er das erste Mal konfrontiert gewesen. Er schnaufte, blickte wieder auf. Beim Thema bleiben.
"Kurz zuvor ist dieser Bursche aufgetaucht, Kolja. Hast du von dem schon gehört? Hat uns ganz schön aufgemischt, der Kerl. Er ist auch hier gelandet, allerdings außerhalb geblieben. Schade eigentlich, konnte man gut mit auskommen." Was in Viktors Sprache hieß, er laberte nicht zu viel Scheiße im Feld, laberte idealerweise gar nicht und trampelte nicht auf Spuren rum, sondern blieb stehen, wenn man ihm sagte, er solle stehen bleiben und maulte auch sonst nicht rum.
Er wischte sich abwesend mit der Hand über Nase und Mund. Kolja hatte auch dauernd von Magie gefaselt, wenn es um Radioaktivität ging, aber Viktor hatte das einfach reduzierten Vokabeln zugeschrieben. Vielleicht hatte er es aber tatsächlich so gemeint.
"Gab häufiger blowouts in letzter Zeit und Anomalien, die urplötzlich entstehen und sich mit nichts ankündigen. In sowas bin ich rein gelaufen, stell dir vor." Man hörte, dass er es selbst immer wieder nicht ganz fassen konnte. "Hat mich fast umgebracht. Das war wohl der shake-hands-moment mit meinem Gast." Er sah kurz in Ochotniks Augen und zuckte dann mit den Schultern. "So würde er das sagen. Redet ganz schön geschwollen daher, was?" Auch wenn er sich so gab, ganz war er noch nicht darüber hinweg, dass dieser 'Gast' sich seine Körpers bediente, während er selbst ausgeschaltet war.
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Vyacheslav Sokolov
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Slava grinste als er Viktors Gesichtsausdruck sah.
"Was denkst du wie ich geschaut hab als ich zum ersten Mal nen Zwerg und ne Elfe gesehen hab, und Typen mit Schwertern. Dachte erst das wären so verrückte Rollenspieler. Und als ich dann hören musste, es gibt auch Halblinge und Zauberer und den ganzen Kram... Würde mich nicht wundern, wenn noch ein Drache über der Stadt kreist, aber das bleibt uns wohl erspart. Vampire gibt es allerdings." Er verzichtete auf ein 'und sie glitzern nciht' denn dazu war Viktor eindeutig zu alt und auch kein Mädchen. er schämte sich ja fast selbst zu wissen woher das kam Bild kam.
Ein 1/2 Jahre war er nun weg. Das war mehr Zeit als hier vergangen war.
Ein wenig hate er sich an die Hoffnung geklammert, das es eine Art Synchronizität gab, aber andererseits, Warum sollte es das?
Es konnte jederzeit auch noch jemand aus einer Erde in 20 Jahren kommen, so wie er auch Jakobs Sicht aus der Zukunft kam, wenn auch nur wenige Jahre.
Das machte es noch schwieriger, das Phänomen rein empirisch zu fassen. Diese einfachen Lösungen für solche komplexe Problematiken, die sie einem in Filmen immer vorsetzten. Aber gut, die hatten auch allesamt das Drehbuch gelesen.
Diese Portale würden ihm noch einiges an Kopfzerbrechen bereiten.
"Ich bin aus meiner Sicht ein knappes Jahr hier, und ich habe mit Sicherheit noch nicht alles gesehen. Aber dein Parkinson ist weg... das wiederum ist beachtlich."
Seine Rückenschmerzen waren zunächst eher schlimmer geworden, aber er hatte auch keinen solchen Zaungast.
War es also Garcia gewesen der es beseitigt hatte oder etwas anderes?
"Hast du noch andere Veränderungen festgestellt?"
Und ein Mädchen wie eine Puppe dass Männer in Fallen lockte, anderen half. Das klang wie viele andere Zonengeister auch, ein Archetypus wie aus einem Horrorfilm, aber es war Viktor, der es erzählte, deswegen hatte es ein anderes Gewicht. Die Stalker erfanden alle Tage einen neuen Zonengeist. Einarmige Banditen, Hexen... Ein Kind war zwar recht neu, aber auch nichts was ihn sonst gewundert hätte. Eben wäre es nciht Viktor gewesen der er erzählte.
Und vor dem Hintergrund allerdings, dass diese Konjunktion... Es war schon schwer genug, das nur zu denken.
Aus der Betrachtungsweise könnte man auch über Baba Jagas nochmal nachdenken. Manches würden Hirngespinste bleiben, egal wie viel diese Welt bot, die Stalker soffen zu viel und setzten sich ungesunder Strahlung aus. Da musste man für manches nicht nach rationalen Erklärungen fahnden.
Aber die Zone war unstabil geworden. Was war Ursache und was Wirkung?
Verdammt, er bekam Kopfschmerzen.
Da bestelle er lieber für Viktor eine Portion des hausgemachten Gulasch. Er selbst würde später ja noch aufgetischt bekommen.
"Von diesem Kolja habe ich wenig gehört. Dieser Ritter, der dich und den Arzt her gebracht hate hat mich informiert, aber ich gehe davon aus, dass er mir nicht alles gesagt hat. Gibt es denn noch etwas außer dass er aussieht wie ein Teufel?"
Natürlich hatte Jarel ihn umfassend informiert, aber würde er das zugeben wären damit gleich zwei Vorteile weg und ein Geheimnis läge offen. Er wollte wissen was ein Mensch seiner Zeit gesehen hatte, was der Fährtenleser meinte.
Man konnte gut mit ihm auskommen. Das war ein Hinweis. Wenn jemand nach Viktor Geschmack war, dann sprach der nur das nötigste.
Er selbst redete wohl schon zu viel und die Hälfte davon waren Nebelkerzen. Dazu grinste er, auch das hatte er verstanden.
Aber dass Markin Lew und Amit zurückgeholt hatte... das verstand er nicht. Schrecke der vor gar nichts zurück? Die Not musste schon groß sein.
Was war mit den anderen? Kovac und Starik waren doch noch in Reserve. Nach denen würde er aber jetzt nicht fragen.
"Von Amir habe ich gehört." er bekam einen ernsten Gesichtsausdruck. "Auch wie es dazu gekommen war... du musst nicht reden, wenn du nicht willst. Sonst aber stehe ich dir für alle Fragen zur Verfügung. Ich werde eine Möglichkeit finden, dich sicher unterzubringen, helfe dir die Sprache zu lernen und so Kram, Mehr ist allerdings noch nicht möglich. Du kannst dir denken, dass ich bereits nach einem Rückweg suche, nur leider noch ohne Erfolg."
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Viktor
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Viktor hatte die Kleinodien aus seinen Taschen mit einer Bewegung vom Tisch in die Hand geschoben und alles wieder in seiner Jacke verstaut. Es wirkte daher nicht so, aber er hörte zu. Schnalzte dann mit der Zunge und kratzte sich am Kinnbart. "Ja, Typen mit Schwertern... Bei dem Jungen dachte ich auch erst an so einen - wie heißen die noch...?" Er kramte in seinem Gedächtnis, doch der Begriff fiel ihm aus einem Nebengelass desselben zu, der wohl eher Garcia gehörte. "Larp. Diese Verrückten, die sich verkleiden und würfeln und dummes Zeug reden. Und im richtigen Leben sind sie nicht zu gebrauchen. Der Junge hätt' gepasst, aber der Alte - niemals. Der hat das viel zu ernst genommen und die Rüstung war auch nicht aus Wellblech." Er redete ungewöhnlich viel - ein deutliches Zeichen dafür, dass er seine Eindrücke sortieren musste und die ihn genug durcheinander brachten. Gut, kein Rollenspiel, sondern Realität hier in diesem - was auch immer.
Andere Veränderungen... Viktor runzelte die Stirn. "An mir? Außer das ich 'nen mittelschwere Dachschaden entwickel? Keine weiteren, nein. An der Zone? Nichts, was sich fundiert begründen ließe. Eher so ein Gefühl als wäre etwas in Bewegung geraten." Er zögerte einen Moment. Hatte er gerade 'fundiert' gesagt? Und was war das überhaupt für ein Geschwurbel - er wirkte einen Moment lang, als habe ihn jemand fürchterlich beleidigt, zog dann die Brauen hoch und lehnte sich zurück. "DAS geht mir jetzt schon auf den Sack.", konstatierte er.
Ochotnik bestellte ihm etwas zu Essen und bis dieses serviert wurde, bemühte sich Viktor redlich, die Neugierde seines Gegenübers zu füttern. Zu Kolja grinste er wieder schief. "Siebter Höllenkreis, mindestens. Hörner, glühende Augen, Zähne von Ohr zu Ohr - das volle Programm. Aber sonst ein netter Kerl. Hat mich zusammengeflickt." Er hob die verstümmelte Rechte und wackelte mit den verkürzten Fingern. Er ahnte natürlich, dass Ochotnik hoffte, er würde ihm ein paar mehr Informationen zu 'diesem Kolja' liefern, aber erstens kam das bestellte Essen und zweitens hatte der alte Mann ein Gespür dafür, wenn sein Boss nach Dingen fragte, zu denen er selber schon mehr wusste, als der Befragte. Hatte sich dahingehend nicht viel geändert. Anstatt also umfassend über Koljas Auftauchen in der Zone, ihr erstes Aufeinander... prallen und die weiteren Hergänge zu berichten, nahm er hungrig den Löffel und schnupperte an dem Gulasch. Dem Wirt hatte er noch in dessen Sprache gedankt - er war von seiner Mutter gut erzogen worden und so waren die ersten Worte, die er sich von seinen Begleitern hatte beibringen lassen 'Bitte' und 'Danke' gewesen. Nun beugte er sich erwartungsvoll über die Schüssel. Er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal frisch gekochtes Gulasch gegessen hatte. Sicher, auf dem Weg hier her hatten der Ritter und Kolja regelmäßig Niederwild angeschleppt und am offenen Feuer gegrillt, was auch schon ein sensationeller Sprung nach vorn gewesen war, aber das fast zerfallende Fleisch in der dunklen Soße toppte auch diese rustikalen Mahlzeiten noch.
Er nahm die ersten Löffel und genoss sie sichtlich. Heiß, keine unnötigen Gewürze. Nur das Fleisch, Gemüsestückchen und Kartoffel. Rollenspiel hin, Tolkien her - das Essen war ausgezeichnet. Konnte man sich dran gewöhnen. Er löffelte und schwieg dabei. Amir. Auch Ochotnik kam noch einmal auf ihn zu sprechen und Viktor kam es mal wieder so vor, als klingelten ihm von ungesagten Nebensätzen die Ohren, so wie es seinem Gegenüber manchmal so vorkommen musste, als lese der alte Mann Gedanken. So wie jetzt, als er sagte: "Lew hat mich mit Amir und Kolja raus geschickt, weil Kovak am Kordon eine Frau eingesammelt hat, die unbedingt einen Führer durch die Zone wollte. Starik war zu dem Zeitpunkt schon Hundfutter. Ist mit seinen Leuten unter Beschuss geraten, hab aber keine Details. Wir sind Kovak entgegen, aber schon am ersten Tag haben wir sein Signal verloren. Wie vom Erdboden verschluckt. Dann tauchte dieses Mädchen schon wieder auf..." Viktor rührte gedankenverloren in seinem Gulasch. Kolja und dieses Kind, irgendwas hatte sie verbunden. Er erinnerte sich an die Murmel, die nun er besaß und die wohl eigentlich Kolja gehörte. Er würde sie ihm zurück geben, beschloss er. "Sie tauchte im Lager auf und dann landeten wir hier."
Viktor fiel wieder in Schweigen, löffelte sein Gulasch und ließ die Informationen noch einmal Revue passieren. Kombinierte sie mit der Art, wie Ochotnik auftrat und sprach. Vielleicht hingen ihm auch noch ein paar von Garcias Beobachtungen im Speicher oder aber er kannte sein Gegenüber einfach schon viel zu lange. Somit blickte Viktor kurz auf, als Ochotnik sein Angebot machte - Unterbringung, Sprache lernen, Rückweg suchen... Ein Jahr und der verdammte Bastard stand schon wieder mit beiden Beinen fest auf den Brettern, die hier die Welt zu bedeuten schienen, oder was? Doch keine voreiligen Schlüsse, also nickte er nur, kommentierte nicht und fragte vorerst auch nicht weiter. Nur Amir ließ ihn noch nicht ganz los.
"Hab den Jungen in diesem Tempel lassen müssen, in... warte... Wissima? Wejsima? Sie sagen zwar, er bekommt ein Begräbnis und so, aber scheiße find ich's trotzdem. Er sollte da begraben sein, wo ihn wer besuchen kann. Familie und so. Scheiße verdammte." Er ließ den Löffel im halb gegessenen Gulasch stecken und rieb sich mit beiden Händen das Gesicht. Er war durchaus abgebrüht, aber ihm fehlte das Talent, Verluste als solche hinzunehmen. Darum war er auch Polizist und kein Soldat.
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Vyacheslav Sokolov
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Viktor sprach über Jarel, der Typ, der es viel zu ernst nahm. Er sagte nichts dazu.
"Die Waffen sind auch echt. Die Stadt auch. Leider auch der Dreck und der Gestank." Und Krankheiten und Ratten... aber es hatte ja keiner eine vollständige Auflistung verlangt. "Und es gibt keine Duschen, kein fließend Wasser. Im Grunde wie in der Zone nur ohne Strahlung und ohne die Annomalien."
Und ohne rine Menge mehr an unangenehmem dieser Welt. Scharfschützen und gegnerische Nachrichtendienste zum Beispiel.
"Verrückt wirst du nicht. Diese Welt ist schwer zu glauben. Würde mir eine Hütte auf Hühnerbeinen über den Weg laufen, nicht einmal das würde mich noch wundern."
Tatsächlich überhörte Slava das Fremdwort, das so gar nicht in Viktors Wortschatz passen wollte. Etwas anderes war wichtiger. Etwas war in Bewegung geraten. Nur konnte man es nicht präzise fassen. Auch hier hattw etwas begonnen, so viele Reisende... auch wenn er wusste wonach er suchen musste, auch einem wie Dijkstra wären sie aufgefallen, hätte es sie vor einigen Jahren schon vermehrt hierher geführt.
Wie viel von dem was Viktor sagte ironisch war vor allem in Bezug auf den Dämon.
Dann kam das Essen und eine Weile war Viktor ruhig und aß versonnen das Gulasch. Slava hatte ihm nur einen guten Appetit gewünscht und ließ ihn in Ruhe essen.
Keine Geschmacksverstärker, Streckugsmittel und sonstiger Müll. Echtes Gulasch. Er erinnertesich gut an seine ersten Mahlzeiten hier.
Und dann berichtete er dich noch.
Starik tot. Kovak verschwunden, wie er selbst ja auch. Verdammt. Die ganze Führungsrige weg bis auf Wolodja. Und Markin traute Schura nicht, weswegen es logisch war, Lew zurück zu holen. Und Amir.
Bljad.
Für Kovac gab es noch eine Chance, genauso musste es aussehen, wenn man in ein Portal geriet. Vielleicht...
...die Fracht, die man ihm angekündigt hatte...
...er bemühte sich redlich, jetzt keine großen Augen zu machen.
Welche Schlüsse Viktor gerade zog, spielte fast keine Rolle mehr.
Amir...
"Wyzima..." Slava seufzte. "Ich kann zwar versuchen, ihn hier her bringen zu lassen, aber..."
Ihm gingen gedanken an mangelnde KonservierungsMöglichkeiten durch den Kopf.
"Es gibt Geistliche hier... vielleicht kann man einen bewegen, eine Messe zu lesen? Wird sicher anders, aber vielleicht hilft es?"
Fragen, viel zu viele Fragen...
Was hatte das Mädchen damit zu tun?
Klar war, dass er den Dämon befragen musste.
Und nun? Bis er die Sprache gelernt hatte konnte Viktor kaum viel unternehmen, er beherrschte keine der gängigen Möglichkeiten auch wenn ihm seine Muttersprache einen kleinen Vorteil gab.
"Ersteinmal kannst du hier bleiben... Ich breche in ein paar Tagen auf, wenn du willst, schließ dich an."
Er erzählte noch nicht worum es ging, auch nicht wohin, es hätte Viktor ohnehin nichts gesagt.
Eines der Ziele wäre Oxenfurt, das andere das Rücker Anwesen.
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