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Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Mittwoch 4. Oktober 2023, 19:21
von Liam von Alensbach
Kriegsgefangenschaft. Bei dem Wort verdunkelten sich Liams Gesichtszüge schlagartig. Mitleid fand aber niemand darin, nur die Ahnung wie grausam eine solche Gefangenschaft sein konnte. Dennoch verwunderte es ihn durchaus, wie Lothar über jene Jahre sprach. Kurz zuckten seine Brauen ein wenig irritiert, doch manch einer konnte mit solchen Erinnerungen wohl besser umgehen als andere. "Nun, es ist wohl keine Überraschung wenn ich dir sage, dass ich auf Reisen war. Tatsächlich bestanden meine Lebensjahre aus Reiten, die Flamme hinaus in die Welt tragen, Hilfe zu bieten wer sie benötigt und zu mir zu finden. Es gab... gute Zeiten und nun, ziemlich schlechte. Die Stärke der Flamme hat mich manches mal vor dem sicheren Tod bewahrt, aber nicht vor den bitteren Erfahrungen des Lebens. Es war und ist alles eine Prüfung. Auf seine eigene Art und Weise." Der Ritter sah an Lothar vorbei in Richtung der Fenster, wo das Licht nicht mehr schien und wo die Nacht nun ihre Dunkelheit zeigte.
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Donnerstag 5. Oktober 2023, 14:43
von Lothar von Tretogor
Da war sogar ein sehr dünnes, wenn auch nachdenkliches Lächeln auf den Lippen des Großmeisters, als er an diese Zeit zurück dachte. So viele Jahre waren es noch nicht seitdem, dennoch war eine Menge passiert. Lothar wurde sich mal wieder bewusst, dass er eigentlich schon zu viel erlebt hatte und er fragte sich wohin er diesen Orden noch führen würde. Zumindest gab es mehr Einigkeit als vorher und die Straßen im Tempelbezirk waren ebenso etwas sicherer geworden seit er regelmäßig unter anderem mit der Stadthalterin ‚tanzte‘.
Er bemerkte, dass er Liam nur mit einem Ohr zuhörte und musste leicht über sich den Kopf schütteln. „Wo bist Du überall gewesen? Irgendwie bin ich dann doch in der Nähe geblieben.“ Irgendeine Verpflichtung gab es immer. „Familie?“ Wobei er ja schon wusste, dass Liam seine Gründe hatte nicht mehr Zuhause zu sein, auch wenn da niemand ins Detail gegangen ist.
Unten klopfte es in einem bestimmten Rhythmus, kurz darauf ging die Tür und man hörte wieder Schritte, die sich näherten. Lothar hatte nur kurz aufgehorcht, schien aber nichts oder niemanden zu befürchten.
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Donnerstag 5. Oktober 2023, 23:23
von Liam von Alensbach
Er bemerkte wie Lothars Gedanken abschweiften, doch einen Vorwurf machte er ihm nicht. Da waren genug Probleme, denen sich der Grossmeister stellen musste und dass sie soviel Raum einnahmen war nur menschlich. "So ziemlich überall. Vom Meer bis zum Gebirge. Habe ich dir erzählt, dass Virado und ich einst in einem Schneesturm fast umgekommen wären? Nach einer Passüberquerung wurden wir von einem Wetterwechsel überrascht, es hat geschneit als gäbs kein Morgen. Den Weg hatten wir schon längst verloren, die Orientierung sowieso und als wäre das nicht alles, fand uns ein Rudel Wölfe." Liam verzog die Mundwinkel, doch noch ehe er weiter sprach, vernahm er das Klopfen. "Wer ist das?" fragte er Lothar, der nicht beunruhigt aussah. Er musste den Besucher kennen, dennoch war war in Liam eine wachsame Anspannung erwacht.
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Freitag 6. Oktober 2023, 15:58
von Lothar von Tretogor
„Und ein Warg?“ Lothar sah schmunzelnd auf. Diese Heldengeschichte hat ihn auf jeden Fall auf leichtere Gedanken gebracht und Liam bekommt einen neugierigen Blick wie es weitergeht. Alle Zutaten für einen Spannungsbogen hatte der Ritter gelegt, um auf die Rettung warten zu lassen. Sei es durch beherzte Schwerthiebe, oft fressen sich Wölfe dann gerne mal gegenseitig oder Virados Fluchttierqualitäten oder beides.
„Das ist Bernard.“ Liams Reaktion auf das Klopfen entgingen dem alten Offizier nicht und mit einem gewissen Amüsement betrachtete der Großmeister weiter die Körpersprache seines temporären Leibwächters. „Oder jemand, der das Klopfzeichen kennt.“ So wirklich kompliziert war es nicht und wer wirklich dahinter kommen wollte, musste das alles hier nur eine Weile beobachten. Aber es war ein erster Schlüssel zur Absicherung.
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Freitag 6. Oktober 2023, 21:51
von Liam von Alensbach
"Naja, willst du die Geschichte hören oder die Realität?" Liam entschied sich für die Wahrheit. "Virado ist geflohen, ich hab ihn in dem Schneegestöber nach dem ersten Satz schon aus den Augen verloren. Ein paar der Wölfe folgten ihm. Ich wehrte mich gegen die anderen, aber es war nicht einfach. Keine ahnung ob ein Warg darunter war, es schneite so heftig, dass ich kaum etwas erkennen konnte. Sie verletzten mich, aber am Ende war die Klinge wohl das Argument für ihren Rückzug. Irgendwie bin ich dann durch diesen Schnee getaumelt, bis mein Pferd mich wieder gefunden hat. Es trug ebenfalls Verletzungen davon. Mit letzter Kraft hab ich mich noch in den Sattel gezogen und Virado ist einfach los getrottet. Das Ende ist genauso unrühmlich wie der Anfang. Aufgepäppelt durch Reisende, die mich durchgefroren aus dem Schnee gezogen haben." Liam zuckte die Achseln, sein Blick ging zur Treppe hin wo er Bernard erwartete.
Aber er erhob sich und wartete.
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Sonntag 8. Oktober 2023, 13:03
von Lothar von Tretogor
„Da hat Dich die Flamme wahrhaft gewärmt, Bruder.“ Lothar blieb sitzen, vielleicht vertraute er mehr oder war einfach zu müde, um diese Anspannung vor dem Ungewissen zu haben. „Und Demut gezeigt.“
Es war tatsächlich Bernard, der die Treppe hoch kam, man sah zuerst den blonden Wuschelklopf und dann den Blick über die Schulter in diese ominöse Ecke. Dass zumindest Liam aufgestanden war, beruhigte ihn. Der unbekannte Ritter nahm die Sache zumindest ernst. Der Leibwächter salutierte etwas schlampig: „Hab alles in die Weg geleitet. CvT ist unterrichtet und genervt. Er erinnert daran rechtzeitig zum Termin am Nachmittag zurück zu sein, damit wir danach zur dritten Stunde im Melitele Tempel sein können.“
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Sonntag 8. Oktober 2023, 22:24
von Liam von Alensbach
"Ja, Lothar. Das hat sie." Er sah auf den Grossmeister hinab, der ja sitzen geblieben war. Der Wuschelkopf erkannte er dann auch sofort und seine Haltung lockerte sich ein klein wenig. Ein grüssendes Nicken ging an den Jüngeren.
"Das sollte machbar sein. Solange brauchen wir nicht um über alte Zeiten zu sprechen." merkte Liam an und nickte dabei auch Lothar zu. "Nun gut, wir sehen uns dann morgen in den Stallungen."
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Montag 9. Oktober 2023, 14:03
von Lothar von Tretogor
Lothars Blick war weiterhin etwas müde, eine Tatsache, die auch dem Jüngeren nicht unbemerkt blieb, aber er nickte zu beiden: „Bis morgen… Liam.“ Nun erhob sich der Großmeister dann doch. „Du findest den Weg nach draußen.“ Bernard sah etwas unsicher zwischen beiden älteren Männern hin und her, entschied sich dann aber doch, den Ritter mit nach unten zu begleiten und ließ Lothar solange alleine. In der Hoffnung dass dieser nicht sofort irgendeinen Unfug machte. Aber er wollte sicher gehen, dass die Tür unten richtig verschlossen ist.
Unten hatte der Leibwächter ein wenig aufgeräumt, zumindest stand nicht mehr alles so herum wie es Lothar achtlos liegen hat lassen. Liam konnte spüren, dass der Jüngere vielleicht noch etwas sagen wollte, aber es nicht tat. Noch war er sich nicht sicher, was er von den ‚alten Zeiten will‘ halten sollte.
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Montag 9. Oktober 2023, 21:30
von Liam von Alensbach
"Natürlich." sagte der Jüngere, dem Lothars Blick beileibe nicht entgangen war. Sie würden einen Weg finden. Die Flamme würde sie führen, davon war Liam überzeugt. Er nickte Bernard zu, selbstsicher und ruhig, er würde den Weg schon finden. Dass der Leibwächter schliesslich doch entschied ihn zu begleiten, nahm von Alensbach zur Kenntnis und sicher hatte der Jüngere seine Gründe. Ohne einen Unfug fand Liam die Treppe hinab und zur Tür.
Da hatte jemand aufgeräumt, bemerkte Liam und es war nicht schwer zu erraten wer. Während sein Blick durch den nun aufgeräumten Raum schweifte, fühlte er mehr als dass er es sah, dass Bernard etwas beschäftigte. Vor der Tür hielt Liam schliesslich inne und wandte sich um. "Sprecht."
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Dienstag 10. Oktober 2023, 16:33
von ERZÄHLER
Bernard sah von seinem Gedanken auf, ein bisschen ertappt. Hatte er zu laut Luft geholt? Waren die Lippen doch nicht so verschlossen wie er gedacht hatte? Selbstbeherrschung, Disziplin hieß es ständig, war er zu leichtsinnig geworden?
Er atmete hörbar ein, überlegte was er sagen sollte oder suchte selbst nach Worten: „Sodden ist lange her...“ Die Tür zum Büro blieb geschlossen und der Leibwächter trat näher an den Ritter heran. Sollte er sich etwas öffnen? Lothar schien viel auf diesen Ritter zu geben und meist irrte sich der Großmeister nicht.
„Mir gefällt das alles nicht, Ser. Erst Moore, dann Ihr, der naseweise Knappe und nun dieser Ausritt. In den letzten Tagen scheint seine Exzellenz sehr viel älter geworden zu sein, als die Jahre zu vor und nun?“ Ein missbilligendes Schnauben. „Ich mache mir Sorgen: die Internas, die Stadtpolitik, Nilfgaards Besatzung, das alleine kostet ihm Kraft, nagt an ihm und Ihr bringt mehr... mehr... keine Ahnung? Unsicherheit. Was soll aus ihm werden? Es gibt genug, die mit Neid auf seinen Posten schielen, nur darauf warten, dass er Schwäche zeigt und für mich ist er wie ein…“ Er unterbrach sich, räusperte sich. Alles musste er auch nicht aussprechen, unterbewusst schüttelte er den Kopf.
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Dienstag 10. Oktober 2023, 18:56
von Liam von Alensbach
Liam von Alensbach beobachtete sehr genau den jungen Leibewächter, hörte ihm zu, filterte die Sorge und die Unsicherheit aus seinem Gegenüber. "Das ist wohl wahr, Sodden ist lange her und ich habe mich genauso verändert wie Lothar von Tretogor." In seinen grauen Augen lag der Ernst des Alters, als er Bernard ansah. "Mir sind bei weitem nicht alle Details bekannt, so dass ich mir nur aus den wenige Bruchstücken die mir zugeworfen werden ein Bild machen kann. Es hat noch einige Lücken, das gebe ich zu und dieser Ausritt ist dazu da, eine weitere zu schliessen. Nicht nur bei mir, sondern auch bei von Tretogor. Auf seinen Schultern lastet viel und ihr, genauso wie ich, sind dazu da diese Last leichter zu machen." Liam liess den Blick abermals wandern. "Ich nehme Eure Sorgen und die Ränkespiele sehr ernst. Genauso wie Lothar für Euch vermutlich wie ein Vater ist, so ist er für mich ein Freund und Bruder. Ihr habt mein Wort, Bernard, dass ich dem Grossmeister in allem beistehen werde." Der Ordensritter legte eine Hand über die Stelle seines Herzens und bedeutete damit die Aufrichtigkeit seiner Worte.
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Mittwoch 11. Oktober 2023, 12:57
von ERZÄHLER
Bernard zuckte nur kurz als Liam aussprach was er selbst verschluckt hatte. Der Leibwächter wollte keine Gerüchte streuen. Die Wahrheit kannte er. Der leibliche Vater war in einem der Kriege auf Seiten Nilfgaards gefallen, aber wenn man das nicht glauben will? Sonst lauschte er aufmerksam und nickte ein paar Mal erleichtert. Er wollte glauben, was der Fremde ihm sagte. Eine Hand ging ebenfalls zum Herzen: „Passt auf Euch auf, Ser. Eure Nähe zu ihn mag jemand für sich nutzen wollen.“
Sollte nichts mehr gesagt werden, öffnete er nun die Tür, um den Ritter zu verabschieden. Er sollte Lothar nicht länger alleine lassen.
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Donnerstag 12. Oktober 2023, 20:56
von Liam von Alensbach
"Ihr habt mein Wort." Liam verabschiedete sich mit dem Gruss der Flamme und wandte sich der Tür zu, die Bernard für ihn geöffnet hatte.
Sein Weg führte ihn direkt in die Quartiere des Flammenordens. Er musste noch eine Mütze Schlaf finden, bevor der Morgen erwachte und der Ritter bereits wieder auf den Beinen sein würde. Mit langen Schritten ging er durch Gänge und passierte Türen, bis er seine kleine Kammer erreichte und darin verschwand.
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Freitag 3. November 2023, 11:10
von Lothar von Tretogor
Als Bernard zurück kam, hatte der Großmeister ins Schlafgewand gewechselt. Wie immer kümmerte sich der Leibwächter um die Kleinigkeiten, die noch herumlagen oder schob die Lebkuchenkrümmel zusammen. Er würde hier sitzen, während Lothar schlief. Ein paar Stunden nach Mitternacht würde ihn jemand ablösen. Wie häufig zögerte der Junge bevor er es wagte das Wort zu erheben, aber es schien ihm wichtig:
„Kann ich noch irgendwas tun, Exzellenz?“
Die Anrede. Lothar wusste genau, dass der Junge sich Sorgen machte, dennoch schüttelte er den Kopf und klopfte dem Leibwächter auf die Schulter.
„Lass sehen was wir uns morgen sagen können. Falls Jakob Vormittags anwesend ist, solltest Du mit ihm trainieren. Ich denke, ihr tut einander gut.“
Bernard nickte und wusste was das hieß. Da war er. Dieser kleiner Unterschied, wenn man schon von Kindesbeinen an sich am Schwertkampf üben konnte oder eben nicht so wie er. Er hatte Talent, sonst wäre er nicht hier, aber er hatte sehr viel später begonnen. Er soll sich das bei Jakob von Nagall abschauen. Verstanden. Er nickte und nahm Platz, während sich der Großmeister schlafen legte.
Es war nur der Disziplin aus Armeetagen zu verdanken, dass Lothar in dieser Nacht Schlaf fand.
<weiter zum Ausritt>
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Montag 8. Januar 2024, 10:20
von Lothar von Tretogor
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vom:
Melitele-Tempel
Datum: 17.12 Uhr, 30. August 1278, Montag
betrifft: niemand
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Grübelnd sah Lothar von seinen Gemächern aus dem Fenster. Langsam senkte sich der Abend über die Stadt.
Am Torhaus des Melitele-Tempels hatten die beiden Jungs ihm ehrfürchtig sein Schwert überreicht. Der Weg zwischen den beiden Tempeln der Stadt war kurz. Im Grunde ging man nur einmal ums Eck, dennoch war es seltsam, dass der Großmeister des Ordens ohne Begleitung, ohne Leibwache, ohne Ankündigung, ohne irgendwas einfach so alleine im halben Ornat durch die Straßen lief. Die meisten erkannten ihn so gar nicht und die anderen war zu irritiert, um zu handeln.
Bis auf das Mädchen oder junge Dame. Sie hatte angefressen vor den Toren des Feuertempels herumgelungert. Ihn eine Weile gemustert, nochmal nachgedacht und war dann euphorisch aufgesprungen, um ihn in den Weg zu laufen. Ihre Worte waren etwas schnell und er konnte ihnen nicht ganz folgen, wie sie so aufgeregt und leicht angesäuert aus ihr heraussprudelten. Es ging wohl, um das Unverständnis seiner Torwachen. Schließlich hatte sie ihm einen Brief hingehalten. Wahrscheinlich hätte der Großmeister sich mehr Gedanken über einen Hinterhalt machen müssen, aber der Befehlshaber einer Einheit war es zu gewohnt, dass man Zettel mit Informationen reichte, sodass er
das Schreiben reflexartig angenommen und sofort gelesen hatte. Die Botin hatte es mit Stolz erfüllt, zufrieden mit den Füßen gewippt.
„Morgen Vormittag, gegen halb neun, zum Waffentraining der Knappen.“, hatte Lothar ihr ausrichten lassen. Da hatte er tatsächlich keine anderen Termine und man konnte dem Treiben von seinem Balkon auszusehen.
Mal sehen das beiderseitige Interesse am Wohle derer uns Anempfohlenen alles beinhaltete. Jakob war von diesem Herr nicht sehr angetan, Jarel nannte ihn einen gerissenen Soldat. Sollte er solche nicht alle kennen? Drei Kriege, Jahre lang in der Armee… aber Sokolov sagte ihm nichts. Die Zeit und die Flamme wird Rat bringen.
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Donnerstag 29. Februar 2024, 20:02
von Jakob von Nagall
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von:
Tempel der Melitele - Hof und Wirtschaftsgebäude, Waisenhaus --> über den Tempel des Ewigen Feuers in Lothars Büro
Datum: 23:30 Uhr, 30. August 1278, Montag
betrifft: Lothar
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Seine Füße hatten den Weg wie von allein gefunden, Schritt für Schritt durch die nächtlich stillen Straßen. Und je länger er mit sich und seinen Gedanken allein war, desto mehr drehten diese sich um die Ereignisse der letzten Stunden. Vor allem um den Kampf mit der Schlange und das, was er danach erlebt hatte. Die Bilder und Geräusche, jene eindrückliche Erfahrung des Sterbens und Neuerstehens, kamen in stetigen Wellen immer wieder empor und füllten seinen Verstand mit Fragen. Dazu die Begleitumstände, deren Zusammenhang mit seiner Erneuerung er nicht begriff. Nur eines begriff er: das Ewige Feuer hatte ihn gerettet. Das Feuer war nicht länger sein Feind.
Und so fand er sich vor dem Altar im Tempel des Ewigen Feuers wider, der das Herzstück des Klosters bildete, und ließ die tröstende Wärme auf sich nieder brennen. In einer eigentlich inzwischen abgelegten Gewohnheit streckte er sich lang vor der Feuerschale aus, die Stirn am Boden, die Arme ausgebreitet. Ein demütiger Sünder vor seiner Gottheit, tief versunken im Gebet. Die Kälte des Steinbodens fühlte er schon nach ein paar Minuten nicht mehr und das Knistern des Feuers beschwor keine Ängste mehr herauf. Dafür glaubte er die Stimme wieder zu hören - jene Frauenstimme. Neue Gedanken formten sich. Wieso hatte er vom Ewigen Feuer bisher als einen männlichen Aspekt des Göttlichen gedacht? Anfangs hatte er im brennenden Herz Mariä das Feuer gesucht, doch irgendwann war er von diesem Denken abgekommen. Er lauschte dem Knistern, dem Flüstern, den aufrührerischen Gedanken, und die Müdigkeit verflog.
Als er sich auf den Weg zum Turm des Großmeisters machte, war es eine halbe Kerze vor Mitternacht. Doch man sagte ihm, von Tretogor sei noch wach und als Jakob angab, er bringe eine Nachricht vom Ritter von Alensbach, verschwand der Leibwächter kurz, um Jakob dann in das ihm bekannte Büro zu führen. Nur fehlten diesem in seinem überreizten Hirn allmählich die Kapazitäten für ritualisierte Respektsbekundungen. Entsprechend stand er herum wie bestellt und nicht abgeholt, bis ihm immerhin einfiel:
"Guten Abend, Exzellenz."
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Donnerstag 29. Februar 2024, 21:02
von Lothar von Tretogor
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vom:
Büro
Datum: 23.32 Uhr, 30. August 1278, Montag
betrifft: Jakob
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Der junge Leibwächter, den Jakob schon ein paar mal gesehen hatte, hatte den Knappen ins Büro eingelassen. Bernard aep Corvlani nannte er sich, war mit Ende Zwanzig nicht so viel älter als Jakob und sah für Erdenbewohner aus wie ein junger Terence Hill: kurz geschnittener, blonder Wuschelkopf mit stahlblauen Augen. Nur eben im Ornat der Leibwache des Großmeisters des Ordens der Flammenrose statt Cowboyhut. Bernard begrüßte den Besucher freundlich mit den üblichen Floskeln, war selbst wohl trotz der späten Stunde nicht müde und teilte gänzlich ohne Vorwurf mit:
„Seine Exzellenz wartet schon.“
Diesmal blieb er allerdings mit ihm Raum, positionierte sich aber Abseits neben der Tür.
Der Großmeisters saß seitlich mit einem Ellenbogen auf der Tischkante an seinem Schreibtisch und starrte an die Decke. Sein markantes Profil war trotz der späten Stunde und der spärlichen Beleuchtung noch gut zu sehen. Auch eine frische Narbe zeigte sich auf der Wange dort wo der Bartwuchs vom Blitz des Schlangenmonsters versenkt worden war, ganz ähnlich wie bei Slava, noch ähnlicher versorgt wie bei Slava. In der Schwerthand hielt er ein bauchiges Glas, das kaum mehr mit einer güldenen Flüssigkeit gefüllt war. Auf dem Tisch stand ein zweites leeres Glas und eine ebenso bauchige Flasche, sie war noch gut gefüllt.
„Sieh an, Jakob von Nagall“ Ein bisschen klang es als sprach er den Namen eines Heiligen aus. Doch seine Stimme wirkte müde und erschöpft.
„Geht es Dir gut? Dein Rittvater war sichtlich besorgt. - Und wo hast Du von Alensbach gelassen?“ Fragend wandte Lothar sich erst jetzt dem Besuch zu und schien zu bemerken, dass sich etwas an Jakob verändert hatte. Zumindest blieben seine Augen ein wenig länger an bestimmten Merkmalen hängen.
„Kaedwenischer Cognac?“ Ein Deut auf Flasche und Glas.
Für ritualisiertes Großmeistergehabe war es ihm wohl ebenfalls zu spät.
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Freitag 1. März 2024, 06:23
von Jakob von Nagall
Tatsächlich hatte sich an Jakob seit der letzten Begegnung so einiges verändert. Das Offensichtlichste war wohl die Haltung, die durch einseitige Belastung und die Nekrosen immer etwas nach rechts gehangen hatte. Zwar legte man alte Gewohnheiten nicht so schnell ab, aber gerade konzentrierte er sich aufs Strammstehen und das Resultat wirkte aufrechter als Früher. Subtiler war die Veränderung im Blick der hellen Augen. Ruhe lag darin und der stechende, immer auf Angriff oder Verteidigung lauernde Ausdruck war gewichen. Oder lag es nur an der Müdigkeit? Denn auch das sah man seinem Gesicht durchaus an: dieser junge Menschen hatte für einen Tag genug erlebt.
Und trotzdem entging ihm der seltsame Tonfall nicht, mit dem der Großmeister seinen Namen aussprach. Er musste an von Alensbachs Worte denken, aber noch fiel es ihm schwer, dem Älteren sein bedingungsloses Vertrauen zu schenken, nur weil er den Posten des Ordensobersten hatte. Jakob vertraute generell nicht so leicht, oft nicht mal sich selbst.
Die Frage nach seinem Befinden überging er wie so oft reflexhaft. Das Körperliche war offensichtlich, dass seelische wollte er jetzt nicht besprechen. Zum Cognac schüttelte er mit einem: "Ich trinke nicht.", den Kopf und vergaß sich zu bedanken. Dann rückte er die Füße in eine etwas bequemere Haltung.
"Ser von Alensbach weilt noch im Tempel der Melitele." Und dann begann er so kurz wie möglich und so lang wie nötig zu berichten: von den Wencks und der Suche nach dem Kind, von den Ertrunkenen und der Rettung aus dem Wasser. Letzteres fasste er mit: "Ser von Alensbach hielt die Ertrunkenen in Schach und ich holte das Mädchen aus dem Wasser.", zusammen und endete schließlich: "Wir brachten sie zu den Schwestern. Erst da fiel auf, dass Ser von Alensbach schwerer verwundet wurde und die Schwestern nahmen sich seiner ebenfalls an. Er bat mich, Euch zu sagen: vor der Morgenmesse, in Eurem Büro."
Alles was er sagte, klang aufrichtig.
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Freitag 1. März 2024, 10:26
von Lothar von Tretogor
Ein Schmunzeln huschte über Lothars Gesicht. Noch einer, der nicht trinkt. Die Linke machte eine Handbewegung in Richtung Bernard. Dieser verstand wohl, denn er begab sich zu der kleinen Kommode und zog eine tönerne Flasche hervor. Der Leibwächter ging zum Schreibtisch, während Jakob berichtete, befüllte den leeren Cognacschwenker und drücke ihn dem Knappen in Hand, bevor er wieder seinen Posten einnahm. Die Flüssigkeit war dunkelrot wie Wein roch aber nach Traubensaft oder vielleicht Kirsch-Johannisbeere.
Der Großmeister lauschte den aufrichtigen Worten des Knappen und musste innerlich grinsen. Liam wieder. Und der Knappe rettet die junge Dame. Die Tatsache, dass Ertrunkene so nahe der Stadt waren wurmte ihn allerdings. War man zu sehr von Politik abgelenkt, sodass sich im Vorgarten Ungeziefer ansammelte. „Gut gemacht.“ Für wahr eine ritterliche Tat wie im Märchen. „Dein Rittvater sollte nicht noch länger warten.“
Lothar erhob sich und kam um seinen Schreibtisch herum, um mit dem Knappen auf die Heldentat anzustoßen. Dabei konnte er ihn auch von näher mustern. Es war ganz offensichtlich etwas passiert. Etwas Ungewöhnliches. Der Junge war nicht mehr derselbe, der ihm hier vor ein Tagen seine Aufwartung gemacht hatte.
„Wie geht’s Dir?“ wiederholte der Großmeister nachdem er einen Schluck getrunken hatte. Da war ehrliche Fürsorge in seiner Stimme, die sicher über das berufliche Verhältnis hinaus ging. Schließlich hatte Jarel heute Nachmittag sehr besorgt gewirkt und ihm ein Versprechen abgerungen. Das Übergehen der Frage schob Lothar auf die Höflichkeit gegenüber dem Vorgesetzten, aber er war ehrlich interessiert.
Re: Der Tempel des Ewigen Feuers | Lothars Büro
Verfasst: Freitag 1. März 2024, 16:38
von Jakob von Nagall
Etwas überrascht blickte Jakob auf den Kelch in seiner Hand und roch sogar kurz am Inhalt... Fruchtig. Süß. Sofort meldete sich sein Magen mit einem leicht flauen Gefühl. Seit dem Frühstück hatte dieser nichts mehr zu tun bekommen, aber er war Kummer gewohnt und reagierte in der Regel nicht mit wildem Knurren, sondern eher mit diesem Gefühl von Unwohlsein.
Jakob hob den Blick wieder und folgte Lothar mit den Augen, als dieser um de. Tisch kam, um mit ihm anzustoßen. Nicht länger warten... Womit? Sicherlich keimte sofort die Hoffnung, dass Lothar meinte, was Jakob gerne hätte, aber innerlich dämpfte er diesen Gedanken gleich. Er hatte in letzter Zeit mehr Scheiße gebaut als ritterliche Aktionen geritten, daher sah er persönlich das Zünglein dieser Waage noch weit auf Seiten des Knappen stehen. Und wenn er aich eines in seinem kurzen Leben angewöhnt hatte dann dieses: lieber keine Hoffnungen machen, dann wurden diese auch nicht enttäuscht.
Die Kelche klangen aneinander. Glas. Jakob konnte sich nicht erinnern, so etwas im dieser Welt schon einmal in der Hand gehabt zu haben. In diese gesellschaftlichen Höhen war er noch nicht vorgedrungen... bis eben. Er nippte am Saft und sah Lothar dabei in die Augen. Ja, auch das Wechselspiel von Aufmüpfigkeit und Unsicherheit war verschwunden. Ruhig erwiderte er den Blick des Großmeisters, während er kurz erwog wie bei Ion zuvor einfach abzuwiegeln. Doch er entschied anders, denn wenn nicht er mit seinen Worten formulierte, was gewesen war, dann würde es von Alensbach mit den Seinigen tun und das konnte nur von Nachteil für ihn - Jakob - sein.
"Ich war tot, Ser. Zerschmettert vom Leib einer zweiköpfigen Schlange, die unter meinem Schwert fiel. Ich ging durch das Feuer und kehrte durch seine Gnade zurück ins Leben. Unversehrt.", erwiderte er mit der gleichen Aufrichtigkeit wie zuvor. Und wie um seine Worte zu untermalen, nahm er den Kelch in die linke Hand und hielt die Rechte zwischen sie. Jene einst verkümmerte Kralle, wegen der Lothar mühsam an der Harfe umdenken musste. Selbst im schummrigen Licht war die Veränderung an den Fingern sichtbar.
Die Hand hing ganz ruhig zwischen ihnen in der Luft, zitterte nicht uns Jakobs Blick lag auf Lothars Zügen.